Aleksandr Khinchin

Aleksandr Khinchin
Alexander Chintschin

Alexander Jakowlewitsch Chintschin (andere Schreibweise: Aleksandr Jakovlevich Khintchine, russisch Александр Яковлевич Хинчин, wissenschaftliche Transliteration: Aleksandr Âkovlevič Hinčin; * 7. / 19. Juli 1894 in Kondrowo in der heutigen Oblast Kaluga; † 18. November 1959 in Moskau) war ein russischer Mathematiker. Sein Hauptarbeitsgebiet war die Stochastik. So ist ein Satz zum schwachen Gesetz der großen Zahlen nach ihm benannt. Er wird in der Literatur (neben anderen) als einer der Begründer der Wahrscheinlichkeitstheorie in der Sowjetunion bezeichnet. Auch schrieb er einige bedeutende Arbeiten zur Geschichte der Mathematik.

Inhaltsverzeichnis

Stationen der Lehre und Forschung

In Kaluga absolvierte er eine Realschule, um dann von 1906 bis 1907 in Zürich auf einer privaten Schule seine Schulausbildung zu vertiefen. Danach ging er nach Moskau auf ein Realgymnasium. An der Moskauer Universität begann er im Jahre 1911 ein mathematisches Studium. In der Forschungsgruppe um den Mathematiker Nikolai Nikolajewitsch Lusin begann er seine ersten selbständigen Untersuchungen zur Funktionentheorie. Nach seinem Studium, das er im Jahre 1916 beendete, arbeitete er an einem polytechnischen Institut in Moskau und wurde anschließend als Professor an die mathematisch-physikalischen Fakultät in Iwanowo-Wosnessensk berufen.

Als ihm im Jahre 1922 ein Lehrstuhl für Mathematik angeboten wurde, ging er nach Moskau zurück. Vorher hatte er schon an einem Forschungsinstitut der staatlichen Universität in Moskau gearbeitet. Im Jahre 1939 ernannte ihn die Akademie der Wissenschaften der UdSSR zum korrespondierenden Mitglied. In den dreißiger Jahren wurde er Sektionsleiter für die Methodik des Unterrichts im Volkskommissariat für Bildung der RSFSR. Ab Mitte der vierziger Jahre gehörte er auch dem Präsidium der russischen Akademie der pädagogischen Wissenschaften für weitere Jahre an.

Forschungsarbeiten

Anknüpfend an die Arbeiten von Arnaud Denjoy bezüglich einer verallgemeinerten Integrationsmethode begann er, die Bedingungen dafür zu formulieren, dass in einem definierten Intervall einer messbaren Funktion an fast allen Punkten eine asymptotische Ableitung gebildet werden kann. Danach konzentrierte sich Chintschin auf Untersuchungen auf dem Gebiet der Zahlentheorie, wie die Eigenschaften von irrationalen Zahlen.

Er beschäftigte sich mit der Anwendung der metrischen Funktionentheorie auf dem Gebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie. Insbesondere betrachtete er den Zusammenhang von Summen unabhängiger Zufallsvariablen und unbeschränkt teilbaren Verteilungen. Er konnte beispielsweise zeigen, dass bei geeigneter Wahl der Konstanten die Summe von normierten, unabhängigen und identisch verteilten Verteilungen immer zu einer Normalverteilung konvergiert (zentraler Grenzwertsatz).

Zur gleichen Zeit wie Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow zeigte er einige Grundlagen zur Beschreibung zufälliger Prozesse, die man für die Konstruktion und die Funktion technischer, automatische Anlagen und deren Arbeitsabläufe benötigte. Diese Arbeiten führten ihn auf das Gebiet der klassischen Quantenphysik, wo er mit analytischen Methoden einige Zusammenhänge beweisen konnte. Mit den gleichzeitig von George David Birkhoff entwickelten Voraussetzungen für den Ergodensatz gelang es Chintschin, zu zeigen, dass es bei Versuchsabläufen genügt, nur einen stationären Prozess zu betrachten, wenn Mittelwert und zugehörige Streuung experimenteller Größen abgeschätzt werden müssen. Weiterhin wandte er sich dem Gebiet der Informationstheorie zu, deren Grundlagen von Claude Elwood Shannon geschaffen wurden. Das Wiener-Chintschin-Theorem ist nach ihm und nach Norbert Wiener benannt.

Siehe auch

Schriften

Online verfügbare Schriften der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek

  • Sur la Loi des Grandes Nombres, in Comptes Rendus de l'Academie des Sciences, Paris, 1929
  • Continued Fractions, Mineola, N.Y. : Dover Publications, 1997, ISBN 0-486-69630-8 (Erstveröffentlichung in Moskau, 1935)
  • Three Pearls of Number Theory, Mineola, NY : Dover Publications, 1998, ISBN 0-486-40026-3 (Erstveröffentlichung in Moskau und Leningrad, 1947)
  • Mathematical Foundations of Quantum Statistics, Mineola, N.Y. : Dover Publications, 1998, ISBN 0-486-40025-5 (Erstveröffentlichung in Moskau und Leningrad, 1951)

Deutsche Übersetzungen der Schriften von A.J. Chintschin:

  • Asymptotische Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Berlin 1933
  • Drei Perlen der Zahlentheorie, Berlin 1951
  • Enzyklopädie der Elementarmathematik mit P.S. Alexandroff und A.I. Markuschewitsch, Berlin 1954
  • Mathematische Grundlagen der statistischen Mechanik mit Hans-Joachim Rossberg, Berlin 1956
  • Mathematische Grundlagen der Quantenstatistik, Berlin 1956
  • E-entropie und E-kapazität von Mengen in Funktionalräumen mit A.N. Kolmogorov und V.M. Tichomirow, Berlin 1960
  • Information und Informationsstabilität zufälliger Grössen und Prozesse mit M. S. Pinsker, Berlin 1963
  • Allgemeine Formulierung des Shannonschen Hauptsatzes der Informationstheorie mit R. L. Dobruschin, Berlin 1963
  • Arbeiten zur Informationstheorie mit D. K. Faddeev, A. N. Kolmogorov, Alfréd Rényi und J. Balatoni, Berlin 1967
  • Elementare Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung mit B.W.Gnedenko, Berlin 1982

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Aleksandr Khinchin — Aleksandr Yakovlevich Khinchin (Russian Александр Яковлевич Хинчин, French Alexandre Khintchine) (July 19,1894 – November 18, 1959) was a Russian mathematician and one of the most significant people in the Soviet school of probability theory. He… …   Wikipedia

  • Khinchin's theorem — may refer to any of several different results by Aleksandr Khinchin: *Wiener–Khinchin theorem *Khinchin s constant *Khinchin s theorem on the factorization of distributions *Khinchin s theorem on Diophantine approximations …   Wikipedia

  • Aleksandr — ist der Vorname folgender Personen: Alexander Gawrilowitsch Abdulow (Aleksandr Abdulov; 1953–2008), russischer Schauspieler und Regisseur. Alexander Danilowitsch Alexandrow (1912–1999 sowjetischer Mathematiker, Philosoph und Alpinist Alexander… …   Deutsch Wikipedia

  • Khinchin's constant — In number theory, Aleksandr Yakovlevich Khinchin proved that for almost all real numbers x , the infinitely many denominators a i of the continued fraction expansion of x have an astonishing property: their geometric mean is a constant, known as… …   Wikipedia

  • Khinchin — Khịnchin   [ xɪntʃɪn], Aleksandr Jakowlewitsch, sowjetischer Mathematiker, Chintschin, Aleksandr Jakowlewitsch …   Universal-Lexikon

  • Khinchin — Alexandre Khintchine Alexandre Khintchine Alexandre Iakovlevitch Khintchine (en russe : Александр Яковлевич Хинчин; ISO 9 : Aleksandr Âkovlevič Hinčin) (19 juillet 1878 – 18 novembre …   Wikipédia en Français

  • Wiener–Khinchin theorem — The Wiener–Khinchin theorem (also known as the Wiener–Khintchine theorem and sometimes as the Wiener–Khinchin–Einstein theorem or the Khinchin–Kolmogorov theorem) states that the power spectral density of a wide sense stationary random process is …   Wikipedia

  • List of Russian people — The Millennium of Russia monument in Veliky Novgorod, featuring the statues and reliefs of the most celebrated people in the first 1000 years of Russian history …   Wikipedia

  • List of Russian mathematicians — Andrey Kolmogorov, a preeminent 20th century mathematician. This list of Russian mathematicians includes the famous mathematicians from the Russian Empire, the Soviet Union and the Russian Federation. This list is incomplete; you can help by …   Wikipedia

  • Mathematical constant — A mathematical constant is a special number, usually a real number, that is significantly interesting in some way .[1] Constants arise in many different areas of mathematics, with constants such as e and π occurring in such diverse contexts as… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”