Giftschlange

Giftschlange

Als Giftschlangen werden Schlangen bezeichnet, die zur Jagd auf Beute und zur Verteidigung Giftstoffe einsetzen. Durch das bei dem Biss injizierte Gift wird das Beutetier getötet oder ein Angreifer zumindest vergiftet. Von den fast 2.800 weltweit bekannten Schlangenarten sind ca. 10 % giftig.

Inhaltsverzeichnis

Beißen und Spucken

Die Giftzähne der Schlangen befinden sich vorn (in den Mund zurückklappbar oder feststehend) oder hinten im Oberkiefer. Die Zähne werden nach einer bestimmten Zeit durch andere, sich nach vorne schiebende Zähne ersetzt und fallen aus. Das Gift wird in Oberlippendrüsen gebildet und bei einem Biss in das Beutetier gespritzt. Das Gift kann entweder auf das zentrale Nervensystem (neurotoxisch) oder auf das Blut und Gewebe (hämotoxisch) des Opfers wirken, bei manchen Schlangenarten (z. B. der Gabunviper) auch beides. Neurotoxische Gifte wirken lähmend und schränken die Funktion der Atemorgane ein, was zum Erstickungstod führen kann. Hämotoxische Gifte greifen die Blutzellen und das Gewebe an.

Speikobras können zur Verteidigung ihr Gift dem Angreifer entgegenspritzen, wobei es in dieser Form jedoch nicht so gefährlich ist wie bei einem Biss.
Nach dem Angriff ziehen sich die meisten Schlangen zurück und warten, bis das Tier tot oder gelähmt ist. Beim Verschlingen gibt die Schlange noch mehrmals Gift in das Beutetier ab. Schlangengifte enthalten auch Enzyme, die zur Verdauung der Beute dienen.

Zur Anzahl der weltweit jährlich durch Giftschlangen verursachten Todesfälle gibt es keine sicheren Angaben, eine neuere Schätzung gibt 21.000 bis 94.000 Todesfälle pro Jahr an.[1] Andere Schätzungen gehen von 100.000 Todesfällen weltweit pro Jahr aus, weitere 300.000 Bissopfer erleiden teilweise chronische Schäden. Jährlich werden weltweit etwa 5 Millionen Menschen von Giftschlangen gebissen, meist Frauen, Kinder und Bauern in armen und ländlichen Gegenden der Tropen.[2] Die Entwicklung von wirkungsvollen Seren hat dazu beigetragen, dass die Todesfälle zurückgegangen sind. Des Weiteren wird Schlangengift häufig zu medizinischen Zwecken gebraucht, zum Beispiel zur Antikörperbildung und zur Bekämpfung von Viren.

Ein trockener Biss ist ein Biss, bei dem kein Gift injiziert wird.

Systematik

Giftschlangen kommen in den folgenden Familien vor:

  • Giftnattern (Elapidae) mit zwei Unterfamilien:
    • Giftnattern (Elapinae), zu denen z. B. die Mambas (Dendroaspis sp.), Kobras (Naja sp.) und die neuweltlichen Korallenottern (Micrurus sp.) gehören;
    • Seeschlangen (Hydrophiinae), die zusammen mit den landlebenden australoasiatischen Giftnattern ein Taxon innerhalb der Elapidae bilden. Beispiele: Ruderschlangen (Hydrophis sp.), Plattschwänze (Laticauda sp.), Taipane (Oxyuranus sp.), Braunschlangen (Pseudonaja sp.) und Tigerottern (Notechis sp.).
  • Erdvipern (Atractaspididae), in der einige Gattungen bzw. Arten zusammengefasst werden, die zuvor anderen Familien zugeordnet waren, z. B. Muellers Erdviper (Micrelaps muelleri).

In der Familie der Nattern (Colubridae) finden sich einige Schlangen mit hinterständigen Furchengiftzähnen, die als Trugnattern bezeichnet werden, jedoch kein eigenes Taxon bilden. Während die Kapuzennattern (Macroprotodon sp.) oder die Katzennattern (Telescopus sp.), die auch in Südeuropa verbreitet sind, nur über ein schwaches Gift verfügen, können die afrikanische Boomslang (Dispholidus typus), die Lianennatter (Thelotornis kirtlandi) und die Mangroven-Nachtbaumnatter (Boiga dendrophila) dem Menschen gefährlich werden.

Der Inlandtaipan verfügt über das stärkste Gift aller Schlangen.

Welche Schlange hat das stärkste Gift?

Die giftigsten Schlangen sind in Australien und im Meer (Seeschlangen) zu finden. Als Ort mit der höchsten Giftschlangendichte gilt die Insel Queimada Grande vor der Ostküste Brasiliens.

Die giftigste Schlange der Welt ist der in Australien beheimatete Inlandtaipan. Die bekanntesten Konkurrenten des Inlandtaipans um die Frage des potenteren Giftes sind die Schnabelseeschlange (Enhydrina schistosa) und die Dubois’ Seeschlange (Aipysurus duboisii). Allerdings liegt der LD50-Wert der Schnabelseeschlange bei knapp über 0,1 mg/kg, während die Dubois’ Seeschlange 0,044 mg/kg erreicht.

Bei der (ebenfalls in Australien heimischen) Östlichen Braunschlange (Pseudonaja textilis) wurde ein LD50-Wert von etwa 0,037 mg/kg gemessen.

Wiss. Name Deutscher Name subkutan mg/kg intravenös mg/kg intraperitoneal mg/kg
Oxyuranus microlepidotus Inlandtaipan 0,025
Pseudonaja textilis Östliche Braunschlange 0,0365
Oxyuranus scutellatus Taipan 0,106
Bungarus multicinctus Vielbindenbungar 0,1080 0,113 0,08
Boulengerina christyi Kongo-Wasserkobra 0,1200

Hierbei ist zu beachten, dass die Ergebnisse solcher Messungen sich je nach Tier und Messart anders ergeben. Die hier dargestellten Ergebnisse sind daher nicht absolut[3][4].

Artgerechte Haltung

In vielen Teilen der EU ist das Halten von giftigen Wildtieren behördlich genehmigungspflichtig. Eine nicht artgerechte und fahrlässige Haltung stellt eine Qual des Tieres und eine Gefährdung der Mitmenschen dar. Ferner ist auch eine Erlaubnis des Vermieters erforderlich, bzw. kann ein Verstoß zur Beendigung des Mietverhältnisses führen.

Quellen

  1. Anuradhani Kasturiratne, A. Rajitha Wickremasinghe, Nilanthi de Silva, N. Kithsiri Gunawardena, Arunasalam Pathmeswaran1, Ranjan Premaratna, Lorenzo Savioli, David G. Lalloo, H. Janaka de Silva: The Global Burden of Snakebite: A Literature Analysis and Modelling Based on Regional Estimates of Envenoming and Deaths. PLoS Medicine Vol. 5, No. 11, e218 doi:10.1371/journal.pmed.0050218
  2. Süddeutsche Zeitung, 6. Mai 2010, S. 18
  3. LD50 Werte für Schlangen (en), 1999, Zugriff: 11. Juni 2007
  4. Dr. Bryan Grieg Fry, Snake LD50 (en), Zugriff: 11. Juni 2007
  • O’Shea: Giftschlangen, Kosmos Verlag, Stuttgart 2006

Siehe auch

Weblinks


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