Fort I

Fort I
Ruinen der Eisenbahnbrücke Wesel bei Rheinstrom-km 815
Die von Fort I gesicherte ehemalige Eisenbahnbrücke Wesel
Der Eingang des linksrheinischen Fort I neben der ehemaligen Eisenbahnbrücke Wesel

Die historische Eisenbahnbrücke Wesel wurde in den Jahren 1872 bis 1874 von der Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft (CME) als Teil der Hamburg-Venloer Bahn erbaut. Am 10. März 1945 wurde sie als letzte Rheinbrücke unter deutscher Kontrolle von der Wehrmacht gesprengt. Zeit ihres Bestehens war sie die nördlichste Brücke über den Hauptstrom des Rheins in Deutschland überhaupt, und die Weseler Straßenbrücke anderthalb Kilometer südlich wurde erst 1917 fertiggestellt.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Anlass für die Überbrückung des unteren Niederrheins in Wesel war der Bau der Hamburg-Venloer Bahn von Venlo über Wesel, Haltern (Westf), Münster (Westf) und Bremen nach Hamburg. Die ursprünglich von einem ausländischen Konsortium geplante Linienführung durch das dicht besiedelte Ruhrgebiet mit einer Rheinbrücke bei Duisburg verhinderte der preußische Staat. Er verlangte die Streckenführung über die damalige preußische Festung Wesel und erteilte der CME die erforderliche Konzession für die gesamte Strecke bis Hamburg. Dadurch konnten die in der Festung Wesel stationierten Soldaten die Brücke im Kriegsfall einerseits gegen einen Rheinübergang verteidigen, andererseits als Basis für einen Aufmarsch nach Westen nutzen. Schon in der Planung war dafür ein Belag der Gleiszone mit Bohlen vorgesehen worden, sodass die Brücke auch von anderen Fahrzeugen befahren werden konnte.

Die Brücke

Auf beiden Seiten waren der eigentlichen Strombrücke aus hart gebrannten Ziegelsteinen gemauerte Vorlandbrücken vorgelagert, linksrheinisch 65 mit insgesamt 770 Metern Länge, rechtsrheinisch 32 ebenfalls gemauerte und 6 Stahlbrücken mit zusammen 766 Metern. Dazwischen wurde der Rhein bei Rheinstrom-km 815 mit einer Strombrücke, bestehend aus vier stählernen Einzelteilen von je 104 Metern Länge überspannt. Zur Bauzeit war damit das Bauwerk mit seinen 1950 Metern die längste bis dahin errichtete Rheinbrücke. Die Ziegelsteine wurden während des Baus an Ort und Stelle aus dem bei den Ausschachtungen der Pfeiler gewonnenen Lehm gebrannt. Die außergewöhnliche Dimension des Bauwerks war nicht nur der häufigen Hochwassergefahr wegen gewählt worden, sondern auch, weil das Militär keinen Bahndamm duldete und freie Sicht für die Festung haben wollte.

Am Beginn und Ende der Strombrücke erhielt die Brücke, wie damals bei Rheinbrücken üblich, sogenannte Tambourwerke zur Verteidigung. Auch im Vorland wurden weitere Befestigungsanlagen errichtet. Linksrheinisch entstand hinter dem Deich neben den Gleisen auf Kosten der Cöln-Mindener Eisenbahn das Fort I. Es ist noch vollständig erhalten und befindet sich in Privatbesitz. Rechtsrheinisch lagen an den Weseler Bahnlinien weitere Forts, die die Festung Wesel schützen sollten. Von diesen Festungswerken sind keinerlei Spuren erhalten.

Beiderseits des Rheins errichtete man im Ersten Weltkrieg zur Verteidigung des Brückenkopfes Wesel Betonbunker. Die Bunker wurden 1921 auf Anordnung der Alliierten gesprengt.

Eisenbahngeschichte

Nachdem die Teilstrecke Wesel – Haltern der Paris-Hamburger Bahn bereits am 1. März 1874 eröffnet worden war, fuhr zu Silvester 1874 ohne größere Feierlichkeiten der erste Zug von Wesel nach Venlo über die neue Brücke. Vom 1. Juli 1878 an wurde sie auch von der Boxteler Bahn mitbenutzt, die in Büderich in die Venloer Strecke mündete. Die Hoffnungen der Erbauer in die Nutzung der Strecke Venlo – Haltern erfüllten sich jedoch nicht und es blieb bei einem nebenbahnähnlichen Betrieb. Nur die internationalen Schnellzüge der Boxteler Bahn (NBDS) frequentierten die Brücke bis zum Ersten Weltkrieg stark. Wegen der hohen Baukosten und der geringen Streckennutzung berechnete die Cöln-Mindener Eisenbahn und nach deren Verstaatlichung auch die Preußische Staatseisenbahn für jeden Fahrschein der Brückennutzer einen Aufschlag in Höhe von 11,25 Kilometern. In den Jahren 1926 bis 1927 wurde die Brücke auf den alten Strompfeilern erneuert und dabei den gestiegenen Zuggewichten angepasst.

Linksrheinische Reste der Eisenbahnbrücke Wesel

Zerstörung der Brücke

Bei der Eroberung des linken Niederrheingebiets im Februar/März 1945 durch englische, kanadische und amerikanische Truppen war die Brücke die letzte Rückzugslinie der zurückweichenden Wehrmacht. Als der Brückenkopf Wesel nicht mehr zu halten war, sprengten deutsche Pioniere am 10. März 1945, drei Tage nach Eroberung der Brücke von Remagen durch amerikanische Truppen, diese letzte Rheinbrücke unter deutscher Kontrolle. Die Zerstörungen waren so umfangreich, dass nach dem Krieg wegen der hohen Erneuerungskosten auf einen Wiederaufbau verzichtet wurde, zumal die Brücke nur noch von zwei Nebenbahnen befahren worden war. Erst 1968 wurden die Reste der beiden Strompfeiler, die die Schifffahrt behinderten, beseitigt. Heute werden die rechtsrheinisch erhaltenen Bögen der Vorlandbrücken zur Unterstellung von Segelflugzeugen genutzt. Außerdem ist die Brücke ein Teil der Route der Industriekultur.

Quellen und Literatur

  • Berkel, Alexander: Krieg vor der eigenen Haustür – Rheinübergang und Luftlandung am Niederrhein 1945, Wesel, 1994
  • Dinkelaker, Ulrich: Brückenkopf Wesel, Lünen, 1993
  • Ernst: Die Brückenbauten der Dt. Reichsbahn, in: Reichsbahn 4. Jg. Heft 22, Berlin 1928
  • Freriks, Vincent: Die Bahnstrecke Venlo – Wesel – Haltern in: Eisenbahnen am Niederrhein, Hrsg. im Auftrag der Stadt Wesel, Wesel, 2005.
  • Höpfner, Hans-P.: Eisenbahnen, Ihre Geschichte am Niederrhein, Duisburg, 1986
  • Cöln-Mindener Eisenbahn: Geschäftsberichte 1865 – 1876 und Auszüge aus den Verhandlungen der General-Versammlungen der Aktionäre der Jahre 1869 bis 1879, Köln.
  • London – St. Petersburg, Noord – Brabantsch – Duitsche Spoorweg-Mp. Die Geschichte der Nord-Brabant Deutschen Eisenbahn Boxtel – Gennep – Goch – Wesel. Als CD unter www.boxteler-eisenbahn.de.
  • Krabbe: Die Erneuerung der eisernen Überbauten der Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Wesel. In: Die Bautechnik, 5. Jg. Berlin, 1927
  • Prieur, Jutta: Geschichte der Stadt Wesel, Band 1, Düsseldorf 1991; Band 2, Düsseldorf 1992.

Siehe auch

Weblinks

51.6483333333336.58527777777787Koordinaten: 51° 38′ 54″ N, 6° 35′ 7″ O



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