Aknenormin

Aknenormin
Strukturformel
Allgemeines
Freiname Isotretinoin
Andere Namen

3,7-Dimethyl-9-(2,6,6-trimethyl-1-cyclohexenyl)nona- 2,4,6,8-tetraensäure

Summenformel C20H28O2
CAS-Nummer 4759-48-2
ATC-Code

D10AD04

DrugBank APRD00140
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Aknemittel (nicht-aromatisches Retinoid)

Fertigpräparate

Systemisch:
Accutane®
Acnotin®
Aknefug-ISO®
Aknenormin®
Ciscutan®
Curakne®
Decutan®
Isocutan®
Isoderm®
Isotret-HEXAL®
Liderma®
Lurantal®
Rexidal®
Roaccutan®
Scherotonin®
Trétinac®
Trivane®
Topisch:
Isotrex®-Creme/-Gel
Isotrexin®-Gel
Roaccutan®-Gel

Verschreibungspflichtig: ja
Eigenschaften
Molare Masse 300,44 g·mol−1
Schmelzpunkt

172–175 °C [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 61-36/37/38
S: 53-26-36/37/39-45
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
WGK 3 [1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Isotretinoin, auch bekannt als 13-cis-Retinsäure, ist ein cis-Isomer des Tretinoin und gehört zu den Retinoiden der ersten Generation (nicht-aromatische Retinoide). Isotretinoin wurde 1982 von Roche unter dem Namen Accutane auf den Markt gebracht.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgebiet

Als Arzneistoff wurde Isotretinoin in Deutschland für die Therapie der Akne zugelassen. Daneben kommt es u. U. auch bei gramnegativer Follikulitis, Rosazea, Psoriasis (Schuppenflechte) und aktinischer Keratose zum Einsatz. Gegen Acne inversa spricht es so gut wie nicht an. [2]

Isotretinoin wird sowohl topisch (äußerlich) wie systemisch (innerlich) angewandt. Wegen der erheblichen Risiken und Nebenwirkungen werden in der Regel nur schwere und therapieresistente Krankheitsverläufe systemisch behandelt. Der Wirkstoff ist in Europa und Nordamerika zugelassen.

Wirkungsmechanismen

Bei systemischer Isotretinoin-Therapie verringert sich die Größe der Talgdrüsen. Menge und Zusammensetzung der Talgdrüsenlipide normalisieren sich. Die Akne soll hierüber zur Abheilung gebracht werden. Dennoch sind Rezidive (Rückfälle) möglich. Eine Studie aus dem Jahre 1998 bezifferte die Rezidivrate drei Jahre nach der ersten Therapie auf 61 % der behandelte Fälle. [3]

Eine immunmodulierende Wirkung tritt durch Hemmung der Granulozytenmigration und Stimulation der Langerhans-Zellen ein. Isotretinoin hat auch einen direkten Einfluss auf Lymphozyten.

Isotretinoin bewirkt eine verbesserte Ausreifung der Keratinozyten. Dies trifft auch auf Zellen zu, die Zeichen einer malignen Entartung aufweisen („tumorprotektive Wirkung“). Diese Tumor-schützenden Effekte werden auch nach UV-Bestrahlungen beobachtet.

Isotretinoin wird zu 99,9 % an Proteine gebunden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 17–50 Stunden. Die Metabolisation erfolgt bei topischer Anwendung in den Keratinozyten, bei systemischer Aufnahme in der Leber. Die Ausscheidung erfolgt über Leber und Niere.

Nebenwirkungen

Bei systemischer Aufnahme können diverse Körperorte von unerwünschten Wirkungen betroffen sein. Die Nebenwirkungen topischer Anwendung bleiben begrenzt auf das behandelte Hautareal.

Haut und Haar

Trockene Haut, insbesondere Lippen, Schälung der Haut, Schleimhautentzündungen und Nasenbluten treten häufig auf. Die Lichtempfindlichkeit der Haut ist erhöht. Isotretinoin ist unter Einwirkung von Sonnenlicht nicht stabil und kann daher bei topischer Anwendung phototoxische Reaktionen hervorrufen. Bei systemischer Aufnahme kommt es in einigen Fällen zu Haarausfall. Am Anfang einer Isotretinoin-Therapie kann es vorübergehend zur Verschlechterung des Hautbildes durch zusätzliche Entzündungen kommen. Als Ursache werden die immunmodulatorischen Eigenschaften des Wirkstoffes vermutet.

Leber

Bei systemischer Aufnahme besteht die Gefahr von Leberfunktionsstörungen und Fettstoffwechselstörungen, was eine engmaschige Kontrolle der Leberwerte notwendig macht. Sehr häufig kommt es zur Erhöhung der Transaminasen. Sehr selten treten Leberentzündungen (Hepatitis) auf.

Nervensystem und Psyche

Bei systemischer Therapie treten häufig Kopfschmerzen auf. Sehr selten kommt es zur Erhöhung des Schädelinnendrucks (intrakranieller Hirndruck), zu Krämpfen und Schläfrigkeit. Eine Beeinflussung des Hirnstoffwechsels konnte nachgewiesen werden. [4] In vitro erhöhte Isotretinoin die Bildung von Proteinen und Zellmetaboliten, von denen bekannt ist, dass sie die Bildung von Serotonin herabsetzen. [5] Depressionen und erhöhte Suizidalität sind in der Diskussion.

Blut und Lymphsystem

Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und Blutarmut werden bei systemischer Therapie sehr häufig beobachtet. Ebenso Thrombozytopenie und Thrombozytose. Häufig kommt es zur Neutropenie (Mangel weißer Blutkörperchen). Sehr selten erkranken Lymphknoten (Lymphadenopathie).

Augen

Sehr häufig kommt es zu Entzündungen der Lidränder und der Bindehaut, trockenen und gereizten Augen. Sehr selten treten Verschwommensehen, grauer Star, Farbenblindheit, Hornhauttrübung, Nachtblindheit, Hornhautentzündung, Veränderung des Augenhintergrundes mit Schwellung (Papillenödem) als Zeichen eines Pseudotumor cerebri und Lichtscheuheit (Photophobie) auf.

Stütz- und Bewegungsapparat

Sehr häufig kommt es zu reversiblen Muskel- und Gelenkschmerzen. Sehr selten treten Gelenkentzündungen, vorzeitiger Schluss der Knochenwachstumsfugen, überschießende Knochensubstanzbildung (Hyperostose und Exostose) sowie die Verkalkung von Bändern und Sehnen (Kalzinose) auf.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Einnahme von Isotretinoin und Tetracyclinen kann einen Pseudotumor cerebri zur Folge haben, da sowohl Isotretinoin wie auch die Tetracycline den Schädelinnendruck erhöhen. Die Kombination von Isotretinoin mit anderen Keratolytika kann lokale Reizungen verstärken. Zur Vermeidung einer Vitamin-A-Überdosierung darf Isotretinoin nicht zusammen mit hochdosiert Vitamin-A-haltigen Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden. Auch Leber und Leberprodukte können hohe Vitamin-A-Dosen enthalten, was bei der Verzehrmenge zu berücksichtigen ist.

Gegenanzeigen

Isotretinoin darf systemisch nicht an Personen verabreicht werden, die an einer Fettstoffwechselstörung (Hyperlipoproteinämie) oder Hypervitaminose A leiden [6]. Bei topischer Anwendung sind Erkrankungen wie akute Ekzeme, Rosazea oder periorale Dermatitis auf der zu behandelnden Hautoberfläche ein Hinderungsgrund[7]. Ungeachtet der Verabreichungsform ist auch eine erhöhte Sensibilität gegenüber dem Wirkstoff oder sonstigen Präparatsbestandteilen eine klare Gegenanzeige.

Schwangerschaft und Stillzeit

Bei gebärfähigen Frauen darf Isotretinoin nicht bzw. nur nach Ausschluss einer Schwangerschaft (einschließlich vier Wochen über die Behandlung hinaus) angewandt werden. Anderenfalls drohen schwere Fehlbildungen beim Fetus. Aus diesem Grund muss von Anwenderinnen jeden Monat ein erneuter Schwangerschaftstest durchgeführt und dem Arzt vorgelegt werden. Außerdem muss eine doppelte Verhütung, in der Regel Antibabypille plus Präservativ, während der gesamten Behandlungszeit konsequent angewendet werden. Die Unbedenklichkeit topischer Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht hinreichend untersucht, so dass auch hiervon abgeraten wird.

Quellen

  1. a b c Sicherheitsdatenblatt der Firma Sigma-Aldrich
  2. jne: Bei intertriginösen Entzündungen an Acne inversa denken. In: Dtsch Arztebl 1999; 96(16): A-1061 / B-883 / C-827 Volltext
  3. White GM et al.: Recurrence rates after the first course of isotretinoin. In: Archives of Dermatology 1998; 134:376-378
  4. Bremner et al.: Functional Brain Imaging Alterations in Acne Patients Treated With Isotretinoin. In: Am J Psychiatry 162:983-991; Mai 2005. Volltext
  5. O’Reilly, K.C. et al: 13-cis-Retinoic Acid Alters Intracellular Serotonin, Increases 5-HT1A Receptor, and Serotonin Reuptake Transporter Levels In Vitro. In: Experimental Biology and Medicine, 232:1195-1203 (2007). Volltext
  6. Beipackzettel von Roaccutan® 10 mg Kapseln, Stand: August 2003. Abrufbar im Arzneimittelinformationssystem des Bundes und der Länder [1]
  7. Beipackzettel Isotrex Creme 0.05%, Stand: Juni 2005. Abrufbar im Arzneimittelinformationssystem des Bundes und der Länder.
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