Feuerstein (Gestein)

Feuerstein (Gestein)
Feuerstein

Feuerstein (auch Flint) ist ein hartes, isotropes sedimentäres Gestein, ein so genanntes Kieselgestein wie auch Hornstein, Quarz, Jaspis und andere. Feuerstein wird in Mitteleuropa hauptsächlich in Schichten des Jura und der oberen Kreide in Form von großen unregelmäßig geformten Knollen oder Platten gefunden. Er besteht primär aus kryptokristallinem (Korngröße kleiner 1 Mikrometer) Chalcedon (Siliciumdioxid).

Die Feuerstein-Diagenese verläuft in der Regel über Opal-A (amorph), Opal-CT (wie Kreide leicht zu bearbeiten) zu Feuerstein.

Andere Autoren verwenden den Oberbegriff Silex, und beschränken den Ausdruck Feuerstein auf Silikatgesteine aus der Kreide, während Silikatgesteine aus dem Jura als Hornstein bezeichnet werden.

Submikroskopische Einschlüsse von Luft und Wasser geben Feuerstein eine helle Farbe, (weißer Flint), Kohlenstoff färbt ihn schwarz. Kristallographisch lassen sich neben Chalcedon unterschiedliche SiO2-Modifikationen bzw. Varietäten nachweisen: Quarz, Jaspis, Opal, Achat.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Kleine Feuersteinknollen.

Die Entstehung von Feuersteinknollen ist nicht vollständig geklärt. Vermutlich sorgen kieselsäurehaltige Lösungen bei der Diagenese (Kompaktions- und Umwandlungsprozesse während der Gesteinsbildung) für eine Verdrängung von Karbonaten. Relikte von Schalen und Skeletten von Kieselschwämmen und Diatomeen (Kieselalgen) in Feuerstein belegen den organischen Ursprung.

Die Dehydrierung der Kieselsäure erfolgt von innen nach außen, wodurch die Feuersteinknollen oft eine zwiebelartige Struktur aufweisen. Die äußeren Schichten können im geringen Maße Wasser aufnehmen, wodurch eine Verwitterung der Oberfläche begünstigt wird. Deutlich erkennbar ist oft die poröse helle Außenschicht (die so genannte Rinde), die oft mit Kalkanhaftungen verwechselt wird. Vielmehr handelt es sich regelmäßig um die diagenetische Vorstufe zu Feuerstein, (SiO2 x nH2O), das sog. Opal-CT. Diese ist leicht zu bearbeiten. Die Umwandlung von Opal-CT zu Feuerstein erfordert Jahrmillionen.

Verbreitung in Europa

Aus Kreidefelsen ausgewaschene Feuersteine auf Rügen.
Plattenförmige Feuersteinablagerungen.

Feuersteinvorkommen finden sich in zahlreichen jura- und kreidezeitlichen Ablagerungen in Europa. Meist liegen die Knollen einer Größe von bis zu 30 cm Durchmesser eingebettet in Kreideablagerungen. An manchen Fundorten hat sich Feuerstein auch in Form von flächigen Ablagerungen in einer Dicke bis zu 20 cm abgeschieden. Ferner kommen Feuersteinknollen in eiszeitlichen Geröllschichten als Teil von Grund- oder Endmoränenablagerungen vor und somit herausgelöst aus ihrem ursprünglichen stratigraphischen Entstehungszusammenhang.

Minen

Mittlerweile sind in Europa rund 100 Feuersteinbergwerke bekannt.

  • In Krzemionki in Südpolen wurden im Laufe von 2.300 Jahren mehr als 3.000 bis zu 9 m tiefe Schächte in den Boden getrieben.
  • Über eine Fläche von 14 ha erstreckt sich der 600 Jahre genutzte Komplex Grimes Graves bei Thetford in Norfolk, Ostengland, wo die Schächte 12 m in den Kreidefels gehen. Weitere Minen finden sich in Church Hill und Cissbury in West-Sussex.
  • Die Fundstätte bei Spiennes in Belgien ist mit 100 ha und mindestens 8.000 Schächten eine der größten Mitteleuropas.
  • Die Michelsberger Kultur betrieb Flintabbau in den niederländischen Rijkholt-Sint Geertruid Minen,
  • In Jablines in Nordfrankreich an der normannischen Steilküste und in Bretteville-le-Rabet
Feuersteinfelder auf Rügen
  • In Deutschland sind verschiedene kleinere Lagerstätten bekannt, die steinzeitlich ausgebeutet wurden (Aachen-Lousberg, Kleinkems im Landkreis Lörrach, Schernfeld bei Eichstätt, Osterberg bei Pfünz, Baiersdorf (nahe Essing) und Lengfeld im Landkreis Kelheim sowie Asch bei Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb). Auf der Insel Rügen sind die offen liegenden Feuersteinfelder (2.000 × 200 m) zwischen Mukran und Prora eine einzigartige Sehenswürdigkeit.
  • In einem Kiefernwald nahe dem Dorf Arnhofen bei Abensberg (Bayern) wurde beim Kiesabbau in den 1980er Jahren einer der größten Minenkomplexe von Feuerstein in Mitteleuropa gefunden (siehe auch Feuersteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen). In diesem Gebiet finden sich die Ausläufer des fränkischen Jura, bedeckt von Süßwassermolasse. In der Zeit von etwa 4000 v. Chr. bis 3000 v. Chr. wurden zahlreiche (Schätzung mind. 20.000) Schächte mit einer Tiefe von 6 bis 8 Metern in den Sandboden gegraben, um an den Feuerstein zu gelangen, der in Form von Platten auf dem Jura aufliegt. Durch die charakteristische Bänderung lässt sich eine Herkunft aus Arnhofen eindeutig nachweisen. In Böhmen und Westfalen, also in einer Entfernung von über 400 Kilometern, wurden Feuersteinwerkzeuge aus Arnhofen gefunden.

Siehe auch: Feuersteinstraße

Physikalische Eigenschaften

Scharfkantige Feuersteinabschläge

Feuerstein wird durch seine amorphe isotrope Struktur ausgezeichnet, bei der eine Vorzugsorientierung fehlt. Wenn großer Druck langsam ansteigend oder schlagartig auf einen Punkt des Feuersteins ausgeübt wird, wird die kinetische Energie vom Gestein aufgenommen und breitet sich konzentrisch kegelförmig vom Schlagpunkt ausgehend aus. Bei ausreichend hoher Schlagenergie wird das Gestein durch die sich ausbreitenden Schlagwellen gespalten. Die hierbei entstehende Bruchfront hat meist eine muschelige Form, wie sie auch an zerbrochenem Glas beobachtet werden kann. Im Bereich einer Bruchstelle weist der Feuerstein auch Schlagwellen auf, die Wallnerlinien. Sie entstehen vor allem bei gezielt abgespaltenen Teilen des Steins, die als Abschläge bezeichnet werden.

Verwendung

Feuerstein mit Loch

Aufgrund der großen Härte, einer in hohem Maße berechenbaren Spaltbarkeit und der ungemein scharfen Schlagkanten war der Feuerstein in der Steinzeit ein wichtiges Rohmaterial, um schneidende Werkzeuge und Waffen herzustellen.

Ein steinzeitliches Feuerzeug bestand aus einem Feuerstein, leichtbrennbarem Pulver (Zunder) und Pyrit, aus dem Funken herausgeschlagen wurden (siehe auch: Ötzi).

Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert diente Feuerstein in Steinschlosswaffen als Zündhilfe. Er schlug mit hoher Geschwindigkeit auf ein Schlageisen, die dabei entstehenden Funken entzündeten das Schwarzpulver. Darauf lässt sich auch die synonyme Bezeichnung "Silex" (aus dem Französischen) zurückführen.

Feuersteinknollen mit einem natürlich entstandenen Loch, so genannte Hühnergötter, fanden besonders als Talismane Verwendung. Siehe Paramoudra zur Theorie über das Entstehen der Löcher.

Heute spielt der Feuerstein als Rohstoff eine untergeordnete Rolle. Im Straßenbau wird er in zermahlener Form dem Asphalt zugemischt, um die reflektierenden Eigenschaften von Straßenbelägen zu verbessern. Fein gemahlen dient er als Schleifmittel.

Urgeschichtliche Bearbeitungstechniken

Feuersteinbeil aus der späten Steinzeit

Während der Steinzeit wurden zahlreiche Techniken entwickelt und ständig optimiert, um aus Feuerstein und anderen Gesteinen Geräte oder Waffen, wie Klingen im Sinne des Messers oder Faustkeile, herzustellen. Dieses Handwerk erreichte im späten Neolithikum vielerorts (beispielsweise in Dänemark) einen besonders hohen Grad an Perfektion.

Schlagtechniken

Im Folgenden sollen einige der wesentlichen steinzeitlichen Techniken zur Bearbeitung von Feuerstein kurz erläutert werden. Vorgestellt werden hier nur Techniken der sogenannten Grundformproduktion (bzw. Abschlagherstellung). Dabei entstehen die beiden Grundformen Kern und Abschlag.

Bipolarer Klingenkern aus Feuerstein

Direkt harte Technik

Mit einem geeigneten Schlagstein (zum Beispiel Quarzitgeröll) wird der Feuerstein (Kern) direkt bearbeitet. Bei dieser Technik entstehen meist relativ große Abschläge.

Picktechnik

Die Picktechnik ist eine Variante der direkten harten Technik. Der Schlagstein ist hier aus sehr hartem Gestein (beispielsweise auch ein Feuerstein) und wird mit einer hohen Schlagfrequenz auf die Oberfläche des Werkstücks geschlagen. Hier wird der Stein durch das flächige Entfernen einer großen Menge kleinster Partikel geformt. Diese Schlagspuren sind deutlich zu erkennen.

Direkt weiche Technik

Auch hier wird das Werkstück mit direkten Schlägen bearbeitet. Allerdings wird als Schlaggerät ein weicheres Material (zum Beispiel Geweihschlägel) verwendet. Abgetrennte Abschläge sind meist dünn und leicht gewölbt. Mit dieser Technik lassen sich auch gut lange, schmale Abschläge, sogenannte Klingen herstellen.

Drucktechnik

Bei der Drucktechnik wird der Druck nicht schlagartig auf den Feuerstein ausgeübt, sondern langsam zunehmend bis ein Abschlag abgetrennt wird. Hierzu können beispielsweise Druckstäbe aus Holz mit Geweihspitze verwendet werden. Mit einer Drucktechnik, bei der das Gewicht des Oberkörpers genutzt wird, können lange, schmale Klingen erzeugt werden. Andere Drucktechniken eignen sich um eine gleichmäßige Oberfläche (beispielsweise bei Dolchen) zu gestalten.

Punchtechnik

Bei der Punchtechnik kommt ein Zwischenstück aus Geweih zum Einsatz, auf das mit einem ebenfalls aus Geweih bestehenden Schlägel geschlagen wird. Diese Technik ermöglicht eine hohe Energieeinwirkung auf einen bestimmten Punkt. Auf diese Weise können sehr präzise Abschläge hergestellt werden.

Andere Bearbeitungstechniken

Neben den Schlagtechniken wurden noch weitere Techniken eingesetzt um den Feuersteingeräten die gewünschte Form zu geben oder die Oberfläche zu optimieren und Schäftungsvorrichtungen zu erstellen.

Schleiftechnik

Bei dieser Technik wird der Feuerstein auf einem harten, körnigen Gestein (z. B. einem Sandsteinblock) glattgeschliffen. Belegt ist diese Methode bei neolithischen Steinbeilen der Trichterbecherkultur und der Kugelamphorenkultur. Diese wurden entweder komplett oder beidseitig entlang der Schneide überschliffen.

Bohrtechnik

Bohrtechniken wurden seit dem Neolithikum bei Äxten aus Felsgestein (z. B. Basalt oder Amphibolit) eingesetzt, niemals jedoch bei Feuerstein, der dafür schlichtweg zu hart ist. Beim Bohren der Schaftlöcher von Felsgesteinäxten wird ein rotierender Hartholzstab aufgesetzt, der meist innen hohl ist (Hohlbohrung). Gegenüber der Vollbohrung verringert das den Arbeitsaufwand.

Feuer schlagen

Entgegen mancher Vermutung kann man durch Aneinanderschlagen von Feuersteinen keine Funken zum Feueranzünden erzeugen. Hierzu benötigt man das Mineral Schwefelkies, entweder in der Form von Pyrit (FeS2), oder Markasit (ebenfalls FeS2, eine härtere Kristallform), der besser geeignet ist. Pyrit/Markasit wird gegen den Feuerstein geschlagen - daher der Name - wobei die Funken allerdings aus dem Pyrit (von griechisch πῦρ pyr = Feuer) stammen. Mit Stahl und Feuerstein lassen sich ebenfalls Funken schlagen. Der Stahl muss einen vergleichsweise hohen Kohlenstoffanteil (1,5-2%) aufweisen; dieser findet sich z.B. im Stahl einer Feile (siehe dazu: Feuereisen). Dabei schabt der Stein winzige Späne vom Stahl ab, die durch die Reibungshitze zum Glühen gebracht werden. Bis zum Aufkommen der Streichhölzer waren Stahl und Stein das gängigste „Feuerzeug“.

Literatur

  • Alexander Binsteiner: Vorgeschichtlicher Silexbergbau in Europa, Bayer. Vorgeschbl. 62, 1997, 221-229.
  • Alexander Binsteiner: Die Lagerstätten und der Abbau bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittel- und Osteuropas. Jahrbuch RGZM 52, 2005, 43-155.
  • Harald Floss, Thomas Terberger: Die Steinartefakte des Magdalénien von Andernach (Mittelrhein). Die Grabungen 1979-1983. Rahden Westf 2002. ISBN 3-89646-851-0
  • S. Gayck: Urgeschichtlicher Silexbergbau in Europa. Eine kritische Analyse zum gegenwärtigen Forschungsstand. (Weißbach 2000)
  • Peter Vang Petersen: Flint fra Danmarks Oldtid. Høst & Søn, København 1998. ISBN 87-14-29524-5
  • Michael M. Rind (Hrsg.): Feuerstein. Rohstoff der Steinzeit. Bergbau und Bearbeitungstechnik. Museumsheft. Archäologisches Museum der Stadt Kelheim 3. Leidorf, Buch am Erlbach 1987. ISBN 3-924734-60-7
  • Weiner, Jürgen: Kenntnis-Werkzeug-Rohmaterial. Ein Vademekum zum ältesten Handwerk des Menschen. Archäologische Informationen, Jahrgg. 23, Heft 2, 229-242.
  • Weisgerber, Gerd, Slotta, Rainer und Weiner, Jürgen (Hrsg.): 5000 Jahre Feuersteinbergbau. Ausstellungskatalog Bochum. Bochum, 1980.

Weblinks


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