- Gerichtliche Kammern
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Gerichtliche Kammern sind Organe der Rechtspflege in der Europäischen Union.
Inhaltsverzeichnis
Funktion
Die Rechtspflege in der Europäischen Union ist grundsätzlich Aufgabe des Europäischen Gerichtshofs und des 1989 gegründeten Europäischen Gerichts erster Instanz. Infolge der zunehmenden Arbeitsbelastung dieser beiden Spruchkörper wurde der EGV-Vertrag 2001 durch den Vertrag von Nizza um einen Art. 225a ergänzt, der den Rat ermächtigt, unterhalb derselben eine zusätzliche Instanz für bestimmte Kategorien von Klagen oder bestimmte Sachgebiete zu schaffen.
Einrichtung
Zur Einrichtung einer gerichtlichen Kammer ist ein einstimmiger Beschluss des Rates erforderlich, der insbesondere auch die Zusammensetzung der gerichtlichen Kammer sowie ihren Zuständigkeitsbereich festlegt. Der Beschluss kann nur auf Vorschlag der Kommission bzw. Antrag des Gerichtshofs erfolgen. Anzuhören ist das Europäische Parlament sowie das jeweils andere vorschlags- bzw. antragsberechtigte Organ.
Die Richter der gerichtlichen Kammern werden einstimmig vom Rat ernannt. Sie müssen die Befähigung zur Ausübung richterlicher Tätigkeit nach dem Recht ihres Heimatstaats verfügen und jede Gewähr für richterlichen Unabhängigkeit bieten.
Die gerichtliche Kammer erlässt ihr Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Sie bedarf der Genehmigung durch den Rat, der hierüber mit qualifizierter Mehrheit entscheidet.
Rechtsmittel
Gegen ein Urteil einer gerichtlichen Kammer kann ein Rechtsmittel zum Europäischen Gerichts erster Instanz eingelegt werden. Es ist grundsätzlich auf Rechtsfragen beschränkt, soweit der die Kammer einrichtende Ratsbeschluss nicht ausdrücklich die Erstreckung auf Sachfragen vorsieht.
Praxis
Bislang hat der Rat von der neugeschaffenen Befugnis zur Einrichtung gerichtlicher Kammern erst einmal Gebrauch gemacht: 2004 wurde das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union errichtet.
Literatur
- Thomas Oppermann: Europarecht, München 2005, ISBN 3406535410, S. 112
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