- Furie
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Die Erinyen oder Erinnyen (grch.: Ἐρīνύς, Pl.: Ἐρινύες) – bei den Griechen auch als Maniai, „die Rasenden“, später als Eumeniden (grch.: Εὐμενίδες), bei den Römern als Furien bezeichnet – sind in der griechischen Mythologie eine Gruppe von Rachegöttinnen des Mutterrechts. Alekto, „die Unaufhörliche“ (bei ihrer Jagd), Megaira (deutsch auch „Megäre“), „der neidische Zorn“, und Tisiphone (auch: Teisiphone), „die Vergeltung“ oder „die den Mord Rächende“. Letztere wird auf griechischen Amphoren häufig mit Hundekopf und Fledermausschwingen dargestellt. Der Beiname Eumeniden, die Wohlmeinenden, wurde ihnen nach Aischylos Die Eumeniden im Ergebnis des Verfahrens gegen Orestes verliehen, nachdem sie ihr Amt und ihre Macht verloren hatten. Wahrscheinlich ist darin auch ein Rest der ursprünglichen Bedeutung zu sehen: Sie standen in altem matriarchalem Kontext in Zusammenhang mit Totenkult und auch mit Fruchtbarkeitsthematik.
Inhaltsverzeichnis
Mythologischer Ursprung
Nach Hesiod Theogonie wurden die Erinyen von Gaia geboren, nachdem der Titan Kronos seinen Vater Uranos mit einer Sichel entmannte. Aus dem Zeugungsglied, das ins Meer fiel, erwuchs Aphrodite; aus dem Blut aber, das auf die Erde tropfte, entstanden außer Giganten und melischen Eschennymphen auch die Erinnyen.
Nach anderen Erzählungen waren sie Töchter der Nacht (Nyx) oder aber auch Töchter der Gaia und des Skotos, der „Dunkelheit“. Den Orphikern galten Hades und Persephone als Eltern der Erinyen.
- Bei Homer und in der späteren griechischen Mythologie stellten die Erinyen Rachegöttinnen bzw. Schutzgöttinnen der sittlichen Ordnung dar. Zu furchtbaren Werkzeugen der Rache wurden sie insbesondere, wenn es zu Mord (v. a. an Blutsverwandten), zu Verbrechen an Eltern oder älteren Menschen, zu Meineid, aber auch, wenn es zu Verletzungen der geheiligten Bräuche gekommen war: als Personifizierungen der Verfluchungskraft (besonders der Verfluchung durch Vater und Mutter) und des Racheanspruchs Ermordeter. So verfolgten sie Orestes nach seinem Muttermord und trieben ihn in die Raserei. Die Ansprüche der Mütter wurden unter allen Umständen und zuerst von ihnen verteidigt, aber auch die der Väter und der älteren Brüder, so dass es Orestes nicht half, Klytaimnestra auf Befehl des Gottes Apollon umgebracht zu haben – hätte er es nicht getan, hätte Apollon trotz allem die Erinyen auf Orestes gehetzt. Apollon unterstützt all die Charaktere, die durch ihre Mutter leiden mussten (nicht nur Orestes, ein weiteres Beispiel ist König Ödipus). Erst durch Pallas Athene und die Unterstützung Apollons wurde Orestes auf dem Athener Gericht freigesprochen, ohne dass das der allgemeinen Verehrung der Erinyen Abbruch getan hätte. Seither verehrte man die Erinnyen in Athen – jedoch nicht unter ihrem alten Namen, sondern als die Eumeniden („Wohlgesinnten“).
- Die in der Unterwelt hausenden Erinyen werden als alte, aber jungfräuliche Vetteln beschrieben, deren Hautfarbe schwarz war; sie kleideten sich in graue Gewänder, die Haare waren Schlangen, ihr Geruch war unerträglich und aus ihren Augen floss giftiger Geifer oder Blut.
- Die Erinyen konnten auch als eine einzige – Erinys, „Rache“ – angerufen werden. Diese war damit zusammen mit Dike, „Gerechtigkeit“, und Poena, „Strafe“, eine der drei Helferinnen der Nemesis.
- In der Orestie des Aischylos spielen die Erinyen als Rachegöttinen der Unterwelt eine wichtige Rolle. (Dritte Tragödie der Trilogie: Die Eumeniden)
Die Erinyen in der nachantiken Kulturgeschichte
- Die Erinyen treten in Dantes Die Göttliche Komödie auf, als Dante sich im Neunten Gesang des Inferno der unteren Hölle nähert:
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- Bluttriefend beeinander, hoch erhoben,
- An Wuchs und Haltung Weibern gleich, so standen
- Die höllischen drei Furien stracks dort oben.
- Giftgrüne Hydern ihre Gürtel banden,
- Als Haupthaar Nattern sich den Unholdinnen
- Und Vipern um die Schläfen dräuend wanden.
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- In Goethes Faust II treten die Erinnyen in Akt 1 auf.
- In Goethes Iphigenie auf Tauris verfolgen die Erinyen/Furien/Rachegöttinnen Orest in seinen Wahnvorstellungen.
- In Schillers Ballade Der Ring des Polykrates wirft der König Polykrates, um sich vor der Rache des Schicksals zu bewahren, seinen kostbaren Ring ins Meer, mit den Worten:
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- Ihn will ich den Erinnyen weih'n,
- Dass sie mein Schicksal mir verzeih'n
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- In der Ballade Die Kraniche des Ibykus von Friedrich Schiller werden kraft ihres Chorgesangs die Mörder des Sängers Ibykus überführt.
- Auch in John Miltons Epos Paradise Lost begegnen uns die Erinyen als „harpyienfüßige Furien“ wieder.
- Sie sind eine Figur in der Comic-Geschichte The Sandman von Neil Gaiman.
- Der Titel des Romans „Les Bienveillantes“ (Die Wohlgesinnten) von Jonathan Littell bezieht sich auf die Erinyen.
- Im Roman „Homo Faber - Ein Bericht“ von Max Frisch erscheint die „Schlafende Erinnye“ (die sogenannte Medusa Ludovisi). Faber begeht unwissentlich Inzest mit seiner Tochter Elizabeth und ruft damit die Rachegöttinnen herauf.
- Im Roman „Path of the Fury“ bzw. dessen stark erweiterter Überarbeitung "In Fury born" lässt David Weber Tisiphone in einer SciFi-Umgebung agieren. Eine deutsche Ausgabe dieser überarbeiteten Fassung in zwei Bänden (mit den Titeln "Die Kriegerin" und "Der Zorn der Gerechten") ist angekündigt.
- In den Nachkriegsromanen "Tauben im Gras", "Tod in Rom" und "Das Treibhaus" nutzt Wolfgang Koeppen wiederholt Erinnyen als mythische Metaphern.
- Im Tabletopspiel Warhammer wird ein Charakter der Waldelfen als Erinnye bezeichnet.
- Im Drama "Die Fliegen" von Jean-Paul Sartre treten drei Erynnien als Fliegen auf.
- Im Roman "Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin fühlt sich die Hauptperson Franz Biberkopf von Erynnien verfolgt, weil er seine Freundin erschlagen hat.
Literatur
- Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen – Die Götter- und Menschheitsgeschichten, dtv, ISBN 3-423-30030-2
- Dante: Die Göttliche Komödie. Deutsch von Friedrich von Falkenhausen. Frankfurt am Main 1974, S. 46.
Siehe auch
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