Francisc Iosif I

Francisc Iosif I
Franz Joseph 1885

Franz Joseph I. (* 18. August 1830 in Wien-Schönbrunn; † 21. November 1916 ebenda) aus dem Haus Habsburg-Lothringen war 1848-1916 Kaiser von Österreich sowie Apostolischer König von Ungarn 1848-1916.

Sein Name in den anderen Amtssprachen der Donaumonarchie lautet: Francesco Giuseppe I italienisch, František Josef I. tschechisch, I. Ferenc József ungarisch, František Jozef I slowakisch, Franciszek Józef I. polnisch, Franjo Josip I. kroatisch, Franc Jožef I. slowenisch, Фрањо Јосиф I serbisch, Francisc Iosif I rumänisch, Франц Йосиф I (ruthenisch/ukrainisch)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wappen Kaiser Franz Josephs mit dem Wappenspruch Viribus Unitis – Mit vereinten Kräften

Franz Joseph Karl von Habsburg wurde am 18. August 1830 als Sohn von Erzherzog Franz Karl, dem jüngeren Sohn von Kaiser Franz I., und Prinzessin Sophie von Bayern in Wien geboren.

Nach der Niederschlagung der Märzrevolution und der anderen Revolutionen von 1848 waren große politische Veränderungen erforderlich, die Monarchie sollte ein neues Gesicht erhalten. Daher entsagte sein Onkel Ferdinand I., der aus Krankheitsgründen die Regierung einer Staatskonferenz überlassen hatte, am 2. Dezember 1848 dem Thron. Erzherzog Franz Karl, Franz Josephs Vater, verzichtete, wie im Familienrat vereinbart, auf die Thronfolge.

Franz Joseph I. wurde daher bereits mit 18 Jahren neuer Kaiser von Österreich. Von Anfang an sah er seine Hauptaufgabe darin, eine weitere Revolution zu verhindern, und stützte sich dabei hauptsächlich auf das Militär (Armee, Kriegsmarine) und die römisch-katholische Kirche. Kaum eine Darstellung zeigt ihn anders als in der Uniform des Obersten Kriegsherrn. Der erzkonservative „rothosige Leutnant“, wie er von Kritikern bezeichnet wurde, war in seinen ersten Regierungsjahren keineswegs beliebt.

Franz Joseph I. in jungen Jahren. Gemälde von Franz Xaver Winterhalter
Kaiserin Elisabeth von Österreich. Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, 1865

1853 überlebte Franz Joseph ein Attentat, sein jüngerer Bruder Ferdinand Maximilian von Österreich organisierte anlässlich seiner Errettung eine Kollekte und von diesem Geld wurde dann die Votivkirche am Wiener Schottenring errichtet.[1]

In diesem Jahr lernte er in seiner Sommerresidenz in Ischl seine erst 15-jährige Cousine Elisabeth („Sisi“) kennen. Elisabeth war die zweite Tochter von Herzog Max Joseph in Bayern und Ludovika Wilhelmine, Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. und Schwester von Franz Josephs Mutter Sophie. Eigentlich war zwischen den Müttern vereinbart, dass Elisabeths ältere Schwester Helene die Braut des 23-jährigen Franz Joseph I. werden sollte. Statt dessen verliebte sich Franz Joseph in Elisabeth, die er am 24. April 1854 in der Augustinerkirche in Wien heiratete. In der Folge stand der junge Kaiser, was sein Familienleben betraf, unter dem Einfluss seiner Gattin und seiner dominanten Mutter.

In kurzer Zeit kamen drei Kinder zur Welt: Sophie (1855–1857), Gisela (1856–1932) und Kronprinz Rudolf (1858–1889). Franz Josephs Mutter wollte Elisabeth von der Erziehung ihrer ersten drei Kinder fernhalten; im daraus entstandenen Konflikt setzte sich Sisi durch. 1868 wurde ihr viertes Kind Marie-Valerie (1868–1924) geboren.

1866/1867 half Kaiserin Elisabeth Franz Joseph I. durch ihre sehr guten persönlichen Beziehungen zu Mitgliedern der ungarischen Hocharistokratie, den zur Befriedung der Monarchie dringend nötigen Ausgleich mit Ungarn zustande zu bringen. Hierauf wurde I. Ferenc József 1867 in Budapest feierlich zum König gekrönt.

1879 wurde die Silberhochzeit des Kaiserpaars mit dem vom Maler Hans Makart gestalteten Festzug über die Wiener Ringstraße gefeiert.

Kaiser Franz Joseph hielt den Kronprinzen Rudolf von allen Staatsgeschäften fern. Nachdem Rudolf seine streng militärisch geprägte private Ausbildung – nach mehreren Interventionen seiner Mutter Elisabeth beim Kaiser – abbrechen durfte, widmete er sich naturwissenschaftlichen Studien und arbeitete an Brehms Tierleben mit. Er war auch als Journalist in der liberalen Presse tätig, natürlich anonym und ohne Wissen seines Vaters. Auf Druck des Kaisers heiratete er 1881 Prinzessin Stephanie, Tochter des belgischen Königs Leopold II.. Der Ehe entstammte eine Tochter, Elisabeth, geboren 1883. Kronprinz Rudolf starb am 30. Jänner 1889 durch Suizid. Kaiserin Elisabeth starb am 10. September 1898 in Genf, ermordet von dem italienischen Anarchisten Luigi Lucheni.

Das Recht der Thronfolge ging nach dem Tod Rudolfs und des Kaiserbruders Erzherzog Karl Ludwig im Jahre 1896 auf dessen Sohn und Franz Josephs Neffen, Erzherzog Franz Ferdinand über. Franz Josephs anderer Bruder, (Maximilian, glückloser Kaiser von Mexiko), war dort 1867 erschossen worden. Franz Ferdinands Kinder waren jedoch nicht thronfolgeberechtigt, da er 1900 Gräfin Sophie Chotek (später von Franz Joseph zur Herzogin von Hohenberg erhöht) geheiratet hatte, die zwar dem tschechischen Uradel entstammte, aber dem Kaiserhaus nicht ebenbürtig war.

Das 60-Jahre-Jubiläum des Regierungsantritts Franz Josephs wurde im Jahre 1908 in Österreich gefeiert; in Wien fand – obwohl der Monarch davon nicht viel hielt – ein Kaiserjubiläumsfestzug auf der Ringstraße statt. Kaiser Wilhelm II. und sämtliche deutschen Monarchen besuchten Franz Joseph in Wien. Das offizielle Ungarn beteiligte sich nicht an den Feiern: Für die Ungarn war Franz Joseph erst seit seiner Krönung 1867 legitimer Monarch.

Sarkophage von Franz Joseph I., seiner Frau Elisabeth und seinem Sohn Rudolf in der Krypta der Kapuzinerkirche in Wien.

Am 28. Juni 1914 erlebte der Kaiser den gewaltsamen Tod seines Thronfolgers Franz Ferdinand. In Sarajevo wurden der Thronfolger und seine Frau in ihrem Automobil von dem serbischen Anarchisten Gavrilo Princip erschossen. Franz Joseph zeigte wenig Mitgefühl und kommentierte den Doppelmord laut einem Ohrenzeugen folgendermaßen: Der Allmächtige lässt sich nicht herausfordern. Eine höhere Gewalt hat wieder jene Ordnung hergestellt, die ich leider nicht zu erhalten vermochte[2]. Er meinte damit, dass er die morganatische Ehe seines Neffen nicht hatte verhindern können - dass die Nachkommen Franz Ferdinands womöglich auf den Thron gekommen wären, war eine große Sorge für ihn.

Für einige österreichische (man sprach von der Wiener Kriegspartei) und ungarische Politiker war das Attentat aber der Anlass, den seit Jahren angestrebten Krieg gegen Serbien endlich auszulösen. Dem 84-jährigen Kaiser konnten sie einreden, dass der Tod seines ungeliebten Neffen die Ehre der Monarchie beschmutzt habe und sich Österreich-Ungarn gegen den kleinen, aber unberechenbaren Nachbarn wenden müsse. Das vom Kaiser genehmigte Ultimatum an das Königreich Serbien zur Auslieferung der Hintermänner des Attentats und die darauf folgende Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien lösten am 28. Juli 1914 den „großen Krieg” (später Erster Weltkrieg genannt) aus.

Franz Joseph I. führte wegen seines hohen Alters den Oberbefehl über die k.u.k. bewaffnete Macht nicht selbst, sondern bestimmte Erzherzog Friedrich zum Armeeoberkommandanten.

Zwei Jahre später verstarb der 86-jährige Franz Joseph I. mitten im Krieg am 21. November 1916. Die Begräbnisfeierlichkeiten waren der letzte große Auftritt der Donaumonarchie, die vom Kaiser zusammengehalten worden war. Sein Nachfolger Karl I. regierte nur noch zwei Jahre; 1918, am Ende des Weltkrieges, zerfiel die Monarchie.

Die Literatur über Franz Joseph I. nennt drei nichtadelige Frauen, zu denen er engere Beziehungen unterhielt: Theresia Pointinger, Anna Nahowski und Katharina Schratt.

Politik

Innenpolitik

Die nach der Regierungsübernahme von Kaiser Franz Joseph I. (im Revolutionsjahr 1848) am 4. März 1849 erlassene Reichsverfassung (Oktroyierte Märzverfassung) wurde nie voll umgesetzt und am 31. Dezember 1851 mit den Silvesterpatenten wieder abgeschafft. Von nun an regierte der junge Kaiser wieder absolutistisch und entschieden zentralistisch. Erst die Niederlage 1859 gegen Napoléon III. von Frankreich und die Truppen Piemont-Sardiniens in der blutigen Schlacht von Solferino und Magenta, bei der Franz Joseph selbst den Oberbefehl übernommen hatte, ließ Verfassungsreformen unausweichlich werden: Der Kaiser erließ 1860 das Oktoberdiplom und 1861 das Februarpatent, die die Rückkehr zu konstitutionellen Verhältnissen einleiteten, obwohl er selbst wenig davon hielt.

Die Niederlage gegen Preußen im Deutschen Krieg 1866 reduzierte den realisierbaren Machtanspruch des Kaisers neuerlich und machte Zugeständnisse an die ungarische Aristokratie, die gegenüber dem Zentralstaat in passiver Resistenz verharrte, unausweichlich. Nach zähem Ringen kam es zum Österreichisch-Ungarischen Ausgleich, durch den eine Realunion der beiden Reichsteile entstand.

Am 8. Juni 1867 wurde Franz Joseph in Budapest zum Apostolischen König von Ungarn gekrönt, wobei der Doppelstaat Österreich-Ungarn entstand. Die nicht-ungarischen (cisleithanischen, das heißt diesseits des Flusses Leitha liegenden) Länder erzielten am 21. Dezember 1867 eine konstitutionelle Verfassung (Dezemberverfassung).

An dieser Verfassung hielt Franz Joseph bis zu seinem Tod fest, – alle Reformpläne (auch die seines designierten Nachfolgers Franz Ferdinand) lehnte er ab. Auch im Reichsrat, dem österreichischen Parlament, und im ungarischen Reichstag kam es auf Grund der widerstreitenden Interessen der Nationalitäten nicht zu einem grundlegenden Reformprojekt. Diese Reformunfähigkeit von Monarch und Parlamenten gab den Unabhängigkeitsbestrebungen der Völkerschaften Österreich-Ungarns neue Nahrung und führte schließlich nach seinem Tod und nach dem verlorenen Krieg zum Zerfall des Vielvölkerstaates.

Außenpolitik

Außenpolitisch gab es während der Regierungszeit Kaiser Franz Josephs I. eine Serie kleiner Siege und große militärische Niederlagen. Nach dem „Hinausschmiss“ aus Deutschland und Italien wandte sich die Monarchie Südosteuropa zu und versuchte, dort ihre Einflusssphäre zu vergrößern. Die daraus entstehenden Probleme führten letztlich zum Ersten Weltkrieg.

Russland hatte Österreich beim Kampf gegen die ungarische Revolution 1848 durch sein militärisches Eingreifen den Sieg ermöglicht. Russland war daher enttäuscht, als sich Österreich im Krimkrieg 1854 neutral erklärte. Später kollidierten die Interessen der beiden Großmächte auch auf dem Balkan.

Im italienischen Krieg gegen Napoléon III. und Sardinien-Piemont wurde die k.k. Armee 1859 aus der Lombardei vertrieben. Nach der Niederlage im Deutschen Krieg 1866 verlor Österreich auch Venetien und schied aus der gesamtdeutschen Politik aus, Bismarck realisierte die „kleindeutsche Lösung“. Militärische Leistungen wie Tegetthoffs Sieg in der Seeschlacht von Lissa blieben bedeutungslos.

Beim Berliner Kongress erhielt Österreich-Ungarn 1878 das Mandat, die beiden osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina zu besetzen und zu verwalten. Formal blieben sie Bestandteile des Osmanischen Reiches. Da sich Österreich und Ungarn nicht darauf einigen konnten, welchem Reichsteil die Provinzen angegliedert werden sollten, wurde die Verwaltung vom k.u.k. Reichsfinanzministerium (einem der drei gemeinsamen Ministerien beider Reichshälften) übernommen.

Nach 1879 lehnte sich die Habsburger Monarchie eng an das 1871 neu gegründete Deutsche Kaiserreich an, wodurch sie zwar einen mächtigen Verbündeten (etwa in Balkanfragen) bekam, gleichzeitig aber in die kommenden Bündnissysteme verstrickt wurde. Österreich-Ungarn bildete mit dem Deutschen Reich den Zweibund, der nach dem Beitritt Italiens Dreibund genannt wurde. Ihm stand später die Entente gegenüber.

1908 wurden Bosnien und die Herzegowina auch formal annektiert; daraus entstand die Bosnische Annexionskrise, da Österreich-Ungarn zuvor nicht das Einvernehmen mit anderen europäischen Mächten hergestellt hatte. Es wurde klar, mit wie wenigen Verbündeten die Donaumonarchie im Ernstfall zu rechnen haben würde.

Die politischen Interessenskonflikte auf dem Balkan und die Automatismen der Bündnispolitik brachten 1914 das Verhängnis eines europäischen Großkrieges, der sich zum Ersten Weltkrieg ausdehnte. Ohne den Krieg persönlich aktiv betrieben zu haben, folgte der 84-jährige Kaiser in der Julikrise doch seinen kriegsfreudigen Spitzenpolitikern und -militärs. Sein Brief vom 2. Juli an Kaiser Wilhelm stellte klar: Das Bestreben meiner Regierung muß in Hinkunft auf die Isolierung und Verkleinerung Serbiens gerichtet sein. Serbien, der Angelpunkt der panslawistischen Politik, sollte als politischer Machtfaktor am Balkan ausgeschaltet werden.[3] Franz Joseph genehmigte das Ultimatum an Serbien und entschied sich damit für den Krieg. Als der k.u.k. Finanzminister Leon Biliński ihn nochmals warnte, das Ultimatum werde einen europäischen Krieg verursachen, antwortete der Kaiser: Gewiß, Rußland kann diese Note unmöglich akzeptieren.[4] Er gehörte damit zu den Staatsmännern, die wesentlichen Anteil an der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ hatten.

Wilhelm II. und das Deutsche Reich standen zum Verbündeten, Italien erklärte sich als neutral, weil Österreich-Ungarn nicht angegriffen worden sei. Italien richtete sodann diverse Gebietsforderungen (Trentino, Triest, Küstenland) an die Monarchie. 1915 wurde Italien Mitglied der Entente, die dem Land auf Kosten Österreich-Ungarns Kriegsbeute versprach.

Als Franz Joseph I. 1916 starb, war der Krieg noch unentschieden. In der Entente und den 1917 in den Krieg eingetretenen USA wurde die Auflösung (Zerschlagung) Österreich-Ungarns zum Kriegsziel.

Kultur und Wirtschaft

Besonders der wirtschaftliche Aufschwung der Donaumonarchie ist mit der Ära Franz Josephs I. verbunden, dessen Name nach wie vor auf vielen Wiener Prachtbauten aus dieser Zeit als Inschrift zu lesen ist. Nach der Schleifung der mittelalterlichen Stadtbefestigungen Wiens auf Anordnung des Kaisers war Platz für eine die gesamte Innenstadt umfassende Prachtstraße, der Ringstraße geworden, die heute noch lebendiges Zeugnis seiner Epoche ist.

Unter seiner Regentschaft blühte die Geisteskultur in Österreich-Ungarn wie nie zuvor und nie danach, ohne dass der Monarch freilich – im Gegensatz zu seinem Sohn Kronprinz Rudolf – aktiv an diesen kulturellen und intellektuellen Strömungen, die ihm völlig fremd blieben, Anteil genommen hätte.

Der Suizid des Architekten Van der Nüll, Miterbauer der Wiener Oper, angeblich als Reaktion auf eine Kritik des Kaisers, veranlasste Franz Joseph, zu kulturellen Angelegenheiten nur noch sehr zurückhaltend Stellung zu nehmen. Es heißt, der Kaiser habe sich bei allen möglichen kulturellen Anlässen nur noch mit der stereotypen Phrase: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“ geäußert.

Die Zurückhaltung des Kaisers erlaubte es dem Architekten Adolf Loos, genau gegenüber dem barocken inneren Burgtor der kaiserlichen Hofburg im Jahre 1910 sein umstrittenes erstes schmuck- und ornamentloses Wohnhaus zu bauen. Franz Joseph soll die Hofburg seit damals stets durch andere Tore verlassen haben.

Der Kaiser und der Film

Obwohl Kaiser Franz Joseph technischen Neuerungen grundsätzlich skeptisch bis ablehnend gegenüberstand, hatte er vom Film eine positive Meinung – wohl in Anerkennung des großen Werbe- und Propagandapotentials dieses vor allem unter der einfachen Bevölkerung besonders beliebten Mediums. So ließ er sich häufig – vorerst jedoch nur von französischen Operateuren – bei seinen Aktivitäten filmen: Etwa bei den „Kaisermanövern“ mit seinem reichsdeutschen Pendant Kaiser Wilhelm in Mähren 1909, bei der Gamsjagd im selben Jahr in Bad Ischl, bei der Hochzeit von Thronfolger Karl 1911 in Schwarzau, oder auch an der Adria-Ausstellung 1913 in Wien.

1911 berichtete die Kinematographische Rundschau über ein Vorkommnis bei einer Rede des Kaisers an seinem 81. Geburtstag, an der auch ein Operateur der Oesterreichisch-Ungarischen Kinoindustrie, wie die Wiener Kunstfilm-Industrie damals noch hieß, anwesend war. Er stellte seinen Aufnahmeapparat nahe an den Kaiser, wurde jedoch von einem Mann des Gefolges aufgrund des Knarrens des Apparates aufgefordert, während der Rede des Kaisers nicht zu filmen. „Kaiser Franz Joseph hörte es, faßte den Herrn des Gefolges beim Arm und sagte, so daß es der Operateur hören konnte: ‚Lassen Sie den Mann nur seine Arbeit verrichten, mich stört es nicht!‘ Der Operateur drehte weiter, und als der Kaiser geschlossen, winkte er dem Kinematographen freundlich zu.“

Als der Kaiser 1916 starb, entstand der letzte große „Hofbericht“ aus der Monarchie. Sascha Kolowrat-Krakowsky filmte das Begräbnis für die Wiener Kinos.

1993 stellte das Österreichische Filmarchiv unter dem Titel „k.u.k.: Kaiser und Kinematographie“ eine 3-stündige Aneinanderreihung sämtlicher Aufnahmen von Kaiser Franz Joseph zusammen. Darunter auch Aufnahmen von seiner „Reise durch Bosnien und die Herzegowina“ im Jahr 1910, wo unter anderem christliche und muslimische Kinder gemeinsam beim friedlichen Vorbeigehen an einem Aufnahmeort zu sehen sind.

Historische Einschätzung und Legendenbildung

Kaiser Franz Joseph ist bis heute in der Geschichtsschreibung eine äußerst zwiespältige Figur. In seiner Anfangszeit nach der Revolution von 1848 unpopulär bis zur Verhasstheit, wurde er (nicht zuletzt in Ungarn) mit dem repressiven Säbelregiment des Nachmärz assoziiert. Die gesellschaftlichen und geistigen Entwicklungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gingen an ihm vorbei (letzteres in auffälligem Kontrast zu seinen kunstinteressierten Vorfahren) und die liberalen Reformen nach 1859 geschahen gegen seine innere Überzeugung. Er stand zuletzt nur noch für das, was man die Politik des Fortwurstelns nannte. Der Wirtschaftsfachmann Ernest von Koerber, Ministerpräsident 1900–1904, formulierte seine Einschätzung so: Der Kaiser hat Österreich zweimal unendlich geschadet – einmal durch seine Jugend und einmal durch sein Alter. Umstritten ist auch seine Rolle bei der Auslösung des Ersten Weltkrieges - inwieweit er die Tragweite seiner Unterschrift unter die Kriegserklärung überblickt hat, ist völlig unklar.

Dagegen wurde der Kaiser schon zu Lebzeiten zu einer teilweise mit nostalgischem Flair umwobenen Figur (wie später, 1932, etwa bei Joseph Roth in seinem Roman Radetzkymarsch) („Österreich-Ungarn, das ist jenes Stück Erde, das der liebe Gott Kaiser Franz-Joseph anvertraut hat“) , nicht zuletzt auch wegen der Beziehung zu seiner Frau Elisabeth (bekannter unter ihrem Kosenamen Sisi, im Film „Sissi“ genannt) und dem Briefwechsel mit der Schauspielerin Katharina Schratt, mit der er schon zu Lebzeiten seiner Frau eine lange Beziehung pflegte – übrigens auf Elisabeths Initiative hin. Seine Schicksalsschläge (1867 Hinrichtung seines Bruders Maximilian in Mexiko, 1889 Suizid seines Sohnes Kronprinz Rudolf, 1898 Ermordung seiner Frau Elisabeth, 1914 die Ermordung seines Neffen und Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau beim Attentat von Sarajewo) ließen ihn in den Augen seiner Untertanen als einen Mann erscheinen, der stoisch ein schweres Schicksal trug. „Mir bleibt auch nichts erspart!“ soll der Kaiser nach dem Bekanntwerden des Attentats auf seine Frau, Kaiserin Elisabeth, gesagt haben. In den letzten Jahren seiner Herrschaft wurde er, auch aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes, mehr und mehr als gütiger älterer Herr gesehen. Dieses Bild wird heute am häufigsten mit seiner Person in Verbindung gebracht. Gegenüber den nach 1900 überbordenden Nationalitätenkonflikten wirkte er als eine Instanz der Bewahrung und des Zusammenhalts.

Franz Joseph I., Elisabeth sowie die drei Kinder Rudolf, Marie Valerie und Gisela (von links nach rechts) am Schloss Gödöllő

Nachkommen

Sozialhistorische Wahrnehmung

Die Gesellschaftspyramide gipfelte in der sozialen Rolle des Kaisers als sakrosankter, fast religiös überhöhter Spitze. „Der höchste Beamte war Gott. Gott aber war eine unsichtbare Instanz, zu der nur ein indirekter Dienstweg ... beschreitbar war. Gott trug weder eine Zivildienst- noch eine Militäruniform. Seine k.u.k. Apostolische Majestät, der Kaiser in Wien, trug als nächster im Range eine Generalsuniform mit Eichenlaub am Kragen, wodurch er sich von der anderen Generalität unterschied. Vom Kaiser ging die Leiter ununterbrochen abwärts ...“ (Franz Werfel, Abituriententag)

Die Ausbildung hierarchischer Strukturen wird sozialpsychologisch teilweise mit der These erklärt, dass ein Kind, nachdem es erkannt hat, „wie beschränkt tatsächlich die Allmacht des Vaters ist,“ oft nicht anders kann, als sich „immer wieder einen neuen Vater zu suchen: Im Lehrer, im Pfarrer, im Bürgermeister, in Königen und Kaisern. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit wird das Vaterbild auf mehrere Personen aufgeteilt, wobei die furchterregenden Eigenschaften in einer den Erziehern wohlbekannten und den meisten erwünschten Wahl auf den Polizeimann, Flurwächter und sonstige Amtspersonen übertragen werden.“ Kaiser Franz Joseph war das Bindeglied zwischen der aus der christlichen Trinität stammenden göttlichen Vatergestalt und den menschlichen Vätern: „Gott und Kaiser haben die besondere Stellung in der Vaterreihe gemeinsam, dass man ihnen anhängt, ohne sich mit ihnen zu messen und ihre Höhe erreichen zu wollen ... Das Kind hat das Verlangen, von einem ... Wesen abzuhängen, dessen Größe, Macht und Wissen ihm absolute Sicherheit und Schutz gewähren. Der Wunsch nach einem solchen Vater lässt eben den wirklichen Vater fallen und bleibt als Bedingung für die Wahl der Vatergestalten. Er schafft die Intensität der Verehrung und Abhängigkeit für die späteren Autoritäten, als letztes irdisches Abbild, für den König und Kaiser. Der Sicherheitsgewinn der uralten Wunscherfüllung, die in der tiefsten Seele das Paradies der Kindheit mit seinem unvergleichlichen Vater bewahrte, erhielt sich trotz der Kritik des Verstandes.“ (Paul Federn, Zur Psychologie der Revolution)

In der Gesellschaft zählte, wie unter anderem Stefan Zweig anschaulich berichtet, der ältere, reife Mann, weniger der jugendliche. Das Greisenhafte des alten Kaisers verstärkte die mythische Weihe seiner Patriarchenrolle. „Vom Alter zu Boden gedrückt und des nahen Endes bewußt, verschlossen in seiner Einsamkeit ... scheint der Kaiser ... die heroische Mediocritas zu verkörpern.“ (Claudio Magris, Der Habsburgische Mythos)

Die gesellschaftlich institutionalisierte Vaterrolle des Kaisers wurde durch individuelle Züge höchst wirksam ergänzt. Franz Joseph präsentierte sich als statische, leidgeprüfte Gestalt, die „mit der zwangsneurotischen Pedanterie einer Maschine“ am Schreibtisch saß, Akten studierte und unterschrieb, meint Erwin Ringel. „Der Mann wurde schon in der Kindheit durch seine Mutter und die Erziehung vernichtet, hat dann 68 Jahre regiert, (und) hat in dieser überlangen Zeit keine einzige konstruktive Idee gehabt ... “ Diese Diagnose resultiert aus des Kaisers Pessimismus und dem Wissen um die eigene Erfolglosigkeit, jedoch gepaart mit Pflichterfüllung bis zuletzt und dem Wunsch, mit Ehren zugrunde zu gehen, ferner der „Scheu vor Entscheidungen, Reformen und Veränderungen.“ Drang nicht manches davon auch in die Verwaltung ein, die zwar tüchtig administrierte, aber vor allem in der Spätzeit der Epoche die Verwaltungsmaschinerie ohne élan vital, ohne wirkliche Zukunftsperspektiven dahinwerkeln ließ?

„Wie war er? War er dumm? War er gescheit?
Wie fühlt' er? Hat es wirklich ihn gefreut?
War er ein Körper? War er nur ein Kleid?
War eine Seele in dem Staatsgewand?
Formte das Land ihn? Formte er das Land?
Wer, der ihn kannte, hat ihn auch gekannt?
Trug ein Gesicht er oder einen Bart?
Von wannen kam er und von welcher Art?
Blieb nichts ihm, nur das Wesen selbst erspart?
War die Figur er oder nur das Bild?
War er so grausam, wie er altersmild?
Zählt' er Gefallene wie frisches Wild?
Hat er's erwogen oder frisch gewagt?
Hat er auch sich, nicht nur die Welt geplagt?
Wollt' er die Handlung oder bloß den Akt?
Wollt' er den Krieg? Wollt' eigentlich er nur
Soldaten, und von diesen die Montur,
Von der den Knopf nur? Hat er eine Spur
Von Tod und Liebe und vom Menschenleid?
Nie prägte mächtiger in ihre Zeit
Jemals ihr Bild die Unpersönlichkeit. “

Karl Kraus: Fackel 551, 18; 1920

Verwandte Themen

Literatur

  • Anton Graf Bossi-Fedrigotti: Kaiser Franz Joseph I. und seine Zeit. Ringier, Zürich 1978, ISBN 3-85859-087-8.
  • Franz Herre: Kaiser Franz Joseph von Österreich. Sein Leben - seine Zeit. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1992, ISBN 3-462-02197-4.
  • Jean-Paul Bled: Franz Joseph. Der letzte Monarch der alten Schule. Böhlau, Wien 1988, ISBN 3-205-05117-3.
  • Alan Palmer: Franz Joseph I. Kaiser von Österreich und König von Ungarn. List, München 1995, ISBN 3-471-78431-4.
  • Gabriele Praschl-Bichler (Hrsg.): Das Familienalbum von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth. Ueberreuter, Wien 1995, ISBN 3-8000-3578-2.
  • Eberhard Straub: Drei letzte Kaiser. Siedler, Berlin 1998, ISBN 3-88680-565-4.
  • Christian Dickinger: Franz Joseph I. Die Entmythisierung. Ueberreuter, Wien 2002, ISBN 3-8000-3858-7.
  • Friedrich Weissensteiner: Die österreichischen Kaiser. Franz I., Ferdinand I., Franz Joseph I., Karl I.. Ueberreuter, Wien 2003, ISBN 3-8000-3913-3.
  • John van der Kiste: Franz Josef I. Kaiser von Österreich. Magnus-Verlag, Essen 2005, ISBN 3-88400-437-9.
  • Katrin Unterreiner: Kaiser Franz Joseph 1830-1916. Mythos und Wahrheit. Brandstätter, Wien 2006, ISBN 3-902510-43-9.
  • Martina Winkelhofer: Viribus unitis. Der Kaiser und sein Hof. Ein neues Franz Joseph Bild. Amalthea Signum, Wien 2008, ISBN 978-3-85002-650-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Konrad Kramar, Petra Stuiber Die schrulligen Habsburger - Marotten und Allüren eines Kaiserhauses, Ueberreuter,ISBN 3-8000-3742-4
  2. Albert Freiherr von Margutti: Vom alten Kaiser, Leipzig & Wien 1921 S. 147f., zitiert nach Erika Bestenreiter: Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg, München (Piper), 2004, S. 247
  3. Imanuel Geiss (Hrsg.): Julikrise und Kriegsausbruch. Eine Dokumentensammlung. Hannover 1963, Band 1: S. 63f. (Nr.9); und Ludwig Bittner, Hans Uebersberger (Hrsg.): Österreich-Ungarns Außenpolitik von der bosnischen Krise 1908 bis zum Kriegsausbruch 1914. Diplomatische Aktenstücke des österreichisch-ungarischen Ministeriums des Äußeren. Wien/Leipzig 1930, Band 8: S. 250 ff. (Nr.9984).
  4. Alan Sked: Der Fall des Hauses Habsburg. Der unzeitige Tod eines Kaiserreichs. Verlag Siedler, Berlin 1993, ISBN 3-88680-409-7, S. 299.
Vorgänger Amt Nachfolger
Ferdinand I. Kaiser von Österreich
1848–1916
Karl I.
Erzherzog von Österreich
1830–1916
Karl III.
Ferdinand V. König von Böhmen
1848–1916
König von Ungarn
1848–1916
Karl IV.
König von Kroatien-Slawonien und Dalmatien
1848–1916
Ferdinand I. von Österreich Präsident des Deutschen Bundes
1849–1866


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