Felix Paul Greve

Felix Paul Greve

Frederick Philip Grove (* 14. Februar 1879 als Felix Paul Greve in Radomno/Westpreußen; † 19. August 1948 in Simcoe, Ontario) war ein deutsch-kanadischer Schriftsteller und Übersetzer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Felix Paul Greve war der Sohn eines Straßenbahnschaffners. Seit 1881 hatte die Familie ihren Wohnsitz in Hamburg. Nach der Trennung der Eltern im Jahre 1892 lebte Greve mit seiner älteren Schwester bei seiner Mutter, die eine Pension führte. Er besuchte die Volksschule und die Realschule in St. Pauli, danach das Realgymnasium und schließlich die „Gelehrtenschule“ (Gymnasium) des Hamburger Johanneums, wo er 1898 sein Abitur ablegte. Anschließend studierte er mit Hilfe eines Stipendiums an den Universitäten in Bonn und München klassische Philologie und Archäologie, unterbrochen durch einen Aufenthalt am Deutschen Archäologischen Institut in Rom 1900/1901. Während das Studium in Bonn von seiner Aktivität in einem akademischen Ruderclub geprägt gewesen war, suchte Greve in München, wo er eine ausgedehnte übersetzerische Tätigkeit entfaltete. Als Autor und Übersetzer fand er Anschluss an den Kreis um Stefan George; zeitweise bestand eine enge Freundschaft zu Karl Wolfskehl. In diese Zeit fällt Greves extensive Beschäftigung mit Oscar Wilde.

Von München aus ging Greve 1902 nach Berlin, wo er ein Verhältnis mit Else Endell, der Frau des Architekten August Endell, begann, die er in München kennen gelernt hatte. Er brannte mit ihr nach Palermo durch. Auf der Rückreise wurde Greve 1903 in Bonn verhaftet; ein früherer Studienfreund hatte ihn, vermutlich aus Eifersucht, zur Rückzahlung eines Privatdarlehens gedrängt und bei Zahlungsunfähigkeit angezeigt. Greve wurde wegen Betrugs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt; während der Verbüßung seiner Haft im Bonner Gefängnis war er als ungemein produktiver Autor, Herausgeber und Übersetzer tätig. Anschließend lebte Greve mit Else Endell in der Schweiz, in Frankreich und wieder in Berlin. Sie heirateten im Frühjahr 1907. Er übersetzte weiterhin aus dem Englischen und Französischen und verfasste neben zwei Romanen auch Essays und zwei Theaterstücke. Im Jahre 1909 sah Greve, der ständig mit großen Schulden zu kämpfen hatte und zuletzt seine Übersetzung von Swifts Prosaschriften gleichzeitig an zwei verschiedene Verlage verkauft hatte, keinen anderen Ausweg als seinen Selbstmord vorzutäuschen und Europa im Juni 1909 an Bord der SS Megantic zu verlassen.

Von Liverpool aus reiste Greve nach Montréal. In Amerika nahm er unter dem Namen „Frederick Philip Grove“ eine neue Identität an. Seine Frau Else folgte ihm 1910 nach Pittsburgh; sie lebten bis zu ihrer Trennung im Jahre 1911 oder 1912 in Kentucky. 1912 ging Grove in die kanadische Provinz Manitoba. In den folgenden Jahren unterrichtete er als Lehrer in Winnipeg und verschiedenen kleineren Orten auf dem Lande. 1914 heiratete er seine Lehrerkollegin Catherine Wiens. 1921 erhielt er die kanadische Staatsbürgerschaft. 1922 legte er die Externenprüfung zum Bachelor of Arts in den Fächern Französisch und Deutsch an der University of Manitoba in Winnipeg ab. Groves erste Werke in englischer Sprache erschienen zu Beginn der Zwanzigerjahre; 1924 gab er seinen Lehrerberuf aus Gesundheitsgründen auf. 1928/29 unternahm der Autor Grove mehrere ausgedehnte Lesereisen durch Kanada, die ihn landesweit bekannt machen. 1929 Jahr zog die Familie nach Ontario, wo sie sich in Simcoe niederließ. Grove übte dort neben seiner schriftstellerischen Arbeit verschiedene Tätigkeiten aus, unter anderem als Verlagslektor; seine wirtschaftliche Lage blieb bis zu seinem Tode trotz wachsenden literarischen Ruhms kritisch, so dass er immer wieder auf finanzielle Unterstützung durch die Canadian Authors’ Foundation angewiesen war. 1941 wurde er zum Mitglied der Royal Society of Canada gewählt, 1946 erhielt er den Ehrendoktor der University of Manitoba in Winnipeg und der Mount Allison University, 1947 wurde ihm für sein Werk „In Search of Myself“ der renommierte kanadische Literaturpreis „Governor-General’s Award“ verliehen.

Groves englischsprachige Werke, die vorwiegend eigene Erfahrungen während seiner Jahre im amerikanischen mittleren Westen verarbeiten, gelten heute als Klassiker der kanadischen Literatur. In seinen semi-autobiographischen Werken verbreitete Grove die durch den Ersten Weltkrieg und die Gefahr der Internierung notwendig gewordene Legende, er entstamme einer britisch-schwedischen Familie und habe als Sohn wohlhabender Eltern in seiner Jugend halb Europa bereist. Seine deutsche Herkunft wurde erst 1973 von dem kanadischen Literaturwissenschaftler Spettigue aufgedeckt. Grove und sein Kreis in Winnipeg und Ontario gelten als Pioniere in der Entwicklung der kanadischen Literatur zwischen den Weltkriegen. Sein Einfluss auf den realistischen Prärieroman sowie spätere Autoren wie Sinclair Ross und Hugh MacLennan ist sehr hoch einzuschätzen. Grove ist zudem ein großer Anteil an der Internationalisierung und Professionalisierung kanadischer Literatur zuzuschreiben.

Werke

Werke in deutscher Sprache

  • Wanderungen, München 1902
  • Helena und Damon, München 1902
  • Randarabesken zu Oscar Wilde, Minden i.W. 1903
  • Oscar Wilde, Berlin 1903
  • George Meredith und sein Stil, Minden 1905
  • Pinguine, Minden 1905
  • Fanny Essler, Stuttgart 1905
  • Maurermeister Ihles Haus, Berlin 1906

Übersetzungen in deutscher Sprache

Eine komplette Sammlung von Greves Übersetzungen ist HIER zu finden: http://www.umanitoba.ca/libraries/units/archives/collections/fpg/transl/index.html


Herausgeberschaft in deutscher Sprache

Werke in englischer Sprache

  • Over Prairie Trails, Toronto 1922
  • The Turn of the Year, Toronto 1923
  • Settlers of the Marsh, Toronto 1925
  • A Search for America, Ottawa 1927
  • Our Daily Bread, Toronto 1928
  • It Needs to be Said, Toronto 1929
  • The Yoke of Life, Toronto 1930
  • Fruits of the Earth, Toronto [u.a.] 1933
  • The Master of the Mill, Toronto 1944
  • In Search of Myself, Toronto 1946
  • Consider Her Ways, Toronto 1947
  • Tales from the Margin, Toronto 1971
  • The Letters of Frederick Philip Grove, Toronto [u.a.]1976
  • Poems, Winnipeg, Manitoba 1993
  • A Dirge for My Daughter, Wuerzburg 2006

Übersetzungen in englischer Sprache

  • Gustav Amann: The legacy of Sun Yatsen, New York [u.a.] 1929

Literatur

  • Hallvard Dahlie: Isolation and commitment, Toronto 1993
  • Jutta Ernst, Klaus Martens (Hrsg.): Felix Paul Greve - André Gide: Korrespondenz und Dokumentation, St. Ingbert 1999
  • Irene Gammel: Sexualizing power in naturalism, Calgary 1994
  • The Grove Symposium, ed. John Nause. Ottawa 1974
  • Beate Hermes: Felix Paul Greve als Übersetzer von Gide und Wilde, Frankfurt am Main [u.a.] 1997
  • Axel Knönagel: Nietzschean philosophy in the works of Frederick Philip Grove, Frankfurt am Main [u.a.] 1990
  • Klaus Martens: Over Canadian Trails , Würzburg 2007
  • Klaus Martens: F.P. Grove in Europe and Canada, Edmonton 2001
  • Klaus Martens: Felix Paul Greves Karriere, St. Ingbert 1997
  • Desmond Pacey: Frederick Philip Grove, Toronto 1945
  • Alice J. Pitt: Interferenzphänomene in der Sprache von Frederick Philip Grove, Fredericton 1977
  • Julia Reinike: Frederick Philip Groves "A Search for America" und "In Search of Myself", Kiel 2000
  • Marita Roehl: Frederick Philip Grove (1879 - 1948), Berlin 1988
  • Douglas O. Spettigue: Frederick Philip Grove, Toronto 1969
  • Douglas O. Spettigue: FPG: the European years, Ottawa 1973
  • Margaret R. Stobie: Frederick Philip Grove, New York 1973
  • Paul Hjartarson (Hrsg.): A Stranger to My Time, Edmonton 1986
  • Ronald Sutherland: Frederick Philip Grove, Toronto 1969

Weblinks


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