- Flyby
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Der englische Begriff Swing-by – auch Fly-by, Slingshot, Gravity-Assist (GA), Schwerkraftumlenkung oder Gravitationsmanöver genannt – bezeichnet eine Methode der interplanetaren Raumfahrt, bei der ein relativ leichter Raumflugkörper (wie z. B. eine Raumsonde) dicht an einem massereichen Körper (wie z. B. ein Planet) vorbeifliegt. Durch die Gravitation des massereichen Körpers kann die Flugbahn des Raumflugkörpers sowohl in der Richtung als auch in der Geschwindigkeit verändert werden.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Eine Energieänderung eines relativ leichten Raumflugkörpers wie etwa einer Raumsonde ist möglich, da sich z. B. ein Planet selbst im Gravitationsfeld eines Sterns befindet, wodurch drei Körper in die Berechnung einbezogen werden müssen: Es erfolgt eine Übertragung zwischen Drehimpuls des Planeten (um den Stern) und Drehimpuls der Sonde (um den Planeten) – die Geschwindigkeitsänderung des Planeten ist aufgrund seiner im Vergleich zur Sonde sehr hohen Masse vernachlässigbar, während bei der Sonde große Geschwindigkeitsänderungen möglich sind.
Fliegt die Sonde durch das Gravitationsfeld eines Planeten, so wird sie abgelenkt und es wird damit ihre Flugrichtung verändert. Die relative Geschwindigkeit zum Planeten wird dabei nicht verändert, aber relativ zur Sonne sehr wohl. Wenn sich der Planet bei seinem Weg um die Sonne relativ zur Sondenbahn von dieser wegbewegt, gewinnt die Sonde an kinetischer Energie hinzu, ansonsten wird sie abgebremst. Die Energie wird hierbei der Bewegungsenergie des Planeten entzogen. Dieser wird dadurch ein wenig langsamer und vergrößert seinen Abstand zur Sonne (Virialsatz). Bei den üblichen Massen der Raumsonden ist das aber nicht messbar. Die Größe der dem Planeten entzogenen Bewegungsenergie kann aus den allgemeinen Prinzipien der Impulserhaltung und der Energieerhaltung abgeleitet werden.
In den unteren Animationen ist die Änderung der Fluggeschwindigkeit relativ zur Sonne anschaulich dargestellt. Recht einfach begreifen kann man den Effekt, wenn man sich vorstellt, einen Tennisball vorsichtig auf ein schnell vorbeifahrendes Auto zu werfen. Ein kleines Objekt bekommt dabei Energie von einem sehr viel größeren Objekt. Außerdem ist der Ball für den Autofahrer relativ gesehen immer gleich schnell, wie es bei einem Planeten wäre. Allerdings hat sich die Geschwindigkeit relativ zum Werfer geändert. Außerdem wird das Auto geringfügig langsamer – je nach Massenverhältnis zwischen Auto/Planet und Ball/Sonde.
Ziele
Die Geschwindigkeitsänderung kann dazu verwendet werden, um die Sonde für sonnennähere Ziele abzubremsen oder für sonnenfernere Ziele zu beschleunigen.
Die Richtungsänderung kann auch dazu verwendet werden, um die Ebene der Ekliptik zu verlassen und Sonden in eine polare Umlaufbahn um die Sonne zu lenken. Auf diese Weise können Raumsonden Flugbahnen erreichen, die sonst nicht oder nur mit erheblich größerem Energieaufwand des Sondenantriebs möglich wären.
Geschichte
Das erste Swing-by-Manöver wurde 1970 während der Apollo-13-Mission durchgeführt. Die Besatzung konnte sich nach der Explosion eines Sauerstofftanks durch ein Swing-by-Manöver um den Mond wieder zurück zur Erde retten. 1973 war Mariner 10 die erste Raumsonde, die ein Swing-by-Manöver durchführte, sie wurde durch den Vorbeiflug an der Venus genügend abgebremst, um den Planeten Merkur zu erreichen. Dadurch konnte einerseits die Raumsonde mit einer (gegenüber der Titan IIIC) preiswerteren Atlas-Centaur gestartet werden und andererseits die Venus mitbesucht werden.[1] Heute nutzen nahezu alle interplanetaren Raumsonden, die den Mars oder die Venus nicht zum Endziel haben, diese Technik.
Verwendungen
Swing-bys können dazu dienen, die Flugzeiten von Sonden zu verkürzen. Voyager 1 und 2 wurden z. B. durch ein Swing-by am Saturn um rund 18 km/s beschleunigt und erreichten dadurch die dritte kosmische Geschwindigkeit. Ohne Swing-by hätte Voyager 2 mehr als doppelt so lange gebraucht, um den Neptun zu erreichen.
Häufig werden Swing-bys nicht verwendet, um die Reisezeit zu verkürzen, sondern um Raumsonden mit Trägerraketen zu starten, die für den direkten Flug zum Ziel zu schwach sind. Um dennoch zum Ziel zu kommen, muss dann die Raumsonde einen oder mehrere Swing-bys durchführen, um die nötige Geschwindigkeit zu erreichen. Dadurch wird die Flugzeit deutlich länger als bei einem direkten Flug. Meistens ist der Grund für dieses Vorgehen einfach, dass eine größere Trägerrakete teurer wäre als die längere Missionszeit. Nur manchmal, wie z. B. Cassini-Huygens, ist die Sonde so schwer, dass selbst die größte Trägerrakete nicht für einen Direktflug reicht.
Besonders beim zweiten Grund entstehen große Umwege. So wurde zum Beispiel die Sonde Cassini-Huygens auf dem Weg zum Saturn zuerst zweimal von der Venus und dann einmal von der Erde auf die nötige Geschwindigkeit gebracht.
Selten werden Swing-bys dazu genutzt, die Inklination so stark zu ändern, wie bei der Sonnensonde Ulysses, um die Ebene der Ekliptik zu verlassen.
Swing-bys in Animation
Die rote Kurve im jeweils unteren Bildteil zeigt die Geschwindigkeit der Raumsonde über die Zeit.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ SP-424 The Voyage of Mariner 10 – Chapter 2 (englisch) – Artikel bei NASA-History
Weblinks
- Bahnmanöver – Artikel von Michael Müller, bei Erkenntnishorizont
- Swing-by – Artikel von Bernd Leitenberger, über die Mathematik dahinter
- Bahnen im Sonnensystem und um andere Planeten – weiterführender Artikel von Bernd Leitenberger
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