Fullah

Fullah
Peul-Frau in Mali

Die Fulbe, im deutschen Sprachbereich auch unter ihrem englischen Namen Fula oder Fulani und ihrem französischen Namen Massina, Peul oder Peulh bekannt, sind ein ursprünglich nomadisierendes Volk, welches heute aber größtenteils sesshaft ist.

In Mali leben etwa 911.200–1.390.000 Fulbe, in Ghana etwa 7.300–10.000, in Burkina Faso rund 6.300, in der Elfenbeinküste etwa 1.400. Die Fulbe leben in kleinsten Gruppen auch in weiteren Staaten, zwischen Mauretanien und Sudan an der Grenze zu Äthiopien, auch im Norden Kameruns.

Zu den Fulbe gehören eine Vielzahl von Clans wie Umm Bororo, Uda, Djafun, Dooga, Dindima, Adamawa, Danedji, Sisilbi, Fuuta, Boodi, die alle zu den Wodaabe in Niger gehören und die Tukulor in Mauretanien und Senegal.

Die Eigenbezeichnung lautet Halpular – „die Pular sprechen“ – oder Fulbe (Mehrzahl) und Pullo (Einzahl). Die Bevölkerung der Fulbe umfasst etwa sieben Millionen Menschen (allerdings sind diese Zahlen höchst zweifelhaft, da sie nicht auf Zählungen, sondern auf Schätzungen basieren), die in meist größeren Gruppen in der gesamten Sahelzone von Mauretanien, Senegal, Guinea-Bissau und Guinea über Nigeria und Kamerun bis nach Tschad und Sudan leben.

Allein in Guinea gibt es mindestens 4 Millionen Fulbe/Pheul/Fula. Das einzige Land, in dem die Fulbe das (relative) Mehrheitsvolk sind, ist Guinea (40% Bevölkerungsanteil oder mehr).


Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Fulbe-Mädchen

Die ethnologische Herkunft der Fulbe ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Die frühen europäischen Ethnologen des 19. und 20. Jahrhunderts waren sich über den Ursprung der Fulbe sehr uneinig. Einige Theorien ließen die Fulbe von Ham, dem Sohn Noahs abstammen (siehe Hamitentheorie), andere wiederum sagten ihnen einen judäo-syrischen, manchmal sogar europäischen Ursprung nach. Die Fülle der widersprüchlichen Ansätze lässt sich durch den etwas fremdartigen Charakter der Fulbe erklären. Der Phänotyp einiger Individuen differiert teilweise erheblich von dem der benachbarten Ethnien. Darüber hinaus praktizieren die Fulbe traditionell eine strikte Endogamie, was zu einer weitgehenden Isolation führt, die darüber hinaus durch ihr ebenfalls traditionelles Nomadendasein noch verstärkt wird. Eine weitere Erklärung für die europäischen Versuche, die Fulbe ethnogenetisch zu lokalisieren liegt in dem Umstand, dass sie zur Zeit der Kolonialisierung eine hegemonielle Vormachtstellung in Westafrika inne hatten. Die Europäer versuchten, diese militärische Überlegenheit mit einer hypothetischen Überlegenheit der "weißen Rasse" in Einklang zu bringen. Die Fulbe stellten sozusagen in diesem Fall einen "entarteten" Vertreter dieser Rasse dar, der allerdings aufgrund seiner Herkunft immer noch ein Minimum an Überlegenheit gegenüber den Schwarzen aufweisen musste. Aus heutigen Gesichtspunkten ist diese Darstellung obsolet, da die Fulbe sowohl kulturell als auch linguistisch klar der westafrikanischen Sphäre zuzuordnen sind. Dennoch bestehen einige Parallelen zu den Nomadenvölkern Ostafrikas, die einen möglichen ostafrikanischen Ursprung oder zumindest eine starke Beeinflussung nicht ausschließen können.

Die Fulbe selbst sehen sich heutzutage als Nachfahren der mekkanischen Araber, die den Propheten Mohammed begleiteten. Diese Sicht ist auf starken Einfluss des Islam zurückzuführen und kann nicht als richtig angesehen werden, da sie durch historische Gegebenheiten, z.B. den alten polytheistischen Glauben der Fulbe, widerlegt wird. In den mündlichen Traditionen der Fulbe ist von einem mythischen Ursprungsland, das sie als "Héli e Yôyo" bezeichnen, die Rede. Sie hätten in diesem Land gelebt und zweiundzwanzig seiner Herrscher seien Fulbe gewesen. Allerdings seien sie aus "Héli e Yôyo" von ihrem höchsten Gott, "Geno, dem Ewigen", verbannt worden, nachdem sie sündig geworden seien. Das Land habe sich zwischen dem Fluss "Milia" und dem "Meer der Freude" befunden. Diese Geschichte entspricht im Wesentlichen den Ursprungsmythen vieler Völker, die zu einer gewissen Zeit im irdischen Paradies gelebt hätten, bis sie aufgrund von Nachlässigkeit verbannt worden seien.

Dennoch gibt es Ansätze, das Land zu lokalisieren. Der guineische Autor Tierno Monenembo setzt Héli e Yôyo in seinem Werk "Peuls" (Tierno Monenembo. Peuls. Paris. Seuill. 2004 ISBN 2-02-025148-5) mit Ägypten gleich. Dieses liege zwischen dem Nil und dem Roten Meer.

Kultur und Gesellschaft

Die Fulbe sind traditionell ein nomadisches Volk, allerdings ist wahrscheinlich die Mehrheit von ihnen im Zuge ihrer Islamisierung sesshaft geworden. Traditionell befolgen die Fulbe einen strengen Kodex, das Pulaaku. Das Pulaaku schreibt den Fulbe vor, wie sie sich in jeglicher Situation zu verhalten haben; er determiniert die gesamte soziale Struktur. Das Pulaaku ist eine Lebenseinstellung, die den Grundstein der Kultur der Fulbe bildet. Das Pulaaku gründet sich auf drei Säulen:

  1. munyal: Hierbei handelt es sich um die Selbstbeherrschung, ein Pullo soll sich immer ruhig verhalten und darf sich nicht seinen Emotionen hingeben
  2. semteende: Hierbei handelt es sich um die Zurückhaltung und vor allem Ehrlichkeit, die für den Pullo von großer Bedeutung ist
  3. hakkil: Weisheit ist eine der wichtigsten Eigenschaften des Pullo, ein Pullo soll weise und gebildet sein, denn nur der Weise ist dazu in der Lage, sich selbst zu beherrschen und bescheiden zu leben.

Aus den drei Grundsätzen lassen sich folgende Regeln ableiten:

  1. wata a hersa: Sei dir selbst kein Anlass zur Schande!
  2. wata a hula: Habe keine Furcht!
  3. wata a fena: Lüge nicht!

Das Nichtbefolgen des Pulaaku bringt den Ausstoß aus der Gruppe der Fulbe mit sich. Um das Pulaaku allerdings verstehen zu können, bedarf es eines exakten Verständnisses der Sprache.

Ihre Sprache, das Ful oder Fulfulde (der westliche Dialekt wird oft als Pulaar/Poular bezeichnet), gehört zum westatlantischen Zweig (atlantische Sprachen) der westsudanesischen Untergruppe der Niger-Kongo-Sprachfamilie. (Language Code: ful nach ISO 639.) Allgemein wird das Fulfulde aufgrund seiner Grammatik als eine der komplexesten Sprachen überhaupt angesehen.

In der Kultur der Fulbe steht die Kuh an erster Stelle. In der traditionellen Religion der Fulbe schuf der Gott Geno, der höchste Gott, die Welt aus einem Tropfen Milch, der ihm von der Urkuh Itoori (welche einige mit Hathor, der altägyptischen Göttin der Liebe identifizieren; die Urkuh Itoori kann auch als "Haus des Horus"; hodhorde hoori, beziehungsweise ht-hr, für Hathor verstanden werden, sie birgt in sich den Gott Horus) gegeben wurde; anschließend erschuf er die Kuh, den Mann und die Frau. Er setzte die Kuh hinter den Mann und die Frau hinter die Kuh. Fulbe legen den größten Wert auf ihre Tiere; das geht sogar soweit, dass einige Selbstmord begehen, wenn sie ihre Herde verlieren. Viele Fulbe weinen bei dem Verlust ihrer Tiere, vor allem bei dem des stärksten Stieres der Herde, dem Ngaari Mawndi (dies wurde auch als Beiname für die Könige der senegalesischen Dynastie der Deyniankoobe gebraucht). Von daher wird die Milch als göttliches Wasser angesehen, welche unverwundbar macht.

Auch die Namen der Clans haben eine Bedeutung. Bei den Fulbe existieren vier große Clans, die sich jeweils in Unterclans gliedern: Die Bâ, die Diallo (auch Ka oder Dia), die Barry und die Sow.

Die Bâ gelten als die Gelehrten, sie kennen sich vor allem in wissenschaftlichen und weltlichen, aber auch geistlichen Dingen aus. Die Diallo sind die Krieger, sie sind die Soldaten und haben dementsprechend auch eine solche Einstellung. Die Barry sind sowohl Kaufleute als auch Herrscher, sie haben die politische Macht inne. Die Sow sind die Initiatoren, sie sind es, welche sich am besten mit den Rindern auskennen.

Selbstverständlich ist diese Einteilung stark schematisiert; eigentlich findet sich nirgendwo mehr diese strikte Einteilung.

Geschichte

Ethnien in Nigeria

Bereits um 1000 n. Chr. hatten sich im Zuge des blühenden Transsaharahandels in Senegal bedeutende städtische Kulturen herausgebildet. Die Sprache der Fulbe, das Fulfulde oder Ful, bildete sich bereits vor dem 10. Jahrhundert im Senegaltal aus.

Im Lauf der Jahrhunderte wurden jedoch viele sesshaft und errichteten ab dem 19. Jahrhundert eine Reihe von Königreichen zwischen dem Senegal und Kamerun. Um 1810 besiegten sie die Hausa. Bis zu ihrer Unterwerfung durch die Briten in den Jahren 1900 bis 1906 hatten sie einen Großteil Nordnigerias unter ihre Herrschaft gebracht. Ihre Eroberungen haben die Fulbe oft mit religiösen Motiven gerechtfertigt. Als berühmtester der zahlreichen historischen Anführer der Fulbe ging Usman dan Fodio (1745-1817), der das Kalifat von Sokoto im Norden Nigerias gründete, in die Geschichtsbücher ein. Seine Tochter Nana Asma’u wird noch heute in Nigeria als Dichterin und Vorkämpferin der Frauenbildung verehrt.

Siehe auch

Literatur

  • Laura S. Grillo: Fulbe. In: Hans Dieter Betz (Hrsg.): Religion in Geschichte und Gegenwart, Band 3. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-146943-7, S. 406-409

Weblinks


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