Gelatine-Trockenverfahren

Gelatine-Trockenverfahren

Das Trockene Gelatineverfahren ist ein fotografisches Negativ-Verfahren aus der Frühzeit der Fotografie; bei ihr werden Gelatine-Trockenplatten erzeugt.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Das Gelatineverfahren beruht auf folgenden Grundlagen: Löst man die aus tierischen Knochen und Häuten bestehende Gelatine mit Kaliumbromid (veraltet: Bromkalium) in Wasser auf und setzt (im Dunkeln) Silbernitrat (salpetersaures Silber) zu, so bildet sich Silberbromid (veraltet Bromsilber), welches in sehr feiner Verteilung in der Flüssigkeit schweben bleibt (Emulsion); die Empfindlichkeit derselben ist nicht sehr groß. Kocht man jedoch diese Emulsion einige Zeit, oder behandelt man sie mit Ammoniak, so nimmt ihre Empfindlichkeit ganz bedeutend zu.

In der Kälte erstarrt die gekochte Emulsion und lässt sich dann leicht fein zerteilen und die darin befindlichen Salze durch Wasser entfernen. Die wieder geschmolzene Emulsion trägt man auf Glasplatten und lässt sie darauf erstarren und trocknen.

Die hohe Empfindlichkeit der Gelatinetrockenplatten beruht in der Bildung einer hochempfindlichen Silberbromid-Modifikation durch Kochen der Emulsion; erstere wurde bereits 1874 von Stas entdeckt.

Der positive Prozess besteht in einer durch das Licht bewirkten und durch Gegenwart der organischen Papierfaser beförderten Reduktion des Silbernitrats (veraltet: Höllenstein) und Silberchlorids (veraltet: Chlorsilber) zu metallischem Silber von brauner Farbe, welches die Konturen des Bildes bildet. Die im Papier enthaltenen Silbersalze werden nur zum kleinsten Teil reduziert; der Überschuss derselben muss durch Waschen, respektive durch Baden in Natriumhyposulfit-Lösung (veraltet: unterschwefligsauren Natronlösung) entfernt werden.

Beim Tonen der Bilder in Goldlösung wird ein Teil des Goldchlorids in der Lösung durch das metallische Silber reduziert, und es schlägt sich dann metallisches Gold an Stelle der Bildkonturen nieder, welches die Farbe des Bildes angenehmer macht. Somit besteht das fertige Papierbild teils aus Silber, teils aus Gold. Auf 4 Teile Silber kommt etwa 1 Teil Gold. Das Quantum edler Metalle ist aber sehr gering, es beträgt in einem Visitenkartenbild etwa 1/500 g.

Vorteile

Die Gelatine-Platten zeichnen sich gegenüber Kollodiumplatten durch ihre Haltbarkeit aus, sodass sie auf Reisen bequem mitgeführt werden können; sie sind ferner sechs bis zehnmal empfindlicher als Kollodiumplatten (seit etwa 1850) und gestatten deshalb Aufnahmen in viel kürzerer Zeit; dadurch ermöglichen sie die leichte Herstellung von Momentbildern; sie lassen sich ferner für den Handel im Vorrat fertigen und ersparen dem Amateur die mühsame Selbstpräparation. Dadurch haben sie der Amateur- und Liebhaberfotografie und der Anwendung derselben in Kunst und Wissenschaft einen außerordentlichen Aufschwung gegeben.

Geschichte und Entwicklung

Schon 1866 gelang es dem österreichischen Arzt und Politiker Norbert Pfretzschner senior zusammen mit dem Innsbrucker Chemie-Professor Heinrich Hlasiwetz Trockenplatten zu entwickeln, welche dann auch 1869 auf der Photographischen Ausstellung in Hamburg eine Silbermedaille erhielten. Diese Erfindung wurde aber von Pfretzschner industriell nicht genutzt.

Das Gelatineverfahren wurde von dem britischen Arzt Richard Leach Maddox als Nebenprodukt bakteriologischer Forschungen um 1871 entwickelt; er publizierte seine Ergebnisse am 8. September 1871 im British Journal of Photography. Sein noch sehr lichtunempfindliches Verfahren wurde verbessert durch John Burgess und Richard Kennett. Nach dem Grundprinzip von in eine Gelatineschicht einegebetteten Bromsilbers sind fotografische Emulsionen bis heute aufgebaut.

Charles Bennet gelang es 1878, die Empfindlichkeit des Gelatineverfahrens gegenüber der Nassplatten um den Faktor zehn zu steigern, indem die Bromsilbergelatine mit einem Überschuss an Kaliumbromid herstellte (Chemische Sensibilisierung). Dadurch wurden Momentaufnahmen mit Belichtungszeiten von wenigen Sekundenbruchteilen möglich.

Das Gelatineverfahren verdrängt den Kollodiumprozess aus dem Jahr 1850 weitgehend; es wurde selbst ab etwa 1880 durch fotografischen Film - zunächst Papier-, dann Zelluloid- sowie später Sicherheitsfilm abgelöst.

Siehe auch

Literatur

  • Josef Maria Eder: Die Fabrikation der photographischen Platten, Filme und Papiere und ihre maschinelle Verarbeitung (zugl. Ausführliches Handbuch der Photographie, 3. Bd. 1. Teil, Die Photographie mit Bromsilbergelatine und Chlorsilbergelatine, 6. völlig umgearb. u. verm. Aufl.). Halle: Knapp 1930
  • Josef Maria Eder: Die Grundlage der Photographie mit Gelatine-Emulsionen (5. verm. u. verbesserte Aufl.). Halle: Knapp 1902
  • Arthur Freiherr von Hübl: Die Entwicklung der photographischen Bromsilber-Gelatineplatte bei zweifelhaft richtiger Exposition (4. Aufl.). Halle: Knapp 1918

Weblinks


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