- Gemeinwirtschaftsbanken
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Die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), hervorgegangen aus den deutschen Gemeinwirtschaftsbanken, war ein Kreditinstitut, das im Jahr 2000 in der SEB AG aufgegangen ist.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Gemeinwirtschaftsbanken wurden in Deutschland die Banken bezeichnet, die nach dem 2. Weltkrieg von den Gewerkschaften in Verbindung mit der GEG, der Wirtschaftszentrale der Konsumgenossenschaftsbewegung, gegründet wurden. Sie setzten die Tradition der schon die in den Zwanzigern bestehenden kleineren Gewerkschaftsbanken und Bank-Einrichtungen der Konsumgenossenschaftsbewegung sowie der Bank der Deutschen Arbeit fort.
Nach dem 2. Weltkrieg war von den Besatzungsmächte kein bundesweit agierendes Kreditinstitut erlaubt. Die Wirtschaftszentrale der Konsumgenossenschaften GEG und die Gewerkschaften gründeten zwischen 1949 und 1950 deshalb sechs regionale Kreditinstitute mit einem Anfangskapital von je einer Million DM:
- die Bank für Wirtschaft und Arbeit AG in München
- die Bank für Gemeinwirtschaft AG in Hamburg
- die Bank für Gemeinwirtschaft Nordrhein-Westfalen AG in Düsseldorf
- die Bank für Gemeinwirtschaft AG Frankfurt/Main in Frankfurt/Main
- die Niedersächsische Bank für Wirtschaft und Arbeit AG in Hannover
- die Bank für Wirtschaft und Arbeit AG in Stuttgart
und
- 1953 die Bank für Wirtschaft und Arbeit AG zu Berlin.
1958 im Dezember schlossen sich nach dem Ende des Zentralisierungsverbotes der Besatzungsmächte die Banken im Bundesgebiet zur Bank für Gemeinwirtschaft mit Sitz in Frankfurt zusammen.
1963 wurde die Berliner "Bank für Wirtschaft und Arbeit" eine Niederlassung der BfG.
Nach der Verschmelzung der sechs regionalen Gemeinwirtschaftsbanken wurde das Grundkapital von 34 Millionen DM (seit 1954) auf 60 Millionen DM im Jahr 1958 erhöht. Die GEG als Wirtschaftszentrale der Konsumgenossenschaften hielt mit 25,06% eine Schachtelbeteiligung, ebenso der DGB mit 25,14%. Die restlichen 49,8% hielten Einzelgewerkschaften. Die GEG behielt ihren Anteil bis 1968.
1974 wurde die Beteiligungsgesellschaft für Gemeinwirtschaft BGAG gegründet und avancierte zum Hauptaktionär.
1987 übernahm die Aachener und Münchener Beteiligungsgesellschaft die Aktienmehrheit.
1991 firmierte die Bank in BfG Bank AG um, wobei die drei Buchstaben nun keine Abkürzung mehr sind, sondern einfach einen Namen darstellen.
1993 übernahm der Crédit Lyonnais, Paris, die Aktienmehrheit.
2000 erwarb der schwedische Finanzkonzern Skandinaviska Enskilda Banken (SEB) 100% der Aktien.
2001 firmierte die BfG AG in SEB AG um und verlor damit ihren eigenständigen Marktauftritt.
Tochtergesellschaften
1965 gründete die BfG die Bank für Sparanlagen und Vermögensbildung AG (BSV). Diese Bank sollte als Spezialkreditinstitut den Arbeitnehmern die Anlage der damals neu eingeführten vermögenswirksamen Leistungen ermöglichen. Bereits 1969 wurde das Produktspektrum um Baudarlehen und 1975 auf Ratenkredite ausgeweitet. Die Bank arbeitete ohne Filialen und war damit die erste Direktbank in Deutschland. 1981 war die BfG mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter der BSV, Frankfurt am Main. Nach dem Verkauf der Anteile durch BfG und DGAG firmierte die Bank mehrfach um und ist heute unter der Firma ING-DiBa am Markt tätig.
Geschäftspolitik
Gemeinwirtschaft
Die Geschäftspolitik der Bank für Gemeinwirtschaft wurde durch das Prinzip der Gemeinwirtschaft bestimmt. Die BfG sollte nicht nur die Hausbank der Gewerkschaften und der Konsumgenossenschaftsbewegung sein, sondern nachweisen, dass eine Bank auch ohne privates Gewinnstreben im Gemeinwohlinteresse erfolgreich betrieben werden konnte.
Die BfG galt lange Zeit als Bank für kleine Leute und wurde wegen der erzielten Gewinne bis in die 1980er Jahre als "Perle" der Gewerkschaftsunternehmen bezeichnet. Anfang der 1980er war sie kurz davor, die Commerzbank als drittgrößtes Kreditinstitut Deutschlands abzulösen. Sie litt danach unter Managementfehlern und nicht zuletzt unter dem Skandal um die Neue Heimat, der das Image aller Gewerkschaftsunternehmen beschädigte. Vor allem führte eine riskante Kreditpolitik (insbesondere Kredite an Staaten der dritten Welt und des ehemaligen Ostblocks) zu existenzbedrohenden Verlusten. Die Bank rutschte Mitte der 1980er Jahre in die negativen Zahlen, nur etwa ein Dutzend von rund 75 Filialen arbeiteten mit Gewinn.
So teilte die BfG das Schicksal der anderen gemeinwirtschaftlichen Unternehmen (z.B. Neue Heimat, co op AG, AHBR und zuletzt BAWAG in Österreich): Durch Misswirtschaft in die Krise geraten, kosteten diese Unternehmen die Gewerkschaften viel Geld und konnten nur als "normale", gewinnorientierte Unternehmen am Markt bestehen.
Allfinanz
Nachdem lange Zeit kein Käufer für eine Minderheitsbeteiligung gefunden wurde, musste eine Aktienmehrheit (50% plus eine Aktie) an die Aachener und Münchener Beteiligungsgesellschaft abgegeben werden. In der Folge gab es Massenentlassungen, die Zahl der Mitarbeiter und Filialen wurde unter dem Vorstandsvorsitzenden Paul Wieandt um ein Viertel reduziert. Drei Viertel der Führungskräfte mussten das Haus verlassen. Der Abschied von der Idee der Gemeinwirtschaft war ein Kulturschock. Die neuen Unternehmensleitsätze begannen mit dem Satz "Wir sind ein gewinnorientiertes Unternehmen". Was für andere Unternehmen selbstverständlich war, war für die BfG ein Paradigmenwechsel.
Strategisches Ziel der AM war eine Allfinanz-Geschäftspolitik: Der Vertrieb von Bankprodukten und Versicherungen unter einem Dach.
Trotz dieser drastischen Sparmaßnahmen gelang der Aachener und Münchener Beteiligungsgesellschaft eine Sanierung nicht. Die Geschäftspolitik wurde auf wohlhabendere Kunden ausgerichtet, doch das widersprach dem Image der Bank und diese Kundenkreise konnten nicht gewonnen werden. Auch der Versuch, in einer Bank Versicherungsprodukte zu verkaufen, blieb erfolglos. Die BfG wurde als deutsches Tochterunternehmen an Auslandsbanken verkauft. 1992 erwarb der Crédit Lyonnais die Aktienmehrheit. Strategisches Ziel war die Bildung einer paneuropäischen Bank. Der CL geriet jedoch zeitgleich in eine schwere Krise. Die Rettung des CL war nur mit Hilfe massiver Unterstützung des französischen Staates möglich. Diese staatliche Subvention wurde von der EU nur unter Auflagen genehmigt. Eine dieser Auflagen war der Verkauf von mindestens der Hälfte der Auslandstöchter. Da die BfG allein die Hälfte des Auslandsvermögens ausmachte, wurde sie 2000 an die Skandinaviska Enskilda Banken verkauft.
Die BfG (bzw. ihre Nachfolgerin SEB) gilt als eines der innovativsten Kreditinstitute. Sie entwickelte zahlreiche Produkte, die heute Standardangebot aller Banken sind. Dazu gehört der Sparbrief mit steigenden Zinsen im Laufe der Jahre, um den Kunden langfristig zu binden (Vorbild für den Bundesschatzbrief), das Konto inklusive aller Dienstleistungen zum monatlichen Einheitspreis und die Einführung des Kontos mit kostenloser Kreditkarte. Mit dem "Luxinvest Securarent" (heute "SEB Luxinvest ÖkoRent") brachte die BfG im Jahr 1989 den ersten deutschen "Öko"-Fonds auf den Markt.
Werbung und Marketing
In den 1980er Jahren warb die BfG in einer bekannten Kampagne unter dem Slogan "Der Mensch · Das Leben · Die Bank".
Hauptsitz
Die BfG schrieb in Frankfurt an der Hochhausgeschichte mit. Am 20. März 1964 eröffnete die Bank ihre neue Zentrale in der Mainzer Landstrasse in Frankfurt. Ehrengast bei der Eröffnung war Willy Brandt. Der Gebäudekomplex sollte aber mit dem Wachstum der Bank nicht Schritt halten. 1977 wurde das BfG-Hochhaus (der heutige Eurotower, der Sitz der Europäischen Zentralbank) bezogen. Das Gebäude verfügte über eine eigene U-Bahn-Station im Keller sowie über eine öffentliche Ladenpassage im Erdgeschoß. Die Geschossfläche von 78.000 m² war den Wachstumshoffnungen der Bank angepasst. Jedoch erfüllten sich diese nicht und die Bank musste Teile des Gebäudes in den 80er Jahren untervermieten. Mit der zunehmenden Krise der Bank wurde sowohl das BfG-Hochhaus als auch die alte Hauptstelle an Investoren verkauft. Auf dem Gelände der alten Zentrale an der Mainzer Landstrasse errichteten die Käufer das Hochhaus Trianon. 1993 zog die BfG als Mieter in dieses Hochhaus ein. Mit der Übernahme durch die SEB zog die Bank in ihre heutige wenig repräsentative Zentrale in der Ulmenstrasse.
Ausländische Gemeinwirtschaftsbanken
Zu den Gemeinwirtschaftbanken zählten ebenfalls die BAWAG, Wien und die Genossenschaftliche Zentralbank, Basel.
Literatur
- Wilhelm Fischer: 60 Jahre geg. 60 Jahre Dienst am Verbraucher. 1894 - 1954. Festschrift Hamburg 1954. 362 Seiten.
- Achim von Loesch: Die gemeinwirtschaftlichen Unternehmen der deutschen Gewerkschaften. Köln 1979
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