Gemeinheit

Gemeinheit

Umgangssprachlich bezeichnete gemein ursprünglich eine Eigenschaft, die mehrere Menschen gemeinsam besaßen (Beispiel: „all diesen Leuten ist die Muttersprache Deutsch gemein“). Bei Tier- und Pflanzengattungen bedeutet „gemein“, dass diese Spezies die bekannteste ihrer Familie ist.

Bedeutungsfeld

In ähnlicher Bedeutung ist es noch im Adjektiv „allgemein“ (als Gegensatz zu „speziell“) erhalten, was so viel bedeutet wie „umfassend“, „generell“ oder „für alle oder die überwiegende Mehrheit geltend“, etwa für den sprichwörtlich gemeinen Mann. Mit „Allgemeinheit“ wird auch die Gesamtheit der Bevölkerung eines Bereichs bezeichnet. Was der Allgemeinheit gehört, gehört allen zusammen, niemandem allein, ist aber oft von jedem einzelnen nutzbar (siehe Allmende).

Der Prozess, aus einer beobachteten Anzahl von ähnlichen Einzelphänomenen auf allgemeine Gültigkeit zu schließen, wird als „Verallgemeinerung“ (Generalisierung) bezeichnet.

Einzelbedeutungen

  • Als Hauptwort Gemein war bei den Landsknechten der frühen Neuzeit eine Vollversammlung aller Söldner, die zu einer Haufe gehörten, eine Urform des Parlamentarismus, der sich in der Verfassung der Heeresversammlungen bereits in der griechischen und römischen Antike findet (und zahlreiche römische Kaiser und Gegenkaiser gewählt hat).
  • Im Militär wurde früher als Gemeiner bezeichnet, wer dem Kriegsvolk als dienstgradloser einfacher Soldat angehörte. Die Bezeichnung war vom 18. bis ins 20. Jahrhundert üblich.
  • Bereits abwertend bezeichnete es früh die einfachen Leute („das gemeine Volk“) und bedeutete bald „vulgär.“ Zugespitzt hat es (besonders in der Kindersprache) die Bedeutung von „tückisch“, „boshaft“, „fies“, „schofel“ angenommen; eine „gemeine Tat“ in diesem Sinne ist eine Gemeinheit.
  • Rechtliche Bedeutungen
    • Gemeinsame Eigentümer eines mittelalterlichen Besitzes, wie z.B. einer Burg, wurden als Gemeiner bezeichnet.
    • Die gemeine Gefahr als Rechtsbegriff (z.B. in § 323c StGB) setzt voraus, dass bedeutende Rechtsgüter (z.B. Leben oder Eigentum) einer Vielzahl von Menschen konkret gefährdet sind.
    • Das gemeine Recht gilt - im Gegensatz zum Partikularrecht, das nur für einen Gebietsteil gilt - für ein Gebiet als Ganzes. So galt das römische Recht seit der Rezeption ab dem 14. Jh., also vom Spätmittelalter bis zum Ende des Alten Reichs 1806 als "Gemeines Recht" ("ius commune") im ganzen Gebiet des Reiches. Zwar gingen römisches Reichsrecht oder das örtliche Territorialrecht als Partikularrecht vor, doch nur, wenn sie beweisbar waren. In der Praxis war damit das Gemeine Recht in zahlreichen Einzelstaaten das maßgebliche Recht, weil es nicht bewiesen werden musste.
      Spätestens 1900 wurde das Gemeine Recht im Deutschen Reich durch das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches abgelöst. In anderen vormaligen Territorien des Alten Reiches galt es lange noch fort, so im Common Dutch Law, das auch in vormaligen Kolonialgebieten der Niederlande (etwa im von Buren besiedelten Südafrika und Simbabwe) heute noch für einige Territorien und Rechtsgebiete fortgilt.
  • In oberdeutschen Ortsnamen kann Gemein für "Ort" oder "Gemeinde" stehen.
    • Ein Ortsteil der bayerischen Gemeinde Bindlach trägt ebenfalls den Namen Gemein.
  • gemein als Adverb bedeutet (veraltend) „gemeinsam“ (Beispiel: Allen Geschwistern war die rote Haarfarbe gemein.)
  • gemein als Adjektiv bedeutet umgangssprachlich „tückisch“, „fies“.

Siehe auch


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