Fahrtkostenpauschale

Fahrtkostenpauschale

Mit der Entfernungspauschale, im Volksmund Pendlerpauschale, werden im deutschen Einkommensteuerrecht die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte pauschaliert. Die Pendlerpauschale mindert das zu versteuernde Einkommen. Die Pauschale kann von allen Pendlern in Anspruch genommen werden, unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen und gleichgültig, ob sie zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Motorrad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Kraftwagen zur Arbeitsstelle gelangen. Selbstständige, die ein zum Betriebsvermögen gehörendes Fahrzeug für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb benutzen, können für diese Fahrten nur die Entfernungspauschale als Betriebsausgabe geltend machen.

Inhaltsverzeichnis

Ermittlung der Pauschale

Die Entfernungspauschale ist nur für die Tage anzusetzen, an denen der Arbeitnehmer den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich zurückgelegt hat. Sie gilt nicht für fiktive Fahrten und die Pauschale wird für jeden Arbeitstag nur einmal angesetzt, auch wenn zusätzliche Fahrten wegen einer mehrstündigen Arbeitszeitunterbrechung durchgeführt wurden. Berücksichtigt werden zudem nur die vollen Kilometer der einfachen Entfernung, damit sind Hin- und Rückfahrt abgegolten. Angefangene Kilometer der Fahrtstrecke werden nicht berücksichtigt. Es gilt eine Höchstgrenze von 4.500 Euro im Kalenderjahr. Ein höherer Betrag kann geltend gemacht werden, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt hat.

Höhe der Pauschale

  • in den Kalenderjahren 2002 bis 2003
    • 0,36 € für jeweils die ersten 10 Entfernungskilometer und
    • 0,40 € für jeden weiteren Entfernungskilometer
  • seit dem Kalenderjahr 2004
    • 0,30 € für jeden Entfernungskilometer

Maßgebliche Wohnung

Zwar steht es dem Arbeitnehmer grundsätzlich frei, wo er seine Wohnung nimmt und ob er von einem Haupt- oder Zweitwohnsitz zur Arbeit fährt, die Fahrten von einer weiter entfernt liegenden Wohnung werden aber steuerlich nur berücksichtigt, wenn diese den örtlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers darstellt und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 6 EStG).

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist dabei nicht unbedingt der Hauptwohnsitz, und obwohl die melderechtlichen Verhältnisse ein Indiz sind, ist die Finanzverwaltung an diese Feststellung nicht gebunden. Bei verheirateten Arbeitnehmern befindet sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in der Regel am Wohnort der Familie. Bei Alleinstehenden besteht die Vermutung, dass sie den örtlichen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen am Ort der Wohnung haben, von der aus sie sich überwiegend zur Arbeitsstätte begeben. Wo ein Alleinstehender den Lebensmittelpunkt tatsächlich besitzt, wird bestimmt durch die persönlichen Beziehungen zu diesem Ort und die Art und Weise, wie diese Beziehungen aufrechterhalten werden (z. B. durch besondere persönliche Bindungen an Personen, Vereine und andere Aktivitäten). Der Lebensmittelpunkt setzt jedoch stets voraus, dass der Arbeitnehmer sich dort nachhaltig aufhält.

Die Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb, sowie die Gründe für die Wohnsitznahme am entfernteren Ort spielen keine Rolle. Allerdings darf die entfernter liegende Wohnung keine Zweitwohnung sein, die lediglich an Wochenenden und in den Ferien genutzt wird.

Verkehrsmittel

Im Gegensatz zur früher geltenden Kilometerpauschale kann die Entfernungspauschale unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel geltend gemacht werden. Das heißt, sie gilt nicht nur für Auto- und Motorradfahrer, sondern auch für Nutzer der Eisenbahn, der Straßenbahn, des Omnibusses, eines Bootes, des Fahrrades und für Fußgänger. Eine Ausnahme besteht für die Nutzung eines Flugzeugs oder Taxis.

Fahrtstrecke

Das Gesetz stellt zur Berechnung grundsätzlich auf die Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab. Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrundegelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird. Eine Verbindung ist verkehrsgünstiger, wenn durch sie die Arbeitsstätte – trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen – in der Regel schneller und pünktlicher erreicht wird.

Entwicklung der Pauschale

Kaum eine Steuervorschrift unterlag so grundlegenden Änderungen wie die Regelungen zu den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit. In den ersten Einkommensteuergesetzen hatten die Gesetzgeber einen steuerlichen Abzug der Fahrtkosten zur Arbeit nicht vorgesehen. Gleichwohl wurde dieser bereits um die Jahrhundertwende 1900 erfolgreich vor Gerichten erstritten, denn (so argumentierte z.B. das Preußische Oberverwaltungsgericht) „wenn der Erwerbende sich nicht zu seiner Arbeitsstelle begibt, so verdient er auch nichts“.[1] Erstmals mit dem EStG von 1920 wurden die „notwendigen Kosten“ ausdrücklich gesetzlich zum Abzug zugelassen. Als notwendig wurden bei einem normalen Arbeitnehmer in der Regel nur die Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erachtet. Erst 1955 erkannte der Bundesfinanzhof wegen der zunehmenden Motorisierung auch PKW-Kosten als notwendig an, und bei Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs wurde ein Pauschalbetrag für höchstens 40 Entfernungskilometer zum Abzug zugelassen.

Seit 1971 waren dann die Aufwendungen bei Benutzung eines eigenen Kraftwagens zunächst mit 0,36 DM, seit 1990 mit 0,50 DM und bis 2001 mit 0,70 DM je Entfernungskilometer abziehbar, und die Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel konnten in tatsächlicher Höhe steuermindernd geltend gemacht werden. Ab 2001 hat der Gesetzgeber mit dem § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die verkehrsmittelunabhängige Pauschale eingeführt und bis in das Jahr 2006 waren die Kosten für Fahrten zur Arbeitsstelle ausdrücklich zum Abzug als steuermindernde Werbungskosten zugelassen.

Der mit Beginn des Jahres 2007 eingeführte § 9 Abs. 2 EStG änderte (bei Streichung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) diese Qualifizierung und sprach den Fahrten unter Bezugnahme auf das Werkstorprinzip die Eigenschaft als Werbungskosten ab. Demnach wurde grundsätzlich nur noch die Arbeitsstätte selbst der Berufssphäre zugeordnet, während der Weg von und zur Arbeit dem steuerlich unbeachtlichen Privatbereich zugerechnet wurde. Für Pendler mit einem besonders weiten arbeitstäglichen Weg konnten die Kosten für Entfernungen, die über 20 km hinausgehen, „wie Werbungskosten“ abgezogen werden. Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht am 9. Dezember 2008 für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung gefordert (siehe -> Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2008). Mit dem „Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale“ ist diese Neuregelung erfolgt und die vor 2006 geltende Rechtslage wieder hergestellt.

Entfernungspauschale und Verfassungsrecht

Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1969

Die erste Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Entfernungspauschale erging am 2. Oktober 1969. Streitgegenstand war die Absenkung des Pauschalsatzes auf ein leicht unter den tatsächlichen Kosten liegendes Niveau. [2] Diese Gesetzesänderung erklärte das Bundesverfassungsgericht als mit der Verfassung vereinbar. Der Lenkungszweck der Förderung der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde als geeignet erklärt die durch die Gesetzesänderung herbeigeführte Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen zu rechtfertigen. [3] Trotz der Kürzung des Pauschalsatzes auf ein leicht unter den tatsächlichen Kosten liegendes Niveau war das verfassungsrechtliche Leistungsfähigkeitsprinzip nicht verletzt, da dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. [4]

Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2008

Im Jahr 2007 wurde § 9 EStG dergestalt geändert, dass die Fahrtkosten zur Arbeit nicht mehr als Werbungskosten geltend gemacht werden konnten.

Siehe Hauptartikel: Werkstorprinzip

Am 9. Dezember 2008 wurde diese Gesetzesänderung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt[5], weil sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine folgerichtige Umsetzung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen nicht gerecht wurde und daher gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Absatz 1 GG verstößt.[6] Die Einführung des Werkstorprinzips stellt eine Abweichung von dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip dar und ist daher eine nicht folgerichtige (systemwidrige) Benachteiligung bestimmter Steuerzahler.[7] Diese Ungleichbehandlung ist gemäß Art. 3 Absatz 1 GG verfassungswidrig, weil sie nicht sachlich gerechtfertigt ist. Folgende Rechtfertigungsgründe hat das Bundesverfassungsgericht erwogen:

  • Der von der Bundesregierung genannte Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen wurde für generell ungeeignet erklärt eine steuerrechtliche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.[8]
  • Lenkungszwecke: Da der Gesetzgeber keine Lenkungszwecke verfolgte, nannte das Bundesverfassungsgericht beispielhaft das von einigen Volkswirten vorgebrachte Ziel gesamtwirtschaftlich effizienter Verhaltenslenkung durch Abschaffung der Entfernungspauschale als möglichen Lenkungszweck. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieses konkreten Lenkungszweckes wurde durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht bewertet.[9]
  • Typisierung: Das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass dem Gesetzgeber im Interesse eines praktikablen Gesetzesvollzugs erhebliche Typisierungsspielräume bei der Ausgestaltung der Entfernungspauschale zustehen. Diese Typisierungsspielräume beziehen sich sowohl auf die Höhe des Kostenansatzes, als auch auf die Höhe der privaten Mitveranlassung. Hierzu hätte der Gesetzgeber jedoch empirisch begründete Regelfälle herausbilden müssen, die sich an den in der Realität typischer Weise vorkommenden Fällen orientieren. Er war nicht berechtigt einen atypischen Fall, das wohnen am Werkstor, als Leitbild zu wählen.[10]
  • Verfassungskonformer Systemwechsel: Der Gesetzgeber ist grundsätzlich berechtigt, neue Grundentscheidungen einzuführen. Der Gesetzgeber ist dann nicht an frühere einfachgesetzliche Grundentscheidungen gebunden. In diesem Fall wird die Verfassungskonformität der neuen Grundentscheidungen an der Verfassung gemessen. Mit der Einführung des Werkstorprinzips wurde jedoch kein neues Regelwerk geschaffen, sondern nur eine singuläre, systemwidrige Ausnahme von dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip geschaffen. Der Gesetzgeber konnte sich daher auch nicht auf einen Systemwechsel berufen.[11]

Da die Kürzung bereits wegen Verstoßes gegen Artikel 3 Absatz 1 GG verfassungswidrig war, wurde die Verletzung weiterer Grundrechte nicht mehr geprüft. [12] Das Bundesverfassungsgericht nannte dennoch, als Hinweis für eine verfassungskonforme Neuregelung, weitere zu beachtende Grundrechte:

  • Das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie. Das Bundesverfassungsgericht erklärte, dass es hier zu problematischen Härtefällen gekommen sein kann. Es verwies auf eine Schätzung des Bundesfinanzministeriums, nach der die Kürzung der Entfernungspauschale dazu geführt hat, dass 90.000 Steuerpflichtigen mit einem (Vorsteuer-) Einkommen in Höhe des sozialhilferechtlichen Existenzminimums Einkommensteuer abgezogen wurde. [13]
  • Das Verfassungsgebot des besonderen Schutzes von Ehe und Familie, Art. 6 Absatz 1 GG. [14]

Das Bundesverfassungsgericht gab dem Gesetzgeber auf, den verfassungswidrigen Zustand rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 zu beseitigen. Für den Zeitraum bis zu einer (verfassungskonformen) gesetzlichen Neuregelung galt die Entfernungspauschale (analog zu der alten Fassung von 2004) mit 0,30 € für jeden Entfernungskilometer fort.[15] Die umstrittene Änderung wurde vom Gesetzgeber Anfang 2009 rückgängig gemacht. In dem Urteil wurden erstmals die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Änderung des Werbungskostenabzugs der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aufgezeigt, es ist daher für zukünftige Gesetzgesänderungen von großer Bedeutung.

Diskussion

Positionen gegen die Entfernungspauschale

Die Entfernungspauschale wird unter ökologischen Gesichtspunkten kritisiert. So wird vom Umweltbundesamt deren komplette Streichung gefordert. Umweltorganisationen weisen darauf hin, dass die Entfernungspauschale das Auseinanderfallen von Wohn- und Arbeitsstätte fördere, also etwa in der Stadt zu arbeiten und im Grünen zu wohnen. In diesem Zusammenhang wird die Entfernungspauschale gelegentlich als „Zersiedelungsprämie“ bezeichnet.

Zudem wird vorgebracht, dass die staatliche Förderung des Pendelverkehrs zu Problemen der Suburbanisierung führe, insbesondere zu einer Verschärfung der Verkehrsprobleme in Ballungsräumen, zur Verödung der Innenstädte und zur suburbanen Ghettoisierung.

Überdies benachteilige die Entfernungspauschale Arbeitnehmer, die bewusst in der Nähe ihres Arbeitgebers wohnen und hierfür höhere Mieten in Kauf nähmen, aber ihre Mieten nicht gesondert steuerlich absetzen können, weil Kosten der Lebensführung (wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, etc.) über den Grundfreibetrag von derzeit 7664 € (bzw. 15.328 € bei Zusammenveranlagung) als abgegolten gelten.

Einige Wissenschaftler, Politiker und Medien, insbesondere ordoliberal orientierte, sehen die Entfernungspauschale als zu streichende Subvention, da die Wahl des Wohnortes Privatsache sei. Beruflich veranlasste Tatbestände begännen erst am Werkstor, so diese Auffassung. (Das Bundesfinanzministerium verteidigt die derzeitige Regelung mit diesem Werkstorprinzip.) Vor dem Hintergrund der Forderung nach Subventionsabbau wird eine Reduzierung oder eine Abschaffung nicht nur der Pauschale verlangt, sondern die steuerliche Absetzbarkeit der Arbeitnehmerfahrtkosten insgesamt abgelehnt. Einige Wirtschaftswissenschaftler empfehlen sogar eine zusätzliche Besteuerung des Pendelns, da Pendeln soziale Kosten verursache und die Fahrt zur Arbeit per se verschwendet sei. Denn würden Arbeitnehmer statt zu pendeln länger arbeiten, so würde langfristig ein höherer volkswirtschaftlicher Wohlstand erzielt. [16]

Positionen für die Entfernungspauschale

Einige Steuerexperten sowie der Bundesfinanzhof und das Bundesverfassungsgericht (siehe unten) sehen den steuerlichen Abzug für Fahrtkosten zur Arbeit als notwendigen Teil des Prinzips der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Im Rahmen der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sehen sie die (absetzbaren) Transportkosten der Produkte eines Betriebes zu dessen Kunden als wesensgleich mit den Transportkosten der Ware Arbeit zu seinem Kunden Arbeitgeber. Die Anwendung einer Pauschale erscheine dabei aus Vereinfachungsgründen als geboten. Auch handele es sich nicht um eine Subvention, sondern um Werbungskosten, da ein Arbeitnehmer Fahrtkosten zur Arbeitsstätte häufig nicht vermeiden könne, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden. Eine Abschaffung oder drastische Kürzung verstoße somit gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Nettoprinzip) sowie ferner auch gegen den verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie, da zwei an verschiedenen Orten berufstätige Ehegatten Kosten für Fahrten zur Arbeitsstätte nur durch einen Verzicht auf eine gemeinsame Wohnung vermeiden könnten.

Die Beschränkung der Entfernungspauschale auf Entfernungen ab dem 20. Kilometer führt dazu, dass die Mehrheit der Pendler ihre Fahrt zum Betrieb nicht mehr als Werbungskosten absetzen kann. Die Einschätzung, wie viele Steuerzahler durch die Neuregelung eine höhere Steuerlast haben, ist schwierig. Die (alte) Entfernungspauschale überstieg ab ca. 12 km Arbeitsweg (bei Vollzeittätigkeit) den Arbeitnehmerpauschbetrag und war daher für Arbeitnehmer ohne weitere Werbungskosten ab diesem Arbeitsweg relevant. Für Arbeitnehmer mit sonstigen Werbungskosten, aber auch für Selbständige und Gewerbetreibende Pendler, die keinen Pauschbetrag haben, war die (alte) Entfernungspauschale schon ab kurzen Entfernungen zum Arbeitsplatz relevant. In einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2004 stuften sich von den insgesamt 35,7 Mill. Erwerbstätigen 30,3 Mill. als Berufspendlerinnen und –pendler ein. Davon fuhren 48,1 % ab 10 km bis zur Arbeitsstätte. 16,4 % fuhren mehr als 25 Kilometer bis zur Arbeitsstätte. [17]

Gleichzeitig schaffen staatliche Institutionen Voraussetzungen, die Pendelverkehr eher verstärken als verringern. So verlangen die Agenturen für Arbeit Flexibilität bei der Wahl des Arbeitsortes, bei der Planung von Gewerbegebieten wird auf Infrastruktur- und Familienbedürfnisse häufig keine Rücksicht genommen und durch die Flexibilisierung des Arbeitsrechts (befristete Verträge, Leiharbeit) lebt eine wachsende Zahl von Arbeitnehmern damit, häufiger den Arbeitsort wechseln zu müssen.

Nach Ansicht einiger Volkswirte ist die Kürzung der Entfernungspauschale kein Subventionsabbau, da dies nicht zu einer Verminderung der Ausgaben des Staates, sondern zu einer Erhöhung der Steuereinnahmen führt. [18] Die Entfernungspauschale sei notwendig um volkswirtschaftliche Wohlfahrtsverluste zu vermeiden. Die Einkommensteuer ist neutral und verzerrungsfrei, wenn ihre Erhebung die ökonomischen Wahlentscheidungen der Menschen nicht verändert. Gäbe es keine Einkommensteuer, so würde ein Bürger von mehreren Arbeitsangeboten dasjenige annehmen, das nach Abzug der Fahrtkosten den höchsten Gewinn abwirft. Würde das Steuersystem den Abzug der Fahrtkosten zur Arbeit aber nicht erlauben, so würde sich der Bürger für das schlechter bezahlte Angebot an einem nahegelegenen Arbeitsplatz entscheiden, da der höhere Bruttolohn eines entfernteren Arbeitsplatzes von der Steuer absorbiert wird. Der mögliche Mehrgewinn würde daher weder für den Staat, noch für den Bürger realisiert werden. Ein solches Steuersystem wäre deshalb ineffizient. [19]

Andere Länder

Nach einer internationalen Studie des Bundesfinanzministeriums sind Fahrtkosten zur Arbeit in vier der dort untersuchten EU-Staaten grundsätzlich nicht steuerlich abziehbar, nämlich in Tschechien, Griechenland, Großbritannien und Irland. Ein steuerlicher Abzug von Fahrtkosten zur Arbeit durch Pauschalen existiert in Österreich, Polen, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Portugal und der Schweiz. In den Niederlanden, Finnland, Norwegen und Schweden ist der steuerliche Abzug auf Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel beschränkt, Fahrtkosten für den privaten PKW sind nur bei Unzumutbarkeit des öffentlichen Nahverkehrs steuerlich abziehbar.[20] Nähere Angaben zu Österreich unter Pendlerpauschale.

Hinweise

  1. zitiert nach Tipke, Betriebsberater (BB) 2007, 1525, 1529
  2. BVerfGE 27, 58 (64)
  3. BVerfGE 27, 58 (66)
  4. BVerfGE 27, 58 (66 f)
  5. [1] Bundesverfassungsgericht: Kürzung der Pendlerpauschale ist verfassungswidrig in Die Zeit online – abgerufen am 9.12.08 11:40
  6. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 66
  7. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 68
  8. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 69
  9. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 70
  10. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 60, 75, 77
  11. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 80-83
  12. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 85
  13. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 64, 81
  14. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 75, 85
  15. BVerfG, 2 BvL 1/07 vom 9. Dezember 2008, Absatz-Nr. 86-90
  16. Wolfram Richter, Streicht die Entfernungspauschale
  17. Tabellen des Statistischen Bundesamtes (4 MB)
  18. Sueddeutsche Zeitung, Zankapfel Pendlerpauschale, 26. September 2003
  19. H.-W. Sinn: Hände weg von der Entfernungs-Pauschale! Sueddeutsche Zeitung Nr. 221, 25.09.03
  20. Artikel des Bundesfinanzministeriums

Literatur

Weblinks

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