Friedrich Wilhelm Plumpe

Friedrich Wilhelm Plumpe
Friedrich Murnau

Friedrich Wilhelm Murnau (auch F. W. Murnau, * 28. Dezember 1888 als Friedrich Wilhelm Plumpe in Bielefeld; † 11. März 1931 in Santa Barbara, Kalifornien) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Filmregisseure der Stummfilmära. Sein vom Expressionismus beeinflusstes Schaffen, seine psychologische Bildführung und die damals revolutionäre Kamera- und Montagearbeit Murnaus eröffneten dem jungen Medium Film völlig neue Möglichkeiten.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Kindheit, Jugend und Ausbildung

Friedrich Wilhelm Plumpe wuchs in einer wohlhabenden Bürgerfamilie auf; der Vater war Tuchfabrikant, die Mutter Lehrerin. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Kassel, wohin die Familie umzog, begann er ein Studium der Philologie und Kunstgeschichte in Berlin und Heidelberg. Dort wurde bei einer Studentenaufführung der berühmte Regisseur Max Reinhardt auf ihn aufmerksam. Reinhardt ermöglichte ihm den Besuch der Max-Reinhardt-Schauspielschule und beschäftigte ihn als Schauspieler und Regieassistenten. Plumpe nahm den Künstlernamen Friedrich Wilhelm Murnau (nach dem Ort Murnau am Staffelsee) an. Dies war, neben dem künstlerischen Aspekt, auch ein klares Zeichen für den Bruch mit seinen Eltern, die seine Homosexualität genauso wie seine Schauspiel- und Regieambitionen nicht akzeptieren wollten. Zu seinen Künstlerfreunden gehörten unter anderem die Autorin Else Lasker-Schüler und die expressionistischen Maler der Gruppe Der blaue Reiter.

Murnau im Ersten Weltkrieg

Am Ersten Weltkrieg nahm Murnau als Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß und ab 1917 als Kampfflieger teil, bis er absichtlich oder durch einen Navigationsfehler auf dem Gebiet der neutralen Schweiz landete. Dort wurde er zunächst in Andermatt interniert, konnte aber nach dem Gewinn eines Inszenierungswettbewerbs für das patriotische Schauspiel Marignano am Luzerner Theater arbeiten. Die Kriegserlebnisse waren für Murnau wie für viele seiner Generation prägend; sein damaliger Lebensgefährte fiel an der Ostfront. Einige Kritiker sehen in Filmen wie "Nosferatu" noch Spuren der Kriegseindrücke.

Frühe Werke

1919 kehrte Murnau nach Berlin zurück und begann für den Film zu arbeiten. Sein erster Spielfilm, Der Knabe in Blau nach Motiven des Gemäldes The Blue Boy, ist heute wie auch einige seiner späteren Filme verschollen. Mit dem Film Der Bucklige und die Tänzerin begann eine höchst fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Carl Mayer, der in der Folge noch für sechs weitere Filme Murnaus die Bücher schrieb. Andere Künstler, mit denen Murnau bevorzugt zusammenarbeitete, sind die Drehbuchautorin Thea von Harbou, der Kameramann Carl Hoffmann und der Schauspieler Conrad Veidt. Sein berühmtester Film aus dieser Zeit ist Nosferatu, eine Symphonie des Grauens von 1922 mit Max Schreck in der Titelrolle, eine Verfilmung von Bram Stokers Dracula, die aber aufgrund von Lizenzproblemen umbenannt werden musste.

Erfolge in Deutschland

Der Erfolg seiner Filme brachte Murnau einen Vertrag bei der UFA ein. Für die UFA inszenierte er als erstes 1924 den Film Der letzte Mann, in dem Emil Jannings einen Hotelportier verkörpert, der zum Toilettenmann degradiert wird und daran zerbricht. Die in diesem Film von Murnau und dem Kameramann Karl Freund verwendete „entfesselte“ oder auch „fliegende“ Kamera befreite die Kamera von ihrer Statik und ermöglichte völlig neue Perspektiven (um z.B. den Rauch einer Zigarette zu verfolgen, schnallte Freund die Kamera an eine Feuerwehrleiter und bewegte diese). Ferner führte Murnau in diesem Film die „subjektive Kamera“ ein, die das Geschehen mit den Augen einer handelnden Person wiedergibt. Murnaus Fähigkeit, mit rein filmischen Mitteln eine Geschichte zu erzählen, zeigt sich auch darin, dass er in diesem Film fast ganz auf Zwischentitel verzichten konnte, was für die Stummfilmzeit höchst ungewöhnlich ist. Die Reihe seiner in Deutschland geschaffenen Filme schloss Murnau 1926 mit Tartüff (nach Molière) und Faust – eine deutsche Volkssage ab.

Murnau in den USA

Grabmal mit Büste von Ludwig Manzel auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf

Murnaus Erfolge in Deutschland und vor allem die amerikanische Fassung seines Der letzte Mann im Jahre 1925 hatten Hollywood auf ihn aufmerksam gemacht. Murnau erhielt ein Vertragsangebot des amerikanischen Produzenten William Fox, der ihm volle künstlerische Freiheit zusicherte. Sein erster in den USA inszenierter Film Sunrise nach der Erzählung Die Reise nach Tilsit von Hermann Sudermann gewann bei der allerersten Oscar-Verleihung 1927 drei Oscars, erfüllte jedoch die kommerziellen Erwartungen nicht ganz. Aus diesem Grunde und wegen der zunehmend schwieriger werdenden wirtschaftlichen Situation der Firma Fox und der Lage in Hollywood an der Schwelle zum Tonfilm musste Murnau bei seinen folgenden Filmen zunehmend Eingriffe in sein künstlerisches Konzept hinnehmen; bei dem Film City Girl wurde er sogar als Regisseur abgelöst und ohne seinen Einfluss wurde nachträglich eine Tonfassung hergestellt.

Von den Zwängen Hollywoods enttäuscht, kündigte Murnau 1929 den Vertrag mit Fox. Nach einem ergebnislosen Versuch, wieder in Berlin mit der UFA ins Geschäft zu kommen, kaufte er sich eine Segelyacht, fest entschlossen, seinen nächsten Film allein nach seinen eigenen Vorstellungen zu realisieren, und fuhr nach Tahiti, um dort mit dem Regisseur und Dokumentarfilmer Robert J. Flaherty den Film Tabu zu drehen. Während der Dreharbeiten gab es erhebliche Schwierigkeiten mit der die Drehkosten finanzierenden Filmmaterial-Firma. Schließlich trennte sich Murnau von Flaherty, der stärkere Dokumentarfilmambitionen hatte, und produzierte den Film auf eigene Kosten. Der auf der Insel Bora Bora ausschließlich mit einheimischen Laiendarstellern gedrehte Film wurde zu einer stilbildenden Mischung aus Dokumentation und Melodram. Der Vertrieb des von Murnau selbst finanzierten Films, für den er sein gesamtes Vermögen aufgewendet und sich hoch verschuldet hatte, wurde von der Firma Paramount übernommen, die von dem Film so beeindruckt war, dass sie Murnau einen Zehnjahresvertrag anbot.

Die Premiere des Films am 18. März 1931 erlebte Murnau jedoch nicht mehr. Am 11. März 1931, kurz vor einer Europa-Promotion-Tour Murnaus, verlor sein Geliebter und Diener, der 14-jährige Filipino Garcia Stevenson, auf der Küstenstraße von Santa Monica die Kontrolle über ihr Auto und prallte frontal mit einem Lkw zusammen. Murnau starb wenige Stunden später an seinen Verletzungen. Nur elf Personen haben von ihm am 19. März Abschied genommen.

Sein Leichnam wurde nach Deutschland überführt und auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf beigesetzt. Carl Mayer und der Regisseur Fritz Lang hielten die Grabreden. Unter den Trauergästen waren u. a. Robert J. Flaherty, Emil Jannings, Greta Garbo, Erich Pommer und Georg Wilhelm Pabst. Seinen Grabstein gestaltete Karl Ludwig Manzel.

Filmografie

Siehe auch

Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Literatur

  • Enno Patalas, Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung (Hg.): Friedrich Wilhelm Murnau: Südseebilder. Texte, Fotos und der Film "TABU" Bertz + Fischer Verlag Berlin 2005 ISBN 3-929470-26-8 (enthält kommentiertes Original-Material von Murnau sowie das Drehbuch zum Film TABU)
  • Hans Helmut Prinzler (Hrsg.): Friedrich Wilhelm Murnau. Ein Melancholiker des Films. Bertz + Fischer, Berlin 2003 ISBN 3-929470-25-X (Katalog zur Retrospektive auf der Berlinale 2003). Leseproben
  • Luciano Berriatúa: Los proverbios chinos de F. W. Murnau Filmoteca Española. Instituto de las Artes Audiovisuales, Madrid 1990-92 ISBN 84-86877-06-7
  • Lotte H. Eisner: Murnau. Kommunales Kino, Frankfurt 1979
  • Klaus Kreimeier (Red.): Friedrich Wilhelm Murnau 1888-1988 Bielefelder Verlagsanstalt, 1988 ISBN 3-87073-034-X (Katalog zur Ausstellung 1988/89)
  • Fred Gehler & Ullrich Kasten: Friedrich Wilhelm Murnau Henschel, Berlin 1990 ISBN 3-362-00373-7
  • Michael Althen: Schlingen des Dunkels. Murnaus "Gang in die Nacht" 1920 in: Peter Buchka, Hg.: Deutsche Augenblicke. Eine Bilderfolge zu einer Typologie des Films (Reihe: "Off-Texte" 1, Münchener Filmmuseum) Belleville, München 1996 ISBN 3-923646-49-6 (zuerst: SZ 1995) S. 26f. (S. 27: Szenenbild)

Weblinks


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