Frankfurt-Gallusviertel

Frankfurt-Gallusviertel
Wappen von Gallus
Wappen von Frankfurt am Main

Gallus
Stadtteil von Frankfurt am Main

Karte
Koordinaten 50° 6′ 13″ N, 8° 38′ 44″ O50.1036111111118.64555555555557Koordinaten: 50° 6′ 13″ N, 8° 38′ 44″ O
Fläche 4,3 km²
Einwohner 26.287
Bevölkerungsdichte 6112 Einwohner/km²
Postleitzahl 60325, 60326, 60327
Vorwahl 069
Website Website
Gliederung
Ortsbezirk 1 – Innenstadt I
Stadtbezirke
  • 152 - Gallus
  • 153 - Gallus
  • 154 - Gallus
  • 161 - Gallus
  • 162 - Gallus
  • 164 - Gallus
  • 165 - Gallus

Das Gallus, bis 2007 offiziell Gallusviertel, ist ein Stadtteil von Frankfurt am Main.

Der Stadtteil erstreckt sich nördlich des Mains vom Hauptbahnhof nach Westen bis zum Stadtteil Griesheim, im Norden begrenzt durch das Messe- und das Rebstockgelände. Im Süden grenzt er teils an das Gutleutviertel.

Inhaltsverzeichnis

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Adlerwerke in der Kleyerstraße

Das Gallus ist seit der Errichtung des Frankfurter Hauptbahnhofs ein von Industrie- und Handwerksbetrieben geprägter Stadtteil. Die ältesten Betriebe sind die Adlerwerke in der Kleyerstrasse und die Eisengießerei Mayfarth & Co. Daneben spielten Handwerksbetriebe (zum Beispiel Schuhmanufaktur), die Bremsenfabrik Alfred Teves (ATE) und die Deutsche Privat-Telefonbaugesellschaft Harry Fuld & Co. (später Telefonbau und Normalzeit, kurz Telenorma oder T&N) eine große Rolle.

Für die in diesen Betrieben Beschäftigten wurden unter Leitung des Baustadtrats Ernst May die Hellerhofsiedlung und die Friedrich-Ebert-Siedlung als typische Arbeitersiedlungen entworfen und gebaut.

Als eine wirtschaftliche Achse zieht sich die Mainzer Landstraße quer durch das Stadtviertel. Nach dem Verschwinden von Produktion und Handwerk hat sich in erheblichem Maße seit 2000 Dienstleistungsgewerbe (Verlagsgewerbe und Wertpapierhandel sowie große Bereiche der Commerzbank AG mit Ihrem Dienstleistungszentrum) in neuen Gebäuden angesiedelt. Die Zentrale Personenverkehr der Deutschen Bahn AG befindet sich neben dem Gelände des ehemaligen Bahnausbesserungswerks südlich der Messe. Darüber hinaus beherbergt das Gallus das Verlags- und Redaktionsgebäude der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es verfügt außerdem über den größten deutschen Eisenbahnknoten, den Frankfurter Hauptbahnhof.

Einige Straßenzüge gelten als soziale Brennpunkte aufgrund unterschiedlicher Lebensläufe der Bewohner (Sozialhilfe, Immigration, Drogen- oder Alkoholmissbrauch). Auch aus diesem Grund ist das Gallus in das Projekt Soziale Stadt aufgenommen worden. Im Rahmen dieses Bund-Länder-Programms werden Projekte im Stadtteil ohne großen bürokratischen Aufwand durchgesetzt (sofern sie den Bestimmungen des Projekts entsprechen).

Geschichte

Galluswarte

Historisch ist das Gallus das frühere Galgenfeld westlich der mittelalterlichen Stadtgrenze Frankfurts. Der Name leitet sich von der Galluswarte (eigentlich Galgenwarte) her, einem der vier mittelalterlichen Warttürme der Stadt. Mit dem Heiligen Gallus hat der Name des Stadtviertels ursprünglich nichts zu tun, doch wurde der Name gegen Ende des 18. Jahrhunderts umgewandelt, um der Gegend den zweifelhaften Ruf zu nehmen. Eine 1905 neugebaute katholische Kirche in diesem Stadtviertel ist ebenfalls dem Heiligen Gallus geweiht.

Geschichtlich ist der Stadtteil ein Mischgebiet. Neben Produktion und Handwerk spielte das Transportwesen eine Rolle, das durch den Abriss des Güterbahnhofes an Bedeutung verlor. Immer noch ein Wahrzeichen ist dagegen der ab 1880 errichtete Frankfurter Hauptbahnhof. Im Moment erlebt der Norden des Stadtteils einen dramatischen Wandel. Nach dem Abriss des Frankfurter Hauptgüterbahnhofs ab 1998 erfolgt nun die Errichtung des Europaviertels.

Im Juni 2006 beschloss der Ortsbeirat Gallus des auf Initiative der Fraktion der Grünen einstimmig, künftig als offizielle Bezeichnung nur noch den Namen Gallus zu führen und auf den Zusatz -viertel zu verzichten, mit der Begründung, dass diese Benennung längst dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche. Am 3. April 2007 wurde dieser Beschluss offiziell umgesetzt.

„Kamerun“

Das noch weitgehend unbebaute Gallus, 1893

Etwa seit der Jahrhundertwende um 1900 wird das damalige Neubaugebiet westlich der Galluswarte, häufig auch das ganze Gallus, volkstümlich als „Kamerun“ bezeichnet. Ein anderer Teil des Gallus nördlich der Mainzer Landstraße wurde als die Goi bezeichnet. Ein dritter alter Ortsname für ein kleines Neubaugebiet nördlich der Straßenbahnhaltestelle Mönchhofstraße lautet Babbedeggelhausen. Damals (1905) lebten im Gallus 15.400 Einwohner. Woher diese Bezeichnungen stammen, ist bis heute nicht gesichert. Es gibt unterschiedliche Erklärungsversuche:

  • Nach dem Ersten Weltkrieg waren die Grenzübergänge an der Mainzer Landstraße von französischen Besatzungssoldaten – marokkanischen Söldnern – besetzt. Zu den Kamerunern gehen sei das geflügelte Wort gewesen, wenn man aus dem Gallus zu diesen Übergängen unterwegs gewesen sei.
  • Eine andere Theorie verweist auf den Ruß, der sich aus zahlreichen Schornsteinen nach der Industrialisierung auf den Stadtteil legte. Schwarz wie Kamerun sei der dann gewesen.
  • Mancher meint auch, der Stadtteil sei durch die Industrie und die angesiedelte Arbeiterbevölkerung so fern der sonstigen Stadtbevölkerung gewesen, dass er für die restliche Bevölkerung so weit weg wie die deutsche Kolonie Kamerun gewesen sei.
  • Noch eine Version verweist auf die Adlerwerke, in denen Schreibmaschinen hergestellt wurden. Nach der Schicht kamen die Arbeiter oft mit Schreibmaschinenfarbe befleckten Gesichtern aus der Fabrik und es heißt, dass man sie, auch aufgrund der Popularität der damaligen Kolonien, „Kameruner“ genannt habe.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Die kulturellen Orte finden sich im Gallus abseits der Hauptverkehrsader Mainzer Landstraße.

Wohl am bekanntesten ist das Gallus Theater in der Kleyerstraße (Adlerwerke), das sowohl festen Ensembles als auch freien Künstlern und Gruppen eine Bühne bietet. Auch für sein Kindertheater-Programm ist es weit über die Stadtteilgrenzen hinaus bekannt. Das Schauspiel Frankfurt unterhält in der Schmidtstraße 12 eine gleichnamige Bühne, die unter anderem Performances zu bieten hat.

Daneben gibt es etliche unabhängige Initiativen – die Stadtteilinitiative Koblenzer Straße ist ein Beispiel dafür. Neben kulturellen Veranstaltungen und einer Fahrradwerkstatt existieren etliche weitere Projekte zur Mitgestaltung und Belebung des Stadtteils.[1]

Mit Adlerwerken und Hauptbahnhof besitzt das Gallus zwei wegweisende Funktionsbauten des Industriezeitalters. Parallel dazu entstanden im Rahmen des Programms Neues Frankfurt die Wohnbauten der Hellerhofsiedlung durch Ernst May. Die Maschinen dieses Zeitalters werden von der Technischen Sammlung Hochhut bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Noch bis heute ist an vielen Stellen im Stadtteil die Prägung durch Industriekultur sichtbar geblieben.

Bekannte Persönlichkeiten

  • Lia Wöhr (1911–1994) wuchs im Gallus auf. Die Stadt Frankfurt benannte einen Platz am Rande des Gallus nach ihr und stellte dort einen Gedenkstein auf.
  • Heinrich Kleyer (1853–1932) war als Gründer und später als Vorstandsvorsitzender der Adlerwerke wesentlich am Aufbau der Industrie im Gallus beteiligt.
  • Michael Thurk (* 1976) wuchs im Gallus auf. Seine Fußballkarriere begann beim F.F.V. Sportfreunde 04. Seit der Winterpause 2007/2008 spielt er bei dem FC Augsburg.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Homepage des Vereins SIKS e.V., abgerufen am 13.08.2008

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