Gaius Octavius Thurinus

Gaius Octavius Thurinus
Augustus mit Bürgerkrone (corona civica)
So genannte „Augustus Bevilacqua“-Büste, Münchner Glyptothek

Augustus (* 23. September 63 v. Chr.[1] als Gaius Octavius in Rom;[2]19. August 14 n. Chr. in Nola bei Neapel) gilt als erster römischer Kaiser.

Der Großneffe und Haupterbe Gaius Iulius Caesars gewann die Machtkämpfe, die auf dessen Ermordung im Jahr 44 v. Chr. folgten, und war von 31 v. Chr. an Alleinherrscher des Römischen Reiches. Er setzte dem Jahrhundert der Römischen Bürgerkriege ein Ende und begründete die julisch-claudische Kaiserdynastie. Unter der Devise der Wiederherstellung der Republik (restitutio rei publicae) betrieb er in Wirklichkeit deren dauerhafte Umwandlung in eine Monarchie in Form des Prinzipats. Seine Herrschaft mündete in eine lang anhaltende Zeit inneren Friedens, die als Pax Augusta verklärt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Namen und Titel des Augustus

Inschrift auf dem Markttor von Ephesus mit der offiziellen Titulatur des Augustus

Der Geburtsname des späteren Augustus lautete Gaius Octavius. Laut Sueton trug er ursprünglich das Cognomen Thurinus.[3] Cassius Dio nennt den Namen Kaipias als weiteres, jedoch wenig beachtetes Cognomen des Augustus.[4] Nach der testamentarischen Adoption durch Caesar nahm er im Jahr 44 v. Chr. dessen Namen offiziell an (C. Iulius Caesar bzw. in vollständiger Form mit Filiation Gaius Iulius C. f. Caesar).[5] Den Namenszusatz Octavianus, wie er nach einer Adoption eigentlich üblich gewesen wäre, hat er wohl nie geführt.[6] Dennoch verwendet die moderne geschichtswissenschaftliche Literatur für die Zeit seines Aufstiegs meist die Namen Octavian oder Oktavian, um ihn von Gaius Iulius Caesar zu unterscheiden. Spätestens nach der offiziellen Apotheose Iulius Caesars im Jahr 42 v. Chr. lautete der neue Name seines Stiefsohns Gaius Iulius Divi filius Caesar.[7] Nach der Annahme des Titels Imperator als Vorname – vielleicht 38 v. Chr., spätestens 31 v. Chr. – verwendete er Caesar an Stelle des Gentilnamens Iulius (Imperator Caesar Divi filius).[8]

Am 16. Januar 27 v. Chr. verlieh ihm der Senat den Ehrennamen Augustus (dt.: „der Erhabene“), so dass sich als vollständige Form Imperator Caesar Divi filius Augustus ergab.[8] Der Name Augustus wurde wie der Name Caesar mit Beginn der Regierungszeit seines Nachfolgers Tiberius zum Bestandteil der römischen Kaisertitulatur.[9] Zum Zeitpunkt seines Todes lautete sein vollständiger Name und Titel Imperator Caesar Divi filius Augustus, Pontifex Maximus, Co(n)s(ul) XIII, Imp(erator) XXI, Trib(uniciae) pot(estatis) XXXVII, P(ater) p(atriae) (zu deutsch etwa: „Imperator Caesar, Sohn des Vergöttlichten,[10] der Erhabene, Höchster Oberpriester, 13 Mal Konsul, 21 Mal Imperator,[11] 37 Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt, Vater des Vaterlandes“). Nach seiner Konsekration im Jahr 14 n. Chr. wurde sein offizieller Name als Divus Augustus Divi filius weitergeführt.[12]

Leben

Die Lebensgeschichte des Kaisers Augustus handelt von zwei vollkommen gegensätzlichen Persönlichkeiten: einerseits von einem jungen, ehrgeizigen, mitunter grausamen Politiker, der im Kampf um die höchste Macht weder Gesetz noch Skrupel kannte, andererseits von dem Kaiser, der – einmal im Besitz dieser Macht – äußerst klugen Gebrauch von ihr machte und mit dem Prinzipat eine neue, dauerhafte Staatsordnung an die Stelle der in 100 Jahren Bürgerkrieg gänzlich zerrütteten Republik setzte.

Herkunft und Jugend

Caesars Tod im Senat 44 v. Chr.
(Historiengemälde von Jean-Léon Gérôme, 1867)

Augustus und seine Schwester Octavia waren die Kinder des Gaius Octavius und seiner Frau Atia, einer Nichte Gaius Iulius Caesars.[13] Die Familie seines Vaters gehörte den Equites, dem römischen Ritterstand an, also dem niederen, plebejischen Landadel.[14] Sie war wohlhabend, aber wenig bedeutend. Gaius Octavius soll Geldverleiher gewesen sein, stieg aber in den Senat auf und gelangte bis zur Praetur. Nach dem Tod des Vaters 58 v. Chr. wuchs der junge Gaius zunächst auf dem Landgut seiner Großmutter Iulia, der Schwester Caesars, in Velitrae auf,[15] später im Haus seines Stiefvaters Lucius Marcius Philippus in Rom. Nach Sueton hielt er im Jahr 51 v. Chr. die Leichenrede für seine Großmutter und legte 49 v. Chr. die Männertoga (toga virilis) an.

Da Caesar keinen gesetzlich anerkannten Sohn hatte, nahm er sich seines Großneffen an. So wurde er dank Caesars Fürsprache 48 v. Chr. in das Kollegium der Pontifices aufgenommen; 47 v. Chr. war Octavius Praefectus urbi, da sich die Konsuln während des Latinerfestes nicht in Rom aufhielten. 46 v. Chr. ließ Caesar ihn an seinem Triumphzug anlässlich des Sieges im Bürgerkrieg teilnehmen. Im Jahr darauf begleitete der junge Gaius Octavius seinen Großonkel auf dessen Kriegszug gegen die Söhne des Pompeius nach Spanien, wo er Caesar offenbar durch seine Tapferkeit beeindruckte. Er sollte auch als Reiterführer (magister equitum) an dem geplanten Feldzug gegen die Parther teilnehmen und war mit seinen Freunden Marcus Vipsanius Agrippa und Salvidienus Rufus bereits nach Apollonia im heutigen Albanien vorausgeschickt worden. Dort erreichte ihn im Frühjahr 44 v. Chr. die Nachricht von Caesars Ermordung. Während seiner Rückreise nach Rom erfuhr er, dass der Diktator ihn durch Testamentsverfügung adoptiert und zum Haupterben seines Privatvermögens eingesetzt hatte.

Aufstieg zur Macht

Bronzebüste des Octavian
(Fund aus Meroe, Nubien; heute London, Britisches Museum)

Die testamentarische Adoption eines Erwachsenen war zwar ungewöhnlich, entsprach aber geltendem Recht.[16] Daher nahm Gaius Octavius, sobald er zurück in Rom war, das Testament sowie alle damit verbundenen Verpflichtungen an und nannte sich fortan nach seinem Adoptivvater Gaius Iulius Caesar. In dem Konflikt zwischen dessen Anhängern – die sich um Marcus Antonius scharten – und den republikanisch gesinnten Caesarmördern um Gaius Cassius Longinus sowie Marcus und Decimus Iunius Brutus spielte er anfangs keine Rolle.

Marcus Antonius beanspruchte als Unterfeldherr Caesars und dessen Mitkonsul für das Jahr 44 v. Chr. die Führung der caesarianischen Partei für sich. So weigerte er sich zunächst, das Vermögen des Diktators an Octavian herauszugeben. Dieser zahlte dennoch die in Caesars Testament vorgesehenen Legate an dessen Veteranen und die Bevölkerung Roms aus. Dafür nutzte er die in Apollonia beschlagnahmte, für den Partherkrieg vorgesehene Kriegskasse, versteigerte aber auch eigene Güter. Dieses Vorgehen brachte ihm rasch eine große Zahl von Anhängern und damit auch politisches Gewicht ein. Der einflussreiche Senator und Konsular Marcus Tullius Cicero, der nicht zu den Verschwörern gehört hatte, aber mit der republikanischen Sache sympathisierte, unterstützte den scheinbar unerfahrenen jungen Mann, in der Hoffnung, ihn als politisches Gegengewicht zu Marcus Antonius aufbauen zu können. Octavian ging vordergründig darauf ein, verfolgte aber seine eigenen Pläne und stützte sich dabei auf eigene, erfahrene Ratgeber.

Dazu gehörten persönliche Freunde wie der wohlhabende Gaius Maecenas, Agrippa und Salvidienus Rufus sowie Octavians Stiefvater Lucius Marcius Philippus. Als Lehrer und philosophische Berater zog Octavian Athenodoros von Tarsos und Areios von Alexandria zu Rate. Von besonderer Bedeutung war, dass Octavian sofort zwei der engsten Berater Caesars übernahm: Gaius Oppius und Lucius Cornelius Balbus. Oppius hatte zuvor Caesars Korrespondenz verwaltet und seinem Nachrichtendienst vorgestanden; Balbus war Caesars Privatsekretär gewesen, hatte als „graue Eminenz“ hinter dem Diktator gegolten und während dessen häufiger Abwesenheit von Rom inoffiziell die Amtsgeschäfte geführt. Oppius und Balbus wurden zu wichtigen Vertrauensmännern Octavians, die starken Einfluss auf seine ersten Schritte als Caesars Erbe nahmen. So stand dem vermeintlich unerfahrenen Octavian vom Beginn seiner politischen Laufbahn an ein umfangreicher Beraterstab zur Verfügung, der ihn nachhaltig unterstützte.[17]

Bündnis mit den Republikanern

Während Antonius Ende des Jahres 44 v. Chr. in Gallia cisalpina Decimus Brutus angriff, baute Octavian in Italien ein Heer aus Veteranen Caesars auf. Auf Drängen Ciceros, der den Kampf gegen Marcus Antonius forderte und dazu Octavians Truppen benötigte, bestätigte der Senat Anfang 43 v. Chr. dessen angemaßte militärische Befehlsgewalt. Darüber hinaus ernannte er den noch nicht 20-Jährigen zum Senator, verlieh ihm ein proprätorisches Kommando über seine Legionen sowie den Rang eines Konsularen und gestattete ihm die Übernahme aller Ämter zehn Jahre vor dem gesetzlich festgelegten Mindestalter. Octavian ging jetzt sogar ein Bündnis mit den Republikanern ein. Noch im selben Jahr besiegte er Antonius im Mutinensischen Krieg gemeinsam mit einem Senatsheer unter den Konsuln Aulus Hirtius und Gaius Vibius Pansa Caetronianus.

Beide Oberhäupter der Republik kamen in dem Krieg um, und Octavian verlangte nun eines der freigewordenen Konsulate für sich. Als der Senat dies verweigerte, marschierte Octavian mit seinen Truppen auf Rom und bemächtigte sich staatsstreichartig der Stadt. Am 19. August 43 v. Chr. erzwang er seine Wahl zum Konsul sowie die Ächtung der Caesarmörder. Mittlerweile hatte Antonius wieder mehr Legionen unter seinen Befehl gebracht als vor seiner Niederlage. Daher – und weil Octavian auf der politischen Bühne Roms nun als „Rächer“ seines Adoptivvaters auftrat – wechselte er die Seiten und ging mit den Führern der caesarianischen Partei ein Bündnis ein. Nach dem Vorbild Caesars, Pompeius’ und Crassus’ aus dem Jahr 60 v. Chr. bildeten Octavian, Marcus Antonius und der Reiterführer Marcus Aemilius Lepidus im Oktober 43 v. Chr. ein zweites Triumvirat. Zu dessen Bekräftigung heiratete Octavian Antonius’ Stieftochter Clodia.

Das Zweite Triumvirat

Aureus der beiden Triumvirn Marcus Antonius (Vorderseite) und Octavian (Rückseite), 41 v. Chr.

Die „Dreimännerherrschaft zur Ordnung des Staates“ (tresviri rei publicae constituendae), wie das Bündnis offiziell hieß, beruhte allein auf der militärischen Macht der Triumvirn, also auf ihrer Verfügungsgewalt über die weitaus meisten römischen Legionen.[18] Sie ließen sich von der Volksversammlung am 27. November 43 v. Chr. diktatorische Machtbefugnisse auf fünf Jahre übertragen. Wie zur Zeit Sullas wurden nun Proskriptionslisten veröffentlicht und alle, die darauf verzeichnet waren, für vogelfrei erklärt. Laut Sueton soll sich Octavian anfangs gegen die Proskriptionen gewehrt, sie dann aber unnachsichtiger durchgeführt haben als seine beiden Kollegen. Auf Antonius’ Betreiben fiel dem Massaker an den politischen Gegnern der Triumvirn auch Cicero zum Opfer.

Die Proskriptionen erfüllten zwar nicht die finanziellen Erwartungen der Triumvirn, doch sie dezimierten die republikanische Führungsschicht im Senat von Rom, dessen Lücken die Machthaber mit loyalen Anhängern füllten. Ähnlich verfuhren sie mit den Magistraten anderer Städte. Diese und andere Maßnahmen verschoben die Gewichte innerhalb der römischen Führungsschicht entscheidend zu Ungunsten der republikanisch gesinnten Kräfte. Es waren diese Umwälzungen, die der Augustus-kritische Althistoriker Ronald Syme als „Roman revolution“ bezeichnete.

Im Jahr 42 v. Chr. gingen Antonius und Octavian nach Griechenland, wo die Caesarmörder Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus ihre Streitkräfte gesammelt hatten. Deren Niederlage in der Schlacht bei Philippi in Makedonien im Herbst bedeutete den endgültigen Untergang der römischen Republik. Da der Sieg im Wesentlichen Antonius zu verdanken war, nahm dessen Gewicht innerhalb des Triumvirats weiter zu.

Als die Triumvirn nach Philippi ihre Einflusssphären absteckten, erhielt Antonius zusätzlich zu Gallia Comata die Narbonensis und gab dafür die Gallia cisalpina auf, die fortan gemeinsam mit Italien verwaltet wurde. Ferner sollte er die Verhältnisse in den wohlhabenden Ostprovinzen ordnen. Lepidus wurden, nachdem er ursprünglich ganz ausgeschaltet werden sollte, die beiden nordafrikanischen Provinzen zugesprochen – damals die Kornkammer Roms. Octavian erhielt die beiden spanischen Provinzen und die schwierige Aufgabe, die Veteranen in Italien anzusiedeln, das von den Triumvirn gemeinsam verwaltet wurde. Diese Versorgung der so genannten Heeresclientel wurde seit der marianischen Heeresreform von jedem Feldherrn erwartet, der sich die politische Unterstützung seiner Veteranen sichern und das Vertrauen künftiger Legionäre erwerben wollte.

Bei den Landverteilungen kam es zu brutalen Enteignungen und Vertreibungen nicht nur einzelner Landbesitzer, sondern ganzer Stadtbevölkerungen. Octavian war damals allgemein verhasst. Überdies kam es wegen der Landverteilung zu schweren Differenzen mit Antonius’ Bruder Lucius, den Octavian aber im Perusinischen Krieg besiegte. Antonius landete daraufhin mit seinen Truppen in Italien. Die Legionen beider Triumvirn verweigerten aber den Kampf und zwangen sie zu einem erneuten Bündnis. Der Vertrag von Brundisium vom Herbst 40 v. Chr. sah unter anderem die Heirat Antonius’ mit Octavians Schwester Octavia vor.

Octavian hatte im selben Jahr – nach dem Tod seiner ersten Frau Clodia – Scribonia geheiratet, eine Verwandte von Pompeius’ Sohn Sextus. Sie schenkte ihm eine Tochter, Iulia, die sein einziges leibliches Kind bleiben sollte. Aber noch vor Iulias Geburt verstieß er ihre Mutter wieder, um im Jahr 38 v. Chr. Livia Drusilla zu ehelichen. Der Skandal wurde noch dadurch vergrößert, dass er Livia in sein Haus aufnahm, noch bevor sie sich von ihrem bisherigen Mann, dem überzeugten Republikaner Tiberius Claudius Nero, hatte scheiden lassen können. Die Frau, die zu seiner engsten Ratgeberin wurde, brachte die beiden Söhne Tiberius und Drusus mit in die Ehe. Tiberius sollte schließlich der Nachfolger seines Stiefvaters als Kaiser werden.

Kampf um die Alleinherrschaft

██ Octavians Machtbereich im Jahr 32 v. Chr.
██ Antonius' Machtbereich
██ Antonius' Vasallen und Verbündete

Der letzte politische Gegner der Triumvirn, der noch über nennenswerte militärische Macht verfügte, war Sextus Pompeius mit seiner Flotte. Er kontrollierte Sizilien und gefährdete die Kornzufuhr nach Rom, was Octavians Autorität dort zusätzlich untergrub. Auf Druck des Senats schloss Octavian 39 v. Chr. mit Sextus Pompeius den Vertrag von Misenum, in dem er ihm Sardinien, Korsika, Sizilien und die Peloponnes überlassen und ein Konsulat für das Jahr 35 v. Chr. zusichern musste. Da diese Zugeständnisse Octavians Macht erheblich einschränkten, setzte er bereits im folgenden Jahr alles daran, Pompeius’ Einfluss zurückzudrängen. Das Triumvirat wurde 38 v. Chr. um weitere fünf Jahre verlängert. Zwei Jahre darauf, 36 v. Chr., besiegte Octavians Feldherr Marcus Vipsanius Agrippa Pompeius in der Seeschlacht von Naulochoi vor der Nordküste Siziliens. Als es Octavian kurz darauf gelang, auch Lepidus zu entmachten, dessen Truppen zu ihm übergelaufen waren, beherrschte er den gesamten Westen des Reichs. Im Kampf um die Alleinherrschaft stand ihm nur noch Antonius im Wege.

Während Octavian von Ende 35 bis Anfang 34 v. Chr. bei kleineren Feldzügen in Dalmatien ein schlagkräftiges Heer in Form brachte, führte sein Rivale einen erfolglosen Krieg gegen die Parther. Sie waren bereits 40 v. Chr. unter dem Befehl des Quintus Labienus, eines Anhängers der republikanischen Sache, in Syrien eingedrungen. Zudem ging Antonius eine dauerhafte Beziehung mit Königin Kleopatra VII. von Ägypten ein, deretwegen er im Jahr 32 v. Chr. die in Rom äußerst populäre Octavia verstieß. Als er im selben Jahr daran ging, Teile des römischen Ostens an Kleopatra und ihre gemeinsamen Kinder zu verschenken, verlor er in Rom fast jeden Rückhalt. Octavian nutzte Antonius’ Verhalten propagandistisch geschickt aus. Um ihm auch noch seine letzten Anhänger abspenstig zu machen, schreckte er nicht einmal vor einem Sakrileg zurück: Er zwang die Vestalinnen zur Herausgabe des bei ihnen hinterlegten Testaments des Antonius und ließ es in Auszügen vor dem Senat und der Volksversammlung verlesen. Zuvor hatten zwei Zeugen der Testamentsausfertigung, die Senatoren Lucius Munatius Plancus und Marcus Titius, die im Herbst 32 v. Chr. von Antonius abgefallen waren, Octavian über den Inhalt des Dokuments informiert: Danach hatte Antonius Kleopatras Kinder als Erben römischer Gebiete eingesetzt, Caesarion als leiblichen Sohn Caesars anerkannt und bestimmt, dass er neben Kleopatra in Alexandria bestattet werden wolle.[19] Als dies bekannt wurde, enthob der Senat Antonius aller Ämter. Da Octavian die ägyptische Königin als Urheberin von Antonius’ „romfeindlichem“ Verhalten darstellte, erklärte der Senat sie zur Staatsfeindin und Ägypten den Krieg. Mit diesem Schachzug war es Octavian gelungen, den Kampf gegen einen innenpolitischen Gegner in einen Krieg Roms gegen einen äußeren Feind umzumünzen. Wer Antonius von da an noch unterstützte, half damit auch diesem äußeren Feind und musste in den Augen traditionell denkender Römer als Verräter erscheinen.

Octavians und Antonius’ triumvirale Befugnisse waren formell schon am 1. Januar 32 v. Chr. abgelaufen und ihre prokonsularischen Kompetenzen bestanden nur noch provisorisch. Daher benötigte Octavian zur Kriegführung die Verleihung einer neuen Amtsgewalt. Er ließ sich zum „Führer Italiens“ (dux Italiae) ausrufen, dem der gesamte Westen den Treueid leisten musste.[20] Zudem übernahm er für das folgende Jahr erneut das Konsulat. Aus dieser rechtlich abgesicherten Position heraus eröffnete Octavian im Jahr 31 v. Chr. den Krieg gegen Antonius. Schon der erste Zusammenstoß der beiden Rivalen brachte die Entscheidung. In der Seeschlacht bei Actium – am Ausgang des Ambrakischen Golfs in Epirus – unterlagen Antonius und Kleopatra am 2. September 31 v. Chr. den Streitkräften Octavians und Agrippas. Diese nahmen im folgenden Jahr Alexandria ein, woraufhin Antonius und Kleopatra Selbstmord begingen. Ägypten verlor seine Selbstständigkeit und wurde als neue römische Provinz annektiert. Damit endete der Krieg zweier Männer um die Macht in Rom und zugleich die 100 Jahre währende Epoche der römischen Bürgerkriege. Als Zeichen dafür, dass im ganzen Reich Frieden herrschte, wurden am 12. Januar 29 v. Chr. die Tore des Janustempels auf dem Forum Romanum geschlossen. Dies geschah laut Titus Livius erst zum dritten Mal seit der sagenhaften Gründung Roms 753 v. Chr.[21]

Augustus als Princeps

Am 13. Januar des Jahres 27 v. Chr. begann in Rom ein mehrtägiger Staatsakt, der den Ausnahmezustand des Bürgerkriegs auch offiziell beendete. Formal wurde damit die alte Ordnung der Republik wiederhergestellt, tatsächlich aber eine völlig neue, monarchische Ordnung geschaffen: das spätere römische Kaisertum in Gestalt des Prinzipats mit republikanischer Fassade. Auf Vorschlag des Lucius Munatius Plancus verlieh der Senat Octavian am 16. Januar den neu geschaffenen Ehrennamen Augustus.

In den Jahren nach Actium stand der Alleinherrscher vor drei großen Aufgaben: den Staat neu aufzubauen, das Reich nach innen und außen zu sichern und die Nachfolge zu regeln, um seinem Werk auch über seinen Tod hinaus Dauer zu verleihen. Da Augustus all das gelang, markiert der Staatsakt vom Januar 27 v. Chr. nicht nur den Beginn seiner 40-jährigen Regierungszeit als Princeps, sondern auch den einer ganz neuen Epoche der römischen Geschichte.

Die Begründung des Prinzipats

Das Problem
Augustus als Triumphator
(Kamee, Lotharkreuz)

Als Octavian im Sommer 29 v. Chr. aus dem Osten nach Rom zurückgekehrt war und einen dreifachen Triumphzug abgehalten hatte,[22] stand er vor dem gleichen Problem, an dem Caesar 15 Jahre zuvor gescheitert war: Eine Staatsordnung zu schaffen, die für das in mehr als 400 Jahren gewachsene, republikanische Rechtsverständnis der Römer akzeptabel war und zugleich der Tatsache gerecht wurde, dass die tatsächliche Macht seit 70 Jahren nicht mehr beim Senat, den Konsuln und den anderen republikanischen Institutionen lag, sondern bei den Befehlshabern der Legionen. Von Marius und Sulla über das 1. und das 2. Triumvirat hatten immer wieder Machthaber eine außerordentliche Gewalt errungen. Es ging nun darum, diese außerordentliche Gewalt der Militärdespoten in eine ordnungsgemäße umzuwandeln, sie also rechtlich in das bisherige Staatsgefüge einzufügen.

Die einfache Wiederherstellung der alten Adelsrepublik kam für Octavian aus zwei Gründen nicht in Frage: Zum einen war die staatstragende Bevölkerungsschicht der Republik, der Senatsadel, durch die Bürgerkriege weitgehend vernichtet worden. Zum anderen erforderte die Ausdehnung des Reichs eine große Zahl von Legionen. Dies hätte deren Befehlshaber immer wieder in die Lage versetzt, sich zum Imperator ausrufen zu lassen und die Macht an sich zu reißen, wie es in den Jahrzehnten des Bürgerkriegs – von Marius über Sulla bis zu Caesar – immer wieder geschehen war. Es ging also darum, die Befehlsgewalt, das imperium, über das Gros des römischen Militärs in einer Hand zu vereinen: Die Heeresclientel musste monopolisiert werden.

Die Lösung

Nach den Wirren der vorangegangenen Jahrzehnte waren auch die Römer – traditionell eher gegen jede Art von Alleinherrschaft eingestellt – bereit, die militärische Macht in die Hand eines Mannes zu legen. Octavian ging dabei aber so klug vor, nicht den Königstitel anzustreben, sondern die republikanische Ordnung rein formell wiederherzustellen.

Wie schon im Kampf gegen Antonius erwies sich Octavian auch bei dieser Aufgabe als Meister der politischen Propaganda. Dies geht aus seinem Tatenbericht (Res Gestae Divi Augusti) hervor, in dem er gegen Ende seines Lebens folgendes Bild von seiner Handlungsweise zeichnete:

„In meinem 6. und 7. Konsulat (das heißt 28 und 27 v. Chr.), nachdem ich den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt hatte, habe ich, der ich mit Zustimmung der Allgemeinheit zur höchsten Gewalt gelangt war, den Staat („rem publicam“) aus meinem Machtbereich wieder der freien Entscheidung des Senats und des römischen Volkes übertragen. Für dieses, mein Verdienst wurde ich auf Senatsbeschluss Augustus genannt. (…) Seit dieser Zeit überragte ich zwar alle an Einfluss und Ansehen; an Macht aber besaß ich hinfort nicht mehr als diejenigen, die auch ich als Kollegen im Amt gehabt habe.“

Die Realität hinter diesem Bild sah jedoch anders aus: Augustus legte sich zwar nicht den Königstitel zu, aber er ließ sich von den bestehenden republikanischen Ämtern und Gewalten all jene übertragen, die ihm in ihrer Bündelung zu einer monarchischen, königsgleichen Stellung verhalfen. Gleichzeitig ermöglichte ihm dieses Vorgehen, sich als Amtsträger der Republik darzustellen.

Realität und Propaganda
Augustus als Princeps, mit der Bürgerkrone auf dem Haupt
(Rom, Kapitolinische Museen)

In der Tat suchte Octavian gleich nach seiner Rückkehr die Unterstützung der alten Adelsgeschlechter und ging daran, das Ansehen der republikanischen Institutionen zu stärken. So ließ er aus dem Senat 190 Mitglieder ausschließen, die als nicht standesgemäß galten. Gleichzeitig füllte er die gelichteten Reihen des Senatsadels wieder auf, indem er verdiente Personen in den Patrizierstand erhob. Er selbst nannte sich – betont bescheiden – princeps senatus, Erster des Senats, ein Titel, den es früher schon gegeben hatte und lediglich einen primus inter pares meinte, einen Ersten unter Gleichen. Daraus entwickelte sich die Bezeichnung Prinzipat für die augusteische Herrschaftsform, die etwa so viel bedeutet wie „Herrschaft des ersten Bürgers“. Großen Eindruck bei der Bevölkerung Roms machte der neue Princeps Ende des Jahres 28 v. Chr., als er alle Gesetze aus der Zeit des Triumvirats aufheben ließ.

Am 13. Januar 27 v. Chr. schließlich, dem ersten Tag des Staatsakts, legte Octavian die gesamte außerordentliche Militärgewalt über die Provinzen zurück in die Hände des „gereinigten“ Senats. Damit bildete dieser wieder das zentrale Herrschaftsorgan. Die Republik war formal wiederhergestellt. Allgemein war von der res publica restituta die Rede. So weit stimmten die Tatsachen mit Augustus’ propagandistischer Version überein.

Gleich am nächsten Tag aber übertrug der Senat die Herrschaft über die Hälfte der Provinzen wieder an Octavian, und zwar die Hälfte derer, die an den Rändern des Imperiums lagen und in denen daher das Gros der Legionen stand. Da Octavian – vertreten durch Legaten – die Befehlsgewalt (imperium proconsulare) über sie behielt, blieb er also Militärmachthaber und alleiniger Patron der Heeresclientel – dies aber nun im Rahmen der Gesetze. Das Reich gliederte sich fortan in kaiserliche und senatorische Provinzen.

Ein weiteres republikanisches Element der neuen Staatsordnung war die Rückkehr zur jährlichen Neubesetzung der Magistrate. Eines der zwei Konsulate nahm der Princeps in den nächsten Jahren allerdings regelmäßig für sich in Anspruch. Dies änderte sich mit der Revision der Prinzipatsverfassung am 1. Juli 23 v. Chr. Bis auf zwei Jahre verzichtete Augustus von da an auf das Konsulat. Stattdessen ließ er sich auf Lebenszeit die tribunizische Gewalt (tribunicia potestas) übertragen, also nicht das Amt des Volkstribunen, sondern „nur“ dessen Amtsbefugnisse. Damit gewann er das Recht, den Senat und die Volksversammlungen einzuberufen, diesen Gesetze vorzuschlagen, sein Veto gegen Senatsbeschlüsse einzulegen und sogar den Konsuln Amtshandlungen zu verbieten. Um auch den Magistraten in Rom und Italien Anweisungen geben zu können, wurden der tribunicia potestas des Augustus alle konsularischen Sonderrechte hinzugefügt, die einem Volkstribunen eigentlich nicht zustanden. Damit wurde die tribunizische Gewalt zur Quelle der kaiserlichen Macht in Rom und Italien. Durch die Aufgabe des ständigen Konsulats verlor Augustus jedoch seine Weisungsbefugnis gegenüber den Prokonsuln des Senats und damit auch gegenüber den senatorischen Provinzen. Um diese wiederherzustellen, ließ er sich eine übergeordnete prokonsularische Gewalt (imperium proconsulare maius) übertragen.

Mit der Revision der Prinzipatsverfassung legte Augustus zwar formell das Konsulat nieder, behielt aber faktisch alle Befugnisse eines Konsuls. Durch seinen Verzicht auf das Konsulat hatte er jedoch bis auf die Purpurtoga und die Corona Triumphalis alle äußeren Rangabzeichen verloren, die auf seine zentrale Stellung hindeuteten. Um dies auszugleichen, wurden dem Princeps 19 v. Chr. die konsularischen Ehrenrechte zuerkannt: So wurde er wieder ständig von zwölf Liktoren begleitet und durfte im Senat zwischen den beiden amtierenden Konsuln Platz nehmen. Augustus verzichtete also augenscheinlich auf die absolute Macht, indem er den Senatsadel daran teilhaben ließ, behielt aber in Wirklichkeit alle wichtigen Funktionen in Staat und Militär in seiner Hand.

Augustus-Titel und weitere Ehrungen
Aureus des Augustus, auf der Rückseite hält die Siegesgöttin Victoria einen Lorbeerkranz über den Augustus verliehenen Ehrenschild, CL(ipeus) V(irtutis), 19 v. Chr.

Der Ehrenname Augustus (der Erhabene), den der Senat Octavian am letzten Tag des Staatsakts vom Januar 27 v. Chr. verlieh, erinnerte an das augurium, eine Kulthandlung zur Deutung des Willens der Götter, die der Sage nach schon Romulus vorgenommen hatte. Der Name setzte seinen Träger also mit dem legendären Gründer der Stadt Rom gleich und verlieh der obersten politischen Gewalt im Staat eine sakrale Aura, wie sie die Konsuln zu Zeiten der Republik nie besessen hatten. Mit dem neuen Titel verlieh der Senat dem Princeps auch einen Ehrenschild (clipeus virtutis) auf dem die Tugenden des Augustus gepriesen wurden (Tapferkeit, Milde, Gerechtigkeit, Pflichterfüllung gegenüber den Göttern und dem Vaterland).

Die sakrale Würde des Princeps wurde weiter gestärkt, als im Jahre 13 oder 12 v. Chr. Marcus Aemilius Lepidus starb. Augustus’ einstiger Kollege im Triumvirat hatte nach seiner Entmachtung lediglich das Amt des Pontifex Maximus behalten dürfen. Nun übernahm Augustus auch dieses Amt; als oberster Priester des römischen Staatskultes konnte er nun auch alle Belange der religio Romana in seinem Sinne regeln.

Als weitere Ehrung beschloss der Senat 8 v. Chr., den Monat Sextilis in Augustus umzubenennen. Als Grund für die Wahl dieses Monats anstelle von Augustus’ Geburtsmonat September wurde angeführt, dass er im Sextilis erstmals Konsul geworden sei und drei Triumphe gefeiert habe. Außerdem markiere dieser Monat, in dem Ägypten erobert worden war, das Ende der Bürgerkriege.[23] Der eigentliche Grund könnte aber gewesen sein, dass der Sextilis direkt auf den nach Caesar benannten Juli folgte.[24]

Am 5. Februar des Jahres 2 v. Chr. verlieh der Senat Augustus schließlich den Titel pater patriae („Vater des Vaterlandes“), auf den er besonders stolz war, denn er war mehr als eine bloße Ehrenbezeichnung. Vielmehr führte er jedermann vor Augen, dass dem Kaiser gegenüber allen Reichsangehörigen die gleiche Autorität zustand wie jedem römischen Familienoberhaupt, dem pater familias, über die Seinen.

Akzeptanz der neuen Ordnung

Die Neuordnung des Staatswesens wurde von den Römern nicht widerspruchslos hingenommen. Insbesondere die patrizischen Familien des alten Senatsadels, die Augustus als Emporkömmling ansahen, konnten sich mit ihrer Entmachtung nur schwer abfinden. Einige Quellen berichten, dass Augustus sich in der Zeit nach seiner Rückkehr aus dem Osten nur mit einem Brustpanzer unter der Toga in den Senat wagte und Senatoren nur einzeln und nach eingehender Leibesvisitation empfing. Verschwörungen wie die von Maecenas’ Schwager A. Terentius Varro Murena und des Fannius Caepio, die im Jahr 23 oder 22 v. Chr. aufgedeckt wurde, zeigen, dass Augustus’ Politik noch lange Zeit erheblichen Widerstand hervorrief. Da der Zeitpunkt der Verschwörung nicht genau datiert werden kann, ist bis heute ungeklärt, ob sie auslösender Faktor oder Folge der im Jahr 23 erfolgten Neujustierung der Prinzipatsordnung war.

Dass das neue Herrschaftssystem schließlich doch akzeptiert wurde, lag sicher nur zum Teil daran, dass Augustus den republikanischen Institutionen und den althergebrachten Rechten und Sitten, dem mos maiorum, seinen Respekt erwies. Die Römer konnten sich zwar sagen, dass die alte Republik und ihre Institutionen der Form nach weiterhin bestanden, aber die politisch Interessierten dürften Augustus’ Propaganda sicher durchschaut haben. Ausschlaggebend war am Ende die schlichte Tatsache, dass der Prinzipat funktionierte – ganz im Gegensatz etwa zu den Ordnungsmodellen Sullas oder Caesars – und dass es zu Augustus keine realistische Alternative gab. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor für den Erfolg der neuen Herrschaftsordnung war die Zeit: Augustus regierte nach der Erringung der Alleinherrschaft noch mehr als 40 Jahre, länger als jeder seiner Nachfolger. Die Römer gewöhnten sich in dieser langen Zeit an die Herrschaft des Ersten Bürgers. Als der Kaiser starb, waren kaum noch Römer am Leben, die die alte Republik noch bewusst erlebt hatten. So setzte mit der Errichtung des Prinzipats eine lange Periode des inneren Friedens und des Wohlstands ein. Augustus’ neue Ordnung sollte 300 Jahre – bis zur Herrschaft Diokletians – Bestand haben.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Neuordnung

Mitglieder der kaiserlichen Familie,
Relief an der Südwand der Ara Pacis, Rom

Eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe wie der Umbau der Staatsverfassung war die innere und äußere Stabilisierung des Reichs, seine wirtschaftliche Erholung, die Wiederherstellung von Recht und Ordnung in Rom und den Provinzen und die Sicherung der Grenzen. Die Voraussetzungen für einen allgemeinen Wirtschaftsaufschwung waren nach Actium besser denn je in den vorangegangenen Jahrzehnten. Augustus konnte mehr als ein Drittel der rund 70 Legionen entlassen, d. h. etwa 80.000 der 230.000 Mann, die 31 v. Chr. noch unter Waffen gestanden hatten. Ein solches Heer wäre für Friedenszeiten nicht nur zu groß und zu kostspielig gewesen; es hätte immer auch eine potentielle Gefahr dargestellt, so viele Soldaten unter Waffen zu belassen.

Anders als 12 Jahre zuvor musste er für die Abfindung der Veteranen nicht auf Konfiskationen zurückgreifen, sondern konnte die ungeheure Beute, die ihm mit dem ägyptischen Staatsschatz in die Hände gefallen war, für Landkäufe nutzen. So entstand in Italien und den Provinzen eine breite Schicht ihm ergebener Bauern. Auch seine Anhänger in Rom – etwa im neuen Senat – wurden mit Geld und Posten bedacht. So schuf Augustus selbst die neuen Gesellschaftsschichten, auf denen die Staatsordnung des Prinzipats ruhen sollte.

Neuordnung der Provinzen

In die Provinzen, die bis dahin immer wieder von Kontributionen, Truppenaushebungen und durchziehenden Heeren heimgesucht worden waren, kehrte allmählich ein gewisser Wohlstand zurück, denn der Prinzipat stellte Rechtssicherheit her und verhinderte vor allem die bis dahin übliche Ausplünderung durch ehemalige Magistrate der Republik. Diese hatten sich in den Provinzen stets für die Kosten schadlos gehalten, die ihr politisches Engagement in Rom verursachte. Der Geschichtsschreiber Velleius Paterculus fasste die Wirksamkeit von Augustus’ Politik wenige Jahre nach dessen Tod folgendermaßen zusammen:

„Die Äcker fanden wieder Pflege, die Heiligtümer wurden geehrt, die Menschen genossen Ruhe und Frieden und waren sicher im Besitz ihres Eigentums.“

Tacitus, ansonsten einer der schärfsten Kritiker der Prinzipatsordnung, erkannte die Stabilisierung der Wirtschafts- und Lebensverhältnisse als deren größtes Verdienst an. Bis heute gilt Augustus Konsolidierungspolitik als mustergültig, wie der Begriff der „Augusteischen Schwelle“ belegt, der in jüngster Zeit in der Politikwissenschaft verwendet wird.

Anfangs übernahm der Kaiser die Neuordnung der Provinzen noch selbst. Bereits im Sommer des Jahres 27 v. Chr. brach er zu einer mehrjährigen Inspektionsreise durch den Nordwesten des Reiches auf. Gallien war seit der Eroberung durch Caesar sich selbst überlassen geblieben. Nach der Ordnung der Verhältnisse dort eroberte Augustus diejenigen Gebiete im Norden der iberischen Halbinsel, die bis dahin noch nicht zum Reich gehört hatten, und gliederte sie der Provinz Hispania Tarraconensis ein. Auf der Rückreise nach Rom im Jahr 23 v. Chr. erkrankte Augustus so schwer, dass seine Umgebung bereits mit seinem Tod rechnete. Er überlebte schließlich, entschloss sich aber, seine Legionen künftig nicht mehr persönlich zu führen.

Sittenpolitik
Augustus als Oberster Priester
(Rom, Museo Nazionale Romano)

Zu einem Kennzeichen der Herrschaft des Augustus wurde auch eine Rückbesinnung auf althergebrachte Sitte und Moral. Im Jahr 19 v. Chr. ließ sich Augustus vom Senat die cura morum, die Sittenaufsicht übertragen. Im Jahr darauf ließ er in den Leges Iuliae etwa die Strafvorschriften für Ehebruch verschärfen und eine allgemeine Pflicht zur Ehe einführen. Er selbst hatte in den Jahren seines Aufstiegs nicht eben ein Muster altrömischer Tugenden abgegeben – die erzwungene Scheidung seiner Frau Livia von ihrem früheren Mann war dafür nur das hervorstechendste Beispiel. Nun aber sah er in der Betonung traditioneller Werte ein Mittel, die geistigen Verheerungen aus der Zeit der Bürgerkriege zu heilen.

Würde und Autorität des Princeps erforderten natürlich, dass Augustus und seine Familie mit gutem Beispiel vorangingen. Dies führte schließlich zum Zerwürfnis mit seiner Tochter Iulia, die sich der väterlichen Moral nicht unterwerfen wollte. Im Jahr 2 v. Chr. ließ Augustus selbst sie vor dem Senat des Ehebruchs anklagen und auf die kleine Insel Pandateria verbannen. Neun Jahre später, 8 n. Chr., ereilte den Dichter Ovid, den Autor der Ars amatoria („Liebeskunst“), das gleiche Schicksal: Er wurde nach Tomis am Schwarzen Meer verbannt.

Das propagandistische Bild vom Princeps als treusorgendem altrömischem Patron, der über das Wohl der Seinen wacht, fand sichtbaren Ausdruck in einem umfangreichen Bauprogramm in Rom (publica magnificentia). Dazu gehörten Zweckbauten wie Aquädukte und eine riesige Sonnenuhr, vor allem aber Repräsentationsbauten wie das Augustusforum, das Marcellustheater und zahlreiche Tempel, die dazu dienten, den Römern Macht und Autorität des Augustus vor Augen zu führen. Der Kaiser spricht in seinem Tatenbericht von 82 Tempeln, die er in einem Jahr habe instandsetzen, Vergil in der Aeneis von 300 Tempeln, die er insgesamt habe bauen lassen.

Außenpolitik und Grenzsicherung

Das Römische Reich unter Augustus:
██ Italien und die römischen Provinzen
██ abhängige Gebiete und Klientelstaaten
██ Provinz Germania Magna

Augustus Außenpolitik wurde lange als defensiv beurteilt. Historiker des 19. Jahrhunderts sahen in ihr nur eine Arrondierung und Sicherung der Reichsgrenzen. Zu dieser Sicht trug unter anderem die Tatsache bei, dass Augustus den Plan Caesars zu einem Feldzug gegen das Partherreich nicht wieder aufnahm. Eine militärische Machtdemonstration gegenüber dem Nachbarn im Südosten genügte, um den Partherkönig Phraates IV. im Jahr 20 v. Chr. zu einer vertraglichen Grenzregelung und zur Herausgabe der in der Schlacht bei Carrhae 53 v. Chr. erbeuteten, symbolträchtigen Legionsadler zu veranlassen. In Rom wurde als großer militärischer Sieg propagiert, was in Wirklichkeit eine friedliche Lösung darstellte.

Die Eingliederung Ägyptens verlief weitgehend problemlos. Im Jahr 25 v. Chr. gewann Rom die neue Provinz Galatia in Kleinasien aufgrund einer testamentarischen Verfügung des letzten Galater-Königs Amyntas. Zudem geriet eine Reihe neuer Klientelstaaten wie Armenien, Kappadokien und Mauretanien in Abhängigkeit von Rom.

Dennoch ließ sich die These von der prinzipiell friedlichen, defensiven Außenpolitik nicht aufrecht erhalten. Kein republikanischer Feldherr und kein Kaiser hat dem Römischen Reich so große Territorien einverleibt wie Augustus – und dies vor allem durch kriegerische Eroberungen. Nachdem 17 v. Chr. bei den Säkularfeiern in Rom noch die Friedensordnung des Prinzipats gefeiert worden war, ging das Reich im darauffolgenden Jahr wieder zur Offensive über. Der Grund dafür ist bis heute ungeklärt. Womöglich fing als kleinere Grenzstreitigkeit mit germanischen Stämmen an, was mit ausgedehnten militärischen Operationen an den nordöstlichen Grenzen und der Eingliederung von nicht weniger als fünf neuen Provinzen endete.

Von der Ostgrenze Galliens, den Alpen und dem dalmatinischen Küstengebirge wurde die Reichsgrenze bis zu Donau und Rhein, zeitweise sogar bis zur Elbe vorgeschoben. Südlich der Donau entstanden die neuen Provinzen Raetia, Noricum, Pannonia, Illyricum und Moesia. In diese Zeit, ins Jahr 15 v. Chr, fällt beispielsweise die Gründung der Stadt Augusta Vindelicorum, des heutigen Augsburg, dessen Name auf den Princeps zurückgeht. An der strategisch wichtigen Via Claudia Augusta gelegen, wurde der Ort später zur Hauptstadt der Provinz Raetien.

In einer militärischen Katastrophe endete allerdings die Eroberung des rechtsrheinischen Germania Magna. Diese Eroberung war schon unter Augustus’ Stiefsohn Drusus weit gediehen und wurde nach dessen Tod im Jahr 9 v. Chr. von Tiberius erfolgreich weitergeführt. Im Jahr 9 n. Chr. aber vernichtete ein von dem Cheruskerfürsten Arminius initiiertes Bündnis germanischer Stämme drei römische Legionen unter dem Befehl des Publius Quinctilius Varus. Die Varusschlacht wurde möglicherweise am Nordrand des Wiehengebirges geschlagen, das in den römischen Quellen als saltus Teutoburgiensis bezeichnet wird. Die schwere Niederlage hatte zunächst einen verlustreichen Kleinkrieg und schließlich den Rückzug der Römer auf die Rhein-Donau-Linie und die Errichtung des Limes als befestigte Grenze gegen Germanien zur Folge.

Regelung der Nachfolge

Die Gemma Augustea (um 10 n. Chr.) zeigt Augustus als Jupiter, der im Kreise der Götter den siegreichen Tiberius empfängt
(Kunsthistorisches Museum Wien)

Obwohl Augustus in fast allen Quellen zu seinem Leben als gut aussehender Mann geschildert wird, war er seit seiner Kindheit von schwacher Konstitution. Er überlebte mehrere schwere Krankheiten wie die im Jahre 23 v. Chr. nur knapp und konnte nicht damit rechnen, das für die damalige Zeit sehr hohe Alter von fast 76 Jahren[25] zu erreichen. Für sein Bestreben, der neu geschaffenen Herrschaftsordnung Dauer zu verleihen, stellte die Erbfolgeregelung daher eine zentrale Aufgabe dar. Während seine Frau Livia einen ihrer Söhne von Tiberius Claudius Nero auf dem Thron sehen wollte, verfolgte Augustus den Plan, die Nachfolge in der eigenen, julischen Familie zu sichern. Da der Kaiser keine Söhne hatte, zwang er seine Tochter Iulia, nacheinander mehrere Nachfolgekandidaten zu heiraten.

Dies war im Jahr 25 v. Chr. zunächst Marcellus, der Sohn seiner Schwester Octavia und ihres ersten Mannes. Die Bevorzugung seines Neffen führte offenbar zu zeitweisen Spannungen zwischen Augustus und seinem Feldherrn Agrippa, der sich selbst begründete Hoffnungen auf die Nachfolge machte. Doch Marcellus starb kaum 20-jährig Ende des Jahres 23 v. Chr. und Agrippa galt nun als aussichtsreicher Nachfolgekandidat. Augustus drängte den alten Freund im Jahr 21 v. Chr., sich von seiner Frau scheiden zu lassen und die 25 Jahre jüngere Iulia zu heiraten. Die beiden hatten zwei Töchter und drei Söhne, Gaius Caesar, Lucius Caesar und den nachgeborenen Agrippa Postumus. Spätestens seit Agrippas Tod 12 v. Chr. betrachtete Augustus die beiden älteren Enkel als seine bevorzugten Nachfolger. Aus diesem Grund hatte er sie schon zu Agrippas Lebzeiten als Söhne adoptiert.

Beide Enkel waren aber 12 v. Chr. noch so jung, dass sie nach einem vorzeitigen Tod des Augustus nicht sofort die Nachfolge hätten antreten können. Bis sie als Nachfolgekandidaten alt genug sein würden und der römischen Öffentlichkeit vorgestellt werden konnten, benötigte der Princeps einen Stellvertreter. Dieser sollte Augustus bei den Regierungsgeschäften unterstützen und anstatt der zu jungen Enkel beerben. Diese Rolle, die einst Agrippa innegehabt hatte, sollte nun Tiberius ausfüllen. Augustus zwang ihn, sich von seiner Frau Vipsania, einer Tochter Agrippas, zu trennen, Iulia zu heiraten und sich zum Schutz der beiden jungen Prinzen zu verpflichten. Augustus scheint sich damals aber weder Tiberius noch dessen jüngeren Bruder Drusus, zu dem er ein besseres Verhältnis hatte, als Nachfolger gewünscht zu haben. Er machte deutlich, dass Tiberius nur ein „Platzhalter“ für die beiden Enkel war und nur für eine Übergangszeit als Nachfolgekandidat dienen sollte.[26] Dies führte zum Zerwürfnis mit Tiberius, der die erzwungene Ehe mit Iulia zudem als Qual empfand. Der Stiefsohn legte daher 5 v. Chr. alle Ämter nieder und ging nach Rhodos ins Exil. Zu einer Aussöhnung kam es erst, nachdem Lucius und Gaius Caesar kurz hintereinander, 2 und 4 n. Chr., gestorben und Iulia wegen ihres Lebenswandels aus Rom verbannt worden war. Da Drusus bereits 9 v. Chr. bei einem Kriegszug in Germanien umgekommen war, blieb nur noch Tiberius als Nachfolger übrig.

Augustus adoptierte ihn am 26. Juni des Jahres 4 gemeinsam mit seinem letzten noch lebenden Enkel Agrippa Postumus. Letzteren ließ er jedoch drei Jahre später aus nie ganz geklärten Gründen auf die Insel Planasia bei Elba verbannen, wo er unmittelbar nach Augustus’ Tod ermordet wurde. Tiberius wiederum musste den Sohn seines verstorbenen Bruders Drusus adoptieren: Germanicus. Der Großneffe des Augustus entstammte als Enkel der Octavia zugleich dem julischen und dem claudischen Familienzweig. Da Germanicus 4 n. Chr. noch zu jung war, um Augustus direkt im Amt nachzufolgen, wies der Princeps ihm die Rolle des Nachfolgers von Tiberius zu. Nach dieser familienpolitischen Weichenstellung bis in die dritte Generation übertrug Augustus seinem Adoptivsohn Tiberius im Jahr 4 n. Chr. die tribunizische Amtsgewalt (tribunicia potestas). Aber erst im Jahr 13 n. Chr., im Jahr vor seinem Tod, verlieh Augustus ihm auch die prokonsularischen Befugnisse (imperium proconsulare maius) und designierte Tiberius damit öffentlich als einzig möglichen Nachfolger.

Tod und Begräbnis

Das Augustusmausoleum mit dem Solarium Augusti und der Ara Pacis (Rekonstruktion)

Im Sommer des folgenden Jahres unternahm der Kaiser eine Reise, die ihn über Capri nach Benevent führen sollte. Er erkrankte bereits auf Capri an Diarrhoe, reiste aber noch weiter aufs Festland bei Neapel und ließ sich nach Nola bringen – angeblich in dasselbe Haus, in dem 71 Jahre zuvor sein Vater Gaius Octavius gestorben war. Dort verstarb der Kaiser in Gegenwart seiner Frau Livia und einer Reihe herbeigeeilter Würdenträger am 19. August des Jahres 14, am gleichen Tag, an dem er über 50 Jahre zuvor sein erstes Konsulat angetreten hatte. Laut Sueton verabschiedete sich der Mann, der in seinem Leben so viele Masken getragen hatte, mit einer Formel, die Komödianten am Ende eines Stückes sprachen: Wenn nun das Ganze Euch wohl gefallen hat, so klatscht Beifall, und entlasst uns alle mit Dank nach Hause.

Augustus’ Leiche wurde auf dem Marsfeld in Rom verbrannt und die Asche in dem prachtvollen Augustusmausoleum beigesetzt, das der Kaiser dort für sich und seine Familie hatte errichten lassen. Zudem wurde der Kaiser – wie die meisten römischen Caesaren nach ihrem Tod – zum Staatsgott (divus) erklärt. Dem Kult des Divus Augustus wurde ein Tempel zwischen Kapitol und Palatin geweiht. Er oblag einem Kollegium von 21 Priestern, den Augustales, in das nur die höchsten Mitglieder des Senats und des Kaiserhauses berufen wurden.

Das augusteische Zeitalter

Schon Zeitgenossen des Augustus betrachteten ihre Gegenwart als „apollinische Ära“, geprägt von Apoll, dem Gott des Lichts, der Künste und der Musik, der Weisheit und der Weissagung, dem der Kaiser Heiligtümer bei Actium und bei seinem eigenen Wohnhaus auf dem palatinischen Hügel in Rom errichtete.

Ein Beispiel dafür, welche Verehrung dem Princeps schon zu Lebzeiten zuteil wurde, ist ein Kultlied des Horaz (carm. IV 5,17 ff.):

Nunmehr zieht seines Wegs sicher der Stier dahin,
Ceres segnet die Flur wieder mit reicher Saat,
Friedlich schaukelt das Schiff durch die versöhnte Flut
Treu und Glauben sind neu erwacht (…)
Wen erfüllt noch mit Angst Parther und Skythe jetzt?
Wen Germaniens Brut, Söhne der rauen Luft
Wen, da Caesar uns lebt, kümmert des Krieges Dräun
Fern im wilden Iberien?(…)

Vollends verklärt wurde die Regierungszeit des ersten Kaisers nach seinem Tod unter dem Begriff der Pax Augusta, des augusteischen Friedens. Im Vergleich zum vorangegangenen Jahrhundert und zur Herrschaft vieler Nachfolger des ersten Kaisers brachte die augusteische Ära – das Saeculum Augustum – Rom, Italien und den meisten Provinzen in der Tat eine lange währende Zeit von innerem Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Nach den Verheerungen der Bürgerkriege blühte die Wirtschaft nun ebenso auf wie Kunst und Kultur.

Die Zeit brachte Dichter wie Vergil, Horaz, Ovid und Properz, Historiker wie Titus Livius oder Architekten wie Vitruv hervor. Der Kaiser selbst versuchte sich als Tragödienautor, vernichtete aber sein Drama Ajax, dessen Unzulänglichkeit ihm bewusst war, mit dem Kommentar: Mein Ajax ist in den Schwamm gefallen.

Das Marcellustheater, dahinter der Portikus der Octavia und der Circus Flaminius auf dem Marsfeld (Modell im Museo della Civiltà Romana, Rom)

Rom wandelte sich, wie Augustus meinte, von einer Stadt aus Ziegeln zu einer Stadt aus Marmor. Beeindruckende architektonische Zeugnisse dieser Zeit haben sich bis heute erhalten, etwa das Marcellus-Theater, das von Agrippa erbaute und unter Kaiser Hadrian erneuerte Pantheon und nicht zuletzt Augustus’ Mausoleum und die Ara Pacis, der Friedensaltar aus dem Jahre 9 v. Chr., der auf einem Relief eine Prozession der kaiserlichen Familie zeigt.

Das Bild, das der Kaiser mit solchen Bauten den Römern vermitteln wollte, kontrastierte aber spätestens seit dem Jahr 16 v. Chr. wieder mit den unablässigen Kriegen, die an den Grenzen geführt wurden. Das Reich expandierte unter Augustus in einem Maß wie nie zuvor und nie wieder danach. Neben dem reichen Ägypten und Galatia wurden ihm Provinzen an Rhein und Donau hinzugefügt, deren Eroberung nur mit der Galliens durch Caesar vergleichbar war.

Von Krieg aber war im Inneren des Reichs und der Provinzen nach dem Jahr 31 v. Chr. nur noch wenig zu spüren. Frieden und Wohlstand nahmen deshalb auch schon die Zeitgenossen als prägendes Kennzeichen der Epoche wahr. Dies war der Grund, warum sie sich letztlich mit der Einführung der Monarchie und dem Ende der Republik abfanden, zumal der Versuch einer Rückkehr zur republikanischen Ordnung wohl zu einem neuen Bürgerkrieg geführt hätte. Und es ist vielleicht kein Zufall, dass ein Religionsstifter, der zur Zeit des vergöttlichten, als Retter und Friedensfürst gefeierten Augustus zur Welt kam, von seinen Anhängern später als Gottessohn, Heiland und Verkünder eines Reichs des Friedens verehrt werden sollte.[27]

Augustus in Nachwelt und Forschung

Das Augustusbild war über die Jahrtausende steten Wandlungen und Einflüssen ausgesetzt, die mit der Person und der Politik des Princeps selbst wenig oder nichts zu tun hatten. Seit Spätantike und Mittelalter haben Christen immer wieder versucht, die pax Augusta mit der pax Christiana gleichzusetzen, da Jesus von Nazaret im augusteischen Zeitalter geboren worden war. Auch in der Neuzeit wollten Politiker aus jeweils unterschiedlichen Motiven heraus immer wieder Parallelen zwischen der eigenen und der Zeit des Augustus konstruieren. Während der Französischen Revolution wurde z. B. die Errichtung des Direktoriums nach der Schreckensherrschaft der Jakobiner im Jahr 1794 mit der Errichtung des Prinzipats verglichen. Im 20. Jahrhundert wiederum entfachten die italienischen Faschisten ein regelrechtes Augustusfieber. Auch in der Zeit des Nationalsozialismus versuchten zahlreiche Althistoriker, darunter Wilhelm Weber, die Herrschaftsweise des Augustus als Vorbild für die so genannte nationale Erneuerung Deutschlands durch das „Führerprinzip“ darzustellen.

Der Althistoriker Theodor Mommsen hat Augustus’ Prinzipatsordnung nicht als Allein-, sondern als Doppelherrschaft gedeutet, die sich Senat und Princeps geteilt hätten.[28] Gegen dieses Bild wandte sich Ronald Syme, dessen 1939 erschienenes Werk The Roman Revolution vor allem aufgrund seines reichhaltigen Materials als Ausgangspunkt der modernen Augustus-Forschung gilt. Symes Darstellung war von der Ausbreitung faschistischer Bewegungen im Europa seiner Zeit geprägt. Für ihn war Augustus ein Diktator. Ähnlich wie Mussolini – nur mit entgegengesetzter, negativer Bewertung – sah Syme in seinem Aufstieg Parallelen zum aufkommenden Faschismus. Augustus’ Regime sei aus einer Revolution hervorgegangen, er selbst ein Parteimann, der gestützt auf Geld und Waffen die alte Führungsschicht beseitigt und durch eine neue ersetzt habe. Als kalkulierender Machtmensch habe er die alte, zerfallende Republik zu Grabe getragen, um unter einer scheinbar republikanischen Fassade eine Alleinherrschaft zu begründen.

Der Historiker Jochen Bleicken urteilt zwar kritisch, aber nicht abwertend über den Princeps: In der antiken Geschichte gebe es nur Alexander und Caesar, deren Leistungen sich mit denen des Augustus vergleichen ließen. Dennoch könne man ihn nicht mit diesen „Großen“ gleichsetzen, die im Grunde nur zerstörend gewirkt hätten. Augustus hingegen sei vor allem der wegweisende „Baumeister des Römischen Kaiserreichs“ und „Erzieher“ der neuen Eliten des Prinzipats gewesen.[29] Von einer Heuchelei des Augustus oder von einem Fassadencharakter seines Regimes könne keine Rede sein.[30] Dietmar Kienast sah in Augustus gar den selbstlosesten Machthaber der gesamten Geschichte.[31] Auch Klaus Bringmann zieht in seiner aktuellen Augustus-Biographie eine insgesamt positive Bilanz der Regierungszeit des ersten römischen Kaisers: Anders als Ronald Syme sieht er in dessen Leistungen den Beleg dafür, dass der Besitz der Macht für Augustus kein bloßer Selbstzweck war.[32]

Werke

  • Res Gestae Divi Augusti: von Augustus selbst verfasster Tatenbericht, der an Bronzesäulen vor seinem Mausoleum angebracht war. Kopien wurden als Inschriften in mehreren Orten in Kleinasien gefunden, die vollständigste – mit einer griechischen Übersetzung – in einem Tempel in Ankara, nach der das Werk auch als Monumentum Ancyranum bezeichnet wird. Es gibt zahlreiche Ausgaben, unter anderem eine lateinisch-griechisch-deutsche Ausgabe mit Kommentar hrsgg. von Ekkehard Weber, München u. Zürich 1975. Text (lateinisch), Text (lateinisch/griechisch/englisch)
  • De vita sua: eine Autobiografie, die in dreizehn Büchern die Zeit bis zum Cantabrischen Krieg behandelte, aber praktisch vollständig verloren ging. (Moderne „Rekonstruktionen“ von O. K. Gilliam, Philipp Vandenberg und Allan Massie gehören in das Genre des historischen Romans.)
  • Sicilia: verloren gegangenes Epos in Hexametern, nur von Sueton bezeugt
  • Ajax: Tragödie, von Augustus selbst vernichtet

Quellen

Literatur

  • Jochen Bleicken: Augustus. Eine Biographie. Alexander Fest, Berlin 1998, ISBN 3-8286-0027-1; Sonderausgabe 2000, ISBN 3-8286-0136-7 (die derzeit maßgebliche Biografie in deutscher Sprache; mit Anmerkungen und Anhang zu Quellen und Literatur).
  • Jochen Bleicken: Verfassungs- und Sozialgeschichte des Römischen Kaiserreiches. 2 Bände, 3. bzw. 4. Auflage, Schöningh, Paderborn 1981, ISBN 3-8252-0838-9, ISBN 3-8252-0839-7.
  • Alan K. Bowman (Hrsg.): The Cambridge Ancient History. Vol. 10. The Augustan Empire. Cambridge University Press, Cambridge 1996, ISBN 0-521-26430-8 (detaillierte Gesamtdarstellung).
  • Klaus Bringmann, Thomas Schäfer: Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums. Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003054-2 (Studienbuch mit Quellenteil).
  • Klaus Bringmann: Augustus. Primus, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-89678-605-0.
  • Klaus Bringmann, Dirk Wiegandt: Augustus. Schriften, Reden und Aussprüche. Texte zur Forschung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008. ISBN 3-534-19028-9 (umfangreiche Quellensammlung, enthält alle bekannten Anordnungen und Edikte, persönlichen Briefe und amtlichen Dokumente des Octavian/Augustus)
  • Karl Christ: Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis zu Konstantin. 4 Aufl. C. H. Beck, München 2002, S. 47ff., ISBN 3-406-36316-4.
  • Werner Dahlheim: Augustus. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. Beck, München 1997, ISBN 3-406-47288-5, S. 26–49 (Kurzbiografie).
  • Werner Eck: Augustus und seine Zeit. 3. überarbeitete Auflage, Beck, München 2003, ISBN 3-406-41884-8 (knappe Einführung).
  • Karl Galinsky (Hrsg.): The Cambridge Companion to the Age of Augustus. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-00393-8 (Aufsatzsammlung).
  • Michael Grant: Roms Caesaren. Von Julius Caesar bis Domitian. Beck, München 1975, ISBN 3-406-04501-4 (populärwissenschaftliche Darstellung).
  • Dietmar Kienast: Augustus. Prinzeps und Monarch. 3. durchgesehene und erweiterte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1999, ISBN 3-534-14293-4 (problemorientierte Darstellung mit umfassendem wissenschaftlichem Apparat).
  • Ute Schall: Augustus. Kaiser, Rächer, Komödiant. Masken und Metamorphosen eines Herrschers. Ergon, Pfungstadt bei Darmstadt 1990, ISBN 3-927960-12-8 (populärwissenschaftliche Darstellung).
  • Heinrich Schlange-Schöningen: Augustus. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-16512-8 (knappe Darstellung)
  • Pat Southern: Augustus. Magnus, Essen 2005, ISBN 3-88400-431-X.
  • Ronald Syme: Die römische Revolution. Machtkämpfe im antiken Rom. Grundlegend revidierte und erstmals vollständige Neuausgabe, herausgegeben von Christoph Selzer und Uwe Walter. Klett-Cotta, Stuttgart 2003, ISBN 3-608-94029-4 (klassische Darstellung, die zum Ausgangspunkt der modernen Augustus-Forschung geworden ist).
  • Paul Zanker: Augustus und die Macht der Bilder. 3. Auflage, Beck, München 1997, ISBN 3-406-34514-X. (Gesamtdarstellung der propagandistischen und repräsentativen Politik des Augustus)

Weblinks

Anmerkungen

  1. 22. September im vor-julianischen Kalender: IX Kal. Oct. 691 a.u.c. kurz vor Sonnenaufgang (paulo ante solis exortum). Im Festkalender der Römer wurde des Augustus Geburtstag zweitägig am 23. und 24. September begangen, verbunden mit den ludi Augustales, die bis in die Spätantike als Fest zu Ehren des Divus Augustus fortgeführt wurden. Neueren astronomischen Berechnungen zufolge wurde Augustus im Sternzeichen Libra geboren, da der alte römische Kalender im Jahre 63 v. Chr. mit dem späteren julianischen weitgehend übereinstimmte. Trotzdem betonte Augustus zeitlebens seine Geburt im Sternzeichen Capricornus (Steinbock) (Suet. Aug. 5 & 94.12), womit jedoch des Augustus „zweite Geburt“ als C. Iulius Divi filius Caesar gemeint war (s. u.), die durch die Erscheinung des julischen Sterns in Konjunktion mit Capricornus im Aszendenten theopolitisch definiert wurde (Ramsey/Licht: The Comet of 44 B.C. and Caesar’s Funeral Games. Atlanta 1996). Ob sein Geburtstag aufgrund der julischen Kalenderreform nach Ausgleich der fehlenden 90 Tage des alten römischen Kalenders auch zusätzlich in der Zeit des Steinbock gefeiert wurde, ist unbekannt, aber wahrscheinlich, denn der Capricornus blieb zeitlebens ein wichtiges Element der augusteischen Propaganda, v. a. auf Münzen. Ein weiterer Hinweis findet sich in der Verehrung des Augustus als Sonnengott, dargestellt z. B. in der Astralsymbolik des Divus-Iulius-Kultes seit Erscheinenen des sidus Iulium und im darauf zurückzuführenden nimbus (vgl. auch Octavian in Vergil, Aeneis 8675 ff.), im solarium Augusti sowie weiterhin in der generellen Identifikation mit dem Gott Sol, der später als Sol Invictus eng mit den römischen Kaisern verbunden war und dessen Feiertag der 25. Dezember war. (Vgl. auch die Statuen des Divus-Iulius-Kultes mit der Inschrift Deo Invicto, welche im Sol-Invictus-Kult als Deo Soli Invicto Imperatori übernommen wurde.) Demnach ist als Zeitraum für die Festtage des astrologischen Geburtstages der 23. bis 26. Dezember anzunehmen.
  2. Sueton, Augustus 5,1: Natus est Augustus […] regione Palati ad Capita Bubula, ubi nunc sacrarium habet, aliquanto post quam excessit constitutum. („Augustus wurde im Palatin-Distrikt und der Straße namens Capita Bubula [wörtlich: „an den Ochsenköpfen“ bzw. „auf dem Viehfutter der Ochsen“] geboren, wo er nun einen Schrein besitzt, der kurz nach seinem Tode errichtet wurde.“)
  3. Sueton, Augustus 7,1. Sueton gibt an, es auf einer Büste gelesen zu haben, die er einem Kaiser seiner Zeit (Hadrian?) zum Geschenk gemacht habe. Außerdem erwähnt er, dass Marcus Antonius es als Ausdruck seiner Verachtung gebraucht habe. Sueton ist sich nicht sicher, aus welchen Gründen der junge Gaius Octavius das Cognomen Thurinus erhalten hatte. Er gibt zwei Möglichkeiten an: Es könne die Herkunft der Familie aus der Gegend von Thurii anzeigen (die Oktavier stammten jedoch wahrscheinlich aus Velitrae) oder in Verbindung zum Sieg seines Vaters regione Thurina stehen. Dies bezweifelt jedoch F. X. Ryan, The Quaestorship and Aedileship of C. Octavius, in: Rheinisches Museum 139, 1996, S. 251–253 (zitiert nach ders.: Kaipias. Ein Beiname für Augustus, In: Studia humaniora Tartuensia 6, 2, 2005) aufgrund der Inschrift CIL 6, 41023, die keinen entsprechenden Sieg erwähnt.
  4. Dio 45,1,1: Ὀκτάουιος Καιπίας. Verschiedene Interpretationen wurden hierzu versucht, wie z. B. eine fehlerhafte Übertragung von Copiae (lat. für Thurii) ins Griechische. Ryan, Kaipias, sieht hierin eine Verbindung zum Sternzeichen des Augustus (Capricornus). Das seltene Cognomen Caipias wurde allerdings auch auf einem Altar aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. in der Krypta der Franziskanerkirche von Montefalco entdeckt, so dass die Familie auch aus Umbrien stammen könnte.
  5. Mit C. f. für Gai filius („Sohn des Gaius“). Vgl. auch Appians Darstellung als „Caesar Caesars Sohn“ (Appian, Bürgerkriege 3,11,38). Cicero, ad Atticum 14,12, berichtet, dass er sich bereits vor der öffentlichen Annahme seiner Adoption Caesar nannte, was von Dio (45,3) bestätigt wird. Eine intermediäre Form Octavius Caesar ist in Appian, Bürgerkriege 4,8,31 ff. für das Jahr 43 v. Chr. zu finden, wird jedoch nicht als historisch relevant, teilweise gar als Fälschung angesehen. Weiterhin nennt ihn eine Münze C•CAESAR•IMP(erator) (Bleicken 1999, S. 47). Die Datierung in das Jahr 43 v. Chr. ist möglich aufgrund der ersten imperatorischen Akklamation für den jungen Mann nach der Schlacht von Mutina im Frühjahr 43 v. Chr. (nicht zu verwechseln mit der späteren Verwendung von Imperator als Vorname). Entsprechend gebraucht Cicero in seinen Reden (Philippicae 3–14; 20. Dezember 44 v. Chr. bis 21. April 43 v. Chr.) für Octavian folgende Namen: Caesar, C. Caesar, C. Caesar Gai filius pontifex pro praetore und C. Caesar pro praetore imperator.
  6. Aus diesem Grund wird Octavianus in der Forschung häufig in Klammern gesetzt: C. Iulius C. f. Caesar (Octavianus) (vgl. auch Syme: The Roman Revolution (1933), S. 307 ff. und 322 ff.; Cancik: Christus Imperator, in: von Stietencron: Der Name Gottes (1975), S. 113 f.). Cassius Dio (46 und 47.4–7: Gaius Iulius Caesar Octavianus) und Tacitus (Ann. 13.6: Caesar Octavianus) verwenden ihre handbuchwissenschaftliche Nomenklatur als technisches Erfordernis der historiographischen Genauigkeit für die Jahre 44 bis 42 v. Chr. und nehmen somit die fälschlicherweise aufrecht erhaltene Tradition der modernen Geschichtswissenschaft vorweg (s. u.). Auch Cicero benutzt in einigen Briefen den formell richtigen Namen Caesar Octavianus (ad familiares 12,23,2 und 25,4), ebenso der Caesarianer Asinius Pollio in seinem Brief aus Spanien an Cicero (ad familiares 10,33,3 f.). Der Gai filius selbst hat sich jedoch nie an derartige Namensprinzipien gehalten, was alle Historiker außer Dio und Tacitus sowie die zahlreichen inschriftlichen und numismatischen Befunde beweisen. Seine neuen caesarianischen Anhänger (z. B. C. Matius, ad familiares 11,28,6 im Jahr 44 v. Chr.) nennen ihn durchweg nur Caesar. Auch Cicero übernahm den gängigen Standpunkt in der Namensfrage, nachdem er die Mehrheit des Senats für ein politisches Bündnis mit Caesars Erben überzeugen konnte. Es ist denkbar, dass das selten zu findende Cognomen Octavianus analog zur spottenden Verwendung des Cognomen Thurinus auf die Gegenpropaganda des Antonius zurückzuführen ist. Sicher ist, dass die äußeren Regionen der römischen Welt aufgrund der auch zeitlich sehr großen Entfernung zum stadtrömischen Geschehen erst später auf die ungewöhnliche Linie in der vorherrschenden Namenspolitik einschwenkten und den Namen Octavianus fortan vermieden. Vgl. auch Walter Schmitthenner: Oktavian und das Testament Cäsars, München 1973, und zu den Namensformen Octavians bei antiken Schriftstellern generell Catherine Rubincam: The nomenclature of Julius Caesar and the later Augustus in the Triumviral period. In: Historia 41, 1992, S. 88–103.
  7. Selten: Gaius Iulius Divi Iuli(i) filius Caesar. Auch hier ist die Überlieferung des Cassius Dio (47,18,3), der Ronald Syme, Imperator Caesar. A study in nomenclature, in: Historia 7, 1958, S. 172–188, noch folgt, fraglich. Andreas Alföldi (Der Einmarsch Octavians in Rom, August 43 v. Chr., in Hermes 86, 1958, S. 408−496) – sowie ebenfalls von Kraft (1952−1953) in Erwägung gezogen, jedoch zunächst noch angezweifelt – datiert die ersten Münzen mit DIVI IVLI•F• und DIVI•F• in das Jahr 43 v. Chr. nach Oktavians Übernahme der kapitolinischen Münzprägestätte. Diese Ansicht wird untermauert von Nikolaos von Damaskus (FGrHist 18,55) und Appian (Bürgerkriege 3,11,38), wonach deutlich wird, dass Oktavian dazu neigte, sein politisches Handeln durch religiöse Weihung zu erhöhen.
  8. a b Vgl. Syme: Imperator Caesar.
  9. Caesar in der Titulatur, vor allem in der des ersten Augustus, evoziert vorsichtig die persönliche, geschichtliche Dimension, ohne die soziale und politische Stellung zu sehr zu betonen. Augustus (wie der Titel pater patriae) weist in den Stadtgründungsmythos Roms (siehe Quirinus bzw. Romulus).
  10. Gemeint ist hier der vergöttlichte Diktator Caesar (Divus Iulius). Die Titulatur (bzw. der Namensbestandteil) Divi filius („Gottessohn“) wurde von allen Kaisern verwendet, die Söhne eines divus waren, so z. B. Tiberius als Divi Augusti filius und Titus als Divi Vespasiani filius. Für Augustus als Sohn des ersten Divus (Divus Iulius) ist diese Kaisertitulatur für das gesamte Imperium, insbesondere jedoch für den hellenistischen Osten (als θεοῦ ὑιός) bezeugt, wo sie sogar in die vier Evangelien Einzug hielt, generell als ὁ ὑιός τοῦ θεοῦ im Neuen Testament (passim) sowie in verschiedenen anderen Varianten, darunter sowohl das genuin imperiale θεοῦ ὑιός (Mt 4:33, 27:43 und 27:54) als auch das marginal geänderte ὑιός θεοῦ, z. B. im Bekenntnis des Hauptmanns (Mk 15:39) oder in der Proklamation des Engels (Lk 1:35). Die Abhängigkeit der Christustitulatur von der Titulatur im römischen Kaiserkult gilt als gesichert. (Vgl. z. B. die Biblica-Veröffentlichungen von Kim (1998), Johnson (2000) und Mowery (2002).) Weitere Titel und Bezeichnungen des divinisierten Kaisers, die im Neuen Testament übernommen wurden und bereits für Augustus oder den Divus Iulius belegt sind, waren u. a. θεῖος („göttlich“, „kaiserlich“) und θειότης („Göttlichkeit“, „kaiserliche Majestät“), κύριος („Herr“) und κυριακός („zum Herrn gehörend“) – hierunter auch der Sebaste, der „Augustustag“, der als „Herrntag“ (= Sonntag) übernommen wurde (s. o.: Augustus als Sonnengott) –, die Kombination κύριος καὶ θεóς („Herr und Gott“), βασιλεὑς („König“, gr. für imperator), σωτήρ („Heiland“), εὐαγγέλιoν („frohe Botschaft“; einschließlich der sog. „Evangelienfeste“), ὰρχιερεύς [μέγιστος] (gr. für pontifex [maximus]), ὲπιφάνεια („Erscheinung [des Herrn]“), παρουσία (gr. für adventus, „Advent“) sowie der Titel der kaiserlichen Briefe für die neutestamentlichen Briefe (θεῖα γράμματα, dt.: „göttliche Schriften“) und der „Kaisergenitiv“ Καίσαρος (von lat. Caesaris) als Χριστοῦ („Christo gehörend“, „Christo eigen“). Vgl. Adolf Deissmann: Licht vom Osten, Tübingen 1922 et al..
  11. Die beigefügte Zahl XXI bezieht sich auf Siege, die Augustus selbst oder dessen Feldherren unter seiner Herrschaft errangen. Imperator ist somit kein Amtstitel, sondern ein echtes Pronomen sowie ein „Name der Macht“ (Syme und Béranger, in: Cancik 1975). Octavians erste „imperatorische Akklamation“ erfolgte 43 v. Chr. nach seinem Sieg über Antonius bei Mutina.
  12. Vereinzelte Tempel und Altäre in Italien und den Provinzen weisen bereits auf eine Verehrung des Augustus als Gott zu seinen Lebzeiten hin, unabhängig vom Kult des genius Augusti, jedoch nicht als Divus Augustus, sondern als Divi filius, evtl. auch fälschlicherweise als Divus Iulius (Ittai Gradel: Emperor Worship and Roman Religion, Oxford 2002).
  13. Des Weiteren war Augustus über seinen Großvater Marcus Atius Balbus mit Gnaeus Pompeius Magnus verwandt; Pompeius Magnus’ Großvater (Gnaeus Pompeius) war zugleich der Ururgroßvater des Augustus.
  14. Suetonius (Aug. 2.1) benutzt den Ausdruck minores gentes, der für die plebejischen Familien benutzt wurde, die im römischen Senat vertreten waren.
  15. Das karge Kinderzimmer des jungen Octavius, das nicht größer war als eine Vorratskammer (cella Augusti), war auch Jahrhunderte später ein öffentlicher Wallfahrtsort der Römer. Augustus wurde so sehr mit dem Zimmer identifiziert, dass im Volksglauben der Region die Stadt Velitrae als sein Geburtsort angesehen wurde (vgl. Suet. Aug. 6).
  16. Bleicken, Augustus (2000), S. 35ff. u. S. 692ff., Kienast, Augustus (1999), S. 6ff. sowie Bringmann, Augustus (2007), S. 256: „Wahrscheinlich ist, dass im ersten Jahrhundert v. Chr. kein Unterschied mehr zwischen der Adoption unter Lebenden und der Namensübertragung durch testamentarische Verfügung gemacht wurde.“ Dagegen vertritt Leonhard Schumacher in Oktavian und das Testament Caesars, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), 116, 1999, S. 49–70, die Ansicht, Octavian habe durch die Annahme des Testaments zunächst nur Caesars Eigentum geerbt und in die gens Iulia sei er erst 43 v. Chr. eingetreten, nachdem die Bestätigung der Adoption durch ein Kuriatsgesetz erfolgt war.
  17. Vgl. auch Klaus Bringmann, Augustus (2007), S. 38.
  18. Zur Triumviratszeit vgl. neuerdings Josiah Osgood: Caesar’s Legacy. Civil War and the Emergence of the Roman Empire. Cambridge University Press, Cambridge 2006.
  19. Vgl. auch Dietmar Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, S. 66f; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,83; Plutarch, Antonius, 58; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13.
  20. Res gestae Divi Augusti 25: Den Gefolgschaftseid hat mir ganz Italien aus freien Stücken geleistet und mich in dem Krieg, in dem ich Sieger bei Actium war, nachdrücklich als Führer gefordert [ducem depoposcit]. Den gleichen Eid geleistet haben die Provinzen Galliens und Spaniens, Afrika, Sizilien und Sardinien. Mit der Selbstbeschreibung ducem depoposcit wies Augustus darauf hin, dass er den Titel dux Italiae und das Oberkommando aufgrund eines Volksbeschlusses erhalten hatte. Damit verbunden war auch die Übertragung einer erweiterten militärischen Befehlsgewalt.
  21. Ab urbe condita 1, 19.
  22. Die drei Triumphzüge fanden jeweils am 13., 14. und 15. August 29 v. Chr. statt. Gefeiert wurde der Sieg über die dalmatinischen Stämme (33 v. Chr.), der Sieg von Actium (31 v. Chr.) und die Eroberung Ägyptens (30 v. Chr.). Auf den vierten Triumph über Sextus Pompeius hatte Octavian schon 36 v. Chr. verzichtet und stattdessen nur die ovatio angenommen. Damals wurde ihm sowohl die corona triumphalis (genauer die goldene corona laurea) als auch die Unverletzlichkeit eines Volkstribunen (potestas sacrosancta) lebenslänglich zuerkannt.
  23. Macrobius, Saturnalien 1, 12, 35; kürzer Sueton, Augustus 31, 2.
  24. So Bleicken, Augustus (1998), S. 379 und 732.
  25. Wie bei allen Zeitspannen, die sich über die christliche Zeitenwende erstrecken, ist auch beim Lebensalter des Augustus zu beachten, dass es in unserer Zeitrechnung kein Jahr Null gibt. Dem 31. Dezember 1 v. Chr. folgt unmittelbar der 1. Januar 1 n. Chr. Deshalb liegen zwischen 23. September 63 v. Chr und 19. August 14 n. Chr also knapp 76 Jahre und nicht 77, wie man vermuten könnte.
  26. Zur Rolle des Tiberius als Platzhalter für die jungen Caesares siehe: Jochen Bleicken, Augustus. Eine Biographie, S. 631ff.
  27. Siehe die Anmerkung zum Titel „Sohn Gottes“ im Abschnitt „Namen und Titel des Augustus“ sowie Werner Dahlheim: Augustus. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. München 1997, S. 26–49.
  28. Theodor Mommsen, Römisches Staatsrecht, Bd. 2, ³1887, S. 748.
  29. Jochen Bleicken, Augustus. Eine Biographie, S. 684 f.
  30. Jochen Bleicken, Augustus. Eine Biographie, S. 374.
  31. Dietmar Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, 3. durchgesehene und erweiterte Auflage, Darmstadt 1999, S. 517.
  32. Klaus Bringmann, Augustus (2007), S. 244.


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