François-Louis de Pesmes de Saint Saphorin

François-Louis de Pesmes de Saint Saphorin

François-Louis de Pesmes de Saint-Saphorin (auch Franz-Ludwig; * Februar 1668[1] auf Schloss St. Saphorin, Saint-Saphorin-sur-Morges; † 16. Juli 1737[1] ebendort) war ein Schweizer Diplomat sowie Vizeadmiral der österreichischen Flotte, Generalfeldwachtmeister (Generalmajor) des österreichischen Heeres, Generalleutnant des Heeres des Königreiches Großbritannien und englischer Botschafter in Wien. Er stand während rund 37 Jahren aktiv in ausländischen Diensten, wobei er auf zahlreiche Führungspersönlichkeiten seiner Zeit traf.

Im Gegensatz zu den meisten ranghöheren Schweizer Militärpersonen seiner Generation trat er nicht der französischen Armee bei. Als Waadtländer Patriot und Protestant missfiel ihm nicht nur die von König Ludwig XIV. beherrschte Vormachtstellung in Europa, sondern auch dessen antiprotestantische Politik und den unter ihm erreichten Höhepunkt der Verfolgung der Hugenotten. Seine Heimat verlassen, diente der von Vielen genannte „Seigneur de Saint-Saphorin“ zuerst der niederländischen, dann der österreichischen Armee. Während des Spanischen Erbfolgekrieges war er maßgeblich für die Grenzsicherung der Alten Eidgenossenschaft verantwortlich, wodurch dieser Krieg von ihr abgewendet wurde. Zahlreiche Großmächte, darunter vor allem Großbritannien sowie das Heilige Römische Reich und ihre Glieder, wurden nun auf ihn aufmerksam und versuchten ihn als Diplomaten und Repräsentanten zu gewinnen. Im Alter von 54 Jahren zog er sich aus der internationalen Politik zurück und lebte bis zu seinem Tod auf seinem Schloss.

François-Louis de Pesmes, Seigneur de Saint-Saphorin, in Militärrüstung.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Jugend und erste Tätigkeiten in ausländischen Diensten

François-Louis de Pesmes, Seigneur de Saint-Saphorin, Angehöriger der Genfer Familie der de Pesmes, wurde als Sohn von Isaac de Saint-Saphorin und dessen Frau Elisabeth Rolaz de Saint-Vincent auf dem Schloss St. Saphorin bei Morges geboren. Von seiner Mutter hatte er „die zarte weibliche Empfindsamkeit, ihre rasche Auffassungsgabe und jene mächtige Phantasie geerbt, die er mit seinem klaren Wirklichkeitssinn glücklich zu verbinden wusste.“[2] Früh wurde er von seinem Vater autoritär an militärische Zucht, an gewissenhafte Arbeit und an Rechtlichkeit gewöhnt. In Ehrfurcht vor dem Glauben und vor den Familienüberlieferungen, blieb er während seines ganzen Lebens den Grundsätzen seiner Jugendzeit treu. Als jüngster von drei Brüdern und vor allem als Untertan der „Gnädigen Herren von Bern“, der Berner Aristokratie, war es ihm unmöglich, eine öffentliche Stellung einzunehmen. Die Familie Pesmes war zwar adelig und in Genf etabliert, hatte jedoch keinen Einfluss auf die Berner Bürgergemeinde, welche u. a. Rat und Schultheiß wählte. So entschied er sich eine Kriegslaufbahn anzustreben und trat 1685 als Kadett in das Regiment des Herzogs Ernst August I. von Calenberg, dann achtzehn Monate lang in die Dienste des römisch-deutschen Kaisers in das Regiment de Frise, das das französische Maastricht belagerte.[3] Später verbrachte er als Sekretär seines Vetters, des Obersten Alexander Rolaz du Rosey, zwei Jahre am Hofe des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel.

Erste Kriegserfahrungen und Beförderung zum Vizeadmiral

In Karls höfischen Herberge traf er zufällig den holländischen Offizier in römisch-deutschen Diensten van Assemburg, der ihn seinem Vorgesetzten, dem Franzosen Marquis de Fleury, ebenfalls in römisch-deutschen Diensten, weiterempfahl. Dieser ernannte Pesmes de Saint-Saphorin zum Kapitän eines österreichischen Schiffes und teilte ihn dem Admiralsschiff zu. Sein erster Feldzug im Jahre 1692, der zu Lande stattfand, endete mit der Einnahme von Großwardein, woraufhin er zum Kommandanten des Admiralsschiffes „Sankt Salvator“, das mit 56 Kanonen bestückt war, befördert wurde. In späteren Jahren, schon Geschwaderführer, erwies er sich laut Meinung der Flottenleitung als ein geschickter Seemann, energischer Vorgesetzter, gewandter Taktiker und Techniker. 1695, mit 27 Jahren, wurde Saint-Saphorin nach den siegreichen Gefechten von Peterwardein auf der Donau zum Vizeadmiral der österreichischen Kriegsmarine befördert.

Kampf gegen die osmanische Flotte

Modell einer von Saint-Saphorin erbauten Fregatte.

Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz erhielt Pesmes de Saint-Saphorin in Wien den Befehl, bei Slankamen an der Donau erneut das Kommando über die Flotte zu übernehmen. Zwischen 1693 und 1696, während des Großen Türkenkrieges, war es ihm im Kampf gegen die osmanische Flotte zwischen Belgrad und Peterwardein auf der Donau erstmals möglich, seine Fähigkeiten als Vizeadmiral zu zeigen. Mit einem Geschwader von nur fünf Schiffen hielt er gegen zehn Galeeren, dreißig Fregatten und vierzig anderen Schiffen stand und zwang sie zum Rückzug. Das Admiralsschiff „St. Leopold“, auf dem er sich befand und seinen Verband dirigierte, wies unter der Wasserlinie zwanzig Einschläge von feindlichen Kanonenkugeln auf. Das Schiff begann zu sinken. Damit die unversehrte Mastflagge nicht verloren gegangen oder gar in feindliche Hände geraten wäre, ließ Pesmes de Saint-Saphorin das Schiff kurzerhand sprengen. Nach dieser Tat sagte man ihm eine kaltblütige Charaktereigenschaft nach.

Pesmes de Saint-Saphorin befasste sich wenig später mit der Reorganisation der Marine. Kaiser Leopold I. nahm den Entwurf an. Um ihn rasch umzusetzen, erhielt der Vizeadmiral zusätzlich den Oberbefehl über die Donauflotte und die Ermächtigung, Offiziere zu ernennen und zu entlassen, Mannschaften anzuheuern sowie zehn Schiffe nach dem von ihm erfundenen und erprobten Modell zu bauen. Ende der 1720er Jahre strandeten mehrere Fregatten, sodass die Marineleitung einsehen musste, dass die Donau kein geeignetes Gefechtsfeld für Schiffe dieser Größe ist. Der Bau weiterer Fregatten wurde daraufhin eingestellt.

Zwar hielt Saint-Saphorin das Amt des Vizeadmirals de facto bis Anfang 1700 inne, tat jedoch nie Dienst auf der Adria, dem damaligen Hauptoperationsgebiet der österreichischen Marine, oder einem anderen Meer. Seine Aufgabe bestand ausschließlich darin, die Pflichten des Oberbefehls über die Donau wahrzunehmen, um gegen einen möglichen Einfall der Ungarn und Türken standzuhalten, hauptsächlich aber des auf dem Fluss erfolgenden Nachschubs für alle Feldarmeen des Heiligen Römischen Reiches zu sichern.

Siehe auch: Geschichte Österreichs – Das Habsburgerreich und die osmanische Bedrohung

Ausübung des Diplomatenberufes

Nach 1700 wandte sich François-Louis de Pesmes de Saint-Saphorin mehr und mehr der Diplomatie auf dem europäischen Kontinent zu. Er pflegte neue intensive Kontakte zu Prinz Eugen von Savoyen, Ludwig XIV., König von Frankreich, Friedrich I., König in Preußen, Georg I., König von Großbritannien, und Voltaire, dem französischen Aufklärer und Philosophen.

Attaché Prinz Eugens und Konflikt mit Ludwig XIV.

Um 1700 begegnete Pesmes de Saint-Saphorin in Wien dem Prinzen Eugen von Savoyen, einem der berühmtesten Feldherren zur damaligen Zeit. Aus der Begegnung „(...) erstand eine überaus fruchtbare, in der Hingabe an eine gemeinsame Sache begründete Freundschaft, in welcher der Mann sein Bestes bietet. (...) Saint-Saphorin empfand für den Älteren sofort eine tiefe Bewunderung, die ihm dieser durch wahre Hochachtung vergalt.“[4] Saint-Saphorin überreichte ihm eine Abhandlung über die gegenwärtige politische Lage Europas und über die militärische Bedeutung der Eidgenossenschaft. Die darin enthaltenen Auffassungen Saint-Saphorins überraschten. Über die Schweiz meinte Prinz Eugen: „Das Wesen dieses Volkes neigt zum Kriege, da die kraftvolle Einwohnerschaft zum Ertragen der Kriegsstrapazen besonders gut taugt. Die Bevölkerung ist so stark, dass, obwohl der König von Frankreich 40.000 Mann, Holland 4 Regimenter im Dienste haben und noch viele im Piemont dienen[5], einzig der Stand Bern noch eine ordentliche Miliztruppe von 10.000 Mann unterhält, von denen die meisten viele Feldzüge im Fremdendienst mitgemacht haben. Besser disziplinierte Soldaten lassen sich überhaupt nicht finden.“[4]

Je mehr Funktionen Pesmes de Saint-Saphorin im Fremdendienst einnahm, desto stärker wurde sein Einfluss auf die Politik der einzelnen Großmächte Europas. Der gewaltige Zuwachs seiner schweizerischen Landesgenossen sollte ihm eine kriegerische Macht sichern, mit der die Großmächte bald rechnen mussten. Sein Lebensziel war es, die eidgenössischen Stände von Frankreich abzutrennen und in den Dienst seiner Verbündeten überzuführen. Der zum multinationalen Diplomaten aufgestiegene Pesmes de Saint-Saphorin sollte zum „unversöhnlichen“ und „weitsichtigen“ Gegner Ludwigs XIV. werden und eine große Koalition gründen, die die Vormachtstellung des Sonnenkönigs in Europa schwächen sollte. Ursachen für Saint-Saphorins Hass gegen Frankreich waren offenbar Erlebnisse in der Kindheit, in der er u. a. die Dragonaden und die Verfolgung der Hugenotten beobachten musste. Er war selbst protestantischer Konfession. Eugen von Savoyen teilte seine Meinung und erklärte dem römisch-deutschen Kaiser, Leopold I., dass niemand zur Bekämpfung der französischen Machtpolitik besser geeignet sei als Saint-Saphorin selbst.

Zum Generalmajor des österreichischen Heeres befördert, reiste Pesmes de Saint-Saphorin Anfang 1701 als Assistent des Gesandten von Leopold I., eines Grafen von Trautmannsdorff, nach Bern. Ab 1706, dann unter Joseph I., war Saint-Saphorin kaiserlicher Geschäftsträger. Dessen Funktion übte er hauptsächlich als informeller Vertreter bei den protestantischen Orten der Eidgenossenschaft aus, wodurch er sich von der Bindung zu Eugen trennen konnte. Sein erster diplomatischer Erfolg war die Aushebung der beiden Schweizer Regimenter von Erlach und Niederöst in den Dienst des HRR.

Spanischer Erbfolgekrieg

Pesmes de Saint-Saphorin mit einem hölzernen Schlagstock in der rechten Hand.

Während des Spanischen Erbfolgekrieges 1701 bis 1714 setzte Pesmes de Saint-Saphorin alle erforderlichen Mittel ein, um den Plan Ludwigs XIV., der die Erhaltung und Verteidigung der westschweizerischen Länder vorsah, zu vereiteln. 1704 garantierte Saint-Saphorin schließlich die Neutralität der Regionen Chablais und Faucigny. Zwischenzeitlich nutzte er den Cevennenkrieg, um Frankreich zusätzliche Unannehmlichkeiten zu bereiten. 1707 unterstützte er mit seiner ansehnlichen und einflussreichen Funktion als Diplomat die Ansprüche Friedrichs I. von Preußen auf die Neuenburger Erbfolge und arbeitete eng mit dem Führer der franzosenfeindlichen Partei in Bern zusammen, dem späteren Schultheißen Johann Friedrich Willading. Letztendlich wurde unter den fünfzehn Bewerbern um die Herrschaft in Neuenburg nicht François Louis de Bourbon, ein Günstling Ludwigs XIV., sondern der von Bern favorisierte Friedrich gewählt.

Im selben Jahr versuchte Pesmes de Saint-Saphorin den von Lokalitäten begangenen Fehler wieder gutzumachen, als sie nach dem Tod Karls des Kühnen in den Burgunderkriegen auf die Franche-Comté verzichteten. Er versuchte die Provinz wieder in den Bund und die Neutralität der Eidgenossenschaft zurückzuführen. Als seine Truppen die Grenze zu Neuenburg passierten, schrieb er dem Prinzen zu Salm: „Wenn doch nur Neuenburg angegriffen würde! Wir würden sofort in die Franche-Comté einfallen.“[6] England und Holland sicherten Saint-Saphorin ihre Unterstützung zu. Die Rückeroberung der Franche-Comté scheiterte jedoch am Widerstand einiger Stände, die ihre passive Neutralität nicht aufgeben wollten (ausgenommen Bern). Ludwig XIV. zog seine Truppen vorerst aus dem Jura zurück, um nicht in einen unnötigen Konflikt mit den Schweizern zu geraten.

Im Vordergrund dieses eigentlichen Konfliktes zwischen den Häusern von Bourbon und Habsburg nahm die Schweiz eine Stellung von wichtiger politischer Bedeutung ein. Bis zum Ende des Spanischen Erbfolgekrieges war sie der Schauplatz zahlreicher internationalen Intrigen und wurde von Geheimagenten und Sondermissionen verschiedener Nachrichtendienste überströmt. Dank Pesmes de Saint-Saphorin soll keine einzige geheimdienstliche Operation in der Schweiz Erfolg gehabt haben. Nach der Meinung Ludwigs XIV. war er der gefährlichste Feind, den Frankreich in der Schweiz hatte. Der Marquis de Puisieux, der ihn hasste, sprach zu Ludwig: „Er besitzt Fähigkeiten, vor denen man sich hüten muss; er spart weder Mühe noch Arbeit, um an sein Ziel zu gelangen.“[7]

Sein Ansehen in Europa wuchs stetig, wandte er doch den Krieg von den Schweizer Grenzen ab und förderte die Unabhängigkeit sowie das Gemeinwohl der Eidgenossenschaft. Viele Höfe versuchten ihn für ein Amt zu verpflichten. Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, ernannte ihn zum Rat, Eugen von Savoyen befragte ihn vor jeder Entscheidung und Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg, hatte ihn mit der Vertretung seiner Interessen betraut. 1712 reiste er als Repräsentant der Schweizer Kantone zu den Verhandlungen in Utrecht und unterzeichnete zwei Jahre später ein Angriffs- und Verteidigungsbündnis mit den Vereinigten Niederlanden. Während eines weiteren Aufenthalts in der Schweiz war er Mitunterzeichner des Friedens zu Aarau, den Verhandlungen nach dem Zweiten Villmergerkrieg. Georg I., König von Großbritannien, ernannte Saint-Saphorin 1716 zum Generalleutnant seines Heeres und zum englischen Botschafter in der habsburgischen Hauptstadt Wien.

Aufenthalt in den Vereinigten Niederlanden

Während seines Aufenthalts in Utrecht und Den Haag beschäftigte sich Pesmes de Saint-Saphorin mit dem Aushandeln von Darlehen an die Vereinigten Niederlande und England. Obwohl Saint-Saphorins Interesse eher dem politischen Aspekt der Darlehen galt, fand er die Möglichkeit, wie bei der Übermittlung der Darlehenssumme nach der Hauptstadt Amsterdam ein Profit zu erzielen war. Er ließ Bargeld nach Genua transportieren, um am dortigen Markt Wechsel auf Amsterdam zu kaufen, die wegen der geringen Nachfrage auf Abschlag gehandelt wurden. Das Wechselkursverhältnis auf London war sogar niedriger. Der Plan, Geld von London nach Amsterdam zu transferieren, brachte Saint-Saphorin in Bedrängnis, nachdem englische Schuldner nicht rechtzeitig bezahlten und die niederländischen Behörden auf eine rasche Lieferung bestanden. Erst mit beinah einjähriger Verspätung traf das Darlehen in den Niederlanden ein.

Pesmes de Saint-Saphorin verwickelte sich ferner in eine Affäre. Verschiedene von Bern gefangen genommene Täufer verweigerten der Regierung Treue zu schwören und in der Miliz zu dienen. Die Gefangenen sollten nach New Bern im heutigen Bundesstaat North Carolina verbannt werden. Saint-Saphorin wurde mit dem Schiffstransport beauftragt. Die Niederländer, angeregt durch die Mennonitengemeinschaft, die sich mit den Gefangenen solidarisierte, vereitelten jedoch dieses Vorhaben. Nach zum Teil heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen Saint-Saphorin und den Mennoniten zeigte sich Bern kompromissbereit und garantierte den Täufern eine freiwillige Auswanderung nach Nordamerika.

Nachdem der Diplomat für Bern zufriedenstellende Verhandlungsergebnisse in Utrecht erzielte, erhielt er als Belohnung eine für damalige Verhältnisse beträchtliche Summe von 10.000 Écu. Der Vorschlag, ihn zum Bürger von Bern und damit für öffentliche Ämter wählbar zu machen, lehnte er ab. Saint-Saphorin erklärte später:

„Faute d’être né bourgeois de Berne, les services que j’ai rendus à cette république ne m’ont mené à rien qu’à une petite récompense pécuniaire, et ont ensuite exité de dangereuses jalousies contre moi, là, où ils m’auroyent dû conduire à la tête de l’Etat si j’avais été Bernois.“

Freie, sinngemäße Übersetzung:

„Der Mangel, nicht als Bürger von Bern geboren worden zu sein, die Gefallen, die ich dieser Republik getan habe, haben mich zu nichts außer einer kleinen finanziellen Belohnung geführt und haben mich dann dort zu gefährlichem Neid gegen mich ausgesetzt, wo sie mich an die Spitze des Staates hätten bringen können, wenn ich Berner gewesen wäre.“

Letzte Jahre

Das Schloss Saint-Saphorin mit Weinanbaufläche im Vordergrund.

Saint-Saphorins letzter längerer Aufenthalt in seiner Heimat war der Urlaub zwischen 1695 und 1696, als er sich mit Esther Darbonnier, der Tochter des Schlossherren von Orbe, verlobte. Der Ehevertrag wurde am 26. Februar 1696 unterzeichnet.

1722 zog sich François-Louis de Pesmes auf sein Schloss Saint-Saphorin zurück und blieb endgültig in der Schweiz. Später beschäftigte er sich mit der Verwaltung seiner Güter – er hatte eine Vorliebe für den Ackerbau – und führte neue Bebauungsmethoden im Waadt ein. Von Freunden, Bekannten und Erinnerungen umgeben, verfasste er nebenbei seine persönlichen Memoiren.

Im Laufe seines Lebens hatte er eine Bibliothek gesammelt, die auch Voltaire bewunderte: Werke über Mathematik, Kriegs- und Ingenieurskunst, über Ackerbau, französische, deutsche, spanische Romane und zeitgenössische Klassiker. Doch seine größte Leidenschaft galt der Geschichte. Voltaire fand Saint-Saphorin eines Tages, wie dieser die Bibel las, und spottete darüber. Der General gab daraufhin seinen Lakaien bekannt: „Lassen Sie für Herrn von Voltaire anspannen!“[8] und las ruhig weiter.

Im Jahre 1737 starb François-Louis de Pesmes de Saint-Saphorin im Alter von 69 Jahren in seinem Schloss. Sämtlicher seiner Herrschaften (einschließlich Schloss) wechselten den Besitz zu Gabriel-Henri de Mestral, als dieser die einzige Tochter des Generals, Judith-Louise, heiratete. Noch heute werden die Archive Pesmes de Saint-Saphorins, seine Manuskripte und seine Briefwechsel von der Familie Mestral im Schloss aufbewahrt.

Im Innern der Gemeindekirche von Saint-Saphorin-sur-Morges ist dem General eine von Johann August Nahl sen. gefertigte und im Jahre 1740 eingeweihte Gedenktafel angebracht. 1802 wurde sie von der militanten Volksbewegung Bourla-Papey beschädigt und erst nach mehr als einem Jahrhundert, 1966, von dem unbekannten Schweizer Bildhauer Pierre Blanc restauriert.

Für eine internationale diplomatische Karriere sehr eigenartig sprach Saint-Saphorin kaum Fremdsprachen. Neben seiner Muttersprache, Französisch, lernte er erst während seines Aufenthalts in England Deutsch, um sich mit Georg I., der selbst keine andere Sprache beherrschte, zu unterhalten. Über Saint-Saphorins mangelhaften Kenntnissen des Lateins machten sich andere Diplomaten seiner Generation sogar lustig.

Der deutsche Schriftsteller Achim von Arnim will das Gemälde „Das Paradies der Erde“ eines Malers der Brueghel in der Sammlung des Diplomaten gesehen haben. Es ist jedoch fraglich, welches Bild Arnim betrachten konnte, da keine Bestandskataloge der Sammlung aufzufinden sind.[9]

Symbol des europäischen Widerstandes gegen Ludwig XIV.

Der Militärhistoriker Paul de Vallière schreibt in seinem 1917 erschienenen Werk „La part de la Suisse romande dans l'histoire militaire de la Suisse“:

„Wenigen Schweizern war eine so glänzende Laufbahn beschieden. Er hat im Kampfe Europas gegen die Vorherrschaft Ludwigs XIV. eine der wichtigsten Rollen gespielt. Sein Leitspruch ‚sans varier‘ (Nie die Farbe wechseln!) ist für die beharrliche Festigkeit seines Charakters bezeichnend. Selbst seine Feinde anerkannten die Rechtlichkeit seines Urteils. Seinem Lande eng verbunden, betrachtete er es sein Leben lang als seine erste Pflicht, ihm zu dienen. François-Louis de Pesme-de Saint-Saphorin ist eine ganz hervorragende Persönlichkeit gewesen. Ein umfassender Geist mit schöpferischer Einbildungskraft, ein grosszügiges und leidenschaftliches Temperament. Nie streifte Entmutigung seine Seele. ‚Er zwang sein Schicksal, wie ein Reiter sein störrisches Pferd meistert.‘ Seine natürliche Vornehmheit trug viel zu seinen Gunsten bei. Adel von Rasse und von Gefühl waren bei ihm eins. Die Bilder zeigen uns ein stolzes und feines Antlitz, in welchem sich unter scheinbarer Zurückhaltung viel verhaltene Leidenschaft verbirgt. Eines Tages entfuhr ihm das Wort, aus dem die Macht seines grossen politischen Gedankens und sein Stolz, das Ziel erreicht zu haben, offenbar werden: ‚Die Franzosen erweisen mir die Ehre, alle ihre Niederlagen mir zuzuschreiben‘. ‚Es sind zweifellos seine seelischen und geistigen Eigenschaften, die ihm eine so fesselnde Gestalt verleihen, dass sie uns in der Erinnerung immer noch packt‘, meint sein Biograph Stelling-Michaud. ‚Er ist der Vertreter einer Art verfeinerter, unendlich wertvoller Menschheit, deren Qualität zusehends abnimmt. Er setzte die Hebel in einem bedeutsamen Augenblick der Geschichte in Bewegung. Das ist viel. Für uns, die wir allzuleicht vergessen, welchen Kraftaufwand und welche Leiden es erforderte, um diese Welt zu schaffen, die zu zerstören wir im Begriffe sind, alle die Güter zu sammeln, die wir vernichten, an den wenigen Ideen festzuhalten, die wir nicht mehr zu verteidigen wissen – für uns bedeutet es wenig.‘“

Siehe auch

Literatur

  • Stefan Altorfer-Ong: François Louis de Pesmes de Saint-Saphorin (1668–1737) und die europäische Diplomatie. In: André Holenstein: Berns goldene Zeit. Berner Zeiten, Band 4. Stämpfli Verlag, Bern Oktober 2008, ISBN 3-7272-1281-0.
  • Paul de Vallière: Treue und Ehre – Geschichte der Schweizer in fremden Diensten. S. 389–393. Deutsche Ausgabe, Übersetzung von Oberstlt. Habicht. Les Editions d'art suisse ancien, Lausanne 1940. (Paul de Vallière: La part de la Suisse romande dans l'histoire militaire de la Suisse. Originalausgabe. Huber & Cie., Frauenfeld 1917.)
  • Theo Gehling: Ein europäischer Diplomat am Kaiserhof zu Wien. François-Louis de Pesme, Seigneur de Saint-Saphorin, als englischer Resident am Wiener Hof 1718–1727. Bonner Historische Forschungen, Band 25. Bonn 1964.
  • Sven Stelling-Michaud: Les aventures de M. de Saint-Saphorin sur le Danube. Attinger, Neuchâtel und Paris 1932.
  • Sven Stelling-Michaud: Saint-Saphorin et la politique de la Suisse pendant la guerre de succession d'Espagne (1700–1710). Lausanne 1934.
  • Johann Caspar Bellweger: Geschichte der diplomatischen Verhältnisse der Schweiz mit Frankreich von 1698 bis 1784. Bern 1849.
  • Richard Feller: Die Schweiz und das Ausland im spanischen Erbfolgekrieg. Bern 1912.
  • Johann Ernst Wohlfender: Die Schweiz und die Unternehmungen der Verbündeten gegen die Freigrafschaft im spanischen Erbfolgekrieg. Langensalza 1922.
  • Linda Frey, Marsha Frey: The Treaties of the War of the Spanish Succession. An Historical and Critical Dictionary. S. 339. Greenwood Press, 30. September 1995. ISBN 0-3132-7884-9.
  • André Holenstein, Thomas Maissen, und Maarten Prak: The Republican Alternative. The Netherlands and Switzerland Compared. Amsterdam University Press, 15. Februar 2009. ISBN 9-0896-4005-3.
  • Caroline Schnyder: Erfolgreiche Republiken. Die Alte Eidgenossenschaft und die Niederlande im Vergleich. In: Neue Zürcher Zeitung, 21. Oktober 2008.

Fußnoten

  1. a b Antonio Schmidt-Brentano: Kaiserliche und k.k. Generale (1618–1815) (PDF), Seite 86.
  2. Stelling-Michaud: Les aventures de M. de Saint-Saphorin sur le Danube. S. 27
  3. Im Zuge des Holländischen Krieges fiel das niederländische Maastricht im Juli 1673 an die Franzosen (für nähere Details siehe Holländischer Krieg). Um die Stadt zurückzuerobern, entsandte das HRR Jahre später eben jenes Regiment de Frise.
  4. a b Paul de Vallière: Treue und Ehre – Geschichte der Schweizer in fremden Diensten. S. 390
  5. Im Laufe der Zeit unterwarf das Haus Savoyen die Markgrafschaften des Piemont. In wechselnden Bündnissen wurde das Piemont zum Zankapfel zwischen Frankreich und Habsburg.
  6. Paul de Vallière: Treue und Ehre – Geschichte der Schweizer in fremden Diensten. S. 391
  7. Ebd., S. 392
  8. Ebd., S. 393
  9. Sandra Pott: Poetiken. Poetologische Lyrik, Poetik und Ästhetik von Novalis bis Rilke. S. 79. Walter de Gruyter, 1. Auflage.

Weblinks


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