Gemeinschaftsschüler

Gemeinschaftsschüler

Die Gemeinschaftsschule wird in der aktuellen politischen Diskussion als eine Alternative zu einem mehrgliedrigen Schulsystem (mit äußerer Differenzierung nach der Klasse 4 bzw. 6) und gleichzeitig auch als Variante der Gesamtschule und Einheitsschule dargestellt.

Dabei steht die Gemeinschaftsschule für verschiedene Formen längeren gemeinsamen Lernens. Das Grundprinzip ist die flexible Kooperation verschiedener Schularten bis hin zur kompletten Integration mit dem Ziel einer längeren gemeinsamen Schulzeit (mindestens bis zur 8. oder bis zur 10. Klasse). Damit soll eine höhere Durchlässigkeit im Bildungssystem und eine effektivere Integration von Migrantenkindern erreicht werden. Praktische Umsetzungen der Überlegungen stehen noch aus.

Der Unterschied zur Gesamtschule besteht hauptsächlich darin, dass im Gemeinschaftsschulkonzept die einzelnen Schulen vor Ort sich - abgestimmt auf die jeweilige lokale Situation - schrittweise verändern und selbstbestimmt agieren können. Zudem wird eine Eingruppierung in A-, B- oder C-Kurse vermieden und viel mit offenen Methoden gearbeitet, um die Heterogenität der Schülerschaft zu nutzen.

Historisch war z. B. in Nordrhein-Westfalen bis heute die Gemeinschaftsschule ein Synonym für die Simultanschule.

Inhaltsverzeichnis

Sachsen, Schleswig-Holstein, Berlin

In Sachsen ist die Gemeinschaftsschule ab Schuljahr 2006/07 möglich, es können Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien oder Förderschulen zu einer Gemeinschaftsschule werden.

Die Große Koalition in Schleswig-Holstein folgte im Februar 2007. In den Gemeinschaftsschulen sollen die Schüler bis zur 10. Klasse gemeinsam lernen. Sie bieten die Abschlüsse von Haupt- und Realschule sowie den Übergang zur gymnasialen Oberstufe an, die sie auch selbst einrichten können. Die Schüler werden nach den Anforderungsebenen der Haupt- und der Realschule wie auch des Gymnasiums durch innere Differenzierung unterrichtet. Bis 2010 sollen in Schleswig-Holstein alle integrierten Gesamtschulen zu Gemeinschaftsschulen entwickelt werden. Diese können aber auch aus anderen Schularten hervorgehen, wenn die Schulträger dies wollen.

Folgende Strukturmerkmale und Rahmenbedingungen prägen eine Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein:

  • gemeinsamer Unterricht in den Klassen 5 und 6
  • unterschiedliche Formen und Angebote der Differenzierung und längeres gemeinsames Lernen ab Klasse 7
  • in der Übergangsphase: enges Kooperationsverhältnis der "traditionellen" Bildungsgänge und ein großer schulartenübergreifender Teil des Unterrichts
  • die abschlussbezogenen Ausprägungen entsprechend den Vorgaben der Kultusministerkonferenz sind gewährleistet
  • gleiche Leistungsanforderungen wie an den Schulen des gegliederten Schulwesens
  • zentrale Abschlussprüfungen
  • Unterricht durch Lehrkräfte aller Schularten
  • durchschnittliche Jahrgangsgröße mindestens 50 Schüler
  • Gemeinschaftsschulen sind grundsätzlich offene Ganztagsschulen

Die gymnasiale Oberstufe in einer Gemeinschaftsschule umfasst drei Schuljahre, so dass an einer Gemeinschaftsschule Schüler ihr Abitur nach 13 Schuljahren ablegen. An welchen Gemeinschaftsschulen gymnasiale Oberstufen eingerichtet werden, entscheidet sich nach der Schülerzahl der jeweiligen Schule.

Am 1. August 2007 starteten in Schleswig-Holstein die ersten 7 Gemeinschaftsschulen in Flensburg, Handewitt, Schafflund, Fehmarn, Kellinghusen, Itzstedt und Halstenbek mit insgesamt 714 Schülern im neuen 5. Jahrgang. In Fehmarn gibt es eine gymnasiale Oberstufe, in Schafflund, Itzstedt organisatorische Verbindungen mit Grundschulteilen, in Handewitt mit Grundschulteil und Förderzentrum.

Für das Schuljahr 2008/2009 genehmigte das Ministerium für Bildung und Frauen 49 weitere Gemeinschaftsschulen, für eine weitere steht die Genehmigung in Aussicht.[1]

Am 17. Oktober 2007 wurde in Schleswig-Holstein unter dem Motto "Eine Schule für Alle" eine Volksinitiative gestartet, um die Gemeinschaftsschule als einzige weiterführende Schule festzulegen. Haupt-, Real-, Regionalschulen und Gymnasien sollen abgeschafft werden.[2]

In Berlin hat sich die Landesregierung aus SPD und Linkspartei schon in den Koalitionsverhandlungen Ende 2006 darauf verständigt, mittels einer Pilotphase den Einstieg in die Gemeinschaftsschule zu machen. In dieser Pilotphase sollen Schulen auf freiwilliger Grundlage die Möglichkeit erhalten, Gemeinschaftsschulen zu werden. Sie dient der Sammlung von Erfahrungswerten in der Praxis, wie und unter welchen Bedingungen individuelles Fördern und Fordern erfolgreich möglich ist. Die Gemeinschaftsschulen erhalten durch eine wissenschaftliche Begleitung konkrete Unterstützung. Die Pilotphase soll eine flächendeckende Einführung von Gemeinschaftsschulen als Regelschule in Berlin vorbereiten. Bis 2011 stehen den Gemeinschaftsschulen 22 Millionen Euro für Fortbildungs- und Infrastrukturzwecke zur Verfügung. Folgende Wege sind denkbar:

  • bestehende gemeinschaftsschulähnliche Schulen entwickeln sich weiter
  • Grundschulen wachsen schrittweise auf
  • Grund- und Sekundarstufenschulen fusionieren bzw. kooperieren verbindlich
  • verschiedene Sekundarstufe-I-Schulen fusionieren
  • Sekundarstufe-I-Schulen bauen eigene Grundstufen oder Sekundarstufen II auf
  • Schulneugründungen

In Gemeinschaftsschulen sollen alle Kinder bis zum Ende der 10. Klasse bzw. bis zum Abitur länger gemeinsam von- und miteinander lernen. In ihnen gibt es daher keine Jahrgangsstufenwiederholungen, kein Probe-Halbjahr und auch keine äußere Fachleistungsdifferenzierung als Organisationsprinzip.

In einem Interessensbekundungsverfahren meldeten sich insgesamt 65 Berliner Schulen, um Gemeinschaftsschule zu werden. Nach dem verbindlichen Bewerbungsverfahren starten in einer ersten Welle 15 Schulen in 11 Schulverbünden zum Schuljahr 2008/2009 ihre Arbeit als Gemeinschaftsschule.

Außerparlamentarisch hat sich ein „Runder Tisch Gemeinschaftsschule“ gegründet. In ihm sind viele gesellschaftliche Akteure, Verbände, Gewerkschaften, Parteien und Einzelpersonen organisiert, die den Prozess der Einführung der Gemeinschaftsschule außerparlamentarisch begleiten.[3]

Literatur

  • Erdsiek-Rave, U. (2007). "Jeder einzelne ist wichtig". Schleswig-Holsteins Perspektiven einer Schule für alle. Eröffnungsrede der Bildungsministerin von Schleswig-Holstein. In: I. Demmer-Dieckmann (Hg.): Integrationsforschung und Bildungspolitik im Dialog. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 25-34
  • Jungmann, C. (2008): Die Gemeinschaftsschule. Konzept und Erfolg eines neuen Schulmodells. Münster: Waxmann.
  • Spiewak, M. (2007). Die Revolution von Fehmarn. In: „Die Zeit“ Nr. 29 vom 12. Juli 2007

Weblinks

Quellen

  1. http://www.schleswig-holstein.de/MBF/DE/Service/Presse/PI/2008/Februar2008/III__GenehmigungSchulen.html__nnn=true/
  2. http://www.gruenejugend-sh.de/2007/10/18/jetzt-unterschriften-sammeln-fuer-die-volksinitative-fuer-eine-gemeinsame-schule-fuer-alle/
  3. http://www.gew-berlin.de/6561.htm

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