Franz Graf Conrad von Hötzendorf

Franz Graf Conrad von Hötzendorf
Franz Conrad von Hötzendorf

Franz Conrad von Hötzendorf, seit 1910 Freiherr, ab 1918 Graf (* 11. November 1852 in Penzing bei Wien; † 25. August 1925 in Bad Mergentheim, Württemberg), war der Chef des Generalstabs für die gesamte bewaffnete Macht Österreich-Ungarns bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, seit 1917 Feldmarschall. Conrad spielte eine wichtige Rolle in der Julikrise, die zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges führte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft und Ausbildung

Franz Conrad von Hötzendorf stammt aus einer österreichischen Offiziersfamilie. Sein Urgroßvater wurde 1815 in den erblichen Adelsstand erhoben. Der Name Conrad von Hötzendorf geht auf mütterliche Vorfahren aus Bayern zurück. Sein Vater Franz Xaver Conrad (1793–1878) nahm schon an der Völkerschlacht bei Leipzig teil und bekämpfte die Wiener Aufständischen in der Revolution von 1848. Dabei wurde er schwer verletzt, was eine Verbitterung gegen 1848er-Revolutionäre und ihre Ideen nach sich zog, die auch seinen Sohn Franz später beeinflusste. Dieser wurde erst geboren, als sein Vater schon im Rang eines Obersten der Husaren pensioniert worden war. Franz entwickelte als Schüler reges Interesse für Naturwissenschaften. Naturgesetze waren ihm wichtiger als religiöse Überzeugungen. Die Lehren von Charles Darwin beeindruckten den jungen Offiziersschüler besonders.[1]

Franz besuchte erst die Hainburger Kadettenschule, danach die Theresianische Militärakademie wo er 1871 als Leutnant zum Feldjäger-Bataillon 11 ausgemustert wurde. 1877 wurde er dem Generalstab zugeteilt. Mit der 4. Infanterie-Truppendivision nahm er 1878 am Okkupationsfeldzug in Bosnien und Herzegowina und im Sandschak Novi Pazar teil[2].

1882 war er als Hauptmann an der Bekämpfung einer Insurrektion in Süddalmatien beteiligt[3]. Im April 1886 heiratete er in Lemberg seine Verlobte Vilma Le Beau (1860–1905), wobei er nur mit Mühe die für Offiziere vorgeschriebene Heiratskaution aufbringen konnte. Mit Vilma hatte er fünf Kinder. In Lemberg wurde er Stabschef der 11. Infanterie-Truppendivision und begründete seinen Ruf als großer Innovator, indem er beispielsweise Manöver im Gelände statt Übungen nur am Paradeplatz durchsetzte. 1887 kehrte er mit Familie nach Wien zurück, vorerst ins Büro für operative und besondere Generalstabsarbeiten[4].

1888 bis 1892 war er als Major Taktiklehrer an der Kriegsschule in Wien. Er war ein beliebter Lehrer und viele seiner damaligen Schüler waren ein Vierteljahrhundert später im Weltkrieg hohe, ihm oft ergebene Offiziere. Im Oktober 1892 ließ er sich als Bataillonskommandant des 93. Infanterieregiments nach Olmütz versetzen[5]. Von 1895 bis 1899 war er als Oberst Kommandant des Infanterieregiments „Kaiser“ Nr. 1 in Krakau.

1899 wurde er Generalmajor und Kommandant der 55. Infanteriebrigade in Triest. Dort schlug er einen Aufstand italienischer Hafenarbeiter mit Waffengewalt nieder und gewann dabei die Überzeugung, dass die italienischen Ansprüche auf das Trentino und Triest eine Austragung der Gegensätze unausweichlich machten[6].

Von 1903 bis 1906 war er als Feldmarschallleutnant Kommandant der 8. Infanterie-Truppendivision in Innsbruck. In der Armee als operativer Denker und auch wegen seiner modernen, kriegsnahen Ausbildungsmethoden bekannt, wurde er auf Vorschlag seines Freundes, des Thronfolgers Franz Ferdinand, 1906 zum Chef des Generalstabs der gesamten bewaffneten Macht ernannt[7]. Er war damit der operativ Verantwortliche für den allfälligen Kriegseinsatz der k.u.k. Armee, der k.u.k. Kriegsmarine, der k.k. Landwehr und des k.u. Honved und ausschließlich dem Kaiser und König als Oberbefehlshaber (und dem von ihm aus Altersgründen bestellten Vertreter, bis 1914 Franz Ferdinand, danach der Armeeoberkommandant, s.u.) unterstellt.

1910 wurde Conrad in den Freiherrenstand erhoben, doch führte seine Auseinandersetzung mit Außenminister Graf Ährenthal am 3. Dezember 1911 zu seiner Entlassung. Ein Skandal wegen seiner Affäre mit der verheirateten Gina Reininghaus, seiner späteren zweiten Ehefrau, spielte dabei ebenfalls eine Rolle.[8] Am 12. Dezember 1912 erreichte der Thronfolger während der Balkankriege seine erneute Betrauung.

Vorkriegspolitik

Seine Lebensauffassung wurde der „Aktivismus“, worunter er angriffsfreudige Entschlusskraft, zielbewussten Tatendrang und unbeugsamen Willen verstand[9]. Schon im April 1907 schlug Conrad vor, Italien in einem Präventivkrieg „niederzuwerfen“, ein Vorschlag, den er immer wieder vorbringen sollte[10].

Lange vor dem Krieg sprach Conrad von der Umgestaltung der Monarchie zu einem modernen Imperium und wollte sich an der Aufteilung des europäischen Teils des Osmanischen Reiches noch aktiver, durch dessen Zerschlagung und Einverleibung, beteiligen, um die Monarchie gegen russische und italienische Konkurrenz sowie slawischen Nationalismus zu stärken[11].

Conrad wünschte, wie Franz Ferdinand, eine Beseitigung der ungarischen Machtstellung in der Doppelmonarchie. Aber anders als der Thronfolger, der sich von Conrad wegen dessen aggressiven Annexionismus' zunehmend distanzierte, sah der Generalstabschef als einziges Heilmittel für die schwierige innenpolitische Lage weniger eine zwischen den Nationalitäten der Monarchie ausgleichende, sondern eine auf den Balkan ausgreifende Politik an[12]. Er wollte durch Eingliederung Serbiens in ein südslawisches habsburgisches Königreich den Dualismus durch einen Trialismus ersetzten. Das drückte er schon Ende 1907, noch etwas verklausuliert, in einer Denkschrift aus:

In der Schaffung dieses südslawischen Komplexes im Rahmen der Monarchie wäre ein sehr vorteilhafter Kräfte-Ausgleich der Nationalitäten gelegen, welcher es ermöglichen würde, im Inneren Ordnung zu schaffen, das Gleichgewicht herzustellen[13].“

Im Frühjahr 1909 mussten Conrads abenteuerlichen Pläne zur Einverleibung Serbiens mit vorheriger Niederwerfung Italiens vor allem vom k.u.k. Außen- und vom k.u.k. Kriegsminister abermals abgelehnt werden. Im Oktober 1912 entwickelte Conrad den Plan, der neue Balkanbund sollte unter österreichischer Führung die Türkei in Europa liquidieren und sich danach der Monarchie unterordnen, wie Bayern dem Deutschen Reich[14]. In den Jahren 1913 und 1914 forderte Conrad nicht weniger als fünfundzwanzigmal vergeblich den Krieg gegen Serbien[15], bevor dieser tatsächlich zu Stande kam.

Als Generalstabschef entwickelte Conrad detaillierte Operationspläne gegen die potentiellen Gegner Russland, Serbien und Italien, die sich im Weltkrieg allesamt als Makulatur herausstellten[16]. Er gehörte mit den wichtigsten Exponenten der Gesamtmonarchie, dem k.u.k. Außenminister Leopold Berchtold, dem österreichischen Ministerpräsidenten Karl Stürgkh, dem gemeinsamen Finanzminister Leon Biliński und dem k.u.k. Kriegsminister Alexander von Krobatin zur so genannten Kriegspartei, den Befürwortern einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Serbien[17].

Erster Weltkrieg: Vom Sommer 1914 bis zum Tod des alten Kaisers

Conrad war im Sommer 1914 einer der Hauptunterstützer einer Präventivkriegsstrategie gegen das Königreich Serbien als Reaktion auf die Ermordung des Thronfolgers in Sarajewo. Er wollte auf die Nachricht vom Attentat sofort mit dem Angriff auf Serbien beginnen, aber Berchtold und Kaiser Franz Joseph hielten eine Untersuchung und diplomatische Vorbereitung für notwendig. Außerdem wäre Conrads Plan ohnehin nicht durchführbar gewesen, denn die Streitkräfte der Monarchie waren zu einem schnellen entscheidenden Schlag gegen Serbien gar nicht in der Lage. Zu einem „Überraschungsschlag“ gegen Serbien, wie ihn Deutschland nach dem „Blankoscheck“ vom 5./6. Juli erwartete, fehlten der Monarchie die politischen und militärischen Voraussetzungen. Conrad wollte damit nur den Kriegszustand erreichen, der von den Politikern gegen seinen Willen oft verhindert worden war, und jegliche Friedensmöglichkeit ausschließen[18].

Nach dem Ultimatum an Serbien drängte Conrad Kaiser und Außenminister: Die Rückkehr zum Friedenszustand sei bei der Stimmung in der Armee nicht möglich[19].

Nach der Entscheidung des Kaisers und Königs für die Kriegserklärung brachte er die Österreichisch-ungarische Armee gegen Serbien in Stellung, musste jedoch nach dem Eintritt Russlands in den Krieg große Teile dieser Truppen nach Galizien verlegen, wo der russische Angriff erwartet wurde. Anfangs des Krieges führte Conrads Unterschätzung insbesondere des russischen Gegners beinahe zum frühzeitigen Ausscheiden Österreich-Ungarns aus dem Krieg. Conrad gelang es allerdings, mit massiver deutscher Unterstützung die von Russland besetzten Teile Galiziens zurückzuerobern, Serbien und Montenegro sowie Rumänien zu erobern und eine stabile Front gegen Italien zu organisieren.

Lagebesprechung

Die Zusammenarbeit mit der deutschen Obersten Heeresleitung (OHL) war schon bald getrübt. Für Conrad sah der Leiter der zweiten OHL Erich von Falkenhayn im Verbündeten nur den schwächeren Bruder, dem er die Anerkennung versagte, um alle Erfolge auf seine Rechnung zu buchen, und der danach strebte, für die erhoffte Zukunft Deutschlands Hegemonie über Österreich anzubahnen[20]. Conrad selbst rechnete sich selbst auf die Seite von Tirpitz, Falkenhayn und Bethmann Hollweg auf die andere[21]. Conrad redete immer der Offensive das Wort, Falkenhayn huldigte der Ermattungsstrategie. Die persönliche Kommunikation zwischen den beiden Befehlshabern riss im Frühjahr 1916 schließlich völlig ab[22].

Conrad war ein entschiedener Verfechter weitreichender Kriegsziele der Monarchie. Seit November 1915 bestürmte Conrad Außenminister Burián mündlich, aber auch in endlosen Denkschriften, die am Balkan eroberten Gebiete zu annektieren. Schon vor Abschluss des entscheidenden Feldzuges gegen Serbien und Montenegro Anfang November 1915 meinte er,

„dass nur die völlige Einverleibung Serbiens und Montenegros in die Monarchie (mindestens als untrennbarer Bundesstaat) der Gefahr vorzubeugen vermag, welche mit einem selbständigen Serbien und Montenegro, seien diese auch noch so klein, verbunden wäre. Sie blieben (unabhängig) nach wie vor die Agitationsherde für unsere Gegner, vornehmlich Rußland und Italien, und würden bei jedem Krieg der Monarchie deren militärische Lage empfindlichst erschweren[23].“

Als Conrad im Februar 1916 beim Kaiser auch die Annexion Montenegros und Nordalbaniens durchsetzen wollte, antwortete dieser: Was, das auch noch? Das ist zuviel!. Conrad entgegnete: Ja, aber es ist notwendig. (Ein) Selbständiges Albanien ist unmöglich[24].

Der ungarische Ministerpräsident Stephan Tisza erschien Conrad als großer Gegenspieler, als Schreckensbild; den k.u.k. Außenminister Burián sah er in dessen Schlepptau als das Horn Tiszas. Der politisch überwältigenden Durchschlagskraft Ungarns und Tiszas stünde herüben (gemeint ist Österreich) ein Trottel, nämlich Stürgkh, gegenüber. Daher versuchte Conrad, Anfang 1916 den Sturz von Ministerpräsident Stürgkh herbeizuführen, und trat für den damaligen k.k. Innenminister Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst als Nachfolger und Gegengewicht zu Tiszas Ungarn ein[25]. Conrad hatte mit diesen Intrigen allerdings keinen Erfolg. Mangels großer militärischer Erfolge hatten Conrad und das k.u.k. Armeeoberkommando nicht das politische Gewicht, wie es der dritten OHL in Deutschland ermöglichte, die zivilen Instanzen zu dominieren.

Erster Weltkrieg: Enthebung durch den neuen Kaiser

Armeeoberkommandant war bis 2. Dezember 1916 an Stelle des 86-jährigen Kaisers Erzherzog Friedrich; er ließ Conrad, dem ihm unterstellten Chef des Generalstabes, weitestgehend freie Hand. Am 2. Dezember 1916 übernahm der junge Kaiser Karl I. persönlich den Oberbefehl. Friedrich fungierte bis zu seiner Enthebung am 11. Februar 1917 als sein Stellvertreter. Conrad wurde von Karl I. am 1. März 1917 als Chef des Generalstabes durch Arthur Arz von Straußenburg ersetzt, übernahm aber auf Wunsch des Kaisers das Kommando an der Südwestfront gegen Italien in Tirol, um die Italiener glauben zu machen, an dieser Front werde der nächste Hauptangriff der k.u.k. Streitkräfte erfolgen.

Nach einer gescheiterten Offensive wurde er am 14. Juli 1918 von Karl seines Postens enthoben und gleichzeitig in den Grafenstand erhoben. Das Auseinanderbrechen der Monarchie wenige Monate später hielt er für die Folge des mangelnden Gehörs, das seine Warnungen und Vorhersagen gefunden hätten.

Krankheit und Tod

Nach einem schweren Gallenleiden auf Kur in Bad Mergentheim, beklagte er in seinen Memoiren, die Familie Habsburg, insbesondere Erzherzog Friedrich, dem er über zwei Jahre lang erfolgreich gedient habe, habe sich nicht einmal zu Genesungswünschen an ihn aufraffen können[26]. Conrad starb am 25. August 1925 in Bad Mergentheim an einem Rückfall. Er wurde am Hietzinger Friedhof in Wien begraben.[27] Den pompösen Begräbnisfeierlichkeiten wohnten mehr als 100.000 Trauergäste bei.[28]

Einschätzung in der Forschung

Während ihn seine zeitgenössischen Bewunderer als größten österreichischen Feldherrn seit Prinz Eugen von Savoyen bezeichneten, wurde durch die Ereignisse schon bald die Problematik seiner Politik und seiner militärischen Planungen klar. Conrad ignorierte konsequent kritische Faktoren wie Terrain, Wetter, Jahreszeiten oder Wege für Versorgung und Truppenbewegungen[29].

Die Kritik an seiner Führung im Weltkrieg bemängelt in taktischer Hinsicht, dass er die Bedeutung der modernen Schnellfeuerwaffen zu wenig berücksichtigt habe, wodurch bei seinem stets bevorzugten Angriffsverhalten katastrophale Verluste schon zu Kriegsbeginn eingetreten seien. Auch schwere strategische Versäumnisse seien ihm anzulasten, etwa die politisch motivierte Truppenkonzentration an der serbischen Grenze, während die russischen Armeen schon Richtung Galizien marschierten[30].

„Der schon in den Denkschriften ausgebreitete Bellizismus mit sozialdarwinistischer Fundierung entsprach auch oder gerade nach der Niederlage Conrads Weltsicht, und so präsentierte er sich in seinem Erinnerungswerk als der verhinderte Retter des Habsburgerreiches. Da er die Schuld am Weltkrieg der Entente und die Verantwortung für Österreich-Ungarns prekäre Lage im Frühsommer 1914 der politischen Führung der Monarchie zuwies, konnte die hagiographische Militärgeschichtsschreibung Conrads Selbstdarstellung übernehmen[31].“

Conrad übernahm niemals seinen Teil an der Verantwortung für den Ausbruch des Krieges und die Niederlage seines Landes. Er verteidigte sich immer „nur der militärische Fachmann“ gewesen zu sein, der keine politische Entscheidung getroffen habe.[32]

Nach Annexion von Serbien, Montenegro und Polen wollte Conrad in national geschlossenen Territorien den Völkern die Verwirklichung ihrer nationalen Bestrebungen im Rahmen der Monarchie gestatten. Die hochfliegenden Pläne des Strategen Conrad standen jedoch nicht im Einklang mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Die tatsächliche militärische Kraft der Monarchie hätte für seine Balkanpläne nie ausgereicht. Conrads Imperialismus bewegte sich immer noch auf dem Felde, das Metternich 100 Jahre zuvor abgesteckt hatte, denn auch für Conrad war nur die „Räson“ des überkommenen Staates maßgebend, nicht aber der Wille seiner Nationen. Es ging Conrad, wie Metternich, nicht um gesellschaftliche, wirtschaftliche oder koloniale Probleme, sondern um die Stärkung des Staates durch Expansion.

Dass Einverleibungen gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung einen Staat schwächen, statt ihn zu stärken, ganz besonders in Zeiten der Selbstbestimmung der Völker, begriff Conrad wie so viele andere nicht. Sein Denken war austrozentrisch geprägt, sodass er den Widersinn seiner Expansionsbestrebungen gegenüber den extrem nationalistischen und um Selbständigkeit kämpfenden Balkanvölkern gar nicht erfasste[33].

„Wenn Conrad die Notwendigkeit der Expansion unter anderem auch wirtschaftlich begründet hat, so zielte dieses Argument bei ihm höchstens auf eine vorbeugende Sicherung eines großen Absatzgebietes hin, doch kennzeichnet es nicht den eigentlichen Zweck der Expansion ‹...› Die innenpolitische Voraussetzung für seine Expansionsforderungen war nicht die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, sondern der drohende Zerfall des Staates in seine nationalen Bestandteile. ‹...› Mit der Vorstellung, dass der österreichische Staat nur mehr durch Eroberung Serbiens erneuert werden könne, wurzelt also der Wille zur imperialistischen Expansion zutiefst in einem konservativen Moment.“

Die Sorge um die inneren Verhältnisse war wohl der tiefere Grund für Conrads aggressive Expansionspläne. Er selbst verwahrte sich gegen den Vorwurf, Imperialist zu sein, denn er verstand unter Imperialismus nur Expansion um ihrer selbst willen[34].

Der Historiker Samuel R. Williamson beurteilt Conrad als den wahrscheinlich intrigantesten aller militärischen Führer in Europa vor 1914.[35]

Conrad war in seinem Handeln vom Sozialdarwinismus geprägt. Der Kampf ums Überleben ist alles, Individuen zählen nicht, Nationen kämpfen um ihre Existenz und existieren, um zu kämpfen. Seine darwinistische Grundeinstellung führte zu einem imperialistischen politischen Programm, das mit dem Glauben an die naturgesetzliche Unterwerfung der Schwachen und Kleinen eine ausgeprägt kriegerische Note enthielt.[36]

Werke

  • Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 1: Die Zeit der Annexionskrise 1906-1909. Band 2: 1910-1912. Die Zeit des libyschen Krieges und des Balkankrieges bis Ende 1912. Band 3: 1913 und das erste Halbjahr 1914. Der Ausgang des Balkankrieges und die Zeit bis zum Fürstenmord in Sarajevo. Band 4: 24. Juni 1914 bis 30. September 1914. Die politischen und militärischen Vorgänge vom Fürstenmord in Sarajevo bis zum Abschluß der ersten und bis zum Beginn der zweiten Offensive gegen Serbien und Rußland. Band 5: Oktober-November-Dezember 1914. Die Kriegsereignisse und die politischen Vorgänge in dieser Zeit. (Wien/Berlin/Leipzig/München 1921/1922/1923/1925).
  • Kurt Peball (Hrsg.): Private Aufzeichnungen. Erste Veröffentlichungen aus den Papieren des k.u.k. Generalstabs-Chefs. Verlag Amalthea, Wien 1977, ISBN 3-85002-073-8.

Literatur

  • Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architekt der Apokalypse. Neuer Wiss. Verl., Wien/Graz 2003, ISBN 3-7083-0116-1. 
  • Oskar Regele: Feldmarschall Conrad. Auftrag und Erfüllung 1906−1918. Wien 1955. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architect of the apocalypse. Verlag Humanity Press, Boston 2000, ISBN 0-391-04097-9, S. 2-6 und 15-16
  2. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 40
  3. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architect of the apocalypse. Verlag Humanity Press, Boston 2000, ISBN 0-391-04097-9, S. 20-24 und 29
  4. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architect of the apocalypse. Verlag Humanity Press, Boston 2000, ISBN 0-391-04097-9, S. 34-36
  5. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architect of the apocalypse. Verlag Humanity Press, Boston 2000, ISBN 0-391-04097-9, S. 37 und 40 und 47
  6. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 41
  7. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 41, und Günther Kronenbitter: Krieg im Frieden. Die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906−1914. Verlag Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56700-4, S. 59
  8. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architekt der Apokalypse. Neuer Wiss. Verl., Wien/Graz 2003, ISBN 3-7083-0116-1. 
  9. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 40
  10. Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 2: 1910-1912. Die Zeit des libyschen Krieges und des Balkankrieges bis Ende 1912. Wien/Berlin/Leipzig/München 1922, S. 315 und Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend und Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 41
  11. Heinz Angermeier: Der österreichische Imperialismus des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf. In: Dieter Albrecht (Hrsg): Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag. München 1969, S. 777-792, hier: S. 784, und Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 1: Die Zeit der Annexionskrise 1906-1909. Wien/Berlin/Leipzig/München 1921. S. 537-540
  12. Heinz Angermeier: Der österreichische Imperialismus des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf. In: Dieter Albrecht (Hrsg): Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag. München 1969, S. 777-792, hier: S. 787
  13. Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 1: Die Zeit der Annexionskrise 1906-1909. Wien/Berlin/Leipzig/München 1921. S. 537
  14. Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 2: 1910-1912: Die Zeit des libyschen Krieges und des Balkankrieges bis Ende 1912. Wien/Berlin/Leipzig/München 1922, S. 314-315
  15. John W. Mason: The Dissolution of the Austro-Hungarian Empire 1867-1918. Verlag Longman, London/New York 1985, ISBN 0-582-35393-9, S. 65
  16. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 42
  17. William Jannen, Jr.: The Austro-Hungarian Decision For War in July 1914. In: Samuel R. Williamson, Jr., Peter Pastor (Hrsg.): Essays On World War I: Origins and Prisoners of War. New York 1983, ISBN 0-8803-3015-5, S. 55-81, hier: 56-57 und 72
  18. Samuel R. Williamson, Jr.: Vienna and July 1914: The Origins of the Great War Once More. In: Samuel R. Williamson, Jr., Peter Pastor (Hrsg.): Essays On World War I: Origins and Prisoners of War. New York 1983, ISBN 0-8803-3015-5, S. 9-36, hier: S. 27-29
  19. Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 4: 24. Juni 1914 bis 30. September 1914. Die politischen und militärischen Vorgänge vom Fürstenmord in Sarajevo bis zum Abschluß der ersten und bis zum Beginn der zweiten Offensive gegen Serbien und Rußland. Wien/Berlin/Leipzig/München 1923/1925. S. 150-151
  20. Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 5: Oktober-November-Dezember 1914. Die Kriegsereignisse und die politischen Vorgänge in dieser Zeit. Wien/Berlin/Leipzig/München 1925. S. 78
  21. Rudolf Jerábek, Militär und Politik in der ersten Jahreshälfte 1916. Mit einem Anhang über die Überlieferungsform in Gabelsberger Stenographie. Ungedruckte Hausarbeit, Wien 1983. S. 69
  22. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 43
  23. Andrej Mitrovic: Die Kriegsziele der Mittelmächte und die Jugoslawienfrage 1914-1918. In: Adam Wandruszka, Richard G. Plaschka, Anna M. Drabek (Hrsg.): Die Donaumonarchie und die südslawische Frage von 1848 bis 1918. Texte des ersten österreichisch-jugoslawischen Historikertreffens Gösing 1976. Wien 1978, S. 137-172, hier: S. 149
  24. Gerhard Ritter: Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des „Militarismus“ in Deutschland. Band 3: Die Tragödie der Staatskunst. Bethmann Hollweg als Kriegskanzler (1914-1917). Verlag Oldenbourg, München 1964, S. 52-53
  25. Rudolf Jerábek: Militär und Politik in der ersten Jahreshälfte 1916. Mit einem Anhang über die Überlieferungsform in Gabelsberger Stenographie. Ungedruckte Hausarbeit, Wien 1983, S. 74-75 und 114
  26. Franz Conrad von Hötzendorf: Private Aufzeichnungen. Erste Veröffentlichungen aus den Papieren des k.u.k. Generalstabs-Chefs, hrsg. von Kurt Peball, Amalthea, Wien / München 1977
  27. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 44-46
  28. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architekt der Apokalypse. Neuer Wiss. Verlag, Wien/Graz 2003, ISBN 3-7083-0116-1, S. 244.
  29. Graydon A. Tunstall, Jr.: Austria-Hungary. In: Richard F. Hamilton, Holger H. Herwig: The Origins of World War I. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-81735-8, S. 112-149, hier: S. 121-122
  30. Rudolf Kiszling: Franz Graf Conrad von Hötzendorf. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 39–46, hier S. 45
  31. Günther Kronenbitter: „Krieg im Frieden“. Die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906−1914. Verlag Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56700-4, S. 10
  32. Lawrence Sondhaus: Franz Conrad von Hötzendorf. Architekt der Apokalypse. Neuer Wiss. Verlag, Wien/Graz 2003, ISBN 3-7083-0116-1, S. 256.
  33. Heinz Angermeier: Der österreichische Imperialismus des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf. In: Dieter Albrecht (Hrsg): Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag. München 1969, S. 777-792, hier: S. 778-779
  34. Heinz Angermeier: Der österreichische Imperialismus des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf. In: Dieter Albrecht (Hrsg): Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag. München 1969, S. 777-792, hier: S. 786f.
  35. Samuel R. Williamson, Jr.: Vienna and July 1914: The Origins of the Great War Once More. In: Samuel R. Williamson, Jr., Peter Pastor (Hrsg.): Essays On World War I: Origins and Prisoners of War. New York 1983, ISBN 0-8803-3015-5, S. 9-36, hier: S. 13.
  36. Heinz Angermeier: Der österreichische Imperialismus des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf. In: Dieter Albrecht (Hrsg): Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag. München 1969, S. S.777-792, hier: S. 778-779, und Feldmarschall Conrad: Aus meiner Dienstzeit 1906-1918. Band 4: 24. Juni 1914 bis 30. September 1914. Die politischen und militärischen Vorgänge vom Fürstenmord in Sarajevo bis zum Abschluß der ersten und bis zum Beginn der zweiten Offensive gegen Serbien und Rußland. Wien/Berlin/Leipzig/München 1923/1925. S. 128f.

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