Floatglass

Floatglass

Floatglas ist Flachglas, welches im Floatprozess, oder auch Floatglasverfahren, hergestellt wurde. Das Verfahren wird seit den 1960ern industriell angewandt und liefert derzeit etwa 95 % des gesamten Flachglases aller Anwendungsbereiche wie Fensterglas, Autoscheiben und Spiegel.

Auch Glasfilme für z. B. TFT-Displays sind Floatglas. Allerdings ist die Produktionstechnik so speziell, dass man es im Allgemeinen nicht als solches bezeichnet.

Der Begriff Spiegelglas steht gemäß DIN 1249 (Flachglas im Bauwesen) und DIN 1259 (Glas) für planes und durchsichtiges Glas, wird aber mittlerweile oft synonym für Floatglas verwendet; als Grundlage für Flachglas fast aller Bereiche wird auch von Basisglas gesprochen.

Produktionsablauf

Die Floatglasherstellung ist ein endlos-kontinuierlicher Prozess. Die gereinigte, bei 1.100 °C teigig-flüssige Glasschmelze wird fortlaufend von einer Seite in ein längliches Bad aus flüssigem Zinn geleitet, auf welchem das etwa ⅔ leichtere Glas schwimmt (engl. to float) und sich wie ein Ölfilm gleichmäßig ausbreitet. Durch die Oberflächenspannung des Zinns und des flüssigen Glases bilden sich sehr glatte Oberflächen. Das am kühleren Ende des Bades erstarrte, noch ca. 600 °C warme Glas wird fortlaufend herausgezogen und durchläuft einen Kühlofen, in welchem es verspannungsfrei heruntergekühlt wird. Nach einer optischen Qualitätskontrolle wird das Glas geschnitten (Standardgröße in Europa: 320 × 600 cm).

Vergleich der Herstellungsverfahren
für durchsichtiges* Flachglas
Verfahren Glasstärken Oberfläche Lufteinschlüsse Materialeinschlüsse Kosten
Zylinderblasverfahren ? stark gewellt
optisch sehr unruhig, keine planparallele Oberfläche
einige einige - - -
Gießen, Walzen,
Schleifen & Polieren
*
? stark gewellt einige keine -
Ziehen
Fourcault-Verfahren
ab 0,8 mäßig gewellt, Ziehstreifen
optisch unruhig
wenig keine o
Ziehen
Libbey-Owens-Verfahren
Pittsburgh-Verfahren
ab 0,8 mm schwach gewellt, Ziehstreifen,
optisch unruhig
sehr wenig sehr wenig o
Floatprozess ab 2 mm - 25 mm nicht gewellt keine praktisch keine
unter UV-Licht sichtbar
+
* Gewalztes Gussglas wird ungeschliffen und unpoliert auch als nichtdurchsichtiges Glas verwandt..

Die Ziehgeschwindigkeit, mit der das feste Glas von der halbflüssigen Phase gezogen wird, bestimmt die Stärke (Dicke) des Glases. In vielen Anlagen liegen zur Regulierung der Glasstärke im Bereich des Zinnbades am Rand der Glasfläche (der später abgeschnitten wird) sogenannte Toproller auf. Das Floatglasverfahren ermöglicht Glasstärken ab etwa 0,4 mm. Üblicherweise werden die weltweiten Standardstärken 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 15, 19 und 25 mm produziert.

Eine Floatglasanlage ist wegen der kontinuierlichen Kühlung sehr lang (ca. 300 bis 1.000 m). Zinn hat mit 232 °C einen niedrigen Schmelzpunkt, so dass es bis zum völligen Erstarren des Glases noch flüssig bleibt; außerdem hat es bei den verwendeten 1.100 °C noch keinen hohen Dampfdruck, der zu Ablagerungen und Unebenheiten an der Glasunterseite führen könnte, und verhält sich gegenüber dem Glas inert. Es muss aber wegen möglicher Oxidation mit dem Luftsauerstoff in einer Schutzatmosphäre (oft Stickstoff-Wasserstoff) gehalten werden. Für wissenschaftliche Untersuchungen, bei denen es auf besondere Reinheit des Glases ankommt, kann Floatglas unter Umständen nicht verwendet werden, da auf der Unterseite Spuren des Zinns nachweisbar sind: die Zinnseite schimmert unter UV-Licht grau.

Eine Floatglasanlage läuft permanent rund um die Uhr und produziert ca. 11 – 15 Jahre lang (Wannenreise). Danach ist eine Kaltreparatur erforderlich, bei der die Wannenauskleidung erneuert wird. Eine größere Anlage liefert etwa 3.000 m²/Stunde bei 4 mm Glasstärke bzw. 33 t/Stunde. Es sind ca. 250 Floatglasanlagen weltweit im Einsatz (Tendenz steigend).

Geschichte

Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Henry Bessemer die Idee, flüssiges Zinn als Träger für Flachglas zu verwenden. Im Jahre 1902 erhielt William E. Heal ein Patent in den USA auf das Herstellungsprinzip, Glas kontinuierlich über ein Zinnbad laufen zu lassen und so planparallele Oberflächen zu erhalten. Dieses Patent ist nie kommerziell genutzt worden.

Sir Alastair Pilkington entwickelte das Verfahren so weit, dass es industriell anwendbar wurde, und stellte es am 20. Januar 1959 der Öffentlichkeit vor. 1966 begann die Firma Pilkington Brothers in St. Helens (Großbritannien) mit der Produktion und vergab nachfolgend eine Vielzahl von Lizenzen an andere Flachglashersteller.

Schon bald kam weltweit das meiste Flachglas aus Floatglasanlagen. Durchsichtiges Flachglas ist seither bedeutend billiger geworden und stellt heute ein vielseitig und großflächig in der Architektur eingesetztes Baumaterial dar, das Architekten einen großen Gestaltungsspielraum gibt und energiesparende Konstruktionen mit hoher Transparenz ermöglicht.


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