Gesamtabsorptionsgrad

Gesamtabsorptionsgrad

Der Absorptionsgrad α, auch: Schluckgrad gibt an, welcher Teil der Leistung einer auftreffenden Welle (z. B. Schall oder elektromagnetischen Strahlung wie Licht) von einer Fläche absorbiert, das heißt, aufgenommen wird.

Inhaltsverzeichnis

Grundlegende Zusammenhänge der gestörten Ausbreitung

In der Akustik wird der Transmissionsgrad τ als Teil des Absorptionsgrads α angesetzt, weil es für die Raumakustik egal ist, ob die Schallenergie in einem Raum durch Umwandlung in thermische Energie oder ins Freie bzw. in einen Nachbarraum verloren geht.

\alpha = \tau + \delta \,

Daraus ergeben sich für Schall folgende Zusammenhänge:

\rho + \alpha = \rho + \tau + \delta = 1 \,

Aus der ersten Gleichung ist zu erkennen, dass sich der Anteil der absorbierten Intensität aus der Summe der Anteile von durchgelassener (transmittierter) und „verlorengegangener“ (dissipierter) Intensität zusammensetzt. Die erste Gleichung zeigt, dass die Summe von reflektierter und absorbierter Intensität der gesamten Intensität entspricht.

Hingegen werden bei elektromagnetischer Strahlung die Absorption und Transmission getrennt behandelt, da hier meist die Gesamt-Emission eines Körpers von Interesse ist, weniger die Richtung. Der Absorptionsgrad ist in diesem Fall ein Maß für die „verlorengegangene“ Intensität, und es gilt

\rho + \tau + \alpha = 1 \,

Das heißt, die eingestrahlte Energie (Intensität) wird zum Teil reflektiert, zum Teil durchgelassen, und der Rest absorbiert (vom Medium „verschluckt“).

Schallwellen

Der Absorptionsgrad α gibt an, wie groß der absorbierte Anteil des gesamten einfallenden Schalls ist. α = 0 bedeutet, es findet keine Absorption statt, der gesamte einfallende Schall wird reflektiert. Bei α = 0,5 wird 50 % der Schallenergie absorbiert und 50 % reflektiert. Bei α = 1 wird der komplette einfallende Schall absorbiert, das heißt, eine Reflexion findet nicht mehr statt (Beispiel: offenes Fenster, oder idealer "schalltoter" Raum). Normalerweise liegen die Werte je nach Schallschlucksystem zwischen 0,2 und 0,8. α hängt vom Oberflächenmaterial und der Frequenz ab. Für die Schallempfindung in einem Raum spielt das Verhältnis von absorbierter und reflektierter Schallenergie eine ausschlaggebende Rolle. α + ρ = 1.

Gelegentlich werden Werte vom Schallabsorptionsgrad α größer 1, also > 100% angegeben. Dieses wird unter praxisnahen Bedingungen bestimmt und trägt der Tatsache Rechnung, dass die wirksame Fläche eines Absorbers etwas größer ist, als seine geometrische Fläche.[1]

Elektromagnetische Strahlung

Von der auf die Oberfläche eines Körpers treffenden Strahlung wird in der Regel ein Teil reflektiert, ein Teil durch den Körper durchgelassen und der Rest absorbiert. Die absorbierte Energie vermehrt die innere Energie des Körpers. Der Absorptionsgrad (auch Absorptionskoeffizient bzw. spektraler Absorptionskoeffizient SAK) gibt an, welcher Bruchteil der auftreffenden Strahlung absorbiert wird. Er kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen, die Extremwerte 0 und 1 werden in der Praxis nur näherungsweise erreicht. Der Absorptionsgrad kann von der Einstrahlrichtung und der Frequenz der einfallenden Strahlung abhängen. Je nachdem, ob diese Richtungs- und Frequenzverteilungen explizit berücksichtigt werden sollen oder nicht, lassen sich vier verschiedene Absorptionsgrade angeben.

Gerichteter spektraler Absorptionsgrad

Die spektrale Bestrahlungsdichte K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) (Einheit: W m-2 Hz-1 sr-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung bei der Frequenz ν aus der durch den Polarwinkel β und den Azimutwinkel \varphi gegebenen Richtung pro Flächeneinheit, pro Einheits-Frequenzintervall und pro Raumwinkeleinheit auf den Körper trifft.

Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der bei der Frequenz ν aus der durch die Winkel β und \varphi gegebenen Richtung einfallenden spektralen Bestrahlungsdichte K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:


a_{\nu}^\prime(\beta, \varphi, \nu, T) = \frac{K_{\Omega \nu}^\mathrm{abs}(\beta, \varphi, \nu)}{K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu)} \,
.

Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad ist eine Materialeigenschaft und hängt nicht von den Eigenschaften der (aus äußeren Strahlungsquellen stammenden) spektralen Bestrahlungsstärke ab. Er ist in der Regel richtungs- und frequenzabhängig und wird auch von der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers (z. B. Rauigkeit) stark beeinflusst.

Hemisphärischer spektraler Absorptionsgrad

Die spektrale Bestrahlungsstärke Eν(ν) (Einheit: W m-2 Hz-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung bei der Frequenz ν aus dem gesamten Halbraum pro Flächeneinheit und pro Einheits-Frequenzintervall auf den Körper trifft:


E_{\nu}(\nu) = \int_\mathrm{Halbraum} \, K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \, \cos(\beta) \, \mathrm{d}\Omega
.

Der Kosinusfaktor berücksichtigt den Umstand, dass bei Einstrahlung aus einer beliebigen durch \varphi und β gegebenen Richtung nur die auf dieser Richtung senkrecht stehende Projektion cos(β)dA der Fläche dA als effektive Empfangsfläche auftritt. ist ein Raumwinkelelement:


\mathrm{d}\Omega = \sin(\beta) \, \mathrm{d}\beta \, \mathrm{d}\varphi
.

Der hemisphärische spektrale Absorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der bei der Frequenz ν aus dem Halbraum einfallenden spektralen Bestrahlungsstärke Eν(ν) von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:

a_{\nu}(\nu, T) = \frac{E_{\nu}^\mathrm{abs}(\nu)}{E_{\nu}(\nu)} \,
= \frac{1}{E_{\nu}(\nu)} \, \int_\mathrm{Halbraum} \, a_{\nu}^\prime(\beta, \varphi, \nu, T) K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \, \cos(\beta) \, \mathrm{d}\Omega \,.

Gerichteter Gesamtabsorptionsgrad

Die Bestrahlungsdichte K_{\Omega}(\beta, \varphi) (Einheit: W m-2 sr-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung auf allen Frequenzen aus der durch die Winkel β und \varphi gegebenen Richtung pro Flächeneinheit und pro Raumwinkeleinheit auf den Körper trifft:


K_{\Omega}(\beta, \varphi) = \int_{\nu = 0}^\infty \, K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \,  \mathrm{d}\nu
.

Der gerichtete Gesamtabsorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der auf allen Frequenzen aus der durch die Winkel β und \varphi gegebenen Richtung einfallenden Bestrahlungsdichte K_{\Omega}(\beta, \varphi) von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:

a^\prime(\beta, \varphi, T) = \frac{K_{\Omega}^\mathrm{abs}(\beta, \varphi)}{K_{\Omega}(\beta, \varphi)}
= \frac{1}{K_{\Omega}(\beta, \varphi)} \, \int_{\nu=0}^{\infty} \, a_{\nu}^\prime(\beta, \varphi, \nu, T) K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \, \mathrm{d}\nu .

Hemisphärischer Gesamtabsorptionsgrad

Die Bestrahlungsstärke E (Einheit: W m-2), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung auf allen Frequenzen aus dem gesamten Halbraum pro Flächeneinheit den Körper trifft:


E = \int_{\nu = 0}^{\infty} \int_\mathrm{Halbraum} \, K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \, \cos(\beta) \, \mathrm{d}\Omega \, \mathrm{d}\nu
.

Der hemisphärische Gesamtabsorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der auf allen Frequenzen aus dem Halbraum einfallenden Bestrahlungsstärke E von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:


a(T) \, = \frac{E^\mathrm{abs}}{E} = \frac{1}{E} \, \int_{0}^{\infty} \, \int_\mathrm{Halbraum} \, a_{\nu}^\prime(\beta, \varphi, \nu, T) K_{\Omega \nu}(\beta, \varphi, \nu) \, \cos(\beta) \, \mathrm{d}\Omega \, \mathrm{d}\nu
.

Alle Strahlgrößen und Absorptionsgrade können natürlich auch als Funktion der Wellenlänge anstatt der Frequenz formuliert werden.

Eigenschaften

(mittlerer) Absorptionsgrad für Sonnenstrahlung
Material α
Aluminium, poliert 0,20
Asphalt 0,93
Blätter, grün 0,71 … 0,79
Dachpappe, schwarz 0,82
Eisen, rau 0,75
Eisen, verzinkt 0,38
Gold, poliert 0,29
Kupfer, oxidiert 0,70
Kupfer, poliert 0,18
Marmor, weiß 0,46
Ruß 0,96 (ca.)
Schiefer 0,88
Schnee, sauber 0,20 … 0,35
Silber, poliert 0,13
Ziegel, rot 0,75
Zinkweiß 0,22

Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad beschreibt die Richtungs- und Frequenzabhängigkeit der Strahlungsabsorption. Der hemisphärische spektrale Absorptionsgrad beschreibt nur die Frequenzabhängigkeit, der gerichtete Gesamtabsorptionsgrad nur die Richtungsabhängigkeit und der hemisphärische Gesamtabsorptionsgrad nur die insgesamt absorbierte Strahlungsleistung.

Nur der gerichtete spektrale Absorptionsgrad ist eine Materialeigenschaft des betrachteten Körpers. Die anderen Absorptionsgrade hängen auch von der (durch äußere Strahlungsquellen bestimmten) Richtungs- und Frequenzverteilung der einfallenden Strahlung ab. So hat beispielsweise weißer Lack im sichtbaren Frequenzbereich einen geringen spektralen Absorptionsgrad, absorbiert also von einfallender Sonnenstrahlung nur einen geringen Anteil: der Gesamtabsorptionsgrad ist für Strahlung in diesem Frequenzbereich niedrig. Im langwelligen Infrarot hingegen hat er einen hohen spektralen Absorptionsgrad, absorbiert also von einfallender (bei Raumtemperatur emittierter) Wärmestrahlung einen hohen Anteil: der Gesamtabsorptionsgrad ist für Strahlung in diesem Frequenzbereich hoch.

Nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz ist für jeden Körper der gerichtete spektrale Absorptionsgrad gleich dem gerichteten spektralen Emissionsgrad. Für die anderen Absorptions- und Emissionsgrade gilt die Gleichheit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen.

Ein ideal absorbierender Körper, der alle auf ihn treffende elektromagnetische Strahlung vollständig aufnimmt, wird Schwarzer Körper genannt. Er ist nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz auch ein idealer Emitter, der die größte physikalisch mögliche thermische Strahlungsleistung abgibt. Die abgegebene Strahlung hat zudem eine universelle Frequenzverteilung, die durch das plancksche Strahlungsgesetz beschrieben wird.

Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Absorptionsgrad nicht von der Richtung abhängt, ist ein diffuser Absorber. Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Absorptionsgrad nicht von der Frequenz abhängt, ist ein Grauer Körper. In beiden Fällen ergeben sich oft erhebliche Vereinfachungen für Strahlungsberechnungen, so dass reale Körper oft - soweit möglich - näherungsweise als diffuse Absorber und Graue Körper betrachtet werden.

Absorptionsvermögen

Das Absorptionsvermögen A (äquivalente Absorptionsfläche) einer Wand ist


A = \alpha \cdot S \,

Hierbei ist S die absorbierende Fläche in m².

A ist also gleich der äquivalenten Absorptionsfläche mit α = 1, auch „Fläche offenes Fenster“ genannt.

Da die Absorptionswirkung in einem Material mit der Schallschnelle ansteigt, sollte sich der Absorber wirkungsvoll im Schnelle-Maximum d/4 als Wandabstand befinden oder sollte eine entsprechende Dichte haben.

Siehe auch

Literatur

  • Baehr, H.D., Stephan, K.: Wärme- und Stoffübertragung. 4. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-540-40130-X; Kap. 5: Wärmestrahlung

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schallabsorptionsgrad größer 1 – sengpielaudio.com, Blatt 1, Blatt 2 - Abbildungen (beide PDF)

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