Frances Ethel Gumm

Frances Ethel Gumm

Judy Garland (* 10. Juni 1922 in Grand Rapids, Minnesota, USA; † 22. Juni 1969 in Chelsea, London; eigentlich Frances Ethel Gumm) war eine US-amerikanische Filmschauspielerin und Sängerin.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Kindheit

Nach Sue (1916) und Virginia (1919) kam Frances Ethel 1922 als drittes Kind von Frank Avant und Ethel Marian Gumm zur Welt. Der Vater führte ein Kino in Grand Rapids, und die Familie trat in den Pausen mit Gesangs- und Tanznummern auf. 1924 verkauften die Gumms ihr Haus und ließen sich in der Hoffnung, in Hollywood vom Film entdeckt zu werden, in Kalifornien nieder. In Lancaster übernahm der Vater erneut ein Filmtheater. 1932 zogen sie nach Los Angeles. Die Gumm Sisters traten in Vaudeville-Shows auf. Star dieser Shows war die jüngste Tochter Frances Ethel. 1933 durften sie auf der Weltausstellung in Chicago auftreten. 1934 änderte Frances ihren Namen in Judy Garland (vermutlich nach dem Schauspielkritiker Robert Garland). Mit sieben Jahren debütierte sie 1929 in dem Film The Big Revue und sang That’s the Good Old Sunny South. Der Film existiert noch und wurde in den 1990er Jahren auf diversen Laser-Discs veröffentlicht.

Karriere

Der Talentsucher Jack Robbins verschaffte ihr einen Vertrag bei MGM. Nach einem Jahr intensiver Ausbildung, während der ihr Vater an spinaler Meningitis verstarb, trat Judy Garland 1936 in ihrem ersten MGM-Film neben Deanna Durbin in Every Sunday auf. Sie spielte sehr selbstsicher und das Studio verzichtete auf die Option, auch Deanna Durbin unter Vertrag zu nehmen. Der erste Film, in dem Garland eine wichtige Rolle spielte, war Broadway Melody of 1938, in dem sie das Gesangsstück Dear Mister Gable interpretierte. Die Mitwirkung in der populären „Andy Hardy“-Filmserie, wo sie an der Seite von Mickey Rooney die Betsy Booth spielte, tat ihrer Popularität keinen Abbruch. Beide traten noch oft gemeinsam auf.

Zu ihrer bekanntesten Rolle wurde jedoch die Dorothy in dem Film Der Zauberer von Oz mit dem Lied Over the Rainbow. Die Verfilmung des Kinderbuchklassikers „Der Zauberer von Oz“ von Lyman Frank Baum aus dem Jahre 1939 ist noch heute einer der bekanntesten Filme der USA. Figuren und Handlungsabläufe sind Bestandteile des US-amerikanischen Allgemeinwissens geworden. Ursprünglich wollte man für die Rolle der Dorothy Shirley Temple engagieren, doch scheiterten die Vertragsverhandlungen mit deren Studio (20th Century Fox). Für ihre Darstellung erhielt Judy Garland den damals noch vergebenen Juvenile Oscar für jugendliche Darsteller.

Nach dem großen Erfolg spielte sie weiterhin in zahlreichen MGM-Musicals. Vor allem Meet Me in St. Louis aus dem Jahre 1944 gilt bis heute als ein herausragendes Beispiel des MGM-Stils, und Judy Garland wurde eine seiner bedeutendsten Interpretinnen.

Jedoch galt die junge Schauspielerin bei Dreharbeiten als äußerst schwierig. Wie später bekannt wurde, bekam sie nach einiger Zeit Drogenprobleme. Sie nahm Aufputsch- und Schlafmittel, je nach Bedarf, was zu dieser Zeit jedoch als unbedenklich angesehen wurde. Es kam wiederholt zu langen Verzögerungen und Skandalen die dafür sorgten, dass sie 1950 aus ihrem Vertrag entlassen wurde. Vorausgegangen war wegen ihrer psychischen Anspannung und ihres bislang unglücklich verlaufenen Privatlebens ein Selbstmordversuch. Ihre Ehe mit Vincente Minnelli stand kurz vor dem Scheitern. Judy Garland erhob im Nachhinein schwere Vorwürfe gegen das Filmstudio MGM und ihre inzwischen verstorbene Mutter, die sie aus finanziellen Interessen rücksichtslos ausgebeutet hätten.

Judy Garland entfernte sich von Hollywood, und es folgte eine schwere, erfolglose Zeit. Sie hatte zwar viele berühmte Freunde, etwa den US-amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, litt jedoch unter chronischem Geldmangel. Schließlich kehrte sie auf Anraten ihres dritten Ehemanns und Managers Sidney Luft auf die Bühne zurück. Mit einer Gesangsshow tourte sie quer durch die USA, wo Menschenmassen sie mit ihren Filmhits feierten. Der Rauswurf bei MGM führte dazu, dass sie als Sängerin noch größere Erfolge feierte als beim Film. Ihre Konzertauftritte von 1951 bis zu ihrem Tode 1969 waren legendär. Sie hat im Laufe ihres Lebens mehr als 1.500 Konzerte gegeben und galt über lange Jahre hinweg als bestbezahlte Bühnenkünstlerin der Welt. Als herausragende Dokumentation ihrer Bühnenkunst gilt das Doppelalbum Judy at Carnegie Hall von 1961. Das Album erreichte den ersten Platz der amerikanischen Popcharts und wurde mit fünf Grammy Awards ausgezeichnet.

1954 kehrte Judy Garland furios auf die Leinwand zurück. George Cukor besetzte sie in der Hauptrolle neben James Mason in Ein neuer Stern am Himmel. Ihr gelang ein Comeback, und sie erhielt für die Rolle der Vicky Lester den Golden Globe als beste Komödien- bzw. Musicaldarstellerin. Im selben Jahr erhielt Garland eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin, musste sich aber Grace Kelly geschlagen geben, die den Filmpreis für ihren Part in George Seatons Melodram Ein Mädchen vom Lande entgegen nahm. Für Garland war die Enttäuschung um den verlorenen Oscar so groß, dass sie nur noch sporadisch in Filmen auftrat, darunter in Stanley Kramers preisgekröntem Drama Das Urteil von Nürnberg (1961), für das sie eine weitere Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin bekam.

Erste große Fernseherfolge feierte Garland bei CBS mit ihren Auftritten in Ford Star Jubilee: The Judy Garland Special (1955) und General Electric Theatre: Judy Garland Musical Special (1956). Ihr CBS-Special The Judy Garland Show (1962, mit Dean Martin und Frank Sinatra) erhielt vier Emmy-Nominierungen. 1963/64 produzierte CBS dann eine gleichnamige wöchentliche Fernsehshow mit 26 Folgen und zahlreichen Stargästen (darunter zweimal ihre Tochter Liza Minnelli), das ihr drei weitere Emmy-Nominierungen einbrachte.

Privatleben

Judy Garland war fünfmal verheiratet, mit David Rose (1941–1945), Vincente Minnelli (1945–1951), Sidney Luft (1952–1965), Mark Herron (1965–1966) und Mickey Deans (1969). Aus der Ehe mit Minnelli stammt Tochter Liza Minnelli; aus der Ehe mit Luft gingen Tochter Lorna Luft und Sohn Joey Luft hervor.

Letzte Jahre und Tod

Die letzten Lebensjahre verbrachte sie vorwiegend in London, wo sie im März 1969 den Nachtclub-Besitzer Mickey Deans heiratete, der noch im selben Monat eine Konzert-Tour durch Skandinavien für Judy arrangierte. Doch die vielen kräftezehrenden Jahre bei MGM, ihre daraus resultierende Abhängigkeit von Aufputsch- und Schlafmitteln sowie eine schwere Hepatitis im Jahre 1959 forderten schließlich ihren Tribut. Am 22. Juni 1969, zwölf Tage nach ihrem 47. Geburtstag, starb sie an einer versehentlich eingenommenen Überdosis Schlafmittel.

Ihre Tochter Liza Minnelli sagte einst über sie: „Sie lebte acht Leben in einem“.

Am 27. Juni 1969 wurde Garland in Hartsdale, New York, beigesetzt.

Vermächtnis

Das American Film Institute kürte Garland auf Platz Acht unter den größten Frauen-Stars aller Zeiten (Greatest Female Stars of All Time) und mehr als zwei Dutzend Biografien wurden seit Ihrem Tod veröffentlicht, darunter auch die Biografie ihrer Tochter Lorna Luft Me and My Shadows: A Family Memoir. Lufts Memoiren wurden später in der Mini-TV-Serie Life with Judy Garland: Me and My Shadows verfilmt. Zur Zeit wird in Hollywood an einer weiteren Verfilmung und einem Theaterstück ihres Lebens unter dem Titel Get Happy: The Life of Judy Garland auf Basis einer Biografie von Gerald Clark gearbeitet. Anne Hathaway wird dabei sowohl im Film als auch im Bühnenstück die Hauptrolle spielen.

Judy Garland wurde 1997 postum mit dem Grammy Lifetime Achievement Award ausgezeichnet, und viele ihrer Aufnahmen wurden in der Grammy Hall of Fame aufgenommen. Dazu gehört auch der Titel Over the Rainbow, Have Yourself a Merry Little Christmas, Get Happy, The Trolley Song und The Man That Got Away. Garland wurde in den USA bereits zweimal auf einer Briefmarke verewigt, 1989 als Dorothy aus The Wizard of Oz und 2006 als Vicki Lester aus A Star is Born.

Die Bedeutung Judy Garlands für die Schwulenszene

Garland war bis zu ihrem Tode eine Ikone der schwulen Camp-Kultur[1] und hatte schon immer eine große Anzahl an Fans in der Gay Community. Während einer Pressekonferenz in den 1960ern fragte ein Reporter Garland, ob sie sich ihrer loyalen schwulen Gefolgschaft bewusst sei. „Mir ist das sowas von egal,“ antwortete sie, „ich singe für Menschen.“[2]

Fünf Tage nach ihrem Tod, am Abend ihrer Beerdigung, wehrten sich Schwule erstmals im Stonewall Inn, einer Schwulenkneipe in Greenwich Village, gegen die Routinekontrollen der Polizei. Dieser durchaus unorganisierte Aufstand wurde weithin sichtbar und bildete den Ausgangspunkt für ein beschleunigtes Anwachsen der Lesben- und Schwulenbewegung und das Entstehen des internationalen Christopher Street Day.[3]

Obwohl Garlands Tod vor allem in der amerikanischen Community oft als ein Auslöser für dieses Schlüsselereignis angesehen wird, dürfte der zeitliche Zusammenhang nur Zufall sein (siehe auch: Friends of Dorothy). Dennoch wurden Garlands Tod, ihr Begräbnis und die Verknüpfungen zu Stonewall ein Teil der amerikanischen LGBT-Geschichte und Überlieferung. [4]

Als Rufus Wainwright in New York mit dem gleichen Programm wie Garland 45 Jahre zuvor auftrat, beschrieb er das Ereignis als „der schwulste Moment meines Lebens“.[5]

Filmografie

  • The Big Revue (1929)
  • A History In Storyland (1929)
  • The Wedding Of Jack And Jill (1929)
  • Bubbles (1929)
  • La Fiesta De Santa Barbara (1935)
  • Every Sunday (1936)
  • Pigskin Parade (Der springende Punkt) (1936)
  • Broadway Melody of 1938 (1937)
  • Thoroughbreds Don't Cry (1937)
  • Everybody Sing (1938)
  • Love Finds Andy Hardy (1938)
  • Listen, Darling (1938)
  • The Wizard of Oz (Der Zauberer von Oz) (1939)
  • Babes in Arms (1939)
  • Andy Hardy Meets Debutante (1940)
  • Strike Up the Band (1940)
  • Little Nellie Kelly (1940)
  • Ziegfeld Girl (Mädchen im Rampenlicht) (1941)
  • Life Begins for Andy Hardy (1941)
  • Babes On Broadway (1941)
  • For Me and My Gal (1942)
  • Presenting Lily Mars (1943)
  • Thousands Cheer (1943)
  • Girl Crazy (1943)
  • Meet Me in St. Louis (1944)
  • The Clock (1945)
  • The Harvey Girls (1946)
  • Ziegfeld Follies (1946)
  • Till the Clouds Roll by (1946)
  • The Pirate (Der Pirat) (1948)
  • Easter Parade (Osterspaziergang) (1948)
  • Words and Music (1948)
  • In the Good Old Summertime (1949)
  • Summer Stock (1950)
  • A Star Is Born (Ein neuer Stern am Himmel) (1954)
  • Pepe (Pepe, was kann die Welt schon kosten) (1960)
  • Judgement at Nuremberg (Das Urteil von Nürnberg) (1961)
  • Gay Purr-ee (1962)
  • A Child is Waiting (Ein Kind wartet) (1963)
  • I Could Go on Singing (aka The Lonley Stage) (Bretter, die die Welt bedeuten) (1963)

Eigene Fernsehshows (Auswahl)

  • Ford Star Jubilee: The Judy Garland Special (1955)
  • General Electric Theatre: The Judy Garland Musical Special (1956)
  • The Judy Garland Show (Special, 1962)
  • The Judy Garland Show (Serie, 1963/64, 26 Folgen)

Literatur

  • Christopher Finch: Rainbow. The Stormy Life of Judy Garland. Grosset & Dunlap, New York City 1975, 255 S., ISBN 0-448-11731-2 oder ISBN 0-448-12142-5
  • John Fricke: Judy Garland. World's Greatest Entertainer. MJF Books, New York City 1997, ISBN 1-56731-204-7
  • James Juneau: Judy Garland: Ihre Filme, ihr Leben. Heyne, München 1984, ISBN 3-453-86014-4
  • Scott Schechter: The Day-By-Day Chronicle Of A Legend. Cooper Square Press, New York City 2002, ISBN 0-8154-1205-3


Weblinks

Quellen

  1. Haggerty, George E., Gay Histories and Cultures, 2000, Garland, ISBN 0-8153-1880-4
  2. Braun, Eric, Frightening the Horses: Gay Icons of the Cinema, 2002, Reynolds & Hearn, ISBN 1-903111-10-2
  3. History of Gay and Lesbian Pride Month, 16. Juni 2006, National Women's History Project
  4. David Bianco: Stonewall Riots, 1995-2006, PlanetOut
  5. Arndt Breitfeld: Wainwright singt Garland – „Der schwulste Moment meines Lebens“, 15. Juni 2006 in spiegel.de



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