Existenziell

Existenziell

Das Wort Existenz (lat. existentia – Bestehen, Dasein) bezeichnet in der Philosophie das Vorhandensein eines Dinges ohne nähere Bestimmung, ob es sich um einen materiellen oder ideellen Gegenstand handelt. In der Existenzphilosophie und im Existenzialismus wird der Begriff oft synonym für „menschliches Dasein“ gebraucht.

Umgangssprachlich bezeichnet Existenz auch die wirtschaftliche Lebensgrundlage eines Menschen, z. B. in Form eines wirtschaftlichen Betriebes (Handelsgeschäft, Anwaltskanzlei oder Ähnliches).

In der Prädikatenlogik wird mit Existenz die Voraussetzung für eine Prädikatzuweisung gekennzeichnet.


Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Das lat. existo („ich existiere“) geht seinerseits wieder auf das griech. existemi (ek-histemi) zurück und wird oft mit dem ähnlich lautenden exeinai verwechselt, welches tatsächlich „sein“ bedeutet. existemi hingegen bedeutet „auslegen, aufstellen, herausstehen“, also „räumlich vorhanden sein“. In einem philosophischen Zusammenhang taucht der Begriff der Existentia erstmals bei Marius Victorinus (um 360) als Übersetzung des griechischen Hyparxis auf und wird dabei der Substantia (griechisch Ousia) gegenübergestellt. Während Existentia das reine Vorhandensein von etwas bezeichnet, wird im Gegensatz dazu das Wesen eines Dinges mit Essenz (Essentia) benannt.

In der Philosophie des Mittelalters wurde die Existenz als Tatsache nicht näher betrachtet. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag beim Wesen der Dinge, ihrer Essenz, als der Möglichkeit der existierenden Dinge, während das reale Bestehen eines Sachverhaltes mit Subsistenz im Sinne eines ontologischen Realismus wiedergegeben wurde. Ähnlich war die Sichtweise in der Philosophie des Rationalismus (Descartes, Spinoza, Leibniz), wo der Grund für die Existenz eines Dings in seiner Essenz angenommen wurde. Das Denken oder die Definition von Dingen führt zu ihrer Existenz.

Eine veränderte Bedeutung erhält die Existenz eines Gegenstandes im Empirismus sowie in der Lehre von den zwei Stämmen der Erkenntnis bei Kant, indem aus der Erfahrung den Dingen (bei Kant als Erscheinung) eine eigene Existenz zugemessen wurde. Im Gegensatz dazu sah Hegel die Einheit von Wesen und Erscheinung, von Essenz und Existenz, als das an, was die Wirklichkeit ausmacht.

Vor allem Kierkegaard wandte gegen Hegel ein, dass das individuelle, unableitbare Leben des einzelnen Menschen auf seine Existenz beschränkt ist. Das Selbst ist ein Verhältnis, das sich nur zu sich selbst verhält und nicht in einem anderen, zum Beispiel Absoluten aufgeht. Mit dieser Sicht gilt Kierkegaard als Begründer der Existenzphilosophie. Heidegger nahm in Sein und Zeit diese Bestimmung der Existenz auf: Das Sein selbst, zu dem das Dasein sich so oder so verhalten kann und immer irgendwie verhält, nennen wir Existenz. (Sein und Zeit, 12)

Noch weiter verschärft wurde diese Sicht im Existentialismus Jean-Paul Sartre, für den die Existenz dem Wesen, der Essenz vorausgeht, der Mensch allein auf sich verwiesen ist, also nur über die Perspektive der Subjektivität verfügt.

Der Begriff „Existenz“ ist vom Heidegger’schen Begriff „Existenzialien“ zu unterscheiden.

Mathematik / Logik

In der klassischen Mathematik hat man für den Beweis der Existenz eines mathematischen Objekts (einen Existenzbeweis) mehrere Möglichkeiten:

  • die explizite Angabe dieses Objekts,
  • eine Anleitung zur Konstruktion aus schon existierenden Objekten,
  • der Beweis, dass die Annahme der Nichtexistenz dieses Objekts zu einem Widerspruch führt (ein indirekter Existenzbeweis).

In anderen Konzeptionen der Mathematik (Intuitionismus, konstruktive Mathematik) wird der indirekte Existenzbeweis durch Herbeiführung von Widersprüchen aus der Annahme der Nichtexistenz abgelehnt, wenn unendlich viele Objekte zu untersuchen sind (siehe tertium non datur). Danach existiert ein Objekt nur dann, wenn es explizit angegeben wird, oder wenn ein Algorithmus angegeben werden kann, mit dem es sich (beim Intuitionismus in endlich vielen) Schritten konstruieren lässt.

In der modernen Diskussion der Grundlagen der Mathematik wurde im Grundsatz die Fragestellung des Universalienstreits wieder aufgenommen. Die Annahme der eigenständigen Existenz von Zahlen und geometrischen Figuren in der klassischen Mathematik wird als Platonismus bezeichnet und entspricht der Position des Realismus bei den Universalien. Der Konstruktivismus hat seine Entsprechung in der Vorstellung des Konzeptualismus. Die axiomatische Mathematik Hilberts hingegen betrachtet Mathematik als rein formale Schöpfung des Menschen (Formalismus) und entspricht damit dem Nominalismus.

Evolutionsbiologie

Als Existenz (Existence of Evolution) bezeichnete man in der Evolutionsbiologie ein grundlegendes Theorem, nach dem es die Evolution überhaupt gibt. Der Begriff ist aufgrund seiner trivialen Aussage heute nicht mehr gebräuchlich, war aber zu Darwins Zeiten überaus bedeutsam.

Die Existenz (der Evolution) wurde auch schon vor Darwin angenommen, darunter von Jean-Baptiste de Lamarck. Darwin konnte sie aber durch seine Beobachtungen erstmals belegen und damit eine erweiterte und konsistente Theorie entwickeln. Doch Darwin starb an Krebs bevor er seine Forschungen beenden konnte.

Philosophie

Philosophisch betrachtet wird die Existenz mit der Frage gestellt: Ist etwas da, nur weil wir es wahrnehmen?

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Wenn man einen Gegenstand sieht, dann kann man ihn sich einbilden. Diese eventuelle Einbildung kann durch das Benutzen anderer Sinnesorgane scheinbar widerlegt werden. Eine offenbar sichere Möglichkeit, eine Nichtexistenz auszuschließen, ist die Befragung eines anderen Menschen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, dass sich in jedem Menschen die gleichen biologischen Prozesse abspielen, die jeden einen Gegenstand wahrnehmen lassen, obwohl er gar nicht existiert.

Ein weiteres Phänomen diesbezüglich sind psychische Krankheiten. Wenn ein schizophrener Mensch sein Gegenüber fragt, ob ein Gegenstand existiert, um wie im ersten Fall seine Wahrnehmung zu verifizieren, dann spricht er womöglich mit einem Menschen, den er sich eingebildet hat. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Objekt nicht auch eingebildet ist.

Siehe auch

Weblinks


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