Frederick Hollander

Frederick Hollander

Friedrich Hollaender (* 18. Oktober 1896 in London; † 18. Januar 1976 in München), auch als Frederick Hollander bekannt (sein Name im amerikanischen Exil), war ein deutscher Revue- und Tonfilmkomponist, Kabarettist und Musikdichter.

Inhaltsverzeichnis

Lebensgeschichte

Friedrich Hollaender wurde am 18. Oktober 1896 in London geboren. Sein Vater war der damals bekannte Operettenkomponist Victor Hollaender. Seine Mutter Rosa Perl war Revuesängerin im Zirkus. Der kleine Friedrich wurde sozusagen in die Bühne hineingeboren. Sein Großvater väterlicherseits liebte Musik und Theater und förderte seine drei Söhne (also Friedrichs Vater und dessen Brüder) entsprechend. Felix und Gustav Hollaender, die beiden Onkel Friedrichs, hatten beide bedeutende Stellungen im Berliner Kultur- und Musikleben inne: Felix als Dramaturg bei Max Reinhardt und Gustav als Leiter des Stern’schen Konservatoriums. Man kann annehmen, dass im Fall Hollaenders das Talent tatsächlich vererbt wurde. Friedrich war das einzige Kind seiner Eltern.

Um die Jahrhundertwende siedelte die Familie Hollaender nach Berlin über, woher sie auch ursprünglich stammte. Victor war dort am Metropol-Theater am Nollendorfplatz tätig.

Schon als Kind improvisierte Friedrich auf Vaters Flügel. Er wurde Meisterschüler am Stern’schen Konservatorium bei Engelbert Humperdinck. In seiner Jugend spielte er häufig Klavier im Stummfilmkino an der Ecke. Das Improvisieren zu vorher nicht gesehenen Filmen beherrschte er offenbar perfekt.

In den Jahren 1914 und 1915 war Friedrich Hollaender in New York und Prag. Später wurde er vom Kriegseinsatz insofern verschont, als er, durch verwandtschaftliche Beziehungen (Onkel Felix), in einem Fronttheater an der Westfront das Orchester leiten sollte. Diese Phase mag ein Bruch in Hollaenders künstlerischem Leben gewesen sein, von da an mischte sich Unterhaltung in die ernsthafte Musik.

Nach dem Krieg traf Hollaender mit Gleichgesinnten wie Kurt Tucholsky, Klabund, Walter Mehring, Mischa Spoliansky, Joachim Ringelnatz und der jungen Schauspielerin Blandine Ebinger zusammen, um ein Kabarett zu gründen. Es fand statt im „Schall und Rauch“ im Keller von Max Reinhardts Großem Schauspielhaus. Das Gebäude stand am Zirkusplatz, Friedrichstraße Ecke Schiffbauerdamm, wurde nach dem Krieg als Friedrichstadtpalast genutzt und in den 1980er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Reinhardt selbst hatte dieses Kabarett initiiert, gab die Leitung jedoch bald an Hans von Wolzogen ab. Blandine Ebinger und Hollaender heirateten, ihre Tochter heißt Philine (* 1925). Sie war die erste Frau des (damals noch unbekannten) späteren Kabarettisten Georg Kreisler, mit dem sie einen Sohn hat.

In den 1920er Jahren wird Hollaender eine feste Größe in der Berliner Kulturszene. Er wirkt an verschiedenen Kabarett-Theatern (u.a. Trude Hesterbergs Wilde Bühne), komponiert und textet Lieder und begleitet Blandine und andere am Klavier. Später schrieb er Revuen, unter anderem für Rudolf Nelson. In Charlottenburg eröffnete er seine eigene Bühne, das Tingel-Tangel-Theater. Außerdem vertonte er Filme. Ein Höhepunkt seines Schaffens war sicherlich Der blaue Engel, dessen Melodie „Von Kopf bis Fuß“ noch heute ein Begriff ist; in diesem Film traten auch Stefan Weintraubs Syncopators auf, bei denen er zuvor als Pianist spielte.

1933 musste Hollaender wegen seiner jüdischen Abstammung Deutschland verlassen; zwei Jahre zuvor hatte er den Antisemitismus als absurd verspottet (Kabarettsong: „An allem sind die Juden schuld“ auf die Melodie der Habanera aus Bizets „Carmen“). Sein Weg führte ihn mit seiner zweiten Frau Hedi Schoop zuerst nach Paris. Dort blieb er etwa ein Jahr in der großen deutschen Emigrantengemeinde. 1934 zog er nach Hollywood. Dort eröffnete er zunächst die amerikanische Ausgabe seines Tingel-Tangel-Theaters. Später kam er, der in diesen Tagen finanzielle Not leiden musste, wieder zum Film. Dort führte er zunächst Regie und begann später wieder mit Musikbegleitung. Sein erstes Buch „Those Torn from Earth“ erschien 1941.

Nach dem Krieg blieb Friedrich Hollaender bis 1955 in den USA. In München, wo er sich danach niederließ, begann er wieder mit dem Kabarett. Nach der gescheiterten Revue „Scherzo“ schrieb er Revuen für Die Kleine Freiheit in München. Doch die Zeit des großen Kabaretts war vorbei. Einen Cameo-Auftritt hatte er 1961 in dem Film Eins, Zwei, Drei von Billy Wilder als Dirigent einer Hotelkapelle. 1965 erhielt er das Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film.

Über sein künstlerisches Schaffen nach dem Erscheinen seiner Autobiographie „Von Kopf bis Fuß“ 1965 ist wenig bekannt, es erschienen einige Bücher, die jedoch allesamt vergriffen sind. Friedrich Hollaender war in dritter und vierter Ehe mit Leza (Tochter: Melodie, * 1944) und Berthe verheiratet.

Am 18. Januar 1976 starb Friedrich Hollaender in München. Er wurde auf dem Ostfriedhof beerdigt (Grab Nr. 60-1-20).

Ihm ist ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.

Werke (Auswahl)

Revuen, Musicals, Bühnenmusik

  • Die Kaiserin von Neufundland
  • Hetärengespräche
  • Höchste Eisenbahn
  • Spuk in der Villa Stern (1931)
  • Ich tanze um die Welt mit dir
  • Scherzo
  • Der! Die! Das!
  • Die fromme Helene

Filmmusiken

Chansons und Lieder

  • Ach lege Deine Wange
  • An allem sind die Juden schuld aus der Revue Spuk in der Villa Stern (1931)
  • Circe (für Hanne Wieder)
  • Da muss ich fliegen
  • Das Groschenlied
  • Das Lied von der Treue
  • Das Nachtgespenst (1930)
  • Das Tauentzienmädel
  • Das Wunderkind
  • Der Schießhund
  • Die hysterische Ziege
  • Die Kleptomanin
  • Die Notbremse
  • Die Schnapstrine
  • Ich baumle mit die Beene
  • Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt
  • Ich lass' mir meinen Körper schwarz bepinseln (1930)
  • Ich tanze um die Welt mit dir
  • Ich weiß nicht zu wem ich gehöre
  • Johnny
  • Kinder, heut abend, da such ich mir was aus
  • Nimm dich in acht vor blonden Frau'n
  • Oh Mond
  • Stoßseufzer einer Dame, in bewegter Nacht
  • Stroganoff
  • Tritt mir bloß nicht auf die Schuh
  • Wenn der alte Motor wieder tackt
  • Wenn ich mir was wünschen dürfte
  • Zieh dich aus, Petronella
  • Guck doch nicht immer nach dem Tangogeiger hin
  • Wiener Schmarrn (Rattengift her)

Autobiographien

  • Menschliches Treibgut. Mit einem Vorwort von Thomas Mann. Weidle Verlag, Bonn 1995, ISBN 978-3931135096.
  • Von Kopf bis Fuß. Mein Leben mit Text und Musik. München 1965 (Neuauflage: Weidle Verlag, Bonn 1996, ISBN 978-3931135171).

Literatur

  • Volker Kühn: Spötterdämmerung. Vom langen Sterben des großen kleinen Friedrich Hollaender. Parthas, Berlin 1997, ISBN 3-932529-00-6.

Filmdokumentationen

  • Spötterdämmerung. Gespräche mit Friedrich Hollaender. TV-Film von Rainer Bertram, 1973

Weblinks


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