Geli Raubal

Geli Raubal

Angela „Geli“ Maria Raubal (* 4. Juni 1908 in Linz; † 18. September 1931 in München) war die Nichte Adolf Hitlers.

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Leben

Angela Raubal wurde als Tochter des Steueramtsoffizials Leo Raubal (* 11. Juni 1879, † 10. August 1910) und von Angela Raubal (später verh. Hammitzsch) geboren, einer Halbschwester Adolf Hitlers.

Ihr Vater verstarb bereits mit 31 Jahren, zwei Jahre nach ihrer Geburt. 1915 kam sie und ihre beiden Geschwister Leo und Elfriede zur Schwägerin der Mutter, nach Peilstein im Mühlviertel. Zwei Jahre besuchte Geli dort den Unterricht an der Grundschule, an der die Tante Lehrerin war. 1917 holte ihre Mutter sie zu sich nach Wien, in die Gumpendorfer Straße, sechster Gemeindebezirk. Geli legte die Aufnahmeprüfung für das Mariahilfer Mädchengymnasium ab, ihre Mutter drängte zu einer höheren Ausbildung. Da die schulischen Leistungen nachließen, kam sie auf das Realgymnasium in der Amerlingstraße, wo sie die Klasse wiederholen musste. Sie kam zurück zu ihrer Tante Maria Raubal und besuchte das Akademische Gymnasium in Linz. Im Juni 1927 machte sie dort als eines der ersten Mädchen die Matura.

1923, als Geli 15 Jahre alt war, wurde Adolf Hitler zu ihrem Vormund bestellt. 1924 reiste sie zusammen mit ihrem Bruder Leo nach Landsberg am Lech, wo Hitler in Festungshaft war und sie ihn erstmals traf. Durch den prominenten Onkel war auch Geli in den Mittelpunkt des Interesses gerückt; die Abschlussfahrt der Matura-Klasse ging auf Bestreben ihres Geschichtslehrers nach München, in die „Hauptstadt der Bewegung“. Die Klasse traf Hitler in der Villa des Verleger-Ehepaars Bruckmann am Karolinenplatz. Im August 1927 war sie zum Reichsparteitag in Nürnberg eingeladen und besuchte anschließend mit ihrer Mutter auch die Städte Bayreuth, Weimar, Berlin und Hamburg. Rudolf Heß war dabei ihr Chauffeur.

Geli entschloss sich, nicht in Wien oder Salzburg, sondern stattdessen in München Medizin zu studieren. Im Herbst zog sie in ein Zimmer in einer Pension in der Königinstraße am Englischen Garten. Ihre Unterkunft lag nicht weit von der Thierschstraße 41, wo Hitler ein Zimmer zur Untermiete bewohnte. Nach dem ersten Semester brach sie ihr Medizinstudium ab. Geli war mit Henriette Hoffmann, der Tochter des Fotografen Heinrich Hoffmann, befreundet. Sie unternahmen gelegentliche Ausflüge mit ihrem Onkel, Besuche der Oper oder Ausflüge aufs Land.

Heinrich Hoffmann beschrieb sie als hübsches Mädchen, das immer im Mittelpunkt der Gesellschaft stand und sehr umschwärmt war: „Mit ihrem ungezwungenen Wesen, ohne jeglichen Anflug von Koketterie, gelang es ihr durch ihre bloße Präsenz, jeden in gute Laune zu versetzen.“[1]

Emil Maurice, Mitbegründer der SS, teilte Hitler im Dezember 1927 auf der Hochzeitsfeier von Rudolf Heß seinen und Gelis Heiratswunsch mit. Hitler reagierte verärgert, forderte eine Trennung auf zwei Jahre und derweilen nur noch Treffen unter Aufsicht. Da Geli noch nicht volljährig war, kam eine Eheschließung nicht in Frage. Er drohte seine Nichte zurück nach Wien zu schicken, und kündigte Maurice im Januar 1928 fristlos.

1929 kündigte Hitler sein schlichtes Untermietzimmer und zog am Prinzregentenplatz 16 in eine Neun-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock, in die auch Geli ab Oktober 1929 einzog. Sie bewohnte nun ein Zimmer mit Blick auf das Prinzregententheater. Das Ehepaar Anni und Georg Winter wurde zum Führen des Haushalts und Betreuen der Wohnung eingestellt.

Geli strebte nun an, Opernsängerin zu werden. Ihr Onkel finanzierte ihr Gesangsunterricht. Zunächst war Kapellmeister Adolf Vogl ihr Ausbilder, später unterrichtete Hans Streck, ehemaliger Adjutant Ludendorffs. Gelegentlich besuchte Geli ihre Mutter Angela, die in Berchtesgaden für Hitler den Haushalt Wachenfeld führte. Hitler war unterdessen nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930, aus denen die NSDAP als zweitstärkste Partei nach der SPD hervorgegangen war, ständig auf Wahlkampfveranstaltungen im Reich.

Am 18. September 1931, Hitler war kurz zuvor zu einer weiteren Wahlkampfveranstaltung aufgebrochen, erschoss sich Geli in der Wohnung am Prinzregentenplatz. Die Gründe ihres Suizids sind nicht eindeutig geklärt, ein Abschiedsbrief wurde nicht aufgefunden. Nach Aktenlage gilt als sicher, dass es sich um Suizid handelte. Die Angestellten sagten aus, sie wüssten nicht, warum sie sich das Leben genommen habe. Hitler sagte bei der Polizei aus, seine Nichte habe als Sängerin auftreten wollen, aber dem Druck nicht standgehalten. Ihr Bruder Leo, der mit ihr noch eine Woche zuvor in den Bergen wanderte, sagte, dass er kein Zeichen von Lebensüberdruss feststellen habe können.

Geli Raubal wurde am 23. September 1931 auf Wunsch ihrer Mutter auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt; und zwar „in der Notgruft linke Arkade Nr.9 bei der Karl-Lueger-Gedächtniskirche“. Hitler nahm am Begräbnis nicht teil; er suchte die Grabstätte erst drei Tage später auf.[2] Eine Umbettung des Leichnams vom provisorischen in ein reguläres Grab gab es nicht. 1938 stellten Gelis Mutter und Hitler die Zahlungen für das Grab zur Gänze ein.[3] Im März 1946 erfolgte über behördliche Anordnung die Exhumierung der Gebeine aus der Notgruft und die Umbettung in ein Reihengrab. In den sechziger Jahren wurde jener Teil des Friedhofsgeländes, auf dem sich dieses Grab befand, planiert und mit Büschen bepflanzt; die Grabstätte war nicht mehr auffindbar. Der Wiener Möbelrestaurator Hans Horvath war zwar der Meinung, sie nach von ihm durchgeführten Recherchen wiederentdeckt zu haben; die von ihm 1985 zur Klärung der genauen Todesumstände beantragte Exhumierung der mutmaßlichen sterblichen Überreste der Geli Raubal fand jedoch mangels behördlicher Einwilligung nicht statt.[4]

Hitler, der zumindest vorgab, den Suizid seiner Nichte nicht überwinden zu können, soll geäußert haben, ihre Beziehung sei „restlos am Generationenproblem“ gescheitert. Der Grundsatz für die Hitler-Jugend, „Jugend muss von der Jugend geführt werden“ (nach: Picker, 25f.), soll durch diese Erfahrung geprägt worden sein. Auch beließ Hitler das Zimmer der Nichte unverändert und machte es unzugänglich. Lediglich eine von Ferdinand Liebermann geschaffene Büste Gelis soll später dort noch aufgestellt worden sein.

Kaum eine der Frauen aus dem Kreis der NS-Elite – vielleicht mit Ausnahme von Magda Goebbels – hat die Fantasie der Nachwelt so beschäftigt wie Hitlers Nichte. Zahlreiche Spekulationen kreisen um die Fragen, ob Geli Hitlers Geliebte war. Die persönliche Bedeutung der Geli Raubal für ihren Onkel wird nicht geklärt werden können; ebenso wie die Herkunft einer Aktstudie der 21-jährigen Geli. Von dieser ist bis heute unklar, wer sie zeichnete, obwohl Personenskizzen und -studien des jungen Hitler bekannt sind und seinen zeitweiligen Beruf als Ansichtskartenmaler in München begleiteten.

Die mögliche Liebesbeziehung Hitlers zu Geli wurde erstmals in Stuart Heislers Film Hitler thematisiert. Cordula Trantow erhielt 1962 für die Darstellung der Geli Raubal eine Golden Globe-Nominierung. Die Figur der Geli Raubal wird auch in dem Film Hitler - Der Aufstieg des Bösen aus dem Jahr 2003 thematisiert. 2005 war Geli Raubal Hauptgegenstand des Films Die Nichte – Hitlers verbotene Liebe.

Literatur und Filme

  • Uwe Bolius: Hitler von innen. Limbus Verlag, Hohenems 2008, ISBN 978-3-902534-20-0
  • Wolfgang Zdral: Die Hitlers (Die unbekannte Familie des Führers). Campus Verlag, Frankfurt/Main 2005, ISBN 978-3-593-37457-4, bzw. Taschenbuchausgabe: Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2008, ISBN 978-3-404-61631-2, Seiten 75 bis 100
  • Marc Vermeeren: De jeugd van Adolf Hitler 1889–1907 en zijn familie en voorouders; Soesterberg: Uitgeverij Aspekt, 2007; ISBN 90-5911-606-2
  • Oliver Halmburger, Thomas Staehler: Familie Hitler. Im Schatten des Diktators. München: Oliver Halmburger Loopfilm u. Mainz: ZDF-History 2005 (Dokumentarfilm)
  • Hitler – Der Aufstieg des Bösen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich Hoffmann: „Hitler was my friend“, London 1955. S.148
  2. W. Zdral: Die Hitlers, Seite 95
  3. W. Zdral: Die Hitlers, Seite 98
  4. W. Zdral: Die Hitlers, Seite 100

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