Feodossi Grigorjewitsch Dobrschanski

Feodossi Grigorjewitsch Dobrschanski

Theodosius Dobzhansky (russisch Феодосий Григорьевич Добржанский/Feodossi Grigorjewitsch Dobrschanski; * 24. Januar 1900 in Nemirow; † 18. Dezember 1975 in San Jacinto) war ein russisch-US-amerikanischer Genetiker, Zoologe und Evolutionsbiologe, der zusammen mit Ernst Mayr als einer der führenden Vertreter der synthetischen Evolutionstheorie gilt, welche die Genetik (Mendelsche Regeln) mit der Evolutionstheorie vereinigte.

Dobzhansky leistete entscheidende Beiträge zum Verständnis der biologischen Evolution und der Entstehung der Arten. Er war nicht nur ein großer Evolutionstheoretiker sondern auch ein bedeutender Experimentator. Bekannt wurde er durch seine genetischen Forschungen über die Taufliege Drosophila melanogaster.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Dobzhansky wurde in Nemirow, im ehemaligen Zarenreich Russland, heute Ukraine als Sohn eines Mathematiklehrers geboren. Schon früh interessierte er sich für Insekten und sammelte Motten und Schmetterlinge. Mit 12 Jahren wusste er, dass er Biologe werden wollte. Er besuchte die Universität Kiew von 1917 bis 1921. Hier beschäftigte er sich mit der Anatomie und Systematik von Marienkäfern. 1924 verlagerte er seinen Arbeitsschwerpunkt auf Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster). 1924 heiratete er die Evolutionsbiologin Natalia (Natascha) Siwerzew. 1927 nahm er eine Stelle an der Universität Leningrad an.

Dobzhansky emigrierte 1927 mit seiner Frau in die USA, wo er im „Fliegenraum“ von Thomas Hunt Morgan an der Columbia University in New York arbeitete. Hier suchte man Gene auf Chromosomen zu lokalisieren indem man die Häufigkeit vererbter Merkmale studierte. Dobzhansky bestrahlte Fruchtfliegen mit Röntgenstrahlen und studierte die erhöhte Chromosomenaberration mit Markierungsgenen. Die jahrelange Erfahrung im Präparieren von Käfern ermöglichte es ihm, die lineare Anordnung von Genen in Chromosomen unter dem Mikroskop zu beweisen. Von der Columbia University folgte er Thomas Hunt Morgan zum California Institute of Technology in Pasadena, Kalifornien und lehrte dort von 1930 bis 1940. Hier arbeitete er an Translokationen (Verlagerung eines Chromosomenteils innerhalb desselben Chromosoms) und an der Ausprägung des männlichen oder weiblichen Geschlechts. 1936 wurde er Professor der Zoologie. Dobzhansky wurde US-amerikanischer Staatsbürger im Jahr 1937.

1937 veröffentlichte er sein einflussreiches Werk Genetics and the Origin of Species und lieferte damit einen der Eckpfeiler der synthetischen Evolutionstheorie. Es beinhaltete neuste Erkenntnisse der theoretischen und praktischen Populationsgenetik zusammen mit den ‚neodarwinistischen’ Erkenntnissen von Ronald Fisher, Sewall Wright, und John Burdon Sanderson Haldane. Es gab einen systematischen Überblick über Variation, Selektion und Isolationsmechanismen in natürlichen Populationen. Dobzhansky definierte 1937 die Evolution als „Wechsel der Allelfrequenzen in einem Genpool“. Zusammen mit Sewall Wright konnte er zeigen wie die Evolution ein stabiles Gleichgewicht in Populationen herstellt.

Von 1940 bis 1962 war er Professor an der Columbia University in New York. Hier wurde er ein enger Freund des Genetikers L. C. Dunn, mit dem er einige Bücher veröffentlichte. Auch bestand ein enges Arbeitsverhältnis mit George Gaylord Simpson und Ernst Mayr. Nie zufrieden mit reiner Laborarbeit reiste Dobzhansky viel während seiner 22 Jahren an der Columbia Universität. Er suchte Fliegen in Guatemala, Brasilien, Chile, Australien, Neu Guinea, Ägypten, Indien, Indonesien und den westlichen Teilen der USA. 1962 veröffentlichte er Mankind Evolving, in welchem er die Synthese von Genetik und Evolution mit der Anthropologie und Soziologie ausweitete.

1962 nahm er eine Stelle am Rockefeller Institut (später Rockefeller Universität) an, die er bis zu seiner Emeritierung 1971 innehatte. 1971 wurde er außerordentlicher Professor für Genetik an der Universität von Kalifornien in Davis.

Dobzhansky übte Kritik an den Kreationisten für ihre Ablehnung der Evolutionstheorie; zum Beispiel kritisierte er Papst Paul VI. für dessen antievolutionäre Haltung. Ein vielzitierter Satz aus seinem Buch von 1937 ist: „nothing in biology makes sense except in the light of evolution“ (deutsch: „nichts in der Biologie ist sinnvoll außer im Lichte der Evolution betrachtet“). Dobzhansky äußerte sich auch zu philosophischen Fragen (Alfred North Whitehead) und zu den sozialen Auswirkungen seiner Arbeit. Dobzhansky war ein Anhänger des Kritischen Rationalismus von Karl R. Popper.

Seine antirassistische Position

In den 1960er-Jahren gab Dobzhansky die Rasse als wissenschaftliche Kategorie auf. Wann immer diese Kategorie in der Geschichte verwendet wurde, sei entsetzlicher Missbrauch damit getrieben worden:

„Jede Person hat einen Genotyp und eine Lebensgeschichte, die sich von jedem anderen Wesen unterscheiden, sei es von einem Mitglied der Familie, des Clans, der Rasse oder der Menschheit. Über die universellen Rechte aller menschlichen Wesen hinaus (was eine typologische Zuschreibung sein kann!), sollte eine Person aufgrund seiner eigenen Verdienste bewertet werten.“

On Types, Genotypes, and the Genetic Diversity in Populations. Vgl. Literaturangabe unten. Zitiert nach der Übersetzung von Sander L. Gilman (2005) in: Die jüdische Nase: Sind Juden/Jüdinnen weiß? Oder die Geschichte der Nasenchirurgie In: Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt (Hg.) (2005): Mythen, Masken und Subjekte. siehe unter dem Lemma: Sander L. Gilman)

Siehe auch: Zeittafel der Evolutionsforschung

Werke (Auswahl)

  • Heredity, Race and Society (1946)
  • Genetics and the Origin of Species (1937, dritte Auflage 1951)
  • The Biological Basis of Human Freedom (1954)
  • Evolution, Genetics, and Man (1955)
  • Radiation, Genes, and Man (1959)
  • Mankind Evolving: The Evolution of the Human Species (1962)
  • Heredity and the nature of man (1964)
  • The Biology of Ultimate Concern (1967)
  • Heredity, Race and Society (1968)
  • Genetics of the Evolutionary Process (1970)
  • Genetic Diversity and Human Equality (1973)

Aufsätze

  • On Types, Genotypes, and the Genetic Diversity in Populations. In: J. N. Spuhler (Hrsg.): Genetic Diversity and Human Behavior. Chicago: Aldine, (1967)

Zitate

“Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.[1]

„Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn außer im Licht der Evolution.“

Einzelnachweise

  1. Theodosius Dobzhansky: Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution. The American Biology Teacher, Band 35, 1973, S. 125–129

Siehe auch

Architekten der Synthetischen Evolutionstheorie (1930–1950):

Weblinks


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