FVDG

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Ausgabe vom 8. August 1914 von Die Einigkeit, dem Organ der Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften

Die Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften (kurz FVdG) war ein radikaler Gewerkschaftsverband im Deutschen Kaiserreich und zu Beginn der Weimarer Republik. Sie wurde 1897 in Halle unter dem Namen Vertrauensmänner-Zentralisation Deutschlands als Dachverband der lokalistischen Strömung der deutschen Arbeiterbewegung gegründet. Die Lokalisten lehnten die Zentralisierung der Gewerkschaften infolge des Auslaufens der Sozialistengesetze 1890 ab und zogen basisdemokratische Strukturen vor. Verschiedene Konzepte zur Finanzierung wurden erprobt, bis man sich 1903 auf ein System der freiwilligen Solidarität einigte, das gleiche Jahr, in dem der Name auch in Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften umgeändert wurde.

Im Verlaufe der Jahre, die der Gründung der FVdG folgten, übernahm sie zunehmend radikalere Positionen. Während der Massenstreikdebatte der deutschen Arbeiterbewegung vertrat die FVdG die Ansicht, dass der Generalstreik eine Waffe in den Händen der Arbeiterklasse sein müsse. Die Vereinigung glaubte, dass der Generalstreik der letzte Schritt vor einer sozialistischen Revolution sein würde, und wurde gleichzeitig dem Parlamentarismus gegenüber zunehmend kritischer. Streitigkeiten mit den etablierten Gewerkschaften führten dann letztenendes 1908 zum Ausschluss der FVdG-Mitglieder aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und dem kompletten Abbruch der Beziehungen zwischen diesen beiden Organisationen. Anarchistische und besonders syndikalistische Positionen wurden innerhalb der FVdG zunehmend beliebter. Während des Ersten Weltkrieges lehnte die FVdG die - als Burgfrieden bekannte - Kooperation zwischen der sozialistischen Arbeiterbewegung und der deutschen Regierung ab, konnte aber keinen nennenswerten Widerstand gegen den Krieg leisten oder ihre üblichen Aktivitäten fortsetzen. Unmittelbar nach der Novemberrevolution wurde die FVdG sehr schnell zu einer Massenorganisation. Sie war ganz besonders für Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet, die die reformistische Politik der etablierten Gewerkschaften ablehnten, attraktiv. Im Dezember 1919, vereinigte sich die FVdG mit einer Reihe kleinerer Gewerkschaften zur Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD).

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Laut Angela Vogel und Hartmut Rübner war Carl Hillmann, ein Schriftsetzer und prominenter Gewerkschafter in den 1870ern, der geistige Vorvater der lokalistischen und späteren anarchosyndikalistischen Bewegung. Die Behauptungen Vogels und Rübners basieren auf der Tatsache, dass Hillmann der erste in Deutschland war, der die wichtigsten Aufgabe in der Schaffung der Bedingungen für die sozialistischen Revolution sah und nicht nur in der Verbesserung der Lebensumstände der Arbeiter. Er befürwortete ebense eine dezentrale Gewerkschaftsbundsstruktur. Viele der späteren Anarchosyndikalisten, etwa Rudolf Rocker, stimmen Vogels und Rübners Beschreibung zu. Hans-Manfred Bock dagegen sieht keinerlei Hinweise dafür, dass Hillmann die FVdG beeinflusste.

Die „Freien Gewerkschaften“ zwischen Sozialdemokratie und Syndikalismus

Vom 17. bis 19. Mai 1897 fand in Halle (Saale) der „Erste Kongress der lokalorganisierten oder auf Grund des Vertrauensmännersystems zentralisierten Gewerkschaften Deutschlands“ statt. Daraus erfolgte die organisatorische Verselbstständigung der Lokalisten. Die Lokalorganisierten, die sich ab 1901 „Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften“ nannten, entwickelten sich zunehmend zu einer syndikalistischen Gewerkschaft.

Die „Freien Gewerkschaften“ waren zunächst noch an der Sozialdemokratie orientiert. Zum endgültigen Bruch der FVdG mit der SPD kam es während der Massenstreikdebatte 1906. Die SPD verbot 1908 die Doppelmitgliedschaft. Als im Jahre 1904 Fritz Kater die Geschäftsführung übernahm, wurde die FVdG auch nicht sozialdemokratischen Strömungen der Arbeiterbewegung geöffnet.

Der Übergang der lokalistischen „Freien Vereinigung“ mit sozialdemokratischen Programm (1898) zu einem revolutionär-syndikalistischen Programm (1908) ging nicht spurlos an der FVdG vorbei. Die Vertreter der anarchistischen Strömung traten für einen strikten Antimilitarismus, Atheismus und Antiparlamentarismus ein und forderten einen Bruch mit der Sozialdemokratie. Die Radikalisierung der FVdG führte zu einem Rückgang der Mitglieder von über 17.000 im Jahre 1907 auf nur 6.500 im Jahre 1910.

Kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die FVdG aufgrund ihrer antimilitaristischen Propaganda als staatsfeindliche Organisation verboten. Nach dem Krieg begann die Reorganisation der Syndikalisten. Sie gründeten 1919 die Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD).

Literatur

  • FAU-MAT (Hg.): „Was wollen die Lokalisten? Programm, Ziele und Wege der ‚Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften‘“. Verlag Syndikat A, Moers o.J (2000). Erstauflage: Geschäftskommision der FVdG, Verlag Fritz Kater, Berlin 1911.
  • Dirk H. Müller: Gewerkschaftliche Versammlungsdemokratie und Arbeiterdelegierte von 1918. Ein Beitrag zur Geschichte des Lokalismus, des Syndikalismus und der entstehende Rätebewegung, Berlin 1985
  • Helge Döhring: „Anarcho-Syndikalismus in Ostpreußen! 750 Jahre Königsberg nicht ohne Anarcho-Syndikalisten!“, Bremen 2006.
  • Jürgen Mümken: Vom Lokalismus zum revolutionären Syndikalismus. Die „Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften“, Bremen 1998
  • Angela Vogel: Der deutsche Anarcho-Syndikalismus. Genese und Theorie einer vergessenen Bewegung, Berlin 1977

Weblinks


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