Akkommodationsstreit

Akkommodationsstreit

Der Ritenstreit oder Akkomodationsstreit war eine von etwa 1610 bis 1744 dauernde Auseinandersetzung über die Art und Weise christlicher Mission vor allem in China und Indien.

Inhaltsverzeichnis

China

Nach Kangxis Toleranzedikt von 1692 hatte das Christentum in China relativ viel Freiraum gewonnen, es entfaltete sich eine rege, hauptsächlich von den großen katholischen Orden, aber auch der russisch-orthodoxen Kirche getragene Missionstätigkeit.

Die einen Großteil der Missionare stellenden Jesuiten sprachen sich bis zum Tod Matteo Riccis im Jahre 1610 überwiegend für die sogenannte Akkommodation aus. Danach wurde den zum Christentum bekehrten Chinesen die Beibehaltung der äußeren Riten und Zeremonien der tradierten Religionen und insbesondere die Konfuzius- und Ahnenverehrung gestattet. Dieses Vorgehen war recht erfolgreich, so dass in China um 1720 an die 300.000 Christen gezählt wurden.

Riccis Nachfolger, Niccolò Longobardo, hielt die bisher geduldeten Riten für unerlaubt. Trotz vieler Beratungen innerhalb der Gesellschaft Jesu wurde diese Frage vorerst nicht entschieden. Durch die Ankunft der spanischen Dominikaner und Franziskaner, die für eine kompromisslose Weitergabe der „reinen Lehre“ ohne Zugeständnis an die chinesische Bräuche waren, wurde der Konflikt noch verschärft. Als Juan Bautista de Morales OP diese Frage Rom vorlegte, entschied man dort 1645 gegen die chinesischen Riten. Die Jesuiten unter Martin Martini erklärten diese Riten als zivile Bräuche und konnten dadurch 1656 von Alexander VII. wieder eine Erlaubnis erreichen.

Charles Maigrot verfasste im Jahr 1693 das Hirtenschreiben Mandatum seu Edictum, in dem er sich gegen die chinesischen Riten stellte und erreichte bei Papst Clemens XI. im Jahr 1704 ein Verbot der chinesischen Bräuche. Nach einer Rekursion der Jesuiten wurde dieses Verbot im Jahr 1715 bestätigt. In der Folge verbot Kaiser Yongzheng 1724 das Christentum. Nach weiteren Prüfungen verbot Papst Benedikt XIV. mit seiner Päpstlichen Bulle Ex quo singulari 1742 die chinesischen Riten.

Dadurch geriet das Christentum in der Folge zusätzlich unter Druck: Missionstätigkeit wurde verboten, Konvertiten verfolgt und unterdrückt, das kirchliche Leben weitgehend in den Untergrund abgedrängt. Zahlreiche Missionare mussten das Land verlassen; nur die Jesuiten, die am Kaiserhof arbeiteten, durften bleiben. Damit war die Mission insgesamt gescheitert. Die verstreut in ganz China bestehenden Gemeinden überlebten jedoch trotzdem bis ins 19. Jahrhundert. Erst 1939 wurde das Verbot „infolge der veränderten Lage“ von Papst Pius XII. wieder aufgehoben. Als wichtiger Nebeneffekt des Ritenstreits kann die Fülle zeitgenössischer Publikationen gesehen werden in denen europäische Missionare ihre Einschätzungen wieder geben und die wichtige Quellen des damaligen Chinabildes in Europa darstellen. Insgesamt soll es über hundert Druckwerke zum Ritenstreit gegeben haben.

Indien

In Indien geriet Roberto de Nobili SJ mit seiner Anpassung an die indische Lebensformen und Duldung der malabarischen Riten in Konflikt mit seinen portugiesischen Mitbrüdern. Papst Gregor XV. gestattete aber am 31. Januar 1623 mit der Bulle Romanae sedis antistetes Nobilis Missionsmethode. Durch die Ankunft der Kapuziner in Indien verschärfte sich der Konflikt. Der päpstliche Legat Maillard de Tournon verbot die Riten, Papst Clemens XII. bestätigte 1734 und 1739 das Verbot. Eine endgültige Verurteilung der Bräuche erfolgte durch Papst Benedikt XIV. mit der Bulle Omnium solicitudinum im Jahr 1744.
Erst 1940 wurde hier das Verbot von Rom wieder aufgehoben.

Literatur

  • Anton Huonder: Der chinesische Ritenstreit. Xaverius, Aachen 1921
  • George Minamiki: The Chinese rites controversy from its beginning to modern times. Loyola Univ. Press, Chicago 1985, ISBN 0-8294-0457-0
  • David E. Mungello (Hrsg.): The Chinese rites controversy. Its history and meaning. Steyler, Nettetal 1994, ISBN 3-8050-0348-X
  • Claudia von Collani (Hrsg.): Eine wissenschaftliche Akademie für China. Briefe des Chinamissionars Joachim Bouvet S.J. an Gottfried Wilheim Leibniz und Jean-Paul Bignon über die Erforschung der chinesischen Kultur, Sprache und Geschichte. Studia Leibnitiania, Sonderheft 18. Stuttgart 1989

Weblinks


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