Finow-Kanal

Finow-Kanal
Finowkanal kurz vor der Mündung in den Oder-Havel-Kanal
Walzwerk bei Eberswalde, Blick vom Stichkanal, den spaeteren Sinterauslaeufen, auf das Altwerk, Carl Blechen, um 1830
Mündung in den Oder-Havel-Kanal

Der Finowkanal erstreckt sich über eine Länge von ca. 32 km von Zerpenschleuse im Westen bis kurz hinter das Schiffshebewerk Niederfinow im Osten. Er mündet an beiden Enden in den Oder-Havel-Kanal, der später errichtet wurde.

Der Finowkanal ist die älteste künstliche Wasserstraße in Deutschland, die noch in Betrieb ist.

Inhaltsverzeichnis

Erster Finowkanal

Der erste Finowkanal wurde 1605 bis 1620 erbaut und war die erste künstliche Verbindung zwischen zwei deutschen Stromgebieten (Havel und Oder). Der Kurfürst Joachim Friedrich erteilte 1603 die Order, die Havel bei Liebenwalde über das Flüsschen Finow mit der Oder zu verbinden. Bereits 1609 war die Verbindung von Liebenwalde bis zur Finow einschließlich des Baues von fünf Schleusen bis Finowfurt fertiggestellt. Wegen akuten Geldmangels ging der Ausbau des Kanals, nunmehr in der Trasse der Finow, nur schleppend unter den Kurfürsten Johann Sigismund (1608–1619) und Georg Wilhelm (1619–1640) voran.

Infolge des Dreißigjährigen Krieges wurde der Kanal fast vollständig zerstört und die einzelnen Kanalabschnitte verfielen. Der Finowkanal geriet in Vergessenheit.

Zweiter Finowkanal

Treideln mit Zugtieren am Finowkanal

1743 wurde der Kanal durch Erlass Friedrichs II. wieder erbaut. Er brachte wirtschaftlichen Aufschwung in die Region und ermöglichte die Ansiedlung metallverarbeitender Industrie im 18. Jahrhundert. Der Kanal hat die Entwicklung des Finowtals, auch das „Märkische Wuppertal“ genannt, bestimmt.

Die Gesamtlänge des Kanals betrug zu seiner Bauzeit ca. 43 Kilometer, es war ein Höhenunterschied von 38 Meter zu überwinden. Die Standorte der zehn Schleusen orientierten sich an den Standorten des ersten Finowkanals. Den Abmessungen der Schiffe (26,67 m lang, 3,11 m breit) waren die Schleusen in Kesselform angepasst. Am 16. Juni 1746 wurde der zweite Finowkanal für den Verkehr freigegeben.

Von 1747 bis 1753 wurde der Kanal in östlicher Richtung erweitert, es wurden weitere sieben Staustufen errichtet. Im 19. Jahrhundert war der Bau größerer Schleusen notwendig geworden, da das Verkehrsaufkommen stark angestiegen war. In den Jahren 1841 bis 1850 wurden durchschnittlich 14.000 Kähne und ca. 53.000 Floßhölzer geschleust, ab 1845 erfolgten auch Nachtschleusungen. Ab 1874 wurde dann der Bau einer zweiten parallelen Schleuse je Staustufe begonnen.

Die 1831 erbaute Schleuse Eberswalde

Auf einer Länge von 29,7 Kilometer wird ein Höhenunterschied von 36 Meter durch zwölf Schleusen ausgeglichen: Schleuse Ruhlsdorf (bei km 59,2), Leesenbrück (km 61,1), Grafenbrück (km 63,3), Schöpfurth (km 67,5), Heegermühle (km 71,0), Wolfswinkel (km 72,9), Drahthammer (km 73,9), Kupferhammer (km 75,9), Eberswalde (km 77,9), Ragöse (km 81,0), Stecher (km 84,4), Liepe (km 88,9). Die Schleuse Eberswalde ist die älteste noch betriebsfähige Schleuse im Bereich der Märkischen Wasserstraßen, sie wurde 1831 fertiggestellt.

Finowmaß

Das so genannte Finowmaß wurde mit einer Länge von 40,2 m, einer Breite von 4,60 m und einer Tiefe von 1,40 m zu einer Norm im Schiffbau. Es war das erste deutsche Binnenschiffmaß. Die Schleusen des Kanals wurden so angelegt, das genau zwei Schiffe dieses Maßes in die Schleusen passten. Gut erkennbar sind die versetzten Schleusentore.

20. Jahrhundert und Gegenwart

Der Treidelweg ist heute ein Rad- und Wanderweg

Mit dem 1914 errichteten Oder-Havel-Kanal verlor der Finowkanal zusehends an Bedeutung. Der modernere Kanal bietet Platz für größere Schiffe, hat wesentlich weniger Schleusen und ist somit wirtschaftlicher. Lediglich einige Betriebe, die direkt am Finowkanal lagen, wurden noch angesteuert. 1972 kam der kommerzielle Schiffsverkehr völlig zum Erliegen.

Der Finowkanal ist aktuell ein wichtiger Aspekt der Tourismusbranche der Region und Anziehungspunkt für Wassertouristen und Tagesausflüge aus Berlin. Durch den Ausbau des Treidelweges von Finowfurt bis zum Schiffshebewerk Niederfinow zu einem Rad- und Wanderweg erblühte der Finowkanal seit etwa 2000 erneut. Befahrbar ist der Kanal zwischen Zerpenschleuse und Liepe. (Der sich westlich anschließende Lange Trödel wurde bereits 1925 abgetrennt.)

Durch die Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg (WIN AG), einer Gründung durch die Landkreise Barnim, Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin sowie der Städte Eberswalde, Oranienburg, Neuruppin und Templin, ist geplant, den Langen Trödel wieder schiffbar zu machen. Vorgesehen ist der Bau zweier Hubbrücken in Zerpenschleuse, an der B 109 und der Forststraße, und die Öffnung der zugeschütteten Schleuse an der Einmündung in den Oder-Havel-Kanal.[1][2]

Literatur

  • Rudolf Schmidt: Der Finowkanal, Mitteilungen des Heimatkundevereins, 11. Jahrgang 1938
  • Rudolf Schmidt: Geschichte der Stadt Eberswalde, Band 1 bis 1740, Eberswalde 1939, Band 2 von 1740–1940, Eberswalde 1940
  • Rudolf Schmidt: Geschichte der Stadt Eberswalde, Band 1 bis 1740, Eberswalde 1939, Band 2 von 1740–1941, Nachdruck Eberswalde 1994
  • Verein für Heimatkunde zu Eberswalde e. V.: Eberswalder Jahrbuch 2004/2005, ISSN 1616-1882
  • Ilona Rohowski: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland – Denkmale in Brandenburg – Landkreis Barnim – Stadt Eberswalde, Worms am Rhein 1997, ISBN 3-88462-136-X
  • Hans-Joachim Uhlemann: Berlin und die märkischen Wasserstraßen, Hamburg 1994, ISBN 3-88412-204-5

Einzelnachweise

  1. Wochenzeitung „Märkischer Sonntag“, 4. Mai 2008, Seite 6: Lokales Bernau
  2. win-brandenburg.de

Weblinks

52.8409413.609667Koordinaten: 52° 50′ 27,38″ N, 13° 36′ 34,78″ O


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