Europa (Hörspiellabel)

Europa (Hörspiellabel)
Europa
Unternehmensform GmbH
Gründung 1965
Unternehmenssitz Hamburg
Unternehmensleitung

Ulrich Feldhahn, Maarten Steinkamp, Edgar Berger, Rolf Gilbert

Website

http://www.hoerspiel.de

Europa (eigene Schreibweise: EUROPA) ist ein Label, unter dem das Quickborner Unternehmen Miller International Schallplatten GmbH seit 1965 sehr erfolgreich Lesungen von Märchen und Hörspiele für Kinder und Jugendliche produzierte und auch veröffentlichte.

Europa ist heute Teil des Unternehmensbereichs Family Entertainment von Sony BMG.

Inhaltsverzeichnis

Gründung als Miller International

Im Jahr 1961 gründete der US-Amerikaner David L. Miller zusammen mit Prof. Andreas Beurmann und Dr. Wilhelm Wille in Hamburg die Miller International Schallplatten GmbH. Miller hatte 1957 das Orchester 101 Strings mit Musikern der Hamburgischen Staatsoper und der Hamburger Symphoniker geschaffen. Dieses spielte Unterhaltungsmusik, Tanzmusik, Evergreens und volkstümliche Klassik auf Schallplatten ein, die auf dem US-amerikanischen Markt zu einem äußerst günstigen Preis vertrieben wurden. Das Konzept war sehr erfolgreich, und Miller wollte mit der Gründung von Miller International zusätzlich den deutschen Markt erreichen. Zu Beginn wurden neben den Musikalben auch erste Märchenlesungen unter Millers Label Somerset vertrieben [1].

Einführung des Labels Europa

Ab 1965 verkaufte Miller International in Deutschland unter dem neuen Label Europa seine Schallplatten für den Einheitspreis von fünf Mark und unterbot die zu diesem Zeitpunkt üblichen Preise von zwölf bis 25 Mark für vergleichbare Produktionen erheblich. Aufgrund des dadurch eintretenden Erfolgs wuchs das Unternehmen und der Firmensitz wurde von Hamburg in ein größeres Gebäude in der nahe gelegenen Gemeinde Quickborn verlegt. 1966 wurde die EUROPA Kinderserie eingerichtet. Anfangs hielt sich der Erfolg der darin veröffentlichten Märchenlesungen und Abenteuerhörspiele noch in Grenzen, da sie für die Kinder und Eltern der damaligen Zeit eine Neuheit darstellten. Sie wurden etwa als elektrische Großmutter [2] verspottet. Erster offizieller Titel der Serie ist Struwwelpeter, gelesen von Hans Paetsch [3].

Die ersten drei Regisseure

Die Hörspielproduktion von Europa in den Jahren von 1966 bis 1973 wurde von drei Regisseuren geprägt.

Sieglinde Dziallas

Die damalige Lebensgefährtin von Mitgründer Prof. Andreas Beurmann, Sieglinde Dziallas, führte von 1966 bis 1968 unter dem Pseudonym Claudius Brac Regie. Beurmann konnte im Laufe der Zeit immer mehr Hamburger Bühnenschauspieler für die Hörspiele gewinnen, und so waren in den ersten Jahren Schauspieler wie Hans Paetsch, Benno Gellenbeck, Peter Folken, Horst Fleck und Marga Maasberg zu hören. Dziallas und Beurmann nahmen auch die Bearbeitungen der Buchvorlagen vor.

Konrad Halver

1968 starb Sieglinde Dziallas überraschend und Beurmann zog sich vorerst aus der aktiven Hörspielproduktion zurück. Konrad Halver übernahm die Regie und Vorlagenbearbeitung. Unter seiner Ägide wurden neben einer Hörspiel-Fassung der Winnetou-Serie mit ihm selbst in der Hauptrolle etwa 75 Hörspiele produziert und veröffentlicht. Die spätere Hauptregisseurin Heikedine Körting begann unter Konrad Halver mit der Serie Hui Buh, das Schlossgespenst ihre Karriere bei Europa. Konrad Halver verließ Europa im Jahr 1972.

Dagmar von Kurmin

Konrad Halvers Nachfolgerin auf dem Regiestuhl war Dagmar von Kurmin. In der kurzen Zeit Ihrer Regie bis 1973 erschienen 15 Hörspiele, darunter einige weitere Karl-May-Vertonungen und eine Hörspiel-Fassung von Moby Dick.

Die Ära Heikedine Körting

Im Jahr 1973 übernahm Heikedine Körting, die neue Lebensgefährtin von Andreas Beurmann, nach ihrem Einstand 1969 die nahezu alleinige Regie bei den Europa-Hörspielen und ist bis heute in dieser Position. Bis 1985 erschienen unter Ihrer Leitung 1.200 Hörspiele. Ihre Produktionen erhielten zahlreiche Goldene und Platin-Schallplatten.

Heikedine Körting zeichnet unter anderem für folgende Serien verantwortlich:

Goldene Schallplatten (Auswahl)

Nach Körtings Übernahme des Regiestuhls überflügelten die Hörspiele in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für das Unternehmen die Musikproduktionen endgültig. 1974 musste aufgrund der ersten Ölkrise erstmals der Einheitspreis der Produktionen von fünf auf sechs Mark erhöht werden [4].

Weitere Mitarbeiter

Einen großen Anteil am Erfolg der Europa-Hörspiele in den 1970er bis 1980er Jahren hatten auch die vielen Hörspiel-Skripte und Vorlagenbearbeitungen von H. G. Francis.

Douglas Welbat, Katja Brügger und Bertram von Boxberg waren für die Drehbücher der umstrittenen und dennoch (oder gerade deswegen) erfolgreichen Serien Macabros und Larry Brent verantwortlich. Welbat führte bei diesen zur damaligen Zeit einzigartigen Horror-Thriller-Hörspielen unter dem Pseudonym Charly Graul die Regie und übernahm in Macabros auch die Hauptrolle.

Ein weiterer Erfolgsgarant war die Musik von Carsten Bohn. Aufgrund von Streitigkeiten über gezahlte bzw. nicht gezahlte Tantiemen kam es zu einem Rechtsstreit zwischen Bohn und Europa, der bis heute andauert. Als Folge dieses Rechtsstreits dürfen seit 1986 dessen Kompositionen nicht mehr in den Hörspielen verwendet werden. Daher erfreuen sich alte Ausgaben der Europa-Hörspiele mit der Original-Musik von Bohn eines gewissen Liebhaberwerts.

Krise und Renaissance

Ab dem Ende der 1980er Jahre geriet die Hörspielproduktion wegen schlechter Verkaufszahlen ins Stocken. Hauptgrund war eine Interessenverschiebung der Kinder und Jugendlichen – Computerspiele rückten immer mehr in den Vordergrund. Anfang der 1990er Jahre wurden praktisch nur noch Die drei ???- und TKKG-Hörspiele produziert.

Ab Ende der 1990er Jahre erlebten die Hörspiele eine Renaissance. Durch das aufkommende Internet konnten die "Hörer von damals" sich austauschen und das Interesse an alten Hörspielen und Neuproduktionen stieg stark an. Ein Zeugnis dafür war auch die immense Anzahl von Kassetten und Langspielplatten, die auf Trödelmärkten angeboten wurden. Die zumeist hohen Preise ermöglichten einen erneuten Hörspielboom. Ab dem Jahr 1999 legte Europa die alten Hörspiele unter dem Motto Rückkehr der Klassiker mit Erfolg neu auf. Bei der Neuauflage dieser "Klassiker"-Hörspiele wurden jedoch sämtliche Titel-bzw. Zwischenmusiken von Carsten Bohn komplett durch neue Musik von anderen Musikern ersetzt. Dies stieß jedoch bei vielen Fans auf Ablehnung, da eine besondere dramaturgische Atmosphäre, die die Musik von Bohn in den Hörspielen ausmachte, nun fehlte. Viele der alten Fans kannten diese "Klassiker"-Hörspiele, in Verbindung mit der Musik von Carsten Bohn, schon seit ihrer Kindheit.

Zusätzlich gab es ein großes Interesse an der Serie Die drei ???, dem Flaggschiff des Labels. Neue Serien wurden allerdings nur für die ganz jungen Hörer produziert.

Europa brachte im Oktober 2005 nach längerer Zeit wieder eine neue Serie auf den Markt. Die Serie Teufelskicker startete mit drei Folgen als offizielles Lizenzprodukt zur Fußballweltmeisterschaft 2006, dem weitere drei folgten. Die Hörspiele werden nach Vorlage der gleichnamigen Bücher von Frauke Nahrgang produziert.

Aufgrund eines Lizenzstreits mit Franckh-Kosmos, dem Verlag der Die drei ???-Bücher, wurde die erfolgreiche Hörspiel-Serie im November 2006 von Die Dr3i abgelöst. Erst nach jahrelangem Rechtsstreit wird seit dem 4. April 2008 die Serie Die drei ??? mit den Folgen 121 und 122 wieder fortgesetzt und die Serie Die Dr3i eingestellt. [5].

Labelzugehörigkeit

  • 1965–1969: Miller International Schallplatten GmbH
  • 1969–1989: Music Corporation of America (MCA); David L. Miller verkaufte Miller International an MCA, blieb dem Unternehmen bis zu seinem Tod 1985 aber als Berater verbunden.
  • 1989–2004: Bertelsmann Music Group; Miller International wurde 1989 in die Entertainment-Produktsparte BMG des Bertelsmann-Konzerns integriert und firmierte seitdem als BMG Ariola Miller.
  • 2004 – heute: Seit der Fusion von Sony Music Entertainment mit der Bertelsmann Music Group zur Sony BMG Music Entertainment ist der Name Miller völlig verschwunden und Europa ist Teil der Produktsparte Family Entertainment des Major-Labels [6]. Der Firmensitz wurde 2004 wieder zurück nach Hamburg verlegt.

Im Oktober 2007 wurde der Firmensitz nach München verlegt. Der Umzug geht einher mit einer veränderten Ausrichtung der Unterhaltungssparte – fortan will Sony BMG Family Entertainment neben Hörspielen verstärkt auch auf den Vertrieb zugehöriger Merchandising-Produkte setzen.

Siehe auch

Europas größte Konkurrenten auf dem deutschsprachigen Hörspielmarkt waren die Deutsche Grammophon sowie die damals dazugehörige Firma Karussell und das Kölner Hörspiellabel Maritim.

Quellen

  1. http://www.europa-vinyl.de/special/somerset.gif
  2. http://www.europa-vinyl.de/special/spec002.htm
  3. http://www.natuerlichvoneuropa.de/area_europa/index.php?screen=ct.detail&fid=129&mpid=139825&pfid=135
  4. http://www.natuerlichvoneuropa.de/area_europa/index.php?screen=ct.detail&fid=129&mpid=139825&pfid=135
  5. http://www.natuerlichvoneuropa.de/area_ddf/index.php?screen=ct.detail&fid=86&mpid=299116&pfid=
  6. http://www.sonybmg.de/company.php?id=57

Literatur

Björn Akstinat: "Das ABC der drei Fragezeichen", Humboldt-Verlag 2008 (mit Extra-Kapitel zu EUROPA)

Weblinks


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