- Exeter Cathedral
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Die Kathedrale St. Peter von Exeter in Devonshire gilt als das „Hauptbeispiel wuchtig rauschender, gemessener Pracht ohnegleichen“ [1]. Begonnen wurde die Kirche 1112 im normannisch-romanischen Stil. Von diesem Bau sind noch erhalten die Außenmauern des Langhauses und die beiden kolossalen, heute als Querschiff dienenden quadratischen Türme. Der Baumeister des romanischen Vorgängerbaus hatte zu dieser ungewöhnlichen Lösung gegriffen, weil die zuvor entsprechend der englischen Tradition errichteten Vierungstürme eingestürzt sind.
Der gotische Neubau erfolgte ab 1224. Man begann mit der niedrigen Ostkapelle, der sog. Lady Chapel (Marienkapelle), einem einschiffigen Bau von drei Jochen und Flankenkapellen am Westjoch. Danach folgten um 1280/90 der gleich hohe Retrochor und das Langhaus in den Maßen der romanischen Kirche. Zur gleichen Zeit wurde am Südquerhaus das Chapter-House, dt. Kapitelhaus angebaut (1270-1280).
Inhaltsverzeichnis
Architektur
Fassade
Die turmlose Westfassade wurde 1327 begonnen und 1346 vollendet. Die untere Hälfte der Fassade wirkt wie ein Schnitzaltar. Sie besteht aus drei direkt übereinander liegenden Streifen von Skulpturenreihen. Die unterste Reihe der Figuren zeigt Engel, die darüber liegende Könige, welche in ihrer Funktion als Richter meistens kreuzbeinig dargestellt sind. Die oberste Reihe zeigte über dem mittleren Portal ursprünglich eine Marienkrönung, die später durch königliche Gestalten ersetzt wurde. Links und rechts stehen Apostel und Propheten. Über diesen Bildreihen erhebt sich, leicht zurückgesetzt und dadurch wie eine weitere Fassadenschicht wirkend, ein sehr großes Stirnfenster mit Maßwerk des späten 13. Jahrhunderts. Zu den Seiten verschleiern Arkaden und Wimperge den Blick auf die Strebebögen des Langhauses. Darüber liegt der kleine Giebel, ebenfalls wiederum leicht zurückgesetzt und dadurch wie eine dritte Fassadenschicht wirkend.
Langhaus
Das Langhaus von Exeter ist der vielleicht einheitlichste aller Kirchenräume der spezifischen englischen Hochgotik, des Decorated Style[2]. Von anderen Autoren wird das Mittelschiff allerdings noch zum ausgehenden Early English gerechnet [3]. Die Kirche besitzt das längste ununterbrochene Gewölbe der Welt mit einer Länge von ca. 100 Metern (1224-1369). Während sich die französischen Kathedralen des 13. Jahrhunderts an Eleganz und Höhe des Raumes gegenseitig übersteigern … bleiben die englischen Bauten vergleichsweise breit und niedrig, dafür entwickeln sie die Gliederung der Wände und des Gewölbes zu einem in Frankreich unbekannten Reichtum, der dann Ende des 14. Jahrhunderts auf das Festland zurückwirkt. [4] Die Gewölbehöhe beträgt lediglich 21 Meter (vergl. Beauvais 48 Meter).
Es herrscht der Eindruck großer Harmonie durch die strukturell sehr ähnliche Gestaltung von Arkadenbögen und den tief herabgezogenen Fächergewölben, die vorher schon im Chapter-House und dann im Chor auftreten. Entlang der mächtigen Scheitelrippe treffen sich die Fächerrippen (Tiercerons) jeweils in einem Schlußstein, ebenso wie an den kleinen Scheitelrippen der Stichkappen. Die Rippenzahl ist im Vergleich zur Kathedrale von Lincoln auf 13 pro Joch erhöht. Die Rippen lassen durch ihre starke Profilierung eine zusätzliche Licht- und Schattenwirkung entstehen. Die Bedeutung des Joches ist weiter eingeschränkt, der Fächer ist die entscheidende optische Einheit. Die auch hier vorhandene Stern-Figur geht darin unter. Nachfolger dieser Form finden sich im Kapitelhaus von Wells und im Oktogon der Kathedrale von Ely.
Bemerkenswert ist die sog. Sängertribüne (Minstrel’s Gallery) von ca. 1340 an der Nordwand des Langhauses. Die Brüstung bildet ein bemaltes Steinrelief mit zwölf musizierenden Engeln. Sie wird auch heute noch vom Chor der Kathedrale genutzt.
Über den Flügeln des Haupt-Querschiffs erhebt sich je ein Turm, die Ost-Querschiff-Arme sind nur als Kapellenanbauten an die Chorseitenschiffe ausgebildet.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Südteil des Chores bei einem der Baedecker-Angriffe deutscher Bomber erheblich beschädigt.
Ausstattung
Die astronomische Uhr
Die Uhr ist eine der berühmten Gruppe von astronomischen Uhren des 14. bis 16. Jahrhundert, die man in Westengland findet (zum Beispiel auch in der Kathedrale von Salisbury, der Kathedrale von Wells, St. Mary in Ottery und im Münster von Wimborne). Das Hauptziffernblatt, welches das untere ist, ist der älteste Teil der Uhr, wahrscheinlich um 1480 entstanden. Eine Scheibe, die mit einer fleur-de-lys bemalt ist, zeigt die Zeit und die Position der Sonne im Himmel an. In der Mitte des Ziffernblattes zeigt eine silberne Kugel die Mondphasen. Das obere Ziffernblatt wurde in den 1760er Jahren hinzugefügt und zeigt die Minuten.
Der lateinische Spruch Pereunt et Imputantur, der unter dem Stundenanzeiger aufgemalt ist, war ein beliebter Spruch für Uhren. Er heißt „sie vergehen und werden uns hinzugezählt“.
Der originale Uhrwerksmechanismus, oftmals verändert, repariert und vernachlässigt wurde im frühen 20. Jahrhundert ersetzt und kann heute auf dem Boden davor gesehen werden.
Referenzen
- ↑ Hürlimann, S. 27
- ↑ Hürlimann S. 27
- ↑ ( Lexikon der Weltarchitektur. Von Pevsner, Nikolaus / John Fleming / Hugh Honour [1966]. München 1971, S. 221)
- ↑ (Hürlimann S. 27)
Literatur
- Acland, James H.: Medieval Structure: The Gothic Vault. Toronto
- Adam, Ernst: Vorromanik und Romanik. Frankfurt 1968
- Badr, Issam Eldin Abdou: Vom Gewölbe zum räumlichen Tragwerk. (Diss.) Dielsdorf 1962
- Bock, Henning: Der Decorated Style. Untersuchungen zur englischen Kathedralarchitektur der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Heidelberg 1962
- Erlande-Brandenburg, Alaine: Gotische Kunst. Freiburg-Basel-Wien 1984, Abb. 356;
- Hart, Franz: Kunst und Technik der Wölbung. München 1965
- Hürlimann, Martin: Englische Kathedralen. Zürich 1948
- Pevsner, Nikolaus: Europäische Architektur von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 3. Auflage 1973
- Sager, Peter: Süd-England. Köln [1977] 8. Auflage 1985. (DuMont Kunst-Reiseführer), S. 275;
- Schäfke, Werner: Englische Kathedralen. Eine Reise zu den Höhepunkten englischer Architektur von 1066 bis heute. Köln 1983. (DuMont Kunst-Reiseführer), S. 227, Abb. 72-74; Farbtafel 8;
- Simson, Otto von: Das Mittelalter II. (= Propyläen-Kunstgeschichte Bd. 6. Frankfurt am Main - Berlin [1972] 1990). Abb. 134-135;
- Swaan, Wim: Kunst und Kultur der Spatgotik. Freibung 1978
Weblinks
50.7225-3.5297222222222Koordinaten: 50° 43′ 21″ N, 3° 31′ 47″ W
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