- Geschlecht Valdštejn
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Die Familie Waldstein (tschechisch Valdštejn) ist ein böhmisches Uradelsgeschlecht. Die Familie erwarb großen Grundbesitz in Böhmen und Mähren und stellte besonders seit dem 16. Jahrhundert Vertreter in der Landesregierung und -verwaltung. Die Familie wurde 1628 als eines der ersten Mitglieder des böhmischen Adels in den Grafenstand erhoben. Zwei Jahre später erfolgte die Titulierung eines Reichsgrafen. Nach der Wappenvereinigung mit den Herren von Wartenberg lautet der heute verwendete Name Reichsgrafen von Waldstein, Herren von Wartenberg. Das berühmteste Mitglied dieses Geschlechts ist Wallenstein, der sowohl Herzog von Friedland und Mecklenburg als auch Fürst von Sagan war.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ebenso wie die Herren von Lämberg, Michalowitz, Velešín und Wartenberg stammen die Waldsteiner von dem Haus der Markwartinger ab. Dieses Geschlecht, seit 1059 belegt, im Norden und Nordosten Böhmens ansässig, war ein einflussreicher ständiger Vertreter am königlichen Přemyslidenhof. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Markwartinger zählt die Heilige Zdislava, die als Familienheilige der Waldsteins bezeichnet wird.
Der erste bekannte Träger des Familiennamens, Zdeněk von Waldstein (1242-1278), war Sohn des königlichen Burggrafen auf Jungbunzlau, Jaroslav von Hruštice (1198), der Erbauer der Burg Burg Valdštejn, die auf drei Felsen im Waldgebiet südlich von Turnov erbaut wurde. Von dieser stammt der verwendete Familienname. Zdeněk soll zusammen mit seinen vierundzwanzig Söhnen (nach anderen Angaben waren es nur sechs) an der Seite des Königs Přemysl Ottokar II. in den Krieg gegen die Pruzzen gezogen sein.
Nach seinem Tod wurde der Besitz aufgeteilt und das Geschlecht verzweigte sich in mehrere Linien, die sich nach dem jeweiligen Sitz benannten. Die Hauptsitze der Waldsteiner waren in Lomnitz, Stephanitz, Pirnitz, Groß Skal, Aujest, Hostinitz, Bílé Poličany, Miletin, Münchengrätz, Dobrowitz, Böhmisch Hermannitz, Jettenitz und Dux. Der reichste Zweig waren wohl die mährischen „Waldstein aus Brtnitz“ („Valdštejn z Brtnice“). Der bekannteste Vertreter der Familie, Wallenstein, kam aus einem Seitenzweig mit weniger als hundert Untertanen im kleinen Dorf Heřmanice nad Labem.
Seit dem 15. Jahrhundert findet sich der Name Waldstein im öffentlichen Leben wieder. Mitglieder der Familie wurden hohe Geistliche und Gelehrte, Militärs, Landeshauptleute der böhmischen Landkreise, stellten Beisitzer am Land- und Kammergericht und übernahmen hohe Hofämter wie das des Kämmerers, Oberstrichters, Oberstmünzmeisters und Obersten Vorschneiders bis hin zum Amt des Oberstburggrafen und Statthalters des Böhmischen Königreiches.
Das Vermögen und der Grundbesitz, den die Familie seit dem Mittelalter in Böhmen und Mähren erwarb, wurde nach der Schlacht am Weißen Berg zumindest dem Teil der Waldsteiner, die sich zum böhmischen Adel bekannten und dem protestantischen Glauben nahe standen, konfisziert und meist von Wallenstein aufgekauft. In der Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Seitenzweige bis auf die Linien in Münchengrätz und Dux ausgestorben oder, soweit protestantisch, emigriert. Den Namen Waldstein-Wartenberg nahm die Familie im Jahr 1758 nach dem Aussterben der Herren von Wartenberg an, mit denen sie gemeinsame Vorfahren hatten.
Noch heute halten Nachkommen des Geschlechts Schlösser in Tschechien oder prozessieren um deren Rückgabe. In Österreich gehören u.a. die Jagdschlösser Schloss Karlslust und Idolsberg zur Familie.
Wappen
Das Wappen der Markwartinger zeigte einen schreitenden Löwen, ein Wappen des Waldstein-Vorfahren Jaroslav von Hruštice (Siegel von 1237). Die Waldsteiner hatten ursprünglich, wie alle anderen Markgrafen, einen einzigen blauen Löwen im goldenen Feld im Wappen. 1337 wurde die Löwin aufrecht gezeichnet. Im 16. Jahrhundert kam ein viereckiges Schild hinzu, in dem goldene und blaue Löwen, jeweils in entgegengesetzten Feldfarben gemalt wurden. Bei den mährischen Familienzweigen schauten alle vier Löwen in eine andere Richtung. Beim böhmischen Zweig schauten sich die Löwen an. Später wurde ihnen eine Krone aufgesetzt. Adam von Waldstein bekam für sein Wappen vom Kaiser Rudolf II. den Kaiseradler, der in seinen Fängen einen Anker und Palmenzweig hielt, umgeben von einem Lorbeerkranz. Nach der Ermordung von Wallenstein durfte die Familie den Herzogmantel in ihrem Wappen beibehalten.
Familienzweige
Ast Pirnitz (Brtnice)
Die Linie der mährischen Waldsteiner begründete Zdeneks Enkel Botho von Waldstein (Půta z Valdštejna) († 1355). Seine Nachkommen besaßen Güter in Pirnitz, Ruckstein, Ungersberg und Mährisch Budwitz. Mitglieder der Familie bekleideten hohe Landesämter: Landeshauptleute waren beispielsweise Hachek (Hašek) († 1425), Burian († 1544), Zdenek (Zdeněk) († 1564) und Heinrich (Jindřich) († 1589). Hynek von Waldstein wurde 1588 Oberstkämmerer.
Der letzte Vertreter dieser Linie war Zdenek von Waldstein auf Pirnitz (Zdeňek z Valdštejna na Brtnici) († 1623), einer der reichsten mährischen Adligen seiner Zeit. Er wurde an den Universitäten in Straßburg und Orléans ausgebildet und nahm 1618 bis 1620 als Mitglied des Direktoriums der Adelsstände am Standesaufstand teil. Der Kämmerer des Winterkönigs Friedrich V. wurde nach der Schlacht am Weißen Berg in Iglau festgenommen und zum Tode verurteilt, das Urteil wurde aber später vom Kaiser zur lebenslangen Haft abgemildert. Zdenek starb in der Brünner Festung Špilberk. 1623 wurden seine drei Herrschaften unter katholischen Adligen aufgeteilt. Pirnitz ging an Rambold XIII. von Collalto, Ungersberg an Thomas Cerboni und Mährisch Budwitz an Hannibal von Schaumburg.
Ast Dobrowitz (Dobrovice)
Das Gut in Dobrowitz fiel den Waldsteinern zu, nachdem Heinrich von Waldstein 1545 Anna von Wartenberg heiratete. Die reiche Witwe des Burggrafen Johann von Dohna kaufte das Dorf und die Herrschaft Dobroviceves, ihr Sohn Heník (* 1568 - † 1. Mai 1623) vergrößerte das Gut und ließ Dobrowitz zur Stadt ernennen. Schließlich gehörte die Herrschaft zu den größten im Gebiet Jungbunzlau. In der Stadt wurde eine Lateinschule gegründet, im Schloss 1610 eine Druckerei errichtet. 1616 veröffentlichte Heník eine Schrift, in der er Kaiser Rudolf II. und König Matthias angriff. Er wurde vor Gericht geladen. Damit er nicht verurteilt werden konnte, ließ er den Zeugen, den Drucker Mizera, heimlich hinrichten. Die Tat wurde entdeckt und Heník musste an den Kaiser eine Geldstrafe entrichten. Schließlich flüchtete er nach Sachsen und starb in Dresden unter mysteriösen Umständen; er soll mit seiner Frau vergiftet worden sein. Der einzige Sohn Heinrich wurde achtzehnjährig ebenfalls in Dresden erschossen. Das konfiszierte Vermögen erhielt Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein. Das Gut, ungefähr 50.000 ha, blieb im Familienbesitz, bis es 1734 durch eine weitere Vermählung in die Hände des Hauses Fürstenberg kam.
Ast Dux (Duchcov)
Maximilian († 18. Februar 1655) heiratete die Witwe des Franz Josef Popel von Lobkowitz, Polyxena von Talmberg, die in die Ehe das Erbe Ihres Mannes einbrachte, darunter Münchengrätz, Valečov, Klášter Hradiště nad Jizerou, Dobrowitz, Loučeň, Zvířetice, Stauding, Großskal, Kněžmost und Duchcov. Dadurch wuchs das Vermögen der Waldsteiner weiter beträchtlich an. Vor seinem Tod vermachte er das Erbe an Johann Friedrich.
Johann Friedrich von Waldstein war Bischof von Königgrätz und Erzbischof von Prag. Als er das Familienerbe übernahm, war er zehn Jahre alt. 1664 bestätigte er den Einwohnern von Dux die Stadtprivilegien. 1671 ließ er in Dux eine Brauerei bauen und erleichterte seinen Untergebenen die Fronarbeit. Die Einnahmen aus Abgaben durfte die Stadt behalten. Die Verwaltung wurde in die Hand der Bürger gegeben. Johann Friedrich berief nach Böhmen auch zahlreiche Künstler, darunter den französischen Architekten Jean Baptiste Mathey, Marcantonio Canevale und Giovanni Domenico Orsi de Orsini, die an seinen Bauwerken in Dux, Oberleutensdorf, Obergeorgenthal und Prag arbeiteten. Auch weitere Persönlichkeiten waren bei ihm zu Gast, so der Hauptmann Kilian Ernst Miebes und sein Beichtvater Johann Christoph Heymann. Die Bautätigkeiten führten zur Gründung von Zulieferbetrieben wie Ziegeleien und Kalköfen.
Die Duxer Herrschaft übernahm sein Bruder Ernst Josef, der zum Universalerben seinen Neffen Johann Josef von Waldstein einsetzte, der das Vermögen 1707 erbte. Sein Duxer Vermögen wurde 1731 an seinen Neffen Franz Josef vermacht. Dieser war ebenfalls ein Kulturmäzen, der während seiner Regentschaft Künstler wie Benedikt Wurzelbauer, der in Dux eine Venusfontäne erstellte (jetzt im Prager Waldstein-Palast), aber auch Matthias Bernhard Braun oder den Duxer Bildhauer Matthias Kühnel förderte. Er ließ in Dux die auf dem Rathausplatz noch heute stehende Pestsäule der Heiligen Dreifaltigkeit erbauen. 1758 erbte er das Wappen und den Namen der Herren von Wartenberg.
Emanuel Philibert von Waldstein (* 2. Februar 1731; † 22. Mai 1775) übernahm 1760 die Herrschaft über das Gebiet. Für seine Frau Maria Anna Theresia von Liechtenstein ließ er im Erzgebirge in der Nähe des Ortes Fleyh das Jagdschloss Lichtenwald erbauen. In Dux errichtete er eine Strumpfmanufaktur und unter seiner Regentschaft wurde auch die erste Kohlengrube Heilige Dreifaltigkeit in Betrieb genommen.
Nachfolger wurde 1774 sein erster Sohn Josef Karl Emanuel (* 16. Februar 1755; † 17. März 1814), ebenfalls wie seine Vorfahren großer Liebhaber der Künste und Wissenschaft. 1785 lud er den Weltenbummler und Philosophen Giacomo Casanova auf sein Schloss in Dux ein, der hier dreizehn Jahre lang als Bibliothekar arbeitete und den Großteil seiner literarischen Werke verfasste. Aber auch Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, der Komponist und Freund seines Bruders Ferdinand Ernst, Ludwig van Beethoven, zählten zu seinen Gästen. Nach der Schlacht bei Kulm bewirtete er den russischen Zar Alexander I. und dessen Bruder Konstantin Pawlowitsch Romanow, den preußischen Kaiser Friedrich Wilhelm III., den österreichischen Kanzler Metternich, den Fürsten Schwarzenberg und den Marschall Josef Wenzel Radetzky von Radetz.
Nach Josef Karl Emanuels Tod übernahm 1814 sein Sohn Franz Adam von Waldstein das Erbe. Er war ursprünglich Soldat, später bedeutender Forscher und Botaniker. Franz Adam vermachte dem Nationalmuseum in Prag sein Herbarium, welches er auf seinen Reisen zusammenstellte. Ihm folgten Ferdinand Ernst von Waldstein, Generalleutnant der britischen Armee und Komtur des Deutschen Ordens in Virneberg und Georg Josef (* 11. April 1768; † 26. April 1825).
Anton (* 11. Juli 1793; † 13. März 1848), erstgeborener Sohn von Georg Josef, war einer der letzten bedeutenden Waldsteiner des Duxer Geschlechts. Er baute die Bibliothek, die unter anderem von František Palacký besucht wurde, mit 22 Tausend Bänden weiter aus. Zu seinen Gästen, die hier ihre Konzerte gaben, gehörte Frédéric Chopin. 1835 organisierte er eine große Militärparade zur Ehre der Monarchen von Deutschland und Russland. 1838 wurde ihm der Fürstentitel angetragen, aber da ihm der deutsche Geldadel nichts bedeutete, antwortete er mit den Worten Lieber ein alter böhmischer Graf, als ein junger deutscher Fürst.
Der Duxer Zweig der Waldsteiner starb 1901 aus.
Ast Jettenitz (Dětenice)
- Hašek von Waldstein († 1452 oder später), Heerführer in den Hussitenkriegen und böhmischer Münzmeister sowie Landeshauptmann von Mähren und der Grafschaft Glatz.
Ast Lomnitz (Lomnice)
Der erste Vertreter dieses Astes war Johann Skalsky von Waldstein auf Horschitz (Jan Skalský z Valdštejna na Hořicích) († 1506). Der Sohn von Henik und Eigentümer der Höfe Swijan und Semil sowie der Felsenburg Vranov und Friedstein zählt mit Zdenek zu den Gründern des Geschlechts. Seine Söhne Wilhelm (Vilém) († 1557) und Zdenek (Zdeněk) († 1525) begründeten den Ast der „Waldstein von Lomnitz und Hostinetz“. Die „Hostinitzer“ starben 1634 mit ihrem berühmtesten Vertreter Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein (besser bekannt als Wallenstein), Herzog von Friedland, und berühmter Führer während des Dreißigjährigen Krieges (1583-1634), der in Eger ermordet wurde, aus. Nach seiner Ermordung stand dem Rest der Familie der Titel Prinzen von Friedland zu, durfte aber aufgrund zu großer Ungnade am Kaiserhof nicht angenommen werden.
Ast Stephanitz (Štěpanice)
Hynek Goldenstein († 1427) aus dem Stepanitzer Zweig kämpfte auf Seiten der Hussiten 1420 bei Vyšehrad und 1426 bei Aussig. Hynek hielt ursprünglich die Burg Goldenstein (Koldštejn) in Nordmähren. Er gehörte zu den führenden politisch aktiven Vertretern der Prager Utraquisten (Kelchbrüdern). Er setzte sich für die Einsetzung des polnischen Königs als König von Böhmen ein. 1427 wurde er in Prag bei dem Versuch, die Stadt für den polnischen Prinzen Sigismund von Korybut einzunehmen, getötet.
Weitere bekannte Persönlichkeiten
- Johann (Jan) († 15. Juni 1576) war in den Jahren 1554–1570 oberster Landrichter in Böhmen und bis 1576 oberster Kämmerer. Er war Anhänger des utraquistischen Glaubens.
- Sein Sohn, Burggraf Adam der Jüngere von Waldstein auf Komorní Hrádek, Sasau, Lobositz, Dobrowitz, Rožďalovice und Trebitsch (* 8. Juni 1570, † 24. August 1638), wurde 1611 zum obersten Landrichter und in den Jahren 1611–1619 zum Obersthofmeister ernannt. Er war treuer Anhänger des Kaisers. Dafür erhielt er 1621 weitere Erbhöfe zugesprochen. 1628 erfolgte die Ernennung zum Reichsmarkgrafen, 1627–1638 war er der höchste Markgraf. Er selbst sah diese Ehrung mit gemischten Gefühlen. Als böhmischer Adeliger vertrat er die alten böhmischen Königsrechte, die nur den Herren- und Ritterstand kannten. Er begründete die Ablehnung der Erhöhung in den Stand der Reichsgrafen mit dem Stolz, dem böhmischen Adel zugehörig zu sein. Sein Wunsch sei es gewesen, auch als böhmischer Herr sterben zu dürfen.
- Karl Ernst (Karel Arnošt) (* 4. Mai 1661 in Wien, † 7. Januar 1713 ebenda) war Botschafter der österreichischen Krone in Spanien, Savoyen und Brandenburg. Als er 1703 von einer diplomatischen Mission in Frankreich und Portugal auf einem portugiesischen Schiff zurückkehrte, wurde er von den Franzosen gefangengenommen und fast ein Jahr in Vincennes inhaftiert. Es kam zu einem Gefangenaustausch gegen den französischen Marschall François de Neufville, duc de Villeroy.
- Emmanuel Ernst von Waldstein war Bischof von Leitmeritz.
- Burian Ladislaus (Burian Ladislav) (*1591, † 8. Oktober 1645 in Prag) war ein Heeresführer.
Literatur
- Pavel Koukal: Duchcov v zrcadle dějin (Dux im Spiegel der Geschichte). Duchcov: Kapucín, 2005. ISBN 80-86467-10-4.
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