- Fußballweltmeisterschaft 1958
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FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 1958 Sverige 1958 Anzahl Nationen 16 (von 52 Bewerbern) Weltmeister Brasilien (1. Titel) Austragungsort Schweden Eröffnungspiel 8. Juni 1958 Endspiel 29. Juni 1958 Spiele 35 Tore 126 (Ø: 3,6 pro Spiel) Zuschauer 820.000 (Ø: 23.429 pro Spiel) Bester Spieler Just Fontaine Frankreich 13 Tore Die Endrunde zur 6. Fußball-Weltmeisterschaft wurde vom 8. bis zum 29. Juni 1958 in Schweden ausgetragen. Obwohl turnusgemäß nach dem Turnier 1954 in der Schweiz ein südamerikanisches Land als Gastgeber an der Reihe gewesen wäre, war Schweden der einzige Bewerber für die Austragung dieser Weltmeisterschaft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren nur wenige Länder in der Lage, die Ausrichtung einer großen Sportveranstaltung zu organisieren, weshalb die Entscheidung vom FIFA-Kongress auf der Tagung vom 23. Juni 1950 in Rio de Janeiro für das im Krieg neutrale Schweden getroffen wurde. Die brasilianische Nationalmannschaft gewann mit dem damals erst 17-jährigen späteren Weltstar Pelé ihren ersten Weltmeistertitel durch einen 5:2-Sieg gegen das Team des Gastgebers. 16 Nationalmannschaften spielten in 4 Vorrundengruppen mit jeweils 4 Mannschaften um den Titel. In den 35 Spielen wurden 126 Tore erzielt. Torschützenkönig wurde der Franzose Just Fontaine, der mit 13 Treffern Frankreich zum dritten Platz schoss und einen bis heute nicht erreichten Rekord aufstellte. Der Titelverteidiger Deutschland, inzwischen durch den Beitritt des Saarlandes verstärkt, unterlag der Heimmannschaft im harten Halbfinale und Frankreich beim Spiel um Platz 3, Österreich schied in der Vorrunde sieglos aus, die Schweiz und die Mannschaft der DDR konnten sich nicht qualifizieren.
Inhaltsverzeichnis
Das Fernsehen und die WM
Die Weltmeisterschaft 1958 war die erste, die vom Fernsehen auf alle Kontinente übertragen wurde. Die Live-Spiele wurden allerdings von der FIFA bestimmt. In der Bundesrepublik sah man u.a. die Vorrundenspiele gegen Argentinien und Nordirland sowie ein Viertel- und ein Halbfinalspiel original. Die Begegnung um Platz 3 und das Finale wurde ebenfalls im Fernsehen live gesendet. Da die Übertragung aller deutschen WM-Spiele nicht gewährleistet war, kam es am 24. Juni zu der kuriosen Situation, dass die Fußballfans in Deutschland um 19:00 auf dem Bildschirm das Halbfinalspiel zwischen Brasilien und Frankreich sahen, und gleichzeitig im Rundfunk der dramatischen Partie zwischen Deutschland und Schweden lauschten, die von Rudi Michel (1. Halbzeit) und Herbert Zimmermann (2. Halbzeit) kommentiert wurde.
Bewegte Bilder von der gesamten WM-Endrunde (inklusive der deutschen Halbfinalbegegnung gegen Schweden) gab es erst ab dem 4. Juli 1958 in den Kinos, als der WM-Dokumentarfilm "Hinein!" gezeigt wurde. Der Film wurde von der UfA und Generalkonsul Hans Schubert produziert. Chefreporter war Sammy Drechsel. Weitere Sprecher der Dokumentation waren Heribert Meisel, Herbert Zimmermann und Heinz Gottschalk.
Austragungsorte
Zwölf Städte wurden als Austragungsorte des Turniers gewählt. Die größten Stadien waren das Råsunda in Stockholm und das Ullevi in Göteborg mit jeweils nahezu 50.000 Plätzen. Nördlichstes Stadion, in dem jemals ein WM-Spiel ausgetragen wurde, war das Stadion in der kleinen Stadt Sandviken. In folgenden Städten wurde gespielt:
Borås (Ryavallen) – Eskilstuna (Tunavallen) – Göteborg (Ullevi) – Halmstad (Örjans vall) – Helsingborg (Olympia) – Malmö (Malmö Stadion) – Norrköping (Norrköpings Idrottspark) – Örebro (Eyravallen) – Sandviken (Jernvallen) – Stockholm (Råsunda) – Uddevalla (Rimnersvallen) – Västerås (Arosvallen)
Qualifikation
Hauptartikel: Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 1958
Von den insgesamt 52 gemeldeten Mannschaften konnten sich 14 Teams qualifizieren. Gastgeber Schweden und Deutschland als Titelverteidiger waren automatisch qualifiziert. Größte Überraschung war das Scheitern des zweifachen Weltmeisters Italien, das gegen die bis dahin unbedeutende Mannschaft aus Nordirland ausschied, und Uruguay, das in der Südamerika-Gruppe 2 der paraguayischen Mannschaft den Vortritt lassen musste. Spanien, dessen Vereine zu dieser Zeit die europäischen Pokalwettbewerbe beherrschten, verpasste die Qualifikation gegen Schottland. Die Mannschaft aus Wales nahm als Vertreter Asiens und Afrikas am Turnier teil, da sich alle islamischen Länder Afrikas und Asiens weigerten, gegen Israel anzutreten. Daher wurde mit Wales ein Gruppenzweiter der Europa-Qualifikation zugelost, der sich gegen Israel durchsetzen konnte. Die Nationalmannschaften von Nordirland, der Sowjetunion und Wales nahmen zum ersten Mal an einer Endrunde teil. Das Vereinigte Königreich war erst- und letztmals komplett mit seinen vier Verbänden England, Schottland, Wales und Nordirland vertreten.
12 aus Europa BR Deutschland England Frankreich Jugoslawien Nordirland Österreich Schottland Schweden Sowjetunion Tschechoslowakei Ungarn Wales 3 aus Südamerika Brasilien Argentinien Paraguay 1 aus Nord- und Mittelamerika Mexiko Auslosung und Modus
Die Mannschaften wurden nach geografischer Lage eingeteilt. Aus jedem der vier Töpfen wurde jede Gruppe je eine Mannschaft frei zugelost. Schon vorher wurde festgelegt dass die Gruppe mit Schweden in Stockholm spielt.
Topf 1: Westeuropa BR Deutschland • Frankreich • Österreich • Schweden Topf 2: Amerika Argentinien • Brasilien • Mexiko • Paraguay Topf 3: Großbritannien England • Nordirland • Schottland • Wales Topf 4: Osteuropa Jugoslawien • Sowjetunion • Tschechoslowakei • Ungarn Die 16 Teilnehmer traten in vier Vorgruppen mit je vier Mannschaften an. Im Gegensatz zum voran gegangenen Turnier in der Schweiz wurde auf eine Setzliste verzichtet, so dass in den einzelnen Gruppen wieder jeder gegen jeden spielen musste. Die beiden Gruppenersten qualifizierten sich für das Viertelfinale, bei Punktgleichheit auf dem zweiten und dritten Platz wurde ein Entscheidungsspiel angesetzt. Ab dem Viertelfinale wurde das Turnier im K.-o.-System ausgetragen.
Spielergebnisse
Gruppenspiele
In Gruppe 1 setzte sich Deutschland dank zweier Unentschieden und eines Sieges über Argentinien durch, das erneut lediglich Platz vier belegte. Frankreich platzierte sich in Gruppe 2 knapp vor Jugoslawien. Der als Ersatzspieler angereiste Just Fontaine erzielte sechs Tore. Schweden und Brasilien wurden nach überzeugenden Auftaktsiegen ungefährdet Gruppensieger.
In drei Gruppen gab es Entscheidungsspiele um Platz zwei. England unterlag dabei dem WM-Neuling Sowjetunion. Von den vier britischen Teams erreichten nur die ursprünglich als schwächer eingeschätzten Wales und Nordirland die nächste Runde. Österreich hatte das Pech, in die spielstärkste Gruppe gelost worden zu sein, und schied, nach einem Unentschieden gegen England, erwartungsgemäß aus.
Gruppe 1
Rang Land Tore Punkte 1 BR Deutschland 7:5 4:2 2 Nordirland 4:5 3:3 3 Tschechoslowakei 8:4 3:3 4 Argentinien 5:10 2:4 8. Juni 1958 in Malmö BR Deutschland – Argentinien 3:1 (2:1) 8. Juni 1958 in Halmstad Nordirland – Tschechosl. 1:0 (1:0) 11. Juni 1958 in Helsingborg BR Deutschland – Tschechosl. 2:2 (0:2) 11. Juni 1958 in Halmstad Nordirland – Argentinien 1:3 (1:1) 15. Juni 1958 in Malmö BR Deutschland – Nordirland 2:2 (1:1) 15. Juni 1958 in Helsingborg Tschechosl. – Argentinien 6:1 (3:0) Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Malmö Nordirland – Tschechosl. 2:1 n.V. (1:1, 1:1) Gruppe 2
Rang Land Tore Punkte 1 Frankreich 11:7 4:2 2 Jugoslawien 7:6 4:2 3 Paraguay 9:12 3:3 4 Schottland 4:6 1:5 Gruppe 3
Rang Land Tore Punkte 1 Schweden 5:1 5:1 2 Wales 2:2 3:3 3 Ungarn 6:3 3:3 4 Mexiko 1:8 1:5 Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Stockholm Wales – Ungarn 2:1 (0:1) Gruppe 4
Rang Land Tore Punkte 1 Brasilien 5:0 5:1 2 Sowjetunion 4:4 3:3 3 England 4:4 3:3 4 Österreich 2:7 1:5 Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Göteborg Sowjetunion – England 1:0 (0:0) Viertelfinale
Nordirland, Wales und die Sowjetunion hatten zum Erreichen des Viertelfinales Entscheidungsspiele absolvieren müssen und hatten weniger als 48 Stunden Zeit für Regeneration und Ortswechsel. Erwartungsgemäß waren sie in der nächsten Runde chancenlos – Brasilien, Frankreich und Schweden kamen zu leichten Siegen.
Deutschland hatte mit Jugoslawien einen deutlich schwierigeren Gegner zu überwinden. Eine frühe Führung durch Helmut Rahn konnte mühsam über die Zeit gerettet werden.
Halbfinale
Das deutsche Team musste sich in Göteborg in einer durch Megafon-Einpeitscher (“Heja, Heja”) aufgeheizten Atmosphäre mit dem Gastgeber Schweden auseinandersetzen. Nach ausgeglichenem Spiel stand es zur Halbzeit 1:1. Dann wurde Erich Juskowiak, der sich nach wiederholten Provokationen des Italienprofis Kurt Hamrin zu einem Revanchefoul hinreißen ließ, vom Platz gestellt. Da wenig später Fritz Walter verletzt ausfiel, hatten die Schweden leichtes Spiel und gewannen 3:1. Die sportlichen Beziehungen zwischen beiden Nationen blieben nach dieser „Schlacht von Göteborg“ für fast zwei Jahrzehnte gestört.
Das zweite Halbfinalspiel zwischen Frankreich und Brasilien war lange Zeit ausgeglichen. Erst als sich der französische Kapitän Robert Jonquet nach gut einer halben Stunde beim Stand von 1:1 das Bein brach (und nach dem geltenden Reglement nicht ersetzt werden durfte), gewannen die Südamerikaner die Oberhand und siegten deutlich mit 5:2.
24. Juni 1958 Göteborg Schweden – BR Deutschland 3:1 (1:1) 24. Juni 1958 Stockholm Frankreich – Brasilien 2:5 (1:2) Spiel um Platz 3
28. Juni 1958 Göteborg BR Deutschland – Frankreich 3:6 (1:3) Endspiel
Gegen die spielstarken Brasilianer hatten die Schweden trotz ihres Heimvorteils keine Chance. Nach einem 0:1-Rückstand erzielten die Südamerikaner vier Tore in Folge. Durch das artistisch vollendete 3:1 machte erneut der siebzehnjährige Pelé auf sich aufmerksam, der damit endgültig zum großen Star dieser Weltmeisterschaft wurde und es für alle Zeiten blieb.
29. Juni 1958 Stockholm Brasilien – Schweden 5:2 (2:1) Weltmeister Brasilien
Die Weltmeistermannschaft: Gilmar; Djalma Santos, Nilton Santos, Zito, Bellini, Orlando, Garrincha, Didi, Vava, Pelé, Zagalo.
Statistik
Beste Torschützen
Name Land Tore Just Fontaine Frankreich 13 Pelé Brasilien 6 Helmut Rahn Deutschland 6 Peter McParland Nordirland 5 Vava Brasilien 5 Kurt Hamrin Schweden 4 Agne Simonsson Schweden 4 Lajos Tichy Ungarn 4 Zdeněk Zikán Tschechoslowakei 4 Die Elf des Turniers
Von der europäischen und südamerikanischen Presse wurden folgende Spieler am häufigsten dafür genannt (nach Friedebert Becker 1958, S. 13f.)
- Torhüter: Gregg (NIR), Jaschin (SU), Gilmar (BRA)
- Verteidiger: Djalma Santos (BRA), Bergmark (SVE), Juskowiak (D), Nilton Santos (BRA)
- Mittelläufer: Gustavsson (SVE), Zebec (JUG))
- Außenläufer: Woinow (SU), Szymaniak (D), Blanchflower (NIR), Penverne (F)
- Halbstürmer: Kopa (F), Didi (BRA), Pelé (BRA), Walter (D), Gren (SVE), Piantoni (F)
- Flügelstürmer: Garrincha (BRA), Skoglund (SVE), Rahn (D), Zagalo (BRA), McParland (NIR), Corbatta (ARG)
- Mittelstürmer: Fontaine (F), Vava (BRA)
Sonstiges
Nach der unglücklichen Niederlage im Halbfinale gegen Schweden kam es in Deutschland zu Ausschreitungen gegen schwedische Touristen. In Hamburg wurden Reifen von schwedischen Autos zerstochen und als Kuriosum verschwand die sehr populäre Schwedenplatte von den Speisekarten der Restaurants. Auslöser war das Verhalten der schwedischen Fans während des Spiels, die, von Einpeitschern angespornt, eine feindliche Atmosphäre im Stadion von Göteborg verursachten, und der Platzverweis gegen Erich Juskowiak – jedenfalls aus Sicht eines Teils der deutschen Öffentlichkeit.
Mit England, Nordirland, Schottland und Wales nahmen zum bisher einzigen Male alle vier britischen Verbände an einer Endrunde teil. Von diesen erreichten nur die schwächer eingeschätzten Mannschaften aus Nordirland und Wales das Viertelfinale. Immerhin war England die einzige Mannschaft, die gegen den späteren Weltmeister Brasilien nicht verloren hatte, konnte aber auch keines seiner drei Gruppenspiele gewinnen und schied nach einem Entscheidungsspiel gegen die UdSSR aus.
Das Endspiel war das erste WM-Finale, in dem sich Mannschaften aus Europa und Südamerika gegenüberstanden. Mit seinem Sieg gelang es Brasilien zum ersten und bisher einzigen Mal, als südamerikanisches Land ein WM-Turnier in Europa zu gewinnen.
Die Fußball-WM 1958 war Thema des fiktiven Dokumentationsfilms Konspiration 58 des schwedischen Regisseurs Johan Löfstedt von 2002. Darin wird behauptet, es gebe eine gleichnamige Gruppe, die der Überzeugung sei, die WM habe nie stattgefunden, sondern wäre ähnlich der Mondlandung als TV-Ereignis inszeniert gewesen. Dazu wird eine Vielzahl angeblicher Beweise geliefert. Der Film sollte eigentlich als Mockumentary die Zuschauer dazu anregen, Medienberichte kritischer zu hinterfragen. Die Behauptungen des Films verbreiteten sich jedoch als Verschwörungstheorie weiter.
Literatur
- Friedebert Becker: Fussball-Weltmeisterschaft 1958. Copress, München 1958 (Lizenzausg. für den Bertelsmann Lesering)
- Werner Skrentny: Fußballweltmeisterschaft 1958 Schweden. AGON, Kassel 2002 ISBN 3-89784-192-4
- Süddeutsche Zeitung WM-Bibliothek: 1958 Schweden. München 2005 ISBN 3-86615-157-8
Siehe auch
Weblinks
- Fußballklassiker auf der off. Website der WM 2006
- Alle Details auf Fussballdaten.de
- Spiegel-Artikel zur Weltmeisterschaft aus dem Jahr 1958
Fußball-Weltmeisterschaften der MännerUruguay 1930 | Italien 1934 | Frankreich 1938 | 1942 | Brasilien 1950 | Schweiz 1954 | Schweden 1958 | Chile 1962 | England 1966 | Mexiko 1970 | Deutschland 1974 | Argentinien 1978 | Spanien 1982 | Mexiko 1986 | Italien 1990 | USA 1994 | Frankreich 1998 | Südkorea/Japan 2002 | Deutschland 2006 | Südafrika 2010 | Brasilien 2014 | 2018 und 2022
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