Flitzbogen

Flitzbogen
Ein Skythe spannt seinen Bogen
Recurve

Der Bogen ist eine Abschussvorrichtung für Pfeile. Seit der jüngeren Altsteinzeit (30.000–10.000 v. Chr.) nutzen Menschen Pfeil und Bogen für die Jagd und auch für kriegerische Auseinandersetzungen. Als älteste Bogendarstellung gilt eine Kalksteinplatte aus der Grotte des Fadets, Departement Vienne, Frankreich aus dem späten Magdalénien. Heute dient der Bogen primär als Sportgerät und gilt nach dem deutschen Waffengesetz nicht als Waffe. Die Bogenjagd auf Schalenwild und das Bogenfischen sind in der Bundesrepublik Deutschland verboten.

Bögen werden traditionell aus Holz, Horn und Tiersehnen gefertigt; ein hochwertiger Kompositbogen erforderte einen aufwendigen mehrmonatigen Herstellungsprozess. Die Kunst des Bogenbaus wird bis zum heutigen Tage ständig verfeinert. Moderne Faserverbundwerkstoffe ermöglichten die Entwicklung des Compoundbogens. Das meist bunte mit allerlei Federn versehene oder auch selbstgebastelte Kinderspielzeug Pfeil und Bogen wird umgangssprachlich auch als Pfeilbogen, Flitzbogen oder Flitzebogen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Funktionsprinzip

Ein Bogen besteht stets aus einem elastischen, stabähnlichen Gegenstand, dem eigentlichen Bogen, dessen Enden durch eine Schnur, der Bogensehne, verbunden werden. Der Bogen selbst kann in 5 Abschnitte gegliedert werden: einem starren (in manchen Fällen auch ein sich biegendes), Mittelstück, das als Griff für den Bogenschützen dient, zwei daran anschließende flexible Wurfarme und den beiden abschließenden Bogenenden, an denen die Bogensehne befestigt wird. Beim Einhängen der Bogensehne müssen die Wurfarme gekrümmt werden, dies sorgt für die Vorspannung des Bogens. Beim Ausziehen der Bogensehne, dem Spannen, werden die Wurfarme stärker gekrümmt und speichern Energie. Diese sorgt beim Loslassen der Sehne für die Beschleunigung eines eingelegten Pfeils. Das Prinzip ist mit dem einer Sprungfeder vergleichbar.

Die zum Spannen nötige Kraft wird als Zuggewicht bezeichnet und aus historischen Gründen häufig in englischen Pfund angegeben. Das maximal mögliche Zuggewicht eines Bogens wird maßgeblich durch die Steifheit der Wurfarme vorgegeben. Sie kann mehr als 100 Pfund betragen, was einer Kraft von 444 N entspricht. Für resultierende Endgeschwindigkeit eines Pfeiles ist zusätzlich der Wirkungsgrad, d. h. der Grad mit dem der Bogen die gespeicherte Verformungsenergie in kinetische Energie umwandeln kann, entscheidend. Nicht nutzbare Energie verpufft in der nötigen Beschleunigung der Wurfarme selbst.

Die gängigste Form des Bogens ist der Rechtshandbogen. Dies bedeutet, dass der Schütze den Bogen mit der linken Hand hält und die Bogensehne mit der rechten Hand spannt. Man bezeichnet den Schützen auch als Rechtshandschützen. Bei einem Linkshandbogen bzw. Linkshandschützen kehren sich die Verhältnisse um. Die Wahl des Bogens wird aber keineswegs nur durch die Händigkeit des Schützen bestimmt, sondern auch durch dessen Augendominanz. Die Sehne mit dem Pfeil wird zu dem dominanten Auge geführt, weil dieses das Zielen übernimmt.

Bogenarten und Einsatzbereiche

Geschichte von Kurz-/Langbogen

Der vermutlich bisher älteste Bogenfund der Welt stammt aus Mannheim-Vogelstang. Das rund 40 Zentimeter lange Fragment eines ca. 110 cm langen Kiefernholz-Bogens (Pinus sylvestris) wird auf ein Alter von 17.600 Jahren datiert, und soll beweisen, dass diese Jagdwaffen bereits in der jüngeren Altsteinzeit (Jungpaläolithikum) eingesetzt wurden. Wenn sich die Vermutung bestätigen sollte, handelt es sich bei dem Fund um den direkten Nachweis der Verwendung des Bogens im Jungpaläolithikum. Veränderungsspuren an der Holzoberfläche legen eine Interpretation als Bogen nahe. So besitzt eine Seite des Fragments eine geglättete Oberfläche gegenüber einer unveränderten sowie die Korrektur einer Abweichung an einer Seite, ferner eine Kerbe, in der eine Sehne hätte befestigt werden können. Die Leistung wird auf etwa 25-30 englische Pfund geschätzt mit Reichweiten von bis zu 80 Metern. Die bislang wohl ältesten Belege für den Bogengebrauch stellen Pfeile aus dem Stellmoor dar (etwa 10.000 v. Chr.) sowie der bekannte Bogen von Holmegaard, ca. 6.000 v. Chr.. Publiziert wurde der Fund von dem Autorenteam Gaelle Rosendahl und Wilfried Rosendahl in der Fachzeitschrift für Prähistorik L'Anthropologie.

Weitere historische Bogenfunde stammen aus dem Mesolithikum, zum Beispiel aus Holmegaard, Dänemark. Sie waren aus Ulmen- und Eschenholz, später vor allem aus Eibenholz gefertigt. Dieser Bogentyp war bis in die Bronzezeit geläufig. In der Zeit der Glockenbecherkultur zeigen Armschutzplatten und Pfeilspitzen aus Feuerstein als Grabbeigaben die Bedeutung des Bogenschießens.

Der Kurzbogen entwickelte sich wahrscheinlich mit und in den Steppenreiterkulturen. Auf antiken Darstellungen sowie in den Kurganen finden sich erste Belege. Aufgrund der im Vergleich zum Langbogen ungünstigeren mechanischen Verhältnisse entwickelten sich zurückgebogene Bogenenden (Recurves) und Sehnen-/Hornverstärkungen (Kompositbogen).

Langbögen gibt es als Holzbogen aus einem Stück, aus mehreren Holzarten oder heute auch mit auf- oder eingelegten Kunststoffmaterialien.

Weiter wird heute zwischen Langbögen englischer und amerikanischer Bauart unterschieden: Die englischen haben über die gesamte Länge D-förmigen Querschnitt - man spricht dabei von einem Stabbogen, meist mit einer Lederwicklung als Griff; die amerikanischen besitzen flache Wurfarme und einen auf die Hand geformten Griff (siehe Bild). Letztere werden auch Flachbögen genannt.

Der klassische Langbogen entwickelte sich im europäischen Hoch- bzw. Spätmittelalter zum englischen Langbogen (engl. Longbow) mit sehr hohen Zuggewichten weiter. Diese Entwicklung ist die Antwort auf die besonders im Hochmittelalter vorkommenden Panzerreiter (siehe Ritter). So konnte ein Pfeil, der von einem Langbogenschützen abgeschossen wurde, mühelos einen damals gebräuchlichen Kettenpanzer und unter günstigen Bedingungen sogar die als Reaktion entwickelten Plattenpanzer durchschlagen. Auch die Pferde der Ritter mussten nun, soweit überhaupt möglich, vor Waffenwirkung beschützt werden. Allerdings mussten entsprechend große Kräfte zum Spannen des Bogens ausgeübt werden. Die hohe Effektivität dieser Bögen war einer der militärischen Gründe für den Niedergang des Rittertums. Heranreitende Kavallerie hatte nur selten die Möglichkeit, die Bogenschützen mit ihren Nahkampfwaffen anzugreifen.

Im Mittelalter waren im Westen vor allem Waliser und Engländer, im Osten besonders die Türken und Mongolen gefürchtete Bogenschützen. Mehrere Schlachten im Hundertjährigen Krieg gewannen die Engländer aufgrund ihrer überlegenen Bogenstreitmacht. Um den in diesem Krieg entstandenen Bedarf an Eibenholz zur Bogenherstellung decken zu können, wurde nicht zuletzt auch Holz aus deutschen Wäldern verwendet.

Im Gegensatz zur Jagd wurde mit den damaligen Kriegsbögen nicht gezielt, sondern auf die Salvenwirkung gesetzt. Durch die große Anzahl an Schützen und dementsprechend vielen gleichzeitig niedergehenden Pfeilen war die Trefferwahrscheinlichkeit trotzdem recht hoch. Kriegsbögen hatten ein hohes Zuggewicht, typischerweise mehr als 100 Pfund. Das entspricht einer Kraft von 490 N oder ca. 50 kg. In alten Chroniken wird berichtet, dass die Pfeile „dicht wie Schnee“ auf den Gegner niedergingen.

Langbogen

Die ältesten bekannten Bögen (Felsbilder und Funde, z. B. Mare Heath oder Holmegaard) sind Langbögen. Diese Funde sind im Gegensatz zum englischen Langbogen als Flachbögen (Bögen mit annähernd flach rechteckigem Querschnitt) gestaltet. Sehr viel später entwickelte sich daraus der englische Typ mit tiefem D-förmigem Querschnitt, der gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Westeuropa zur effektivsten Fernkampfwaffe wurde, die von einem einzigen Menschen bedient werden konnte. Der militärische Einsatz des Langbogens wurde im europäischen Mittelalter zuerst in England realisiert.

Langbogen und Übungspfeil

Zwar hatte schon Wilhelm der Eroberer in der Schlacht von Hastings eine große Truppe von französischen Bogenschützen gegen die Truppen von König Harald eingesetzt, aber sie waren ebenso wie die weniger zahlreichen englischen Bogenschützen nur mit relativ kurzen Bögen ausgerüstet.

Bereits im 11. Jahrhundert wird von walisischen Bogenschützen berichtet, deren Pfeile ca. 10 cm dicke Eichentore durchschlugen. In den Dienst des englischen Königs Eduard I. wurde der Langbogen nach der Unterwerfung der Waliser im späten 13. Jahrhundert übernommen. Zunächst wurden walisische Bogenschützen eingesetzt, später wurden auch englische Langbogenschützen ausgebildet.

Um mit einem Langbogen eine solche Wirkung zu entfalten, war jahrelange Übung notwendig. Im mittelalterlichen England wurden daher Gesetze erlassen, die die männliche Bevölkerung dazu verpflichteten, sich im Umgang mit dem Langbogen zu üben. Zudem mussten englische Väter ihre Söhne mit einem Langbogen ausrüsten, wenn diese ein bestimmtes Alter erreicht hatten. Bei Skelettfunden, die man englischen Langbogenschützen zuordnen konnte (Mary Rose), wurden auf starke mechanische Belastung hinweisende Umbildungen von Arm- und Wirbelknochen festgestellt.

Moderne Versuche haben ergeben, dass ein von einem Langbogen abgeschossener Pfeil unter Idealbedingungen die Brustplatte einer Plattenrüstung durchschlagen konnte.

Zur Herstellung von Langbögen verwendeten die Engländer vorwiegend Eibenholz, da dieses die Eigenschaften besitzt, die hohen auftretenden Zug- und Stauchkräfte aufzunehmen. Diese Eigenschaften ermöglichten die Entwicklung zum leistungsstarken Stabbogen, der im Gegensatz zum Flachbogen auf weite Distanzen einzusetzen ist. Die walisischen Bogenschützen schossen auch mit Ulmenbögen. Noch heute ist die Eibe streng geschützt, weil dem damaligen Bedarf an Eibenholz fast die gesamten Bestände des Alpenraums und der Pyrenäen zum Opfer gefallen waren.

Die meisten englischen Langbögen reichten dem Schützen im ungespannten Zustand mindestens bis auf Augenhöhe.

Bekanntester literarischer (Rechtshand-) Schütze mit dem Langbogen: Robin Hood – Filmplakat zum Film von 1922

In anderen europäischen Reichen wurde der Nutzen dieser Waffe ebenfalls erkannt, sodass der Langbogen auch außerhalb Englands Verbreitung fand, wo er aber aufgrund der Konkurrenz durch andere Fernwaffen, vor allem die gegen Ende des Mittelalters aufkommenden Feuerwaffen, nicht die gleiche Rolle spielte wie in England.

In den Schlachten des Spätmittelalters bewährte sich der Langbogen vielfach. Geriet gegnerische Reiterei unter die wenig bis gar nicht gepanzerten Bogenschützen, hatten diese allerdings meist nur ein leichtes Schwert oder auch nur einen Dolch oder ein Messer zur Verteidigung. Solche Kämpfe endeten meist in einer Katastrophe für die Bogenschützen, die aufgrund ihrer langen Ausbildung nur schwer zu ersetzen waren. Deshalb bezogen die englischen Langbogenschützen meist Deckung hinter spitzen Holzpfählen, die in die Erde gerammt waren. Davor postierten sich schwer gepanzerte Ritter, die zu Fuß kämpften und mit ihren Lanzen gegnerische Truppen auf Distanz halten sollten.

Der Sage nach wurden im Hundertjährigen Krieg englischen Bogenschützen, die in Gefangenschaft gerieten, der rechte Zeige- und Mittelfinger abgehackt, mit denen die Sehne gezogen wurde. Verschiedene Gesten (Fuck off-V, Victory-Zeichen, crossed fingers) werden auf diese Sage zurückgeführt. Da für die nichtadeligen Bogenschützen aber kein Lösegeld wie für gefangene Ritter zu erwarten war, ist es wahrscheinlicher, dass gefangene Bogenschützen einfach getötet wurden.

Noch im Jahre 1590 verteidigte der englische Adlige Sir John Smythe den Nutzen des Langbogens gegenüber den damals gebräuchlichen Arkebusen und Musketen. Smythe wies darauf hin, dass ein Bogen im Gegensatz zu einer Feuerwaffe über keinen Mechanismus verfügt, der versagen könnte. Zudem hob er die deutlich höhere Feuerrate des Bogens im Vergleich zu Feuerwaffen hervor. Außerdem würde ein dichter, heranfliegender Pfeilhagel die Moral des Gegners schädigen.

Aus dem Wrack des in dieser Zeit gesunkenen Schiffs Mary Rose wurden etliche Langbögen geborgen, die zum Teil so gut erhalten sind, dass sie noch schießbar sind.

Im englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden noch Langbögen verwendet, kurze Zeit später wurde der Langbogen in England aber endgültig verdrängt. Musketen erlangten eine immer höhere Feuerkraft und Reichweite und konnten Panzerungen leichter durchschlagen. Zudem war die Ausbildung eines Langbogenschützen weit aufwändiger und länger als die eines Musketenschützen.

Recurve

Recurvebogen mit Zubehör

- Recurve steht für zurückgebogen - [1] Dieser Bogentyp stammt vermutlich aus Asien und stellt eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Bogens dar. Im ägyptischen Theben wurden Exemplare dieses Typs gefunden, die wahrscheinlich assyrischer Herkunft waren und vermutlich aus einer Zeit von 1.200 Jahren v. Chr. stammen.

Recurve während des Auszugs, Hebelwirkung rot hervorgehoben.

Im Unterschied zum Langbogen sind beim Recurvebogen die Enden der Wurfarme so stark nach vorn gebogen, dass die Sehne anliegt. Dadurch erhält der Bogen einen weicheren Auszug und höheren Wirkungsgrad. Er kann weiter gespannt werden als ein europäischer Langbogen. Die daraus resultierenden Kräfte bedingen höhere Anforderungen an das Material der Wurfarme als beim in dieser Hinsicht unproblematischeren Langbogen oder amerikanischen Flachbogen. Die anliegenden Sehnen dämpfen den Handschock nach dem Schuss.

Kompositbogen/Reflexbogen

Hunnischer Kompositbogen

Ein Kompositbogen oder Reflexbogen ist ein spezieller, aus mehreren verschiedenen Materialien bestehender Bogen, der vermutlich noch in der Jungsteinzeit in den Steppen Zentralasiens entstand. Von den Steppen aus verbreitete sich die Nutzung von Kompositbögen im bronzezeitlichen mediterranen und chinesischen Kulturkreis. Zur Herstellung von Kompositbögen wurden in einem aufwändigen, bis zu zwei Jahre dauernden Verfahren verschiedene Schichten von Holz und Tierhorn verleimt und mit Sehnen umwickelt. Die Funktion des Holzes beschränkte sich dabei z. T. auf das bloße Tragen der tierischen Materialien. Das Ergebnis war eine gegenüber traditionellen Bögen kleinere Waffe mit dennoch hoher Spannkraft, die sich hervorragend für Reiter eignete. (Tiersehnen haben im Vergleich zu Holz eine ca. 4-mal so hohe Zugfestigkeit. Horn hält eine doppelt so hohe Druckbelastung aus wie Holz. Daher lässt sich beim Bogenbau die benötigte Schichtdicke auf ein Viertel bzw. die Hälfte, im Vergleich zu Holz, reduzieren. Dünnere Bogenarme sind elastischer als dickere; je weniger Energie aber beim Biegen der Wurfarme verloren geht, um so mehr kann beim Verschießen des Pfeiles abgegeben werden. Kleinere und kürzere Wurfarme besitzen zudem weniger Masse, die bewegt werden muss. Außerdem kann man Verbundmaterialien in einem technisch besonders effektiven Design zusammenleimen.)

Der Vorteil von Sehnen und Horn besteht in ihrer höheren Fähigkeit, Energie zu speichern und auch wieder an den Pfeil abzugeben. Die Effizienz eines solchen gut gebauten Kompositbogens mit entsprechender möglicher Formgebung ist höher als die eines konventionellen Bogens aus Holz, der bei identischem Layout sofort brechen würde. Mongolische und türkische Reiterbögen hatten ein Zuggewicht von durchschnittlich 75 Pfund und schossen speziell abgestimmte leichte Pfeile 500 bis 800 m weit.

Am bekanntesten wurden dabei die Hunnen und einige hundert Jahre später die Mongolen und Türken, deren Zügen nach Westen die Völker Europas anfangs wenig entgegenzusetzen hatten. Ihr militärischer Vorteil beruhte dabei auf dem massiven Einsatz der leichten Kavallerie, die – mit Kompositbögen bewaffnet – mobile und weit reichende Angriffe auf den Gegner durchführen konnte. Kompositbögen wurden jedoch schon seit der Antike auch von sesshaften Völkern übernommen, unter anderem von Römern und Parthern.

Nachteilig ist die starke Anfälligkeit solcher klassischer Kompositbögen gegen jegliche Art von Feuchtigkeit – im Extremfall löst sich der durch elastischen und hochfesten Hautleim zusammengehaltene Materialverbund einfach auf, wodurch der Bogen irreparabel zerstört wird. Diese Problematik beeinflusste vermutlich den für das Schicksal Europas entscheidenden Rückzug der Hunnen um das Jahr 500.

Ein weiteres Beispiel für effektiven Einsatz von Kompositbögen sind die Comanchen Nordamerikas, die im 19. Jahrhundert von den feindlichen Armeen der jungen Vereinigten Staaten anerkennend als die „beste leichte Kavallerie der Welt“ bezeichnet wurden.

Die höchste Vollendung in der Kunst des Bogenbaus haben die Türken erreicht. Sehr schöne Exemplare sind im Völkerkundemuseum in Wien und im Schloss in Karlsruhe in den Waffensammlungen der Kriegsbeute der letzten Türkenbelagerung ausgestellt. Besonders zu beachten ist, dass die Bogenenden im ungespannten Zustand nach vorn gebogen sind. Beim Bespannen des Bogens mit der Sehne werden diese meist erwärmt und in die entgegengesetzte Richtung umgebogen, so dass erst dann die endgültige Form des Bogens sichtbar wird.

Backings

Ein Backing (englisch: rückwärtige Verstärkung, siehe auch Sehnenbelag), auch Lamination (Beschichtung) genannt, ist ein in Streifen oder Scheiben geschnittener Bambus, Sehne oder (Schlangen-) Haut, die auf die Rückseite eines Bogens geklebt werden. Die häufigste Form eines Backings ist die mit Sehne. Ein Backing wird zur Verstärkung des Bogens benutzt. Je nach Holzart muss das Backing dünner sein, damit der eigentliche Bogen keine Kompressionsfehler erscheinen lässt. Bei Eibe wird dies eigentlich nicht benötigt, da das Holz über einen Außenrand, das Splintholz, und einen Mittelteil, das Kernholz, verfügt. Das Splintholz kann sich sehr gut dehnen und das Kernholz gut komprimieren.

Bögen aus Stahl

Die Anfälligkeit der Kompositbögen gegen Feuchtigkeit führte in Indien zur Entwicklung von Bögen aus Stahl. Die indischen Schmiede verfügten über das metallurgische Wissen, um geeignete Legierungen herzustellen. Im Agni Purana, einem indischen religiösen Text aus dem 9. Jahrhundert, werden bereits Bögen aus Metall erwähnt.

Die Bögen waren nicht so leistungsfähig wie herkömmliche Kompositbögen, aber bei feuchtem Klima haltbarer und auch sonst widerstandfähiger. Stahlbögen konnten auch problemlos gelagert werden. Von adeligen Kriegern gebrauchte Stahlbögen wurden reich verziert.

In Europa wurden Stahlbögen nur für Armbrüste hergestellt.

Kyūdō-Bogen

Der japanische Kyūdō-Bogen (Yumi) ist asymmetrisch. Im Unterschied zu allen anderen Bogen wird hier der Pfeil zum Schuss auf der dem Schützen abgewandten Seite des Bogens geführt.

Es wurde verschiedentlich diskutiert, dass der Kyūdō-Bogen als Reiterwaffe entwickelt wurde. Als Argument wird der kürzere (aber auch stärkere) untere Wurfarm angeführt, der beim Schuss vom Pferd aus den geringen Platz bis zum Pferderücken optimal ausnutzen kann. Gegner dieser umstrittenen Theorie weisen dagegen darauf hin, dass archäologische Funde den asymmetrischen Bogen weit vor domestizierten Pferden in Japan belegen. Zusätzlich ist zu bemerken, dass die Pfeile in Japan eine spezielle Behandlung erfahren: Um die Leitfedern zu stärken, wird der Pfeil (bzw. der Teil von der Nock bis zum Ende der Federn) einige Zeit über Wasserdampf erhitzt. Manchmal haben Pfeile in Japan auch vier Federn, wobei zwei davon oft verkürzt sind.

Beim mongolischen Schießstil liegt der Pfeil auch auf der „Außenkante“ des Bogens. Auch da hält der Daumen die Sehne und löst sie. Die mongolischen Bögen sind symmetrisch.

Entscheidend für die Position des Pfeils ist die Frage, wie der Bogen gespannt wird, europäisch mit drei Fingern, oder asiatisch mit dem Daumen. Davon ist abhängig, in welche Richtung die Sehne von den Fingern bzw. Daumen gleitet. Der Pfeil liegt immer auf der Seite dieser Richtung, bei drei Fingern links, beim Daumen somit rechts. Dies ist erforderlich, um zu vermeiden, dass der Pfeil beim Abschuss am Bogen anschlägt. Wird der Schuss gelöst, krümmt sich der Pfeil zuerst in die Bogenmitte, dann durch die eigene Elastizität in die entgegengesetzte Richtung. Genau zu diesem Zeitpunkt passiert der Pfeil den Bogen und wird somit nicht abgelenkt. Der Pfeil gleitet nicht die ganze Zeit bis zum Verlassen der Sehne entlang des Bogens.


Compound

Compoundbogen der Fa. Hoyt mit Twin-Limbs und Twin-Cams

Der Compoundbogen besitzt an den Bogenenden des Bogens drehbare Räder, die sogenannten Camwheels, kurz Cams genannt. Sie verfügen über zwei verschiedene Durchmesser, auf denen Kabel oder Sehne aufgerollt sind. Im ungespannten Zustand ist auf dem größeren der beiden Durchmesser die Sehne aufgerollt. Beim Spannen des Bogens wird die Sehne des Bogens vom großen Durchmesser abgerollt, und auf dem kleinen Durchmesser wird das am gegenüberliegenden Wurfarm befestigte Kabel aufgerollt. Die Cams sind zusätzlich exzentrisch aufgehängt.

Moderne Compoundbögen wenden wie bei einem Wellrad das Hebelgesetz an. Die sich nach außen wegdrehende Rolle ist wie ein starrer Hebel, der auf die Drehachse wirkt. Durch die exzentrische Aufhängung der Rollen/Cams verändert sich der Angriffswinkel und der Hebelarm, und man kann so immer im effektivsten Bereich arbeiten. Werden die Rollen/Cams mit der Bogensehne nach außen gezogen, verlängert sich der Hebelarm. Diese Mechanismen sind beim Compoundbogen in einer praktischen Anwendung umgesetzt. Dadurch ergibt sich im Gegensatz zu anderen Bogen ein nicht-linearer Kraftverlauf beim Auszug: Mit steigendem Auszug nimmt die Kraft zunächst stetig zu (wie auch bei anderen Bogen), um dann aber beim Überschreiten des sogenannten Gipfel-Zuggewichtes schlagartig abzunehmen. Der Bogenschütze hält dann bei voll ausgezogenem Bogen nur noch einen Bruchteil des Gipfelzuggewichtes auf der Hand. Die Zugreduzierung kann bis zu 80 % betragen, d.h. bei einem Gipfelzuggewicht von 50 Pfund muss der Schütze nur 10 Pfund im Auszug halten. Dadurch kann der Bogen ruhiger gehalten werden und das Zielen fällt wesentlich leichter.

Sportbogen

Recurvebogen (vorne) und Compound-Bogen (hinten) beim Hallenschießen. Vier schießen einen Rechtshandbogen, nur einer (Mitte) einen Linkshandbogen
Trefferaufnahme beim Bogenschießen – Feldbogen

Es gibt verschiedene Disziplinen beim Bogenschießen. Zuerst steht das Schießen mit dem Langbogen, der nur aus dem Bogen und der Sehne besteht. Diese Bögen werden bis in die heutige Zeit aus Holz (zum Beispiel Esche, Eibe oder Bambus) gefertigt. Moderne Langbogen, aber auch teilweise Recurve-Bogen werden aus verschiedenen Holzschichten laminiert und je nach Bauart oder Zweck mit Kunststoffen (z.B. Glasfaser oder Carbon) weiter verstärkt. Allgemein werden Bogen ohne Visierhilfsmittel und Stabilisationsgewichte als Blankbogen (engl. Barebow, also etwa „nackter Bogen“) bezeichnet.

Mittlerweile hat bei dieser wohl ältesten Art des Schießens aber auch die Technik Einzug gehalten und es werden gemäß der aktuellen Klasseneinteilung beim Sportbogenschießen auch technisch hochentwickelte Recurve-Sportbogen aus Aluminium und Carbon als Blankbogen gewertet, wenn weder am Bogen noch an der Sehne Hilfsmittel zur Visierung, Entfernungsschätzung oder Stabilisierung vorhanden sind. Bei den modernen Sportbogen unterscheidet man daher zwischen Blankbogen (Recurve ohne Visier und Stabilisationshilfsmittel), olympischer Recurve-Sportbogen (Visier und Stabilisationshilfsmittel erlaubt) und dem Compoundbogen (Visier mit Linsenoptik und Stabilisationshilfsmittel erlaubt). Die Sehne wird bei Recurvebogen mit den Fingern gezogen und gelöst, allerdings werden zum Schutz der Finger zumeist Tabs aus Leder oder Kunststoff eingesetzt.

Der wesentliche Unterschied zwischen Recurve-Bogen und Compound-Bogen liegt an der Sehnenführung, die beim Compound über exzentrisch gelagerte Umlenkrollen (Cams) geführt wird. Durch die Rollen findet eine Übersetzung – Hebelgesetz – statt. Dadurch muss der Schütze weniger Kraft im Ankerpunkt aufwenden. Er kann somit öfter schießen, länger Zielen und höhere Zuggewichte bewältigen, was wiederum zu höheren Pfeilgeschwindigkeiten und größeren Flugweiten führt.

Als „Handschock“ bezeichnet man die Wirkung, die die Hand aufgrund des Rückstoßes der Sehne (von gespanntem in ungespannten Zustand) erfährt.

Ohne Tragen eines geeigneten Armschutzes kann die Verwendung eines Bogens zu einer äußerst schmerzhaften Angelegenheit werden (siehe Ausrüstung)!

Der Wahlspruch der Bogenschützen lautet: „Alle ins Gold“, beziehungsweise „Alle ins Blatt“.

Leistungsfähigkeit, Schussweite

Aus Naturstoffen gefertigte Bögen:

  • Der türkische Sultan Selim III. soll 1798 einen Pfeil 889 m weit geschossen haben. Die bisher größte Entfernung für einen aus Naturstoffen gefertigten Bogen.
  • Englischer Langbogen, Zuggewicht 90,72 kg, 57 g schwerer Holzpfeil, Schussweite 427 m (John Huffer, USA, 11. September 1997)

Mit modernen Bögen erzielte man folgende Weiten:

  • Recurve (1987, Don Brown, USA): 1222,0 m
  • Compound (1992, K. Strother, USA): 1207,4 m
  • Fußbogen-Schießmethode (1971, Harry Drake, USA): 1854,4 m. (Bei dieser Schießmethode liegt der Schütze auf dem Boden. Der Bogen wird mit beiden Füßen nach vorne gedrückt und die Sehne gleichzeitig mit beiden Händen angezogen; [2] [3]

Ikonografie

Quellenangaben

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Korfmann: Schleuder und Bogen in Südwestasien : von den frühesten Belegen bis zum Beginn der historischen Stadtstaaten. Antiquitas: Reihe 3, Abhandlungen z. Vor- u. Frühgeschichte, zur klass. u. provinzial-röm. Archäologie u. z. Geschichte d. Altertums , Bd. 13. Habelt, Frankfurt 1972, ISBN 3-7749-1227-0
  • E. Cziesla, Th. Kersting, St. Pratsch (Hrsg): Den Bogen spannen … . Festschrift für Bernhard Gramsch. Weissbach 1999. ISBN 3-930036-35-5
  • Leo Dunan: „Selfcheck Bogenschiessen“ http://www.educatium.de/praxis-bogen/
  • U. Stodiek, H. Paulsen: „Mit dem Pfeil, dem Bogen …“ Techniken der steinzeitlichen Jagd. Oldenburg 1996. ISBN 3895983888
  • Clemens Richter: Bogenschießen. Der abendländische Weg. DSV, Hamburg 2000. ISBN 3-88412-346-7
  • Hilary Greenland: Praktisches Handbuch für traditionelle Bogenschützen. Hörnig, Ludwigshafen 2001. ISBN 3-9805877-0-3
  • Ekkehard Höhn, Karl-Heinz Hörnig: Traditionell Tunen, Feinabstimmung von Langbogen und Recurve. Hörnig, Ludwigshafen 2000. ISBN 3-9805877-1-1
  • Thomas Marcotty: Bogen und Pfeile. Edition Arcofact. Hörnig, Ludwigshafen 2002. ISBN 3-9805877-8-9
  • D. Vorderegger, G. Kaiser: Traditionelles Bogenschießen. Salzburg 2003. ISBN 3-9501778-0-9
  • D. Vorderegger: Schule des traditionellen Bogenschießens. Salzburg 2002. ISBN 3-9501778-1-7
  • Roger Ascham, Hendrik Wiethase (Hrsg.): Toxophilus – Die Schule des Bogenschießens. Wiethase, Untergriesbach 2005. ISBN 3-937632-12-3 (England, 1545)
  • Śārṅgadhara, Hendrik Wiethase (Hrsg.): Dhanurveda – Das Wissen vom Bogen. Wiethase, Untergriesbach 2005. ISBN 3-937632-14-X (Indien, 16. Jahrhundert)
  • Richard Kinseher:Der Bogen in Kultur, Musik und Medizin, als Werkzeug und Waffe. Kinseher, Kelheim 2005. ISBN 3-8311-4109-6
Bogenbau
  • Alrune Flemming: Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute. Hörnig, Ludwigshafen 2001. ISBN 3-9805877-7-0
  • Dean Torges: Auf der Spur des Osagebogens. Hörnig, Ludwigshafen 2003. ISBN 3-9808743-3-8
  • Steve Allely: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd 1. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2003. ISBN 398087432X
  • G. Fred Asbell: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd 2. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004. ISBN 3980874354 (enthält Kapitel über Kompositbogen)
  • Tim Baker: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd 3. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2005. ISBN 3980874397
  • Paul Comstock: Der gebogene Stock. Hörnig, Ludwigshafen 2004. ISBN 3-9808743-6-2

Der Bogen im Film

Lang- & Blankbögen
Compoundbögen

Weblinks

Auch ein „wichtiger“ Bogen

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