Gabriel Gregorio García Moreno

Gabriel Gregorio García Moreno
Gabriel García Moreno

Gabriel Gregorio García Moreno (* 24. Dezember 1821 in Guayaquil; † 6. August 1875 in Quito) war ein ecuadorianischer Politiker, der zweimal Präsident seines Landes war (1859–1865 und 1869–1875). Er war ein ausgeprägt konservativ-katholischer bzw. klerikalistischer Politiker, der einen autoritären und repressiven Regierungsstil pflegte, aber insbesondere das Bildungswesen und die öffentliche Infrastruktur des Landes reformierte bzw. modernisierte. Er gilt daher als eine der herausragenden, aber auch eine der umstrittensten Figuren der ecuadorianischen Geschichte. Wichtigster Rückhalt García Morenos waren der katholische Klerus (insbesondere die Jesuiten), die Großgrundbesitzer der nördlichen Andenregion und allgemein die Masse frommer Gläubiger.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft und Ausbildung

García Moreno war der achte Sohn eines aus Soria in Altkastilien stammenden Geschäftsmannes, der zuvor in Callao gelebt hatte und bei Gabriels Geburt städtischer Bevollmächtigter (procurador síndico) der Stadt Guayaquil war. Seine Mutter war Tochter einer Familie aus der kolonialen, landbesitzenden Oberschicht von Guayaquil; ihr Vater war ständiger Ratsherr (regidor perpetuo) der Stadt. Als García Moreno etwa zehn Jahre alt war, starb sein Vater. Die Grundschulbildung erhielt der Junge von seiner Mutter. Anschließend ging er unter der Obhut des Mercedarier-Paters José Betancourt in das Colegio San Fernando in Quito. Danach besuchte er die Zentraluniversität in Quito. Er war eine Zeitlang entschlossen Priester zu werden und erhielt sogar die niederen Weihen. Schließlich wurde er 1844 in Rechtswissenschaft promoviert.

Frühe Jahre (1846–1858)

García Moreno fand schnell seinen Weg in die Politik und wurde Mitglied des Stadtrates von Quito. Er machte auch als satirischer Kommentator in seiner Zeitung El Zurriago (dt. Die Peitsche) auf sich aufmerksam. 1845 war er an der Erhebung beteiligt, die Juan José Flores absetzte und Vicente Ramón Roca zum Präsidenten machte.

1846 heiratete er die 13 Jahre ältere Rosa de Ascásubi, eine Tochter reicher nordandinischer Großgrundbesitzer. 1848 wurde García Moreno als Rechtsanwalt zugelassen. Als die von ihm unterstützte Regierung Roca 1849 stürzte, begab er sich erstmals ins Exil. Nach einigen Monaten, die er vor allem in Europa verbrachte, konnte er nach Ecuador zurückkehren.

Bei der Rückkehr brachte García Moreno aus Panama eine Gruppe aus Neugranada (Kolumbien) vertriebener Jesuiten mit nach Ecuador, denen er gegen die Bemühungen des neugranadinischen Gesandten durch persönlichen Einsatz beim amtierenden Präsidenten Diego Noboa y Arteta ein Aufenthaltsrecht in seinem Heimatland sicherte. García Moreno sah sich aufgrund dessen wiederholt Anfeindungen von Gegnern der Jesuiten vor allem aus dem Nachbarland Neugranada ausgesetzt. Die Jesuiten wurden aber unter Noboas Nachfolger Urbina erneut vertrieben, nachdem der ecuadorianische Kongress festgestellt hatte, der Ausweisungsbeschluss Karls III. von 1767 sei noch gültig und die Jesuiten hätten durch „aufrührerische Tätigkeit“ gegen die Regierung ihre Ausweisung verdient.

Nach seiner Rückkehr nahm García Moreno seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf und war auch politisch tätig. 1853 gründete er die Zeitung La Nación, die vor allem die Politik der Regierung von Präsident José María Urbina kritisierte und die herrschende Korruption angriff. García Moreno wurde infolge dessen von der Regierung des Landes verwiesen und nach Kolumbien deportiert. Er kehrte kurz darauf heimlich nach Guayaquil zurück, wo er zum Senator gewählt wurde. Als er jedoch seinen Sitz im ecuadorianischen Kongress einnehmen wollte, wurde er erneut des Landes verwiesen, da er ohne gültige Papiere eingereist sei. Er reiste über Peru, wo er in Paita Manuela Sáenz traf, erneut nach Europa.

In Paris studierte er Politik, Mathematik und Naturwissenschaften. Er entwickelte als unersättlicher Leser die Überzeugung, dass für den Fortschritt seines Landes unerlässlich sei, dass die breite Bevölkerung ein Mindestmaß an Bildung und Aufklärung erhalte. Darüber hinaus las er eifrig Bücher zur Kirchengeschichte, insbesondere die Histoire universelle de L'Eglise Catholique von René-François Rohrbacher in 29 Bänden, was seine starke religiöse Prägung noch verstärkte.

Ende 1856 konnte er im Rahmen einer Generalamnestie, die der neue Präsident Francisco Robles dekretiert hatte, in sein Heimatland zurückkehren. Er wurde bald zum Rektor der Zentraluniversität in Quito ernannt, wo er auch Vorlesungen über Physik hielt. 1858 wurde er als Senator für die Provinz Pichincha in den ecuadorianischen Kongress gewählt. Hier trat er einerseits für eine umfassende Reform des ecuadorianischen Bildungswesens ein und bekämpfte andererseits die liberale, „freimaurerische“ Regierung. Seine 1858 gegründete Zeitung La Unión Nacional wirkte ebenfalls in dieser Richtung und kritisierte die Regierung und die herrschende Korruption in den Machteliten. García Moreno setzte sich zudem für die Interessen der katholischen Bevölkerung besonders der ärmeren Schichten ein, womit er sich Unterstützung außerhalb der herrschenden Eliten verschaffte.

„Nationale Krise“ der Jahre 1859/60

Ende 1858 führte eine an sich unbedeutende Grenzstreitigkeit zum Krieg mit dem Nachbarland Peru. Da der amtierende Präsident Robles die peruanischen Forderungen ablehnte, blockierte im November 1858 ein peruanisches Marinegeschwader Guayaquil, die wichtigste ecuadorianische Hafenstadt. Robles verlegte daraufhin Hauptstadt und Regierungssitz in die Hafenstadt, um sich der Verteidigung widmen zu können, mit der er seinen Vorgänger, General Urbina, beauftragte. Während der Konflikt mit Peru andauerte, wurden im April in Guayaquil Urbina und Robles vom örtlichen Artelleriekommandanten gefangengenommen und von General Guillermo Franco befreit.

Im Mai erhoben sich in Quito konservative Kräfte aus der Andenregion gegen Robles und bildeten eine vierköpfige Provisorische Regierung, an der García Moreno führend beteiligt war. García Moreno übernahm die Führung der Truppen, die die provisorische Regierung gegen die anrückenden Streitkräfte General Urbinas verteidigen sollten, aber im Kampf unterlagen. Er floh daraufhin nach Peru, wo er Unterstützung und Waffen für den Kampf gegen Urbina erhielt. Er kehrte nach Guayaquil zurück und suchte das Gespräch mit General Franco, um diesem vorzuschlagen, unter Außerachtlassung des verfassungsgemäßen Präsidenten Robles Wahlen abzuhalten, um eine neue nationale Regierung zu bilden. Präsident Robles verlegte daraufhin im August die Hauptstadt nach Riobamba, von wo aus er gemeinsam mit Urbina gegen Franco vorzugehen gedachte.

Gleichzeitig drang Rafael Carvajal, eines der Mitglieder der besiegten Provisorischen Regierung von Quito, mit Truppen von Kolumbien aus nach Nordecuador ein. Es gelang ihm schließlich, nach Quito einzuziehen und die Provisorische Regierung wieder einzurichten. Am 13. September flohen Robles und Urbina aus Ecuador, vier Tage später proklamierte sich Franco zum Oberhaupt (jefe supremo) von Guayaquil. Bereits am 21. August hatte Franco zur Abwehr von Versorgungsengpässen in Guayaquil mit den peruanischen Belagerern den Vertrag von Mapasingue geschlossen, von dem sich bald herausstellte, dass er die von Peru ursprünglich geforderten territorialen Zugeständnisse machte, was zu einem Unterstützungsverlust für Franco führte.

Am 18. September wurde in Loja eine weitere Parallelregierung unter Manuel Carrión Pinzano ausgerufen, die sich als Teil einer noch zu installierenden Föderativstruktur verstand.

Die verschiedenen Regierungen, Franco, García Moreno und Carrión Pinzano, versuchten nun mit Peru zu verhandeln, überwarfen sich jedoch wiederholt untereinander und mit der peruanischen Regierung, weil diese auch mit den anderen Staatsoberhäuptern verhandelte. Im November einigte man sich schließlich darauf, dass Franco die Verhandlungen mit Peru führen solle, aber nicht befugt sei, territoriale Zugeständnisse zu machen.

García Moreno machte im Dezember von sich hören, als er sich – offenbar aus Angst vor Verlust der territorialen Selbständigkeit – an den französischen Gesandten in Ecuador wandte und ihm vorschlug, Ecuador in ein Protektorat Frankreichs umzuwandeln. Praktische Auswirkungen hatte der Vorschlag allerdings nicht.

Franco schloss derweil mit dem peruanischen Präsidenten Ramón Castilla einen Vertrag, der ebenfalls nie in Kraft trat. Erneute Versuche García Morenos, die Macht mit Franco gemeinsam auszuüben oder gemeinsam zurückzutreten, um eine Nationalversammlung einzuberufen, scheiterten. García Moreno verbündete sich daraufhin mit einem alten politischen Feind, Ex-Präsident Juan José Flores, der im Exil in Lima lebte.

Die gemeinsame Militärexpedition García Morenos und Flores' gegen die Regierung Francos, die von Anhängern Robles' und Urbinas unterstützt wurde, begann am 27. Mai 1860 von Guaranda aus. Sie richtete sich gegen Babahoyo und Guayaquil, wo Francos Truppen konzentriert waren. Im August 1860 wurden die Truppen Francos bei Babahoyo geschlagen. Am 24. September 1860 nahmen die Truppen von García Moreno und Flores schließlich Guayaquil ein. Franco floh nach Peru.

Einen Monat später rief García Moreno für Januar 1861 eine Nationalversammlung nach Quito ein. Diese verabschiedete eine neue Verfassung und wählte García Moreno, den bisherigen Jefe Supremo der Provisorischen Regierung nahezu einstimmig zum offiziellen Präsidenten. Sein Gegenkandidat Pedro Carbo erhielt lediglich eine Stimme. Flores wurde zum Gouverneur von Guayaquil ernannt.

Erste Präsidentschaft (1861–65)

García Moreno trat seine offizielle Amtszeit als gewählter Präsident am 2. April 1861 an. Er restituierte und stärkte zunächst die Rechte der katholischen Kirche in Ecuador. Darüber hinaus gelangte er zu einem Ausgleich mit Peru, nachdem die Beziehungen während der peruanischen Invasion und der internen Kämpfe gelitten hatten, da der gestürzte Urbina von Peru aus gegen García Moreno agierte und General Franco einen Vertrag über die Angliederung der Provinz Guayaquil an Peru unterzeichnet haben sollte, um Unterstützung zu gewinnen.

Mit dem anderen Nachbarland, Neugranada, kam es hingegen wiederholt zu diplomatischen und militärischen Auseinandersetzungen, die einen bedeutenden Teil der ersten Präsidentschaft García Morenos einnahmen:

1862 wurde Ecuador in den kolumbianischen Bürgerkrieg hineingezogen, in dem die Konservativen unter General Julio Arboleda gegen die liberale Regierung von General Tomás Cipriano de Mosquera und für ihren eigenen proklamierten Präsidenten Mariano Ospina kämpften. Im Juni 1862 hatten liberale Truppen bei der Verfolgung konservativer Gegner die Grenze zu Ecuador übertreten und einen Kommandanten ecuadorianischer Grenztruppen, der dies verhindern wollte, angegriffen. García Moreno erklärte daraufhin Kolumbien den Krieg und übernahm selbst das Kommando über die Truppen. In Tulcán kam es zu Kämpfen mit liberalen kolumbianischen Truppen, in deren Verlauf das ecuadorianische Heer geschlagen und García Moreno gefangengenommen wurde. Er kam bald darauf frei, nachdem den kolumbianischen Aufständischen materielle und finanzielle Unterstützung im Kampf gegen ihren Präsidenten zugesichert worden war. Diese wurde jedoch nie gezahlt, da García Moreno sich bald davon distanzierte.

García Moreno hatte den Konservativen Arboleda als Staatsoberhaupt Kolumbiens anerkannt und damit den Liberalen Mosquera zu seinem Gegner gemacht. 1863 kam es erneut zum Krieg, diesmal mit der regulären Regierung Mosqueras. Hintergrund waren offenbar Kontakte Mosqueras mit dem peruanischen Präsidenten Ramón Castilla und Pläne, Teile Ecuadors beiden Ländern einzuverleiben und so auf kolumbianischer Seite die Idee von Großkolumbien erneut Realität werden zu lassen. Mosquera hatte von García Moreno die Zustimmung zum Zusammenschluss von Ecuador und Neugranada gefordert, den García Moreno eindeutig ablehnte. Obwohl eine diplomatische Mission unter dem späteren Präsidenten Antonio Flores die Krise zunächst beilegte, erklärte García Moreno im Dezember 1863 Kolumbien erneut den Krieg. Nach mehreren Gefechten in der Provinz Carchi kam es schließlich zum Friedensschluss im Vertrag von Pinsaqui.

1862 unterzeichnete und ratifizierte die Regierung García Moreno ein neues Konkordat mit Papst Pius IX., in dem unter anderem der katholischen Kirche wieder die Freiheit zugestanden wurde, ihre Bischöfe selbst auszuwählen und einzusetzen. Andererseits erreichte García Moreno eine Reform des Klerus, den er so einerseits stärker an sich binden konnten und der andererseits von weltlicher Gerichtsbarkeit befreit und unter geistliche Sondergerichte gestellt wurde.

Im Inneren bemühte er sich um die Bekämpfung von Kriminalität, die Reform der Staatsfinanzen und die Förderung der Bildung. Gerade bei der von ihm restriktiv betriebenen Sicherstellung der öffentlichen Ordnung kam er wiederholt in Konflikt mit der 1861 verabschiedeten neuen Verfassung, die recht liberal gehalten war und unter anderem die Todesstrafe für politische Verbrechen abgeschafft, die Möglichkeiten des Präsidenten, in die Arbeit öffentlicher Einrichtungen einzugreifen, beschränkt und die Stellung des Kongresses gestärkt hatte.

Während seiner ersten Präsidentschaft hatte García Moreno beinahe jährlich mit Verschwörungen und Invasionsversuchen zu kämpfen, die fast immer unter Führung des exilierten Ex-Präsidenten Urbina das Ziel hatten, García Moreno zu töten oder aus dem Amt zu bringen. Er ließ solche politischen Aufstände und Erhebungen mit großer Härte niederschlagen, was ihm scharfe Kritik einbrachte. Wiederholt ließ er politische Gegner hinrichten, was mit der Verfassung nicht vereinbar war. Er selbst sah die Verfassung als zweitrangig an und stellte über sie die Notwendigkeit politischer Ordnung. Sein repressiver, persönlicher Einsatz für Ruhe und Ordnung soll sogar soweit gegangen sein, dass er selbst, als Reisender verkleidet, an der Verfolgung von Straßenräubern mitgewirkte.

Am 27. August 1865 endete die erste verfassungsmäßige Präsidentschaft García Morenos. Es gelang ihm, bei den Präsidentschaftswahlen den von ihm favorisierten Kandidaten Jerónimo Carrión durchzubringen, der damit sein Nachfolger wurde. García Moreno wurde in Nachfolge des 1864 verstorbenen General Flores zum Gouverneur von Guayaquil ernannt.

Zweite Präsidentschaft (1869–75)

1866 wurde García Moreno von seinem Nachfolger Carrión als Bevollmächtigter zur Vermittlung in einem Streit zwischen Peru und Spanien um die Chincha-Inseln nach Lima entsandt (siehe Spanisch-Südamerikanischer Krieg). Dort wurde ein Attentat auf García Moreno verübt, das mit dem Tod des Attentäters endete. García Moreno begab sich in diplomatischer Mission nach Chile, wo er auch längere Zeit blieb, nachdem er im September 1867 aus Ecuador verwiesen worden war. In Ecuador war Präsident Carrión im Dezember 1867 von konservativen Kräften zum Rücktritt gezwungen worden, unter anderem um einem Staatsstreich von Urbina-treuen Kräften zuvorzukommen. Sein Nachfolger Javier Espinosa konnte das erneut politisch zerrissene Land nicht zur Ruhe bringen.

Als García Moreno im Januar 1869 aus Chile zurückkehrte, gelang es ihm schnell, wieder an die Macht zu kommen. Am 17. Januar 1869 wurde er erneut zum (Interims-)Präsidenten ernannt, da nach Carrión auch Espinosa entmachtet und abgesetzt worden war. Im Mai 1869 wurde García Moreno durch eine Nationalversammlung erneut zum verfassungsgemäßen Präsidenten gewählt. Seine Amtszeit begann allerdings erst am 10. August, bis dahin diente sein Schwager Manuel de Ascázubi als Übergangspräsident.

Gleichzeitig hatte die verfassunggebende Versammlung, die García Moreno mit ihm treuen Mitgliedern besetzt hatte, eine neue Verfassung ausgearbeitet, die den Wünschen des neuen Präsidenten sehr viel stärker Gerecht wurde als die Verfassung von 1861. Die neue Verfassung, von Kritikern als Carta Negra (dt. Schwarze Charta) bezeichnet, gab dem Präsidenten weitgehende Rechte bei der Besetzung von Richterämtern, verlängerte die Amtszeit auf sechs Jahre und erlaubte die direkte Wiederwahl. Auch die Todesstrafe für politische Verbrechen wurde wieder eingeführt, die römisch-katholische Konfession wurde praktisch zur Staatsreligion erklärt, die öffentliche und private Ausübung aller übrigen Kulte untersagt. Nachdem die Verfassung in (eingeschränkter) Volksabstimmung angenommen worden war, konnte García Moreno sein Reformprojekt uneingeschränkt durchsetzen.

Aufgrund der gefestigten Macht und der seinen Vorstellungen stärker entsprechenden Verfassung waren in der zweiten Amtszeit harte Repressionsmaßnahmen seltener notwendig. Insbesondere die Pressefreiheit war aber stark eingeschränkt. Der führende kritische Journalist, Juan Montalvo, verließ vor Vereidigung García Morenos demonstrativ das Land.

Während politische Aufstände abnahmen, nahmen nicht direkt mit García Morenos Politik, sondern mit dem allgemeinen, ungleichen Wirtschaftssystem des Landes zusammenhängende Indianeraufstände zu. Einen großen und symbolischen Aufstand der Indianer der Hügel Cacha und Amulá in der Provinz Chimborazo ließ García Moreno jedoch mit aller Macht des Heeres niederschlagen. Der Anführer, Fernando Daquilema, der sich auslieferte, um ein Massaker zu verhindern, wurde erschossen, und ist noch heute Symbolfigur der Indianerbewegung.

Wiederwahl und Ermordung (1875)

Leichnam des Präsidenten

Bei den Wahlen im Mai 1875 wurde García Moreno erneut zum Präsidenten gewählt. Bereits Ende 1874 hatte Juan Montalvo aus seinem kolumbianischen Exil über eine Zeitung in Panama zum Tyrannenmord an García Moreno aufgerufen. Diese Idee gewann nun innerhalb der radikalen politischen Opposition an Zugkraft, es bildete sich eine Verschwörergruppe, an der auch enge Vertraute von Montalvo beteiligt waren.

Am 6. August 1875, an dem er seine dritte Amtszeit antreten wollte, wurde García Moreno auf dem kurzen Weg vor der Kathedrale zum Präsidentenpalast von einer Gruppe aus vier Verschwörern aufgelauert. Ihr Anführer, ein eingebürgerter Kolumbianer, schlug mit einer Machete auf García Moreno ein, während die anderen aus Revolvern auf ihn schossen bzw. seinen Leibwächter in Schach hielten. García Moreno starb auf der Außentreppe des Präsidentenpalastes.

Daraufhin erhoben sich die Liberalen in Guayaquil und bewirkten die Wahl Antonio Borreros zum Präsidenten. Da dieser aber gemäßigt herrschte, die Anhänger García Morenos und den Klerus schonte, erhob sich bereits 1876 in Guayaquil erneut der Führer der radikalen Liberalen, General Veintimilla, besiegte die Regierungstruppen und wurde noch im Dezember 1876 in Quito zum neuen Übergangspräsidenten ausgerufen und 1877 von einer neuen verfassunggebenden Versammlung gewählt. Während in den Folgejahren das politische Klima Ecuadors deutlich liberaler wurde, setzten die folgenden Regierungen das Modernisierungsprogramm García Morenos nicht nachhaltig fort.

Politisches Programm

Das Oberziel der politischen Betätigung García Morenos war die Befriedung und Einigung Ecuadors. Die Befriedung sollte in erster Linie durch mit harter Hand durchgeführte Bekämpfung von Aufständen und gemeiner Kriminalität erreicht werden. Gleichzeitig sollten durch einen stärkeren Zentralstaat und die infrastrukturelle wie geistige Einigung des Landes die seit der Gründung des Staates immer wieder politisch und gewaltsam aufeinanderprallenden Partikularinteressen der verschiedenen Landesteile geeint werden. Zur Einigung und Modernisierung des Landes setzte García Moreno vor allem auf die Stärkung christlich-katholischer Werte und eine Verbesserung des Bildungswesens auf allen Ebenen, bei der technische, kaufmännische und landwirtschaftliche Ausbildung sowie religiöse Unterweisung Vorrangstellung einnahmen. Neben der angestrebten psychologischen Einigung der Bevölkerung setzte der Präsident auf umfassende Infrastrukturmaßnahmen zur physischen An- und Verbindung der verschiedenen Landesteile. Darüber hinaus traf er Maßnahmen zur Konsolidierung und effizienteren Verwaltung des Staatswesens und der Staatsfinanzen.

Als Basis all dessen sollte die Stärkung christlicher Moral dienen, die ein Verständnis der Regierung und Verwaltung als Dienst an Gott und Vaterland beinhaltete. In diesem Zusammenhang wurden die katholische Kirche und insbesondere religiöse Orden in zunehmende Maße in hoheitliche Aufgaben des Staates, insbesondere das Bildungswesen, eingebunden.

Besonders während seiner zweiten Regierungszeit gründete García Moreno zahlreiche Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen des Erziehungswesens, deren Betrieb er vor allem kirchlichen Institutionen anvertraute, darunter sowohl höhere Schulen zur Ausbildung von Lehrern als auch zahlreiche ländliche Dorfschulen. Er rief für den Dienst auf allen Ebenen des Bildungswesens ausländische Orden, u.a. Jesuiten, Herz-Jesu-Schwestern, Salesianer, Lazaristen, Schulbrüder und Vorsehungsschwestern, nach Ecuador. Darunter waren auch deutsche Jesuiten, insbesondere Naturwissenschaftler und Mathematiker. Von 1867 bis 1875 verdreifachte sich die Zahl der registrierten Schüler in Ecuador auf 39.000.

Im Bereich der höheren Bildung gründete García Moreno 1869 die Escuela Politécnica Nacional, die erste Technische Hochschule Ecuadors. Zu ihr gehört auch die erste wissenschaftlichen Sternwarte Südamerikas, die seit 1873 im Alameda-Park in Quito betrieben wird. Ferner betrieb García Moreno die Gründung von Banken, Berufsschulen, Manufakturen und eines Konservatoriums (unter Leitung von Antonio Neumane). Er setzte sich für die Verbesserung der Kultivierungsweisen und die Verbesserung der Geräteausstattung in der Landwirtschaft ein.

Ein zweiter wichtiger Punkt in seinem Reformprogramm war die nicht nur politisch-administrative, sondern auch wirtschaftlich-infrastrukturelle Vereinigung der Anden- mit der Küstenregion. Er betrieb daher in seiner zweiten Präsidentschaft den Bau mehrerer Straßen von Quito zur Küste. Darüber hinaus wurden die ersten Kilometer Eisenbahnlinie von Guayaquil bzw. dem heutigen Durán aus Richtung Quito errichtet.

Der dritte Teil seines Reformprogramms bestand in der Reorganisation und Sanierung des Staatshaushalts. Mit den gestiegenen Export- und Importzolleinnahmen durch den Kakaoboom und durch ein verbessertes Buchhaltungs- und Kontrollsystem in der Finanzverwaltung konnte er die finanzielle Situation des Staates deutlich verbessern und die Auslandsschulden neu verhandeln.

Bewertung

Die Bewertung der Politik García Morenos ist durch diese beiden Säulen seiner Politik, sein klerikal-autoritärer Regierungsstil und sein umfassendes Modernisierungsprogramm, noch heute kontrovers.

Einerseits stärkte er deutlich die Zentralgewalt und die staatliche Einheit in Ecuador und leitete eine Modernisierung in die Wege, die Ecuador wirtschaftlich voranbrachte. In konservativen Kreisen wird er manchmal gar als Märtyrer für die nationale Einheit angesehen.

Auf der anderen Seite steht das Bild eines autoritären, theokratischen Diktators, der Ecuador in einen Gottesstaat habe verwandeln wollen. Angeführt wird häufig, dass García Moreno 1874 nach einem vom Kongress 1873 beschlossenen Gesetz den ecuadorianischen Staat dem Herzen Jesu geweiht hat. Die Zeremonie fand in der Kathedrale von Quito als kirchlich-staatliche Feier statt, bei der der Erzbischof von Quito, José Ignacio Checa, und García Moreno entsprechende Weiheversprechen machten. Er war darüber hinaus das einzige Staatsoberhaupt, das nach der Besetzung Roms durch italienische Truppen unter König Viktor Emanuel II. im September 1870 offiziellen Protest gegen die „Plünderung des Heiligen Stuhls“ und die Annexion des Kirchenstaats erhob.

García Moreno selbst wird als sparsamer, persönlich integerer Politiker überliefert. Ihm wird attestiert, weder verschwenderisch regiert zu haben noch korrupt gewesen zu sein, was ihn im politischen Leben seiner Zeit zu einem Sonderfall machte. Andererseits wird er auch als zu Kompromissen und Zugeständnissen unfähige, sehr ehrgeizige Persönlichkeit beschrieben.

Nachleben

Im Rahmen seiner Bemühungen um die Reform des Justizwesens ließ García Moreno 1871 in Quito ein neues, modellhaftes Strafgefängnis errichten, das noch heute genutzt wird und García Morenos Namen trägt. Diverse Personen des öffentlichen Lebens, darunter ehemalige und zukünftige Staatspräsidenten, saßen im späten 19. und 20. Jahrhundert meist aus politischen Gründen dort eine Zeitlang ein, darunter Eloy Alfaro (der 1912 dort ermordet wurde), Mariano Suárez Veintimilla (der 1947 aus diesem Gefängnis in das Präsidentenamt berufen wurde), Jaime Roldós, Osvaldo Hurtado und Lucio Gutiérrez.[1]

García Morenos sterbliche Überreste befinden sich seit 1990 in der neuen Krypta der Basílica del Voto Nacional in Quito, deren Bau 1892 als Erinnerung an die Weihezeremonie des Landes zu Ehren des Herzen Jesu begonnen wurde. Sein Herz befindet sich in der Herz-Jesu-Kapelle der Basilika.

García Moreno und die durch seine Regierung geprägte Epoche hinterließen deutliche Spuren auch in der ecuadorianischen Literatur. Juan Montalvo erklärte sich mit dem Satz „Mi pluma lo mató“ (Meine Feder hat ihn getötet) zum intellektuellen Urheber des Attentats. Die bedeutenden Schriftsteller Benjamín Carrión und Alicia Yánez Cossío verfassten literarische Werke über das Leben García Morenos. Yánez Cossíos sehr garcíamoreno-kritischer Roman Sé que vienen a matarme (Ich weiss, dass sie kommen, um mich zu töten) wurde 2007 unter der Regie von Carl West als Fernsehfilm für Ecuavisa verfilmt.[2]

Literatur

  • Julián B. Ruiz Rivera: García Moreno. Dictador ilustrado del Ecuador, Madrid: Anaya, 1988 (Biblioteca Iberoamericana 26), ISBN 84-207-3089-0.
  • Pilar Ponce: Gabriel Garcia Moreno, Madrid: Ed. Historia 16, 1987 (Serie Protagonistas de America), ISBN 84-7679-072-4.
  • Benjamín Carrión: García Moreno. El santo del patíbulo, Mexiko-Stadt: Fondo de Cultura Económica, 1959.
  • Amara George-Kaufmann (= Mathilde Kaufmann): Don Gabriel Garcia Moreno, Präsident der Republik Ecuador. Ein Lebensbild, nach historischen Quellen entworfen, Freiburg i. Br.: Herder, 1891.
  • Augustin Berthe: Garcia Moreno, président de l'Équateur, vengeur et martyr du droit chrétien (1821–1875), Paris: Retaux-Bray, 3 Bde. 1888-
  • Adolf von Berlichingen: Gabriel Garcia Moreno, Präsident der Republik Ecuador, Ein Leben im Dienst des Königtums Jesu Christi, Dettelbach: Sanctus Verlag, 2007 (Original von 1884), ISBN 3-89754-907-7 bzw. ISBN 978-3-89754-907-4.
  • Alicia Yánez Cossío, Sé que vienen a matarme (Roman, 2001)

Weblinks

Die Texte folgenden spiegeln die noch heute vorhandene zwiegespaltene Bewertung García Morenos wider.

Einzelnachweise

  1. http://www.lahora.com.ec/noticiacompleta.asp?noid=376398
  2. ‘Sé que vienen a matarme’, El Universo, 8. August 2007 (spanisch)

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