Friedrich Schlüssel

Friedrich Schlüssel

Alo Altripp (* 25. September 1906 in Altrip; † 16. Januar 1991 in Wiesbaden; eigentlich Friedrich Schlüssel) war ein deutscher Maler und Grafiker der Neuen Sachlichkeit. Heute zählt er zusammen mit Otto Ritschl (1885-1976) als einer der wichtigsten Wiesbadener Maler des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach seiner Ausbildung 1920-1924 an der Kunstgewerbeschule Mainz, der Meisterschule für das Malerhandwerk 1924-1925 in München und der Akademie für Kunst und Gewerbe 1925-1926 in Dresden und einer kurzen Tätigkeit als Theatermaler in Wiesbaden war Altripp seit 1929 freischaffender Künstler. Er wählte seinen Künstlernamen nach seiner Geburtsgemeinde.

Seine frühen Werke werden der Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit zugeordnet. Jedoch ist bemerkenswert, dass er bereits in den späten zwanziger Jahren die konkrete Gegenständlichkeit aufgab und eine informelle Malerei pflegte.

Auch wenn sich Altripp als unpolitischen Menschen bezeichnete, so bezog er doch eine klare Position gegen das NS-Regime: „Strikt hatte er sich geweigert, irgendwie mit dem Nationalsozialismus zu paktieren, und hatte es abgelehnt Hakenkreuze zu malen.“ Schon 1933 brandmarkte er die Nazi-Herrschaft mit der Darstellung seines „Ahriman“, der Verkörperung des Bösen schlechthin. Hellseherisch prognostizierte er darüber hinaus eine künftige Katastrophe z. B. 1934 mit einer Monotypie, die er „Krieg“ nannte. [1]

Seit 1934 war er mit Alexej von Jawlensky (1864/65-1941) befreundet. Ohne Altripp, der nach der Machtübernahme der Nazis zu dem kleinen Freundeskreis Jawlenskys gehörte, der den seit 1933 mit Ausstellungsverbot Geächteten unterstützte, wäre dessen Bilderserie der „Meditationen“ nicht so umfangreich ausgefallen, außerdem wäre sie um einige Versionen und Highlights ärmer. Indem Altripp Jawlensky half, sein Alterswerk zu vollenden, brachte er sich selbst in Gefahr, von den Nazis verfolgt zu werden. Von Anfang 1934 bis 1940 kam Altripp, regelmäßig zu dem schwerbehinderten Jawlensky. Altripp war es auch, der Jawlensky erstmals „Ikonenmaler des 20. Jahrhunderts“ nannte und diesen Begriff als Markenzeichen für Jawlenskys späte Malerei prägte. Außerdem bewegte er Jawlensky dazu, fünf „Meditationen“ auf Goldgrund Pretiosen seines letzten Schaffens zu malen.

Altripp setzte sich intensiv mit Jawlenskys „Meditationen“ auseinander und regte ihn an, in einer weiteren Technik zu arbeiten, die Jawlensky vorher noch nicht kannte. Diese Gemälde haben einen ganz anderen Charakter als jene, die man gewöhnlich zu sehen bekommt. Sie sind atypisch in Jawlenskys Œuvre. Die größeren Farbpartien sind in einer Art Kratztechnik in feinen parallelen Linien gearbeitet. Jawlensky erfuhr von der Technik, als ihm Altripp eigene Arbeiten zeigte, die mit „Kammzug“ gearbeitet waren. Jawlensky bat den jungen Kollegen, ihm Malerkämme in verschiedenen Stärken und Breiten mitzubringen. Jawlensky wendete darauf die ihm bislang unbekannte Methode an, kombinierte sie mit der ihm geläufigen Pinselmalerei und entwickelte auf diese Weise in seinem letzten Schaffensjahr 1937 einige Kunstwerke von ganz besonderem Reiz.

Durch Altripp erfährt man nicht nur, daß Jawlensky sich noch im hohen Alter für technische Neuerungen aufgeschlossen zeigte, sondern auch manches Interessante über seine Arbeitsweise. Demzufolge malte Jawlensky seine „Meditationen“ in einer einzigartigen Methode. Die Bildträger ließ er sich auf eine Vorrichtung montieren, die ihm auf der Staffelei als Hilfskonstruktion diente, um in serieller Fertigung arbeiten zu können: Dies gelang mit Hilfe von zwei Brettern, die im Format so groß waren, dass sich darauf acht Meditations-Ölpapiere mit Reißzwecken befestigen ließen. Vier oben und vier unten. Die Staffelei versah man unten mit zwei Pflöcken, auf denen man die Palette einsetzte. In Greifweite wurden Pinsel und Farben bereit gelegt. Wenn Jawlensky eine Sequenz beendet hatte, zogen Kümmel und Altripp die fertigen Bilder weiße Bristol-Kartons auf.

Und was den Leim anbetrifft, so beschrieb ihn Altripp identifizierbar: „Wir haben diese Bilder aufgezogen ... mit einem Leim ... der Firma Otto Rings ... er nannte sich ‚Syndetikon’, er ist ein Fischleim, der aus Danzig kam ... ein wunderbarer Leim, er war wasserlöslich ... er wurde in dem Geschäft Hutter bestellt.“

Auch die Leinwand, die Jawlensky ab 1934 für einige „Meditationen“ und „Stilleben“ benutzte, kam auf eine Empfehlung von Altripp zur Verwendung, was in der Debatte um Authentizitätsprobleme bei so manchem Kunstsammler von besonderem Interesse sein dürfte. Dabei handelt es sich um Rohleinen, die Altripp für seine eigene Malerei bereits mit zwei Grundierungsschichten versehen hatte. Diese zerschnitt er in für Jawlensky passende Formate.

Als prägend werden auch Besuche bei Paul Klee in den Jahren 1935 bis 1939 eingeschätzt. Während der nationalsozialistischen Herrschaft (1933-1945) galten seine Arbeiten, die er in dieser Zeit nur heimlich anfertigen konnte, als „entartet“. Von 1940 bis 1943 leistete er als Soldat Kriegsdienst. Von 1943 bis 1945 war der Zeichner bei Opel in Rüsselsheim. 1949 erhielt er ein us-amerikanisches Stipendium der Barnes Foundation in Merion, Pennsylvania. Von 1951 bis 1971 wirkte er als Dozent an der Werkkunstschule Wiesbaden.

Ausstellungen

Jahr Ort Bezeichnung
1946 Dresden Allgemeine Deutsche Kunstausstellung
1946 Marburg Universität durch Prof. Richard Hamann
1948 Köln Kölnischer Kunstverein: „Alo Altripp/Edgar Ende
1949 New York
1954 Witten Museum
1965 Dortmund Museum am Ostwall
1968 Hannover Kunstverein
1978 Basel Galerie Aenigma
1980 München Galerie Alvensleben
1981 Mainz Kunstkreis Novo
1987 Speyer Kunstverein
1988 Wiesbaden Museum
1989 Ahlen Fritz-Winter-Haus
1991 Mainz Landesmuseum
1994 Ludwigshafen am Rhein Kunstverein
1998 Iserlohn Kunstverein Villa Wessel
2006 Speyer Kulturhof Flachsgasse
2006 Altrip Bürgerhaus Alta Ripa

Ehrungen

Anmerkungen

  1. Bernd Fäthke: Alo Altripp und Alexej Jawlensky. Heimat-Jahrbuch, Hrsg. Rhein-Pfalz-Kreis, Ludwigshafen 2006, S. 98 ff

Literatur

  • Literatur von und über Alo Altripp im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Alexander Hildebrand: Künstler in der Stadt, in: Wiesbaden international, 1973, S. 23 ff
  • Alexander Hildebrand: Erinnerung und Vision,in: Wiesbaden international, 1976, S. 32 ff
  • Alexander Hildebrand: Alo Altripp in München. Arbeiten von 1930-1980, in: Das Kunstwerk 33 (4) 1980, S. 93
  • Alexander Hildebrand: Alo Altripp zum 75. Geburtstag. Privatdruck für die Freunde (mit verschied. Illustrationen, Wiesbaden 1981
  • Alexander Hildebrand: Der Maler Alo Altripp, in: Wiesbaden international, 1981, S. 20 f
  • Frank Teichmann, Alo Altripp: Meditationsbilder. Stuttgart 1986
  • Clemens Jöckle. Meine Bilder sind keine Kompositionen. Alo Altripp zum 80. Geburtstag am 25. September 1986. Heimatjahrbuch 1987, 3. Jg., hrsg.: Landkreis Ludwigshafen, S. 119 ff
  • Alo Altripp: 'Erinnerungen an Jawlensky. Tonbandprotokoll von Martina Conrad, Jawlensky zum 125. Geburtstag, SWR II, Maschinenschrift, Mainz/Wiesbaden 1989, Privatarchiv für expressionistische Malerei, Wiesbaden
  • Alexander Hildebrand: Erinnerung an Alo Altripp, Zum Tod des Wiesbadener Malers. Wiesbadener Leben, 3/1991, S. 29
  • Alexander Hildebrand: Alexej Jawlensky in Wiesbaden Reflexe auf Leben und Werk (1921-1941). in Ausstellungskatalog: Jawlenskys japanische Holzschnittsammlung. Eine märchenhafte Entdeckung. Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, Bad Homburg v.d.H., Nr. 2, 1992, S. 64 f
  • Alo Altripp. Retrospektive. Ausstellungskatalog, Kunstverein Ludwigshafen am Rhein, 1994
  • Walter I. Farmer: Die Bewahrer des Erbes. Das Schicksal deutscher Kulturgüter am Ende des Zweiten Weltkrieges. de Gruyter 2002. ISBN 389949010X
  • Bernd Fäthke: Jawlensky und seine Weggefährten in neuem Licht. München 2004, S. 210 ff
  • Clemens Jöckle: Alo Altripp – zum 100. Geburtstag. Hinweise zur Ausstellung in der Städtischen Galerie Speyer vom 6. Juli – 6. August 2006, M. S.
  • Bernd Fäthke: Alo Altripp und Alexej Jawlensky. Heimat-Jahrbuch, Hrsg. Rhein-Pfalz-Kreis, Ludwigshafen 2006, S. 98 ff
  • Alexander Hildebrand: Wiesbaden als letzte Station: Der russische Maler Alexej Jawlensky in den Jahren 1921 bis 1941, in: Schriften des Stadtarchivs, Bd. 10, Wiesbaden 2007, S. 175 f

Weblinks


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