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Ein Marschflugkörper oder engl. Cruise Missile ist ein unbemannter Lenkflugkörper mit einem Sprengkopf, der sich selbst ins Ziel steuert.
Er unterscheidet sich von einer ballistischen Rakete durch den permanenten Antrieb während des gesamten Fluges sowie durch den aerodynamischen Flug, häufig unterstützt durch Tragflächen − im Unterschied zu taktischen und strategischen Boden-Boden-Raketen.
Die Navigation erfolgt meist durch eine Kombination von Trägheitsnavigation (IGS = Inertial Guidance System), Gelände-Kontur-Abgleich (TERCOM = Terrain Contour Matching), Zielgebiets-Bild-Abgleich (DSMAC = Digital Scene Matching Area Correlator) und Satellitennavigation, teils auch mit Unterstützung durch Radar.
Der Antrieb erfolgt im allgemeinen durch ein Strahltriebwerk, als Turbofan oder auch als Ramjet, teils auch durch Raketenmotoren, wie häufig bei schnellen Seezielflugkörpern.
Die Waffe kann von U-Booten, Schiffen, Flugzeugen oder von Land abgeschossen werden und fliegt mit einer Höhe von 15 bis 100 Metern so niedrig, dass sie nur schwer vom gegnerischen Radar erfasst werden kann. Auch für Infrarot-Sensoren ist sie auf Grund ihrer geringen Hitzeemission nur schwer erkennbar.
Inhaltsverzeichnis
Militärische Klassifizierungen
- Luftgestützter Marschflugkörper − Air-Launched Cruise Missile (ALCM)
- Landgestützter Marschflugkörper − Ground-Launched Cruise Missile (GLCM)
- Seegestützter Marschflugkörper − Sea-Launched Cruise Missile (SLCM)
- Marschflugkörper gegen Landziele - Land-Attack Cruise Missile (LACM)
- Marschflugkörper gegen Schiffsziele - Anti-Ship Cruise Missile (ASCM)
Entwicklung
Bereits im ersten Weltkrieg hatte es bei den kriegsführenden Nationen verschiedene Versuche gegeben. So hatte es u.a. mit dem Kettering Bug ein selbständig gesteuertes, unbemanntes "aerial torpedo" (Lufttorpedo) gegeben, das bei 250 kg Gewicht eine Reichweite von 70 km erreichte.
In Deutschland wurde bereits im Herbst 1915 mit dem Heeresluftschiff P IV (Parseval PL 16) in Berlin-Biesdorf Torpedogleiter-Versuche von der Firma Siemens-Schuckert unternommen. Später folgten ebenfalls in Biesdorf Versuche mit dem Heeres-Parseval PL 25. Im Sommer 1917 wurden in Hannover (Lufthafen Vahrenwalder Heide) mit dem Heeresluftschiff Z XII (LZ 26) Torpedogleiter abgeworfen und ferngesteuert. Die Marineluftschiffe L 25 (ex Heeresluftschiff LZ 88) und L 35 unternahmen ebenfalls vom Sommer 1917 an bis zum Kriegsende 1918 Versuche mit Torpedogleitern an verschiedenen Orten, u. a. auf dem Zentralluftschiffhafen Jüterbog. Der letzte Abwurf eines Siemens-Schuckert-Torpedogleiters erfolgte am 2. August 1918. Der Gleiter wog 1.000 kg, flog 7,6 km weit und wurde aus 1200 Meter Höhe abgeworfen. Beim Waffenstillstand hatte Siemens-Schuckert gerade eine neue Versuchsserie in Nordholz begonnen. Es ging dabei um das Riesenflugzeug R VIII (auch von Siemens-Schuckert gebaut), es kam aber nicht mehr zu irgendwelchen Abwürfen. Siemens-Schuckert baute bis November 1918 ca. 100 Torpedogleiter.
In den 30er Jahren wurden in Deutschland verschiedene Gleittorpedo-Typen erprobt, die unter dem Namen "LT F5b" bekannt wurden. Die Firma Blohm & Voss entwickelte 1942 den Blohm & Voss L 10 "Friedensengel", der am Außenflügel der Ju 88A-4 befestigt wurde. Von dieser Weiterentwicklung der F5b wurden 450 Stück produziert. Später gab es den Nachfolgetyp "L 11 - Schneewittchen". In eine ganz andere Richtung und Dimension ging dann der Vorläufer der modernen Marschflugkörper, die deutsche „Vergeltungswaffe“ V1, die im Zweiten Weltkrieg für Angriffe auf London und Antwerpen genutzt wurde. Im Gegensatz zu den modernen Marschflugkörpern war dieser nur mit einem einfachen Autopiloten ausgerüstet, so dass ein zielgenauer Einsatz nicht möglich war.
In den 1950er Jahren entwickelten sowohl die USA als auch die Sowjetunion eine Reihe von Langstrecken-Marschflugkörpern mit interkontinentalen Reichweiten (USA: SM-62 Snark und SM-64 Navaho; Sowjetunion: Lawotschkin La-350 "Burja"). Technologisch besonders ehrgeizig war das US-Projekt Pluto, das ein nukleares Staustrahltriebwerk vorsah. Der Flugkörper sollte nach Abwurf der Bomben mit Mach 3 im Tiefflug weitere Minuten oder Stunden über feindlichem Gebiet kreisen, um weitere Gebiete radioaktiv zu kontaminieren und durch die Überschalldruckwelle zu zerstören. Das Projekt wurde jedoch 1964 nach durchaus erfolgreichen Testläufen gestoppt, da es der US-Regierung als zu provokativ erschien. Alle diese Projekte wurden wegen der Einführung ballistischer Interkontinentalraketen (ICBM) beendet.
Ab 1980 plante die NATO, die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 mit der Stationierung von US-Marschflugkörpern und Pershing-II-Mittelstreckenraketen zu beantworten, bei gleichzeitigem Abrüstungsangebot an die UdSSR. Gegen diesen NATO-Doppelbeschluss entwickelten sich in den 1980er Jahren Proteste in der europäischen Friedensbewegung und in der breiteren Öffentlichkeit.
Ab 1982 entwickelten die USA mit dem AGM-129 einen nuklear bestückten Marschflugkörper, der dank Stealth-Technologie auch von fliegenden sowjetischen Radarsystemen nur schwer entdeckt werden konnte. Nach Fertigstellung von 460 Stück wurde die Produktion im Jahre 1993 eingestellt, da sich 1991 mit der Sowjetunion der ursprüngliche Gegner aufgelöst hatte.
Moderne Marschflugkörper vom Typ Tomahawk und CALCM bildeten sowohl im Zweiten als auch Dritten Golfkrieg die jeweils erste Welle der US-amerikanischen Angriffe, um mit geringem Risiko für die eigenen Truppen die irakische Flugabwehr zu neutralisieren. Der Systempreis für die dabei eingesetzten seegestützten BGM-109-Tomahawk-Marschflugkörper lag zwischen 600.000 und 1 Mio. US-Dollar.
In den 1990er Jahren begannen auch mehrere europäische Nationen mit der Entwicklung luftgestützter Marschflugkörper. Im Irak-Krieg 2003 setzte die Royal Air Force erstmals den britischen Marschflugkörper Storm Shadow ein, der in Zukunft auch von Frankreich und Saudi-Arabien in Dienst genommen wird.
Indien hat zusammen mit Russland den BrahMos-Flugkörper entwickelt, der mit 3.000 kg Startgewicht und bis zu Mach 2,8 der aktuell größte und schnellste Marschflugkörper ist. Der erste Test fand im Juni 2001 statt, die Produktion begann 2004.
Deutschland entwickelte gemeinsam mit Schweden den Marschflugkörper Taurus, der 2005 in die Serienproduktion ging.
Pakistan testete im August 2005 erfolgreich seinen Marschflugkörper vom Typ Hatf VII Babur mit einer Reichweite von 700 km, der mit Atomsprengköpfen bestückt werden kann.
Die Volksrepublik China entwickelte nach US-Angaben 2007 einen Marschflugkörper vom Typ DongHai 10 (DH-10) mit einer Reichweite von 2.000 km. Die Volksbefreiungsarmee soll 2008 über 50 Stück verfügen.
Siehe auch
Weblinks
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