Fließbandproduktion

Fließbandproduktion

Das Fließband (oder die Fließbandfertigung, Reihenfertigung) ist eine Fertigungsablaufart, die in der industriellen Fertigung von Massengütern angewendet wird.

Inhaltsverzeichnis

Fließfertigung

Bei der Fließfertigung wird die Aufstellung der Betriebsmittel nach dem Produktionsablauf organisiert, der Produktionsprozess wird in einzelne Arbeitsschritte zerlegt und die Maschinen und Arbeitsplätze werden so angeordnet, wie es die technologische Abfolge der Arbeitsgänge für die Produktion erfordert (also in der Reihenfolge der Arbeitsschritte).

Die Fließfertigung ist eine Weiterentwicklung der Reihenfertigung. Wie bei der Reihenfertigung sind die Betriebsmittel oder Arbeitsplätze in einer zwingenden Reihe nach der Arbeitsfolge angeordnet. Der Unterschied zur Reihenfertigung besteht darin, dass die Arbeitsgänge zeitlich vorbestimmt sind. Der Arbeitende muss den vorgeschriebenen „Takt“ einhalten.

Die einzelnen Produkte durchlaufen die Fertigung dabei möglichst ohne Unterbrechung und mit möglichst wenigen Zwischentransporten.

Die Planung erfolgt also nach dem Produkt- oder Objektprinzip.

Die Fließproduktion kann produktionstechnisch bedingt sein (die Anordnung der Produktionsstellen ist eine zwangsläufige Folge technologischer Gegebenheiten des Produktionsprozesses, etwa bei der Rohölverarbeitung in Raffinerien oder der Stahlerzeugung) oder organisatorischen Überlegungen zu Grunde liegen.

Fließbandproduktion

Bei der Fließbandproduktion als konsequenteste Ausprägung der Fließfertigung erfolgt der Materialtransport zwischen den einzelnen Produktionsstellen mit Hilfe von Förderbändern. Die einzelnen Arbeitsschritte werden dabei meist auf wenige Handgriffe reduziert (in der klassischen Form ist ein Arbeitsschritt eine permanente Wiederholung einer genau determinierten Handgrifffolge).

Die ausführenden Arbeitsgänge und der Transport zwischen den Produktionsstellen erfolgen in festem zeitlichem Rhythmus. Dadurch ist die Bearbeitungsdauer an den einzelnen Stationen voneinander abhängig, man spricht von einer zeitlich gebundenen Fließfertigung.

Entscheidend für den reibungslosen Ablauf ist ein optimaler Fließbandabgleich: Die einzelnen Arbeitsschritte (und Arbeitsstationen) müssen so festgelegt werden, dass ihre Durchführung genau eine festgelegte Zeitdauer benötigt, die Taktzeit. Durch diese Vorgabe eines festen Fertigungsablaufs können Termin- und Kapazitätsplanungsprobleme effizient gelöst werden, das produktivste Herstellungsverfahren wird gewissermaßen erzwungen.

Erfolgt eine automatisierte Verkettung der Produktionsstellen, spricht man von einer (starren) Transferstrasse, der Produktionsprozess erfolgt weitgehend vollautomatisch.

Durch die hohe Anlagenintensität der aufwendigen Maschinen und den damit verbundenen hohen Fixkostenanteil kommt diese Art der Fertigung vor allem bei der Sorten- und Massenproduktion zur Anwendung. Durch die geringe Flexibilität – der Produktaufbau darf keinen kurzfristigen Veränderungen unterliegen - ist zudem eine gesicherte Marktanalyse vorauszusetzen. Dafür können die variablen Kosten relativ niedrig gehalten werden (niedrige Kosten im Bereich der Verwaltung, des Lagers und Transports, der Fertigung und Löhne, wenig Ausschuss und Abfall).

Verwendung findet die Fließbandfertigung etwa in der Automobilfertigung, dem Verlags- und Druckergewerbe und der Süßwarenindustrie.

Vorteile

  • Halbfertigerzeugnisse werden auf ein Minimum reduziert, dadurch können Zwischenlager weitgehend vermieden werden.
  • Auch die konsequente Anordnung der Arbeitsplätze spart Raum, dazu werden Transportwege verkürzt, Transportkosten verringert
  • (Kosten-)Vorteile durch Arbeitsteilung und Spezialisierung
  • Niedrige Durchlaufzeiten ermöglichen eine Verringerung der Gesamtfertigungszeit
  • Eine Prüfung der Erzeugnisse kann in den Arbeitsgang integriert werden
  • Es können schnelle Spezialmaschinen eingesetzt werden, vielfach sogar Automaten

Nachteile

  • geringe Flexibilität bei Beschäftigungsschwankungen, die Anpassungsfähigkeit des Betriebs ist herabgesetzt
  • hohe Störanfälligkeit der gesamten Produktion bei Maschinen- oder Arbeitsausfällen
  • hoher Kapitalbedarf, hohe Kapitalbindung, hohe Anlagenintensität, hohe Fixkosten
  • geringe Handlungsspielräume der Arbeitskräfte
  • monotone Arbeit erzeugt Entfremdung, Abstumpfung und Motivationsprobleme
  • mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten erzeugen soziale Probleme der Arbeiter

Geschichte

Fließband in der Produktion des Fords Modell T (1913)

Bereits 1790 erhielt Oliver Evans ein Patent auf eine Mühle, in der verschiedene Techniken des kontinuierlichen Transports angewandt wurden. Im Jahr 1833 wurde bei der Herstellung von Schiffszwieback in England ein Fließband eingeführt. Um das Jahr 1870 wurden in den Schlachthöfen von Cincinnati hochgelegte Transportbänder eingesetzt, um die geschlachteten Schweine von einem Arbeiter zum nächsten zu transportieren. Diese Technik wurde in den Union Stock Yards Chicagos perfektioniert und in großem Stil angewandt. Die sogenannten "disassembly lines" waren auch ein Vorbild für die "assembly lines" zur Produktion des Fords T.[1]

In Deutschland setzte der Bremer Kaufmann Ludwig Roselius bei der Produktion seiner Kaffeesorte „Kaffee Hag“ das Fließband noch vor Henry Ford ein. Ransom Eli Olds verwendete bereits 1902 für die Produktion seiner „Oldsmobile“ Holzgestelle, auf denen die Autos zu den verschiedenen Fertigungsstationen gezogen wurden. Henry Ford verfeinerte die Produktion insofern, als er im Jahr 1913 statt der Holzgestelle ein Fließband bei der Automobilfertigung einsetzte. Der Arbeiter wurde bei Ford danach entlohnt, wie schnell er bestimmte mechanische Arbeitsschritte durchführen kann.

Wilhelm Friedle, Betriebsdirektor der Daimler-Benz AG Werk Sindelfingen bis 1935, brachte das Fließband nach Deutschland.

Das anfängliche Willkommen des als revolutionär gefeierten Fließbandes schlug bald um in starke Ablehnung. Die mechanischen Arbeitsprozesse, denen sich die Arbeiter ausgesetzt sahen, führten zu einer Abstumpfung und zur Entwertung der Arbeitskraft, da nur noch wenige, monotone Handgriffe des Einzelnen nötig waren.

Die so genannte Humanisierung der Arbeitswelt führte zu einer veränderten Prozessführung von Fließbandarbeit. Die Arbeitsschritte werden in Gruppen ausgeführt (Gruppenarbeit/Gruppenfertigung) und der Akkord (Arbeitsleistung) bezieht sich auf eine Gruppe von Arbeitern (Werktätige, gewerbliche Mitarbeiter).

Der Schauspieler Charlie Chaplin hat die Arbeit am Fließband in seinem FilmModerne Zeiten“ (Modern Times) eindrucksvoll dargestellt.

Literatur

Domschke, Wolfgang; Scholl, Armin; Voß, Stefan (2005): Produktionsplanung, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin. ISBN 3540635602

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Erfindung des Schlachtplans - Die Geschichte der Union Stock Yards bei brand eins

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