Feldbefreier

Feldbefreier
Aktivisten bei einer „Feldbefreiung“

Der Begriff Feldbefreiung bezeichnet unter Umweltaktivisten die zielgerichtete Vernichtung von Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen als Aktion zivilen Ungehorsams.

Juristisch betrachtet erfüllt eine Feldbefreiung den Straftatbestand der Sachbeschädigung und jedenfalls bei umzäunten Feldern auch des Hausfriedensbruchs. Die Aktivisten halten das Ausreißen gentechnisch veränderter Pflanzen auf Grund möglicher Gefahren für Gesundheit und Umwelt jedoch für legitim. Einige Aktionen werden vorher öffentlich angekündigt und die Teilnehmer/-innen nehmen eventuelle Strafen bewusst in Kauf. In den letzten Jahren gab es jedoch auch in Deutschland vermehrt heimliche Feldbefreiungen.

Widerstandscamp in Badingen, 2006

Feldbesetzungen und -zerstörungen haben nach Ansicht der Gentech-Kritiker wesentlich zur öffentlichen Debatte um die Gentechnik beigetragen. Auf Grund zahlreicher Feldbefreiungen sind viele Felder mittlerweile umzäunt und einige werden mit Flutlichtern, Kameras und Polizeistreifen bewacht.

Meist organisieren sich die Proteslter in sogenannten Widerstandscamps welche in der Nähe der Felder angesiedelt sind. Ähnliche Aktionen gab es auch bereits von Greenpeace, bei denen die gentechnisch veränderten Pflanzen jedoch nicht herausgerissen, sondern mit Absperrbändern und Sicherheitswarnungen öffentlichkeitswirksam markiert wurden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Umgetretener Genmais

Außerhalb Deutschlands waren Feldbefreiungen und -zerstörungen immer weit verbreitet, zum Beispiel in Frankreich, Indien oder Südamerika. In Deutschland dominierten Protestformen wie Lobbyarbeit, Unterschriftensammlungen oder mit Spendenaufrufen verknüpfte Postkarten- und E-Mail-Aktionen.

Mitte der 1990er Jahre wurde mindestens ein Feld in Hessen heimlich zerstört, in der Wetterau und anderswo wurden mehrfach Gen-Versuchsfelder besetzt.[1] Einige Jahre später konzentrierten sich die Proteste und Aktionen auf Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen der Universität Gießen auf der Versuchsstation Rauischholzhausen, sowie zahlreicher landwirtschaftlich bepflanzter Äcker.

Faucheurs volontaires in Frankreich

In Frankreich wurde von dem Aktivisten José Bové die Bewegung faucheurs volontaires gegründet. Dieser wurde 2005 wegen einer Feldbefreiung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Das Urteil ist seit Februar 2007 rechtskräftig. In einem anderen Verfahren wurde Bové wegen eines am 30. Juli 2006 stattgefundenen Verwüstens von Genmais-Plantagen der inzwischen verbotenen Sorte MON810 zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt.[2]

2005 rief die von Imkern und Bauern in Deutschland gegründete Organisation Gendreck-weg erstmals zu einer öffentlichen Feldbefreiung in Strausberg auf, die jedoch scheiterte. Pfingsten 2006 gelangen in Gießen[3] und Oberboihingen die ersten Feldbefreiungen. Danach gelang es der Initiative "Gendreck weg!" bei Protesten gegen den Anbau von Genmais im Juli 2006 in Zehdenick trotz großem Polizeiaufgebot über 100 Personen[4] ein Feld zu stürmen. Dabei wurden 24 Personen festgenommen und weitere 64 in Polizeigewahrsam genommen.[5]

Die Zahl der Feldzerstörungen nahm 2006 und noch mehr 2007 deutlich zu. Die ersten Aktionen hatten die Idee der direkten Aktion (wieder) zum Thema politischen Handelns gemacht. Nach anfänglichen Distanzierungen seitens der etablierten Umweltverbände und gentech-kritischen Institute machte sich eine unterstützende Haltung breit.

Im April 2007 schlug eine Aktion der Organisation mutatoes.org nahe der englischen Stadt Kingston upon Hull fehl: Etwa 250 Aktionisten stürmten mit Schaufeln bewaffnet ein ca. 16 Hektar großes Feld, um dieses mit Löchern zu übersäen und konventionelle Kartoffeln zu pflanzen, mit dem Ziel dadurch den vermeintlichen Freilandversuch zu sabotieren. Allerdings hatten sie sich im Feld geirrt und einen Acker, auf dem ganz normale Bohnen gepflanzt waren, zerstört.[6]

Neu war im Jahr 2007, dass es auch gelang, unerkannt hochgeschützte Versuchsfelder zu zerstören, so unter anderem in Groß Lüsewitz (östlich Rostock) und Gießen.[7] Zu letzterem gab es im September 2008 nach einem spektakulären Prozess, mit Ausschluss eines Angeklagten aus der Verhandlung und Verbot aller Fragen zur Gentechnik, Urteile mit sechs monatigen Haftstrafen ohne Bewährung.[8]

Ende Juni 2008 zerstörte eine Gruppe Aktivisten in den Departments Gers und Haute-Garonne zwei Parzellen MON810. Laut Monsanto wurden damit erstmals hundert Prozent der von ihr im Frühjahr eingesäten Versuchsfelder zerstört.[9]

Terrorismusvorwürfe

Der TE-SAT Bericht der europäischen Polizeibehörde Europol führte 2008 erstmals eine Feldbefreiung in Portugal als „Terroristischen Anschlag“ durch so genannte „Umwelt-Terroristen“ an.[10] Der Bericht führt eine nicht näher genannte Zahl weiterer von Tierrechts- und Umwelt-Extremisten verursachter Zwischenfälle an, welche jedoch nicht als Terroranschlag eingestuft worden sind. In politischen und juristischen Kreisen wird die Einstufung einer Feldbefreiung als Terrorismus kontrovers diskutiert.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Zur Geschichte direkter Aktionen gegen Gentechnik
  2. (05.09.2008)
  3. Feldbefreiung 2006 in Gießen
  4. freiwillige Feldbefreiung in Zehdenick / Badingen
  5. Protest gegen Anbau von Gen-Mais in Zehdenick rbb-online.de
  6. GM protesters pick wrong field in bid to disrupt potato trial, The Guardian, 25 April 2007
  7. Versuchsfeldzerstörungen in Gießen 2007
  8. Versuchsfeldzerstörungen in Gießen 2007
  9. Frankreich: Das Gesetz betreffend genetisch veränderte Organismen (OGM) steht vor einer Probe seiner rechtlichen Belastbarkeit Französische Botschaft in Frankreich, Abteilung für Wissenschaft und Technologie in Berlin
  10. EU Terrorism Situation and Trend Report, Europol, 2008 [1]


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