Akute Immun-Thrombozytopenie

Akute Immun-Thrombozytopenie
Klassifikation nach ICD-10
D69.3 Idiopathische thrombozytopenische Purpura
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Die Akute Immun-Thrombozytopenie (ITP) im Kindesalter ist die akute Form der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura. Bei dieser Blutkrankheit besteht ein isolierter Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) mit akuten Blutungssymptomen bei sonst gesunden Kindern. Die Diagnose einer ITP ist eine Ausschlussdiagnose, nachdem Thrombozytopenien anderer Ursache ausgeschlossen wurden: akute Infektionen, Neugeborenenthrombozytopenie, Leukämie, hämolytisch-urämisches Syndrom, vererbte Thrombozytopenien, medikamentös bedingte Thrombozytopenien, Kollagenose u.a..

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Die ITP ist die häufigste hämorrhagische Diathese im Kindesalter (ca. 4 Fälle pro 100.000 Kinder pro Jahr) mit Häufigkeitsgipfel im Vorschulalter. Sie tritt meistens 2–3 Wochen nach einer Virusinfektion, gelegentlich nach Lebendimpfungen auf. Die Blutungsneigung entspricht nicht der Thrombozytenzahl, da die bei der ITP vorhandenen sehr großen Thrombozyten eine ihrem Volumen entsprechende Funktion haben. Die ITP heilt in der Regel spontan aus; nach 6 Wochen weisen 60 %, nach 6 Monaten 80 %, nach 12 Monaten 90 % der Kinder wieder normale Thrombozytenwerte auf. Liegen die Thrombozytenwerte nach sechs Monaten immer noch < 150/nl, spricht man von einer chronischen Immun-Thrombozytopenie.

Ursachen

Die Thrombozyten werden durch Autoantikörper beladen und dann vorzeitig in der Milz abgebaut. Der gesteigerte Verbrauch führt ausgleichend zu einer vermehrten Neuproduktion ungewöhnlich großer Blutplättchen.

Leitsymptome

Fast alle Kinder haben bei Diagnosestellung Hautblutungen: punktförmige Blutungen (Petechien) und/oder flächenhafte Blutergüsse (Hämatome). Etwa 20–35 % haben zusätzlich Schleimhautblutungen (meist Nase, Zahnfleisch, seltener Blut im Urin oder Darmbluten bzw. eine übermäßige Periodenblutung), die aber nur zu 2,5–3 % schwer sind. 80 % der Kinder haben Thrombozytenzahlen <20/nl. Die ITP wird unabhängig von der Thrombozytenzahl in vier Schweregrade eingeteilt[1]:

  • Leicht: Petechien, Hämatome, keine Schleimhautblutungen
  • Moderat: Blutungen aus der Nase bzw. Zahnfleisch, stoppt spontan auf Druck (Nase).
  • Schwer: Anhaltende Schleimhautblutungen, Nasentamponade, Transfusion notwendig.
  • Lebensbedrohlich: Nachgewiesene innere Blutungen (z. B. im Gehirn).

Therapieentscheidungen richten sich nach dieser Einteilung und nicht nach Thrombozytenzahlen. Daher sind engmaschige regelmäßige Kontrollen der Thrombozyten nicht notwendig und nur belastend. [1]

Diagnostik

Anamnese, Befund und eine Thrombozytenzählung dienen der Diagnosestellung. Die elektronische Zählung im Blutbildgerät muss durch die Betrachtung im Phasenkontrastmikroskop ergänzt werden, da die Geräte unter Werten von 20/nl ungenau werden und die bei der ITP vermehrt vorkommenden großen Thrombozyten nicht erfasst werden, da die Geräte nur Partikel mit einem Volumen von 2–20 fl als Thrombozyten registrieren[1]. Die Betrachtung des Blutausstriches dient auch dem Ausschluss anderer Ursachen.

Therapie

Eine kausale Therapie ist nicht möglich. In den letzten Jahren wurde immer mehr in Frage gestellt, ob eine Therapie nur aufgrund der Thrombozytenzahlen eingeleitet werden sollte. Da hierdurch der weitere Verlauf nicht nachweisbar beeinflussbar war (z. B. weniger schwere Komplikationen wie Hirnblutungen etc.), ist man dazu übergegangen, die Therapie an den Blutungssymptomen auszurichten (siehe Schweregrade, oben).

Um schwerwiegenden Blutungskomplikationen vorzubeugen, muss auf Medikamente wie Acetylsalicylsäure und ähnliche, die die Thrombozytenfunktion negativ beeinflussen, verzichtet werden. Auch körperliche Aktivitäten, die zu Schädelverletzungen führen können, sollen vermieden werden. Kindergarten- und Schulbesuch sind mit dieser Einschränkung erlaubt. In der symptomatischen Therapie werden Immunglobuline und Kortikosteroide schweregradabhängig eingesetzt, im Notfall kombiniert mit einer Thrombozytentransfusion.[1]

Referenzen

  1. a b c d Dickerhoff R, Gaedicke G, Sutor H: Leitlinie K4a: Akute Immun-Thrombozytopenie (ITP), (Stand: Dezember 2006). In: Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin: Leitlinien Kinderheilkunde und Jugendmedizin. Urban und Fischer Verlag. ISBN 3-437-21869-7

Weblinks

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