Finanzkurier

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Ein Finanzagent ist jemand, der sich als Geldvermittler und damit auch im Finanztransfergeschäft betätigt. Das Betreiben des Finanztransfergeschäftes bedarf der vorherigen Genehmigung der BAFin[1]. In jüngerer Zeit ist die an und für sich ehrenwerte Tätigkeit zu einer Bemäntelung für kriminelle Transaktionen geworden. Der Finanzagent wird dabei selbst, teilweise ohne es vorher zu ahnen, in Geldwäsche verstrickt.

Inhaltsverzeichnis

Vorgehen

Sich seriös gebende Anbieter, meist aus Osteuropa, wenden sich direkt per E-Mail oder durch Internet-Spam an deutsche Bankkunden. Angeboten wird Kontoinhabern oder Zeichnungsberechtigten eine stundenweise Tätigkeit als Finanzagent (oder Finanzkurier oder Financial manager). Eine russische Heiratsvermittlung ist unter anderem solcherart im Internet in Erscheinung getreten.

Wer das Girokonto für einen oder mehrere Geldeingänge zugunsten des Anbieters bereitstelle, dürfe 5 oder 10 Prozent des eintreffenden Geldes als Provision für sich behalten. Man muss anschließend den Rest des Geldes über Bargeldversandfirmen, wie die reell arbeitende "Western Union", an den ausländischen Empfänger weiterleiten. Angebliche Ersparnis teurer Kosten für Auslandsüberweisungen oder Datenschutzgründe oder angebliche Schwierigkeiten bei der Eröffnung eines eigenen Firmenkontos im Inland werden vorgegaukelt.

Wer sich als Finanzagent auf eine vermeintlich lukrative und leichte Arbeit einlässt, erlebt Scherereien. Zwar trifft meist kurz darauf Geld (in einer Bandbreite von 1.000 bis 10.000 Euro) auf dem mitgeteilten eigenen Konto ein.

Wenn der Kontoinhaber abredegemäß das Geld bar abgehoben und bei einem Bargeldversandunternehmen, zum Beispiel die 9/10 des Geldeingangs (Geldsumme minus Provision), eingezahlt hat, folgt Stunden oder Tage später die böse Überraschung für den an einen rasch verdienten Lohn glaubenden Geldvermittler: Die Kriminalpolizei taucht auf.

Der Geldeingang stammt bei solchen Angeboten fast immer aus kriminellen Machenschaften, inszeniert beispielsweise aus E-Bay-Betrügereien oder Phishing-Attacken im Homebanking.

Der inländische Kontoinhaber hat deshalb neben der Rückzahlung des Geldes an den Geschädigten auch noch ein Strafverfahren wegen Mithilfe bei der Geldwäsche und in Deutschland ein Verwaltungsverfahren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wegen ungenehmigten gewerbsmäßigen Betreibens des Finanztransfergeschäftes zu erwarten.

An das Geld im Ausland wird der hereingelegte Finanzagent schwerlich wieder herankommen, da die Spuren der betrügerischen Geldempfänger über die Bareinzahlung verwischt werden. Die kriminelle Vereinigung im Ausland zu fassen wird dadurch der Polizei erschwert.

Eine moderne Variante des Finanzagenten ist der Warenagent. Der angeworbene Warenagent leitet illegal erworbene Pakete weiter. Das Bundeskriminalamt warnt auf Angebote, als Warenagent zu arbeiten, einzugehen.

Finanzagent und Geldwäscher ohne Wollen und Wissen

Für das organisierte Verbrechen ist es nicht einfach, Finanzagenten zu akquirieren. Deshalb wurde folgende Methode entwickelt: Straftäter S bucht ein privates Urlaubsquartier o. ä. und erhält vom Vermieter V dessen Bankverbindung. S schickt Geld, das aus Straftaten (z. B. Phishing) stammt, vom Konto des Geschädigten G auf das Konto des V. Kurz danach meldet sich S bei V storniert das Urlaubsquartier und fordert das Geld zurück. S läßt sich das Geld auf ein ganz anderes Konto schicken. Durch die Weiterleitung des Geldes auf ein anderes Konto wurde V unfreiwillig zum Finanzagenten und Geldwäscher.

Historische Finanzagenten

Ursprünglich war das Tätigwerden als Finanzagent ein ehrbares Gewerbe, wie die folgenden Beispiele zeigen. So hat sich im 16. Jahrhundert Sir Thomas Gresham (1519-1579] als Finanzagent für die englische Regierung betätigt und der klammen Staatskasse durch Beschaffung von Anleihen, unter anderem von den Fugger aus Augsburg, aus Geldnöten geholfen. Durch seine Finanzerfahrungen avancierte Gresham zum Berater des Königs Eduard VI. und auch der Königin Elisabeth I..

Der portugiesische König Affonso V. beschäftigte Isaak Abravanel (1437-1509) als Schatzmeister und Finanzagenten. Nach dem Tode des Königs flüchtete der Geldbeschaffer nach Kastilien, wo er bald als königlich spanischer Steuerpächter in ein verwandtes Metier wechselte.

Der Textilindustrielle Hans Heinrich Lochmann (1511-1576) wirkte in Zürich auch als Finanzagent des französischen Königs.

Giacomo Casanova war in den Jahren 1757 zunächst als Direktor der staatlichen Lotterie und 1758 zweimal in geheimer Finanzmission in Holland für Frankreich als Geldbeschaffer aktiv.

Der Deutsche Orden bediente sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Brüder Baruch und Moyses Simon als Finanzagenten. Beide ließen sich in Bad Mergentheim nieder und halfen auch der dortigen jüdischen Gemeinde.

Auch Städte nahmen Hilfe bei der Suche nach Geldquellen dankbar an. So ist bekannt, dass Jakob Baruch, der Vater von Ludwig Börne (1786-1837), als Finanzagent der Stadt Frankfurt am Main fungierte.

Eine dubiose Rolle spielte Finanzagent Jacques de Reinach als Geldbeschaffer der französischen Panamakanal-Gesellschaft um Ferdinand de Lesseps. Reinach räumte ein, Gelder von 3 Millionen Francs der später konkursreifen Gesellschaft zur Bestechung von Zeitungen verwendet zu haben. Die Affäre wurde jedoch nicht aufgeklärt, weil ihn die Polizei tot in seiner Wohnung auffand.

Der US-amerikanische Bankier John Pierpont Morgan hat sich als "offizieller Finanzagent der Alliierten" im Ersten Weltkrieg betätigt.

Die Central Bank of Cyprus ist auch heute noch der Bankier und Finanzagent der zyprischen Regierung.

Suchagent im Internet

Der Begriff des Finanzagenten taucht darüber hinaus auch in speziellen Suchprogrammen des Internet auf. Diese seriösen Helfer durchforsten für den User als Nachrichten-Crawler diese Datenwelt im Bereich der Finanzanlagen auf vorteilhafte Angebote und zeigen sie ihm am Bildschirm an.

Weblinks

Quellen

  1. Bafin-Schreiben Finanztransfergeschäft

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