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Galileo ist der Name des europäischen Satellitennavigationssystems.
Galileo soll weltweit Daten zur genauen Positionsbestimmung liefern und ähnelt im Aufbau dem US-amerikanischen NAVSTAR-GPS und dem russischen GLONASS-System. Allerdings wurde Galileo ursprünglich nur für zivile Zwecke konzipiert und unterliegt nach wie vor nicht, wie NAVSTAR-GPS oder GLONASS, einer nationalen militärischen Kontrolle.[1] Gleichwohl wird Galileo durch die vom EU-Parlament im Juli 2008 verabschiedete Resolution „Bedeutung des Weltraums für die Sicherheit Europas“ für Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) „zur Verfügung stehen“[2].
Galileo wird ab 2010 zu dem Satellitenmodell GPS III [3], dem modernisierten NAVSTAR-GPS-System, kompatibel sein (entgegen früheren Planungen). Dies hat den Vorteil, dass durch die Kombination der GPS- und Galileo-Signale eine deutlich verbesserte Abdeckung, mit einer Verfügbarkeit von jederzeit bis zu 15 Satelliten, erreicht werden sollte. Nach Abschluss des Aufbaus von Galileo werden durch die Kombinationsmöglichkeit beider Systeme insgesamt etwa 60 Navigationssatelliten zur Verfügung stehen. Bereits heute gibt es GPS-Empfänger (mit u-blox5 oder AsteRx Chipsatz) die nach einer Aktualisierung der Firmware auch für GALILEO genutzt werden können.
Galileo steht nicht nur in Konkurrenz zum US-amerikanischen NAVSTAR-GPS-System. Russland plant die kommerzielle Nutzung des GLONASS Satellitsystems ab 2010.[4] [5] [6] Entsprechend konstruierte Navigationsgeräte können Daten künftig sowohl von den Galileo- als auch den GPS und GLONASS-Satelliten empfangen und durch Kombination aller drei Signale eine sehr hohe Genauigkeit erzielen.
Wie schon das NAVSTAR-GPS-System wird auch Galileo nicht völlig frei nutzbar sein. Bei NAVSTAR-GPS wurde das frei empfangbare Signal bis 2000 absichtlich gestört (Selective Availability), während genaue Positionsdaten dem amerikanischen Militär vorbehalten waren, bei Galileo soll gegen Bezahlung ein qualitativ besserer Dienst zur Positionsbestimmung bereitgestellt werden, der eine Genauigkeit von unterhalb einem Meter bieten soll. Der Empfang des Offenen Dienstes, der eine Genauigkeit von weniger als vier Metern horizontal und weniger als acht Metern vertikal bieten soll, wird kostenfrei möglich sein. Das bestehende GPS bietet eine Genauigkeit von zehn Metern horizontal und 35 Metern vertikal.
Bisher wurden 1,5 Mrd. Euro in die Entwicklung investiert (2007). Für den Endausbau bis 2013 stellt der EU-Haushalt weitere 3,4 Mrd. Euro bereit.[7]
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Galileo basiert auf 30 Satelliten (27 plus drei Ersatz), die in einer Höhe von etwa 23.260 km die Erde umkreisen, und einem Netz von Bodenstationen, die die Satelliten kontrollieren. Empfänger in der Größe einer Notebook-Maus können aus den Funksignalen der Satelliten die eigene Position mit einer Genauigkeit von ungefähr vier Metern bestimmen. Bei Verwendung von Zusatzinformationen und/oder -diensten lässt sich ähnlich wie bei anderen satellitengestützten Navigationssystemen (GNSS) die Positionsgenauigkeit in den Zentimeterbereich steigern.
Der erste Testsatellit GIOVE-A1 (Galileo In-Orbit Validation Element) wurde am 28. Dezember 2005 um 5:19 UTC vom Raumfahrtzentrum in Baikonur (Kasachstan) gestartet und hat in 23.222 km Höhe seinen planmäßigen Betrieb aufgenommen. Das erste Navigationssignal übertrug GIOVE-A zu Testzwecken am 2. Mai 2007.[8]
GIOVE-B, der zweite Testsatellit, wurde am 26. April 2008 um 22:16 UTC ebenfalls vom Kosmodrom Baikonur gestartet. Als neue Nutzlast verfügt er über Laser-Retroreflektoren für die exakte Bahnvermessung und eine hochgenaue passive Wasserstoff-Maser Atomuhr.[9] Anfängliche Probleme von GIOVE-B bei der Ausrichtung auf die Sonne wegen eines Softwareproblems konnten schnell behoben werden.[10] Am 7. Mai 2008 sendete er die ersten hochgenauen Navigationssignale.[11]
Der Probebetrieb der ersten vier Galileo-Satelliten wird nicht vor 2010 aufgenommen werden. Die Gesamtkosten für die Bereitstellung werden mit mindestens 3,6 Mrd. Euro veranschlagt.
Das Projekt Gate ermöglicht den Test von Galileo-Empfängern. Es betreibt im Raum Berchtesgaden terrestrische Funkanlagen, die Signale aussenden, wie sie später von Galileo erwartet werden.
Geschichte
Galileo ist das erste von der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gemeinsam durchgeführte Projekt und Teil des TEN-Verkehrsprojektes. Die Finanzierung der Entwicklungsphase wird von beiden Organisationen zu gleichen Teilen übernommen. Am 27. Mai 2003 einigten sich die Mitgliedsstaaten der ESA nach langen Differenzen über die Finanzierung. Im Mai 2007 wurde bekannt, dass die EU-Kommission den privaten Betreibergesellschaften den Auftrag entziehen und das Projekt neu ausschreiben will.[12]
Folgende Staaten außerhalb der Europäischen Union beteiligen sich ebenfalls:
- China ist mit 280 Mio. Euro am Projekt beteiligt; ein gemeinsames Trainingszentrum für Satellitennavigation wurde an der Pekinger Universität eröffnet. [13]
- Indien konnte im Januar 2004 Verhandlungen aufnehmen, und im September 2005 wurde eine Übereinkunft über Zusammenarbeit unterzeichnet.[14] Im Oktober 2006 hatte Indien allerdings die Zusammenarbeit und die angebotene Mitfinanzierung von 300 Mio. Euro[15] aufgrund sicherheitsrelevanter Aspekte wieder in Frage gestellt.[16] (Siehe auch IRNSS.)
- Israel [17]
- Marokko [18]
- Saudi-Arabien [19]
- Schweiz (Mitglied der ESA) mit 30 Mio. Euro und liefert die extrem genauen Rb- (Abweichung eine Sekunde in 760.000 Jahren) und H-Maser-Atomuhren (Abweichung eine Sekunde in drei Millionen Jahren)[20]
- Norwegen (Mitglied der ESA)
- Südkorea [21]
- Ukraine [22]
Folgende Staaten verhandeln über eine Teilnahme (nach Alphabet):
- Argentinien
- Australien (Stand 2007-01)
- Brasilien
- Chile
- Kanada
- Malaysia
- Mexiko
- Russland [23]
Die Vereinigten Staaten standen und stehen dem Galileo-Programm skeptisch gegenüber, vor allem im Hinblick auf die Gefahren einer unkontrollierten militärischen Nutzung. Bedenken bezüglich einer technischen Beeinflussung des NAVSTAR-GPS-Systems konnten inzwischen ausgeräumt werden.
Projektphasen und Kosten
Planung (Erste und zweite Phase)
Die erste Projektphase zur Definition der Aufgaben finanziert die ESA mit ca. 100 Mio. EUR. Die Planungs- und Definitionsphase schloss mit dem Start und der Inbetriebnahme zweier Testsatelliten und der zugehörigen Bodenstationen im Januar 2006 ab. Der Test der Sendefrequenzen musste vor dem 10. Juni 2006 erfolgen, weil sonst die Reservierung für die Galileo-Frequenzbänder bei der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) verfallen wäre. Mit der Entwicklung, Start und Test von vier Galileo-Satelliten (In Orbit Validation IOV) endet die zweite Phase 2010. Anfang 2003 vereinbarten die Raumfahrtagenturen Europas und Russlands, die GLONASS-Satelliten zum Test ausgewählter Teile des Galileo-Systems zu nutzen. Hierbei soll auch die Kompatibilität beider Systeme geprüft werden.
Technische Daten der Satelliten:
- Giove-A1 – Erster Testsatellit
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Bezeichnung: „Giove-A“ (ital. „Jupiter“ bzw. „Galileo In-Orbit Validation Element“); Bezeichnung vor dem Start: „GSTB-v2 A“ („Galileo System Test Bed“) Nutzlast: Signalgenerator, Rubidium-Atomuhr, Strahlungsmonitor, Navigationsempfänger Hersteller: Surrey Satellite Technology Startmasse: 600 kg Leistung: 700 W Größe: 1,3 m × 1,8 m × 1,65 m Start: 28. Dezember 2005, 5:19 UTC ID: COSPAR/WWAS Int Id: 2005-051A ID: USStratCom Cat #: 28922 Träger: Sojus-FG/Fregat Betriebsdauer: 3 Jahre
- Giove-B – Zweiter Testsatellit [24]
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Bezeichnung: „Giove-B“; bisherige Bezeichnung: „GSTB-v2 B“ Nutzlast: Signalgenerator, Rubidium-Atomuhr, Strahlungsmonitor, zwei passive Wasserstoffmaser-Atomuhren, Laser Retroreflektor Hersteller: Galileo Industries Konsortium Startmasse: 523 kg Leistung: 943 W Größe: 0,955 m × 0,955 m × 2,4 m Start: 26. April 2008, 22:16 UTC ID: COSPAR/WWAS Int Id: 2008-020A ID: USStratCom Cat #: 32781 Träger: Sojus-Fregat Lebensdauer: 5 Jahre
- Giove-A2 – Dritter Test-Satellit [25]
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Hersteller: Surrey Satellite Technology Betriebsdauer: 27 Monate Wert: 25-30 Mio Euro
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- Konstruktionsgleich zu Giove-A1, erweiterter Signalgenerator. Da der Start von Giove-B erfolgreich war, wird Giove-A2 nicht weiterverfolgt (Stand: Ende 2008).
- Galileo-Satellit (zum Vergleich)
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Hersteller: voraussichtlich European Satellite Navigation Industries Startmasse: 680 kg Leistung: 1,5 kW (nach 12 Jahren) Größe: 2,7 m × 1,2 m × 1,1 m Starttermin: bis 2013 Träger: Ariane 5, Sojus-Fregat Lebensdauer: über 12 Jahre Spannweite
Solarpanels:14,8 m
Technische Daten der Test-Bodenstationen
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Bezeichnung: GSTB-V1 – „Sensor Stations Network“ Anzahl: 30
Die Kosten der zweiten Phase (Entwicklungsphase) von voraussichtlich 1,5 Mrd. Euro tragen die Europäische Union und ESA gemeinsam.
Innerhalb der ESA übernehmen Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien jeweils 17,5 Prozent. Spanien trägt zehn Prozent der Kosten. Belgien zahlt 26,5 Mio. Euro, der Rest wird unter den übrigen 15 ESA-Mitgliedsstaaten aufgeteilt. Die übrigen 750 Mio. Euro kommen aus dem Haushalt für transeuropäische Netze der Europäischen Union (TEN). An TEN ist Deutschland über seine EU-Beitragszahlungen mit zirka 25 Prozent beteiligt und ist damit der größte Geldgeber für das Projekt. Die Phase C/D umfasst den Betrieb von drei bis vier funktionstüchtigen Satelliten, dem Raumsegment, und der Boden-Betriebseinrichtungen, dem Bodensegment. Das Bodensegment besteht aus untereinander vernetzten Empfangs- und Sendestationen (siehe dritte Phase).
Fertigstellung (Dritte Phase)
In der dritten Phase, der Errichtungsphase, wird das System fertiggestellt. Alle 30 Satelliten sollen dafür ab 2013 betriebsbereit sein und mit dem Bodensegment kommunizieren. Die Kosten werden auf 3,4 Mrd. Euro veranschlagt (Stand 2007), die zunächst der private Konzessionär (siehe unten) zu 70 Prozent, die öffentlichen Haushalte zu 30 Prozent übernehmen sollten (Public Private Partnership). Bis zuletzt hegte die Industrie Zweifel, wie sich die Navigationssignale vermarkten lassen sollten. Schließlich hatte im Mai 2007 die Politik ein Einsehen. Die EU-Mitgliedsstaaten einigten sich darauf, Galileo im Auftrag der Europäischen Kommission von der ESA bauen zu lassen.
Das komplette Bodensegment umfasst:
- voraussichtlich drei gleichberechtigte Kontrollzentren (GCC) in Oberpfaffenhofen (Deutschland), eines in Fucino (Italien) und noch ein weiteres in Spanien (Stand 2007).
- zwei Performance-Center, die die Signalqualität evaluieren. Voraussichtlich werden sie an den Standorten der GCC eingerichtet.
- fünf Satelliten-Kontrollstationen (TTC) für die Satellitenkommunikation mit 13-Meter-Antennen im S-Band (2 GHz).
- 30 Signalkontroll-Empfangsstationen (GSS) zur Erfassung der Galileo-Signale im L-Band. Verrechnung der Daten alle zehn Minuten.
- neun Up-link-Stationen (ULS) zur Aktualisierung der ausgestrahlten Galileo-Navigationssignale, Kommunikation mit 3-Meter-Antennen im C-Band (5 GHz). Ausstrahlung von Satellitenpositions- und Zeitkorrekturen alle 100 Minuten.
Betrieb (Vierte Phase)
Die vierte Phase umfasst den Betrieb und die Wartung des Systems. Es werden mit Betriebskosten in Höhe von ca. 220 Mio. Euro pro Jahr gerechnet. Möglicherweise wird das System an einen privaten Betreiber übergeben, der das System in Lizenz betreibt.
Finanzierung
Die Finanzierung von Galileo wurde am 24. November 2007 geklärt. Das Geld soll hauptsächlich aus den Einsparungen im EU-Agrarsektor kommen.[26]
Aufsichts-Organisationen und Betreiber
Am 25. Mai 2003 gründeten die EU und ESA das gemeinsame Unternehmen Galileo Joint Undertaking (GJU). Es koordinierte die Entwicklung des Galileo-Systems. Dazu gehören die ersten beiden Testsatelliten GSTB-V2 (Giove A und B), die Inbetriebnahme der ersten vier Satelliten der Konstellation in der IOV-Phase (In Orbit Validation) und die Integration von EGNOS in Galileo.
Das GJU sollte den Konzessionär für die Aufbau- und Betriebsphase von Galileo in einem offenen, mehrstufigen Ausschreibungsverfahren für die Dauer von 20 Jahren auswählen. Als Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens schlug es die Zusammenarbeit der konkurrierenden Konsortien Eurely und iNavSat vor. Das Konzessionskonsortium Anfang 2007 umfasste folgende Unternehmen:
- AENA (öffentliche spanische Einrichtung, die u. a. für Flugsicherung und Flughafenmanagement zuständig ist)
- Alcatel
- EADS Space
- Finmeccanica
- Hispasat
- Inmarsat
- Thales
- Teleop
- sowie dutzende weiterer assoziierter Unternehmen.
Zum Ende des Jahres 2006 wurde die Liquidation der GJU eingeleitet. Ihr Ziel, einen Konzessionär für Galileo auszuwählen, hat sie nicht erreicht. Die Europäische GNSS-Aufsichtsbehörde (GSA) der Europäischen Kommission übernahm zum 1. Januar 2007 die Aufgaben des GJU. An ihr ist die ESA unmittelbar nicht mehr beteiligt. Nach der Einigung im Rat für Wirtschaft und Finanzen der EU über die Finanzierung von Galileo ist die Rolle der GSA ungewiss.
Der Sitz der am 26. März 2007 gegründete Betreibergesellschaft GOC (Galileo Operating Company) wurde nach langem Ringen auf Frankreich (Toulouse) und Großbritannien (London) aufgeteilt. Das Zentrum in Toulouse ist für die Verwaltung und Geschäftsentwicklung zuständig, während in London die Betriebsverantwortung wahrgenommen wird. Während der Entwicklungsphase ist das Unternehmen European Satellite Navigation Industries Hauptauftragnehmer der ESA, die die System-Anforderungen und -Spezifikationen erstellt hat. Es baut unter anderem den Testsatelliten Giove-B.
Satellitenbahn
30 Satelliten umkreisen die Erde auf drei Bahnebenen mit einer Inklination von 56° in einer Walker-Konstellation (27/3/1). Pro Bahnebene sind neun Satelliten vorgesehen plus zusätzlich ein Reservesatellit. Sie haben einen Abstand von 40° mit einer Abweichung von maximal 2°, entsprechend 1000 km. Bei einer Höhe von 23.616 km über NN benötigen die Satelliten zehn Tage, um nach 17 Umläufen den Ausgangspunkt wieder zu erreichen.
Prinzip der Positionsbestimmung über Satelliten
Siehe Global Navigation Satellite System
Dienste
Folgende Dienste sind geplant:
Der Offene Dienst (Open Service, OS) steht in direkter Konkurrenz oder als Ergänzung zum GPS-System. Er soll ebenfalls frei und kostenlos empfangbar sein. Allerdings müssen Hersteller entsprechender Empfänger Lizenzgebühren entrichten. Der Offene Dienst ermöglicht die Ermittlung der eigenen Position auf wenige Meter genau. Zudem liefert er die Uhrzeit entsprechend einer Atomuhr (besser als 10-13). Auch kann dadurch die Geschwindigkeit, mit der sich der Empfänger (z. B. in einem Kfz) fortbewegt, errechnet werden.
Er soll zwei Sendefrequenzen zur Verfügung stellen. Damit wird es mit Zweifrequenzempfängern möglich sein, Ionosphärenstörungen korrigieren zu können und die Position auf ca. 4 Meter genau zu bestimmen. GPS benutzt aus dem gleichen Grund ebenfalls zwei Sendefrequenzen (1227,60 MHz und 1575,42 MHz). Die höhere Anzahl der Satelliten, 27 gegenüber 24 bei GPS, soll die Empfangsabdeckung in Städten von 50 Prozent auf 95 Prozent steigern. Durch die Kombination beider Satellitensysteme dürfte jedoch noch eine deutlich bessere Abdeckung von jederzeit bis zu 15 Satelliten erreicht werden können. Garantien für die ständige Verfügbarkeit dieses Dienstes wird es aber voraussichtlich nicht geben.
(Frequenzbänder: 1164–1214 MHz und 1563–1591 MHz)
Der Kommerzielle Dienst (Commercial Service, CS) ist kostenpflichtig und soll verschlüsselt zusätzliche Sendefrequenzen und damit höhere Übertragungsraten von ca. 500 bit/s zur Verfügung stellen. So sind dann beispielsweise Korrekturdaten zur Steigerung der Positionsgenauigkeit um ein bis zwei Größenordnungen empfangbar. Er ist unter anderem auch für sicherheitskritische Anwendungen ausgelegt (z. B. Flugsicherung). Auch sind Garantien zur ständigen Verfügbarkeit dieses Dienstes geplant.
(Frequenzbänder: 1164–1214 MHz, 1260–1300 MHz und 1563–1591 MHz)
Der Sichere Dienst (Safety-of-Life, SoL) steht sicherheitskritischen Bereichen zur Verfügung, z. B. dem Luft- und dem Schienenverkehr. Er ist das Korrektiv zu den Risiken, die sich aus den kommerziellen Anwendungen (oben) ergeben können. Er bietet eine Warnung (wenige Sekunden im Voraus), bevor das System, z. B. wegen ausgefallenen Satelliten oder bei Positionierungsfehlern nicht mehr genutzt werden sollte. Auch für diesen Dienst sind Garantien für die ständige Verfügbarkeit geplant.
(Frequenzbänder: 1164–1214 MHz und 1563–1591 MHz)
Der Regulierte Dienst oder Staatliche Dienst (Public Regulated Service, PRS) steht ausschließlich hoheitlichen Diensten zur Verfügung, also Polizei, Küstenwache oder Geheimdienst. Als Dual-Use-System wird es auch für militärische Anwendungen zur Verfügung stehen. Das ebenfalls verschlüsselte Signal ist weitgehend gegen Störungen und Verfälschungen gesichert und soll eine hohe Genauigkeit und Zuverlässigkeit bieten.
(Frequenzbänder: 1260–1300 MHz und 1563–1591 MHz)
Der Such- und Rettungsdienst (Search And Rescue, SAR) arbeitet mit COSPAS-SARSAT und MEOSAR zusammen und erlaubt eine schnelle und weltweite Ortung von Notsendern von Schiffen oder Flugzeugen. Auch soll eine Rückantwort von der Rettungsstelle an den Notrufsender erstmalig möglich sein.
Signal
Galileo benutzt gemeinsam mit GPS das Frequenzband L1 bei 1575,42 MHz und L5 bei 1176,45 MHz. Das Band L2 bei 1227,6 MHz steht GPS allein zur Verfügung, für Galileo ist es das Band E6 bei 1278,75 MHz. Das Spektrum zeigt das erste Testsignal von Giove-A, das eine Hochgewinn-Antenne im Januar 2006 empfangen hat.
Die Sendeleistung der Satelliten in 20.000 km Entfernung ist so gering, dass ein Navigationsempfänger, ausgestattet mit einer einfachen Stabantenne, fast nur Rauschen sieht. Er empfängt nicht nur das Signal eines Satelliten, sondern von mindestens vier, deren Signale dopplerverschoben sind. Hinzu kommen die Ausstrahlungen von GPS-Satelliten auf den gleichen Frequenzen.
Die Rückgewinnung der Navigationsdaten gelingt, da jeder Satellit z.B. auf der L1 Frequenz ein charakteristisches Rauschsignal mit einer Bandbreite von 1 MHz sendet, dass mit einer Bitrate von 50 bit/s moduliert ist. Durch Korrelation mit dem charakteristischen Rauschsignal werden im Empfänger die Signale der einzelnen Satelliten wieder herausgefiltert.
Die Tabelle listet die Frequenzbänder, Frequenzen und Modulationsverfahren auf, die Galileo zur Verfügung stehen. Die beiden Spitzen des L1-Signals sind im Spektrum beschriftet, genauso die Seitenmaxima der Frequenzen E1 und E2. Die blauen Pfeile markieren die Lage der GPS-Signale im L1-Band. Dank der unterschiedlichen Modulation (BOC, BPSK) ist das Übersprechen der Signale gering.
Dienste und Frequenzen Band Frequenzname Modulation Mittenfrequenz/Maxima(1) Frequenzbreite Einsatz
Galileo L1 1575,42 L1B, L1C BOC(1,1) +-1,023 1 OS, CS, SOL E1, E2 BOC(15,2.5) +-15,345 2,5 PRS L5 1191,795 E5a, E5b altBOC(15,10) +-15,345 10 OS, CS, SOL(E5b) E6 1278,75 E6b BPSK(5) 0 5 CS E6a BOC(10,5) 10,23 5 PRS GPS zum Vergleich: L1 C/A BPSK(1) 1575,42 civil P(y) BPSK(10) military (encrypted) M-Code BOC(10,5) new military L2 C/A BPSK(1) new civil P(y) BPSK(10) military (encrypted) M-Code BOC(10,5) new military L5 new Civil BPSK(10) very new civil (1) Mittenfrequenz des Frequenzbandes, Lage der Maxima bezogen auf Mittenfrequenz (in MHz).
Kompatibilität mit GPS
Nach jahrelangen Verhandlungen unterzeichneten am 26. Juni 2004 während des USA-EU-Gipfels in Newmarket-on-Fergus (Irland) der damalige US-Außenminister Colin Powell und der damalige Vorsitzende der EU-Außenminister Brian Cowen einen Vertrag über die Gleichberechtigung der Satellitennavigationssysteme GPS, GLONASS und Galileo. Darin wird vereinbart, dass Galileo zu GPS kompatibel sein wird. Durch die Kombinationsmöglichkeit beider Systeme werden somit nach Abschluss des Aufbaus von Galileo insgesamt etwa 60 Navigationssatelliten zur Verfügung stehen.
Voraussetzung für den Abschluss des Vertrages war, dass die EU auf die mit einer stärkeren Bandspreizung ausgestatteten Kanalkodierung BOC(1, 5) (Binary Offset Carrier) verzichtet und stattdessen auch für die zukünftigen GPS-Satelliten vorgesehene BOC(1, 1) verwendet. Durch BOC(1,1) und die deutlich geringere Frequenzspreizung im Gegensatz zu BOC(1, 5) wird sichergestellt, dass es bei einer breitbandigen Störung des Galileo-Signals im Ausmaß der zivilen Bandbreite nicht gleichzeitig zu einer Störung des um rund Faktor 10 stärker bandgespreizten militärischen Signals von GPS kommt. Denn es werden sowohl für die zivile als auch militärische Nutzung vorgesehene Codefolgen (Unterscheidung mittels Codemultiplex) die gleichen HF-Mittenträgerfrequenzen verwendet – die Unterscheidung erfolgt nur durch unterschiedliche Codierungsverfahren. Die dadurch bedingte spektrale Überdeckung zwischen BOC(1, 1) und dem militärischen GPS P/Y-Code bzw. M-Code beträgt nur rund 8 %, während BOC(1, 5) zu einer über 50 % spektralen Überdeckung geführt hätte. Rund 50 % Decoderverlust sind allerdings für den sicheren Empfang des militärisch genutzten breitbandigen GPS-Code mit zu vielen Empfangsfehlern verbunden, während bei Störungen des schmalbandigen zivilen Navigationssignals ein Ausfall von nur rund 10 % im militärischen Code unter anderem durch Fehlerkorrekturverfahren kompensiert werden kann.
Diese Anpassung in der Kanalcodierung von Galileo ermöglicht es, neben dem C/A-Code vom GPS auch das zivile Galileo-Navigationssignal bei Bedarf in lokal begrenzten Gebieten durch spezielle GPS-Jammer zu stören, ohne dass dabei gleichzeitig das militärisch genutzte breitbandige GPS-Signal wesentlich beeinträchtigt wird.
Auf die erzielbare Positionsgenauigkeit hat die Verwendung von BOC(1, 1) bei Galileo keinen Einfluss.
Störsender
Sogenannte GPS-Jammer (engl. jammer: Störsender) werden, ähnlich wie beim GPS-System, wohl auch zum Stören der Galileo-Signale eingesetzt werden können. Diese überlagern, auf gleicher Frequenz, die Signale der Satelliten. Idealerweise werden dabei die gleichen Codefolgen, welche für das Codemultiplexverfahren verwendet werden, mit einem ungültigen Nutzdatenstrom übermittelt. Damit kann der Empfänger die eigentlichen Navigationsdaten vom Satelliten nicht mehr empfangen. Durch die Störung des Codemultiplexverfahrens durch nachgebildete Codefolgen kann mit wesentlich geringerer Sendeleistung seitens des Störsenders in den betreffenden Frequenzbereichen ein Ausfall der Übertragung erreicht werden als mit zu der Codefolge unkorreliertem Rauschen oder anderen unkorrelierten Störsignalen.
Auch können Varianten von Störsendern falsche Positionsdaten zur Verfälschung des Satellitensignals aussenden. Diese werden in Anlehnung an GPS auch als GPS-Faker bezeichnet. Gültige und plausible, aber falsche Positionsdaten zu erzeugen ist allerdings wesentlich aufwendiger als das einfache Stören mittels GPS-Jammer. Denn dies erfordert unter anderem eine sehr genaue Zeitbasis am Störsender – im Regelfall ist dafür eine eigene Atomuhr nötig.
Galileo soll, zumindest in den kommerziellen Bereichen, eine Authentifizierung zur Erkennung gefälschter Positionsdaten anbieten.
Galileo-Abkürzungen
Das „Projekt Galileo“ ist sehr groß, und es sind Dutzende verschiedener Institutionen daran beteiligt. Dementsprechend gibt es viele Bezeichnungen für all die Teilprojekte, Projektphasen, Geschäftsfelder und Infrastrukturen. Hier sollen deren wichtigsten Abkürzungen aufgelistet werden:
- GCC (Galileo Control Center): Hauptkontrollzentren des Bodensegments
- GCS (Ground Control Segment): Einheit der Bodenstation, die zuständig ist für den Betrieb der Satelliten
- GJU (Galileo Joint Undertaking): ESA/EU-Kontrollorgan zur Vorbereitung von Galileo
- GMS (Ground Mission Segment): Einheit der Bodenstation, die für die Bereitstellung der Navigationssignale zuständig ist
- GRR (Galileo Ground Reference Receiver): Bezugsgrößen für die empfangenen Navigationssignale, um daraus Korrektursignale abzuleiten.
- GSS (Galileo Sensor station): Kontroll-Empfangsstationen für Navigationssignale, welche ihre Messdaten (über Kabel oder VSAT per geostationäre Satelliten]) an die GCC senden
- GSTB-v2 A + B (Galileo System Test Bed v2): Zwei Testsatelliten zur Vorbereitung der Galileo-Frequenzbereiche
- GSTB-V1 (Galileo System Test Bed v1): Test-Infrastruktur für das Galileo-System
- GSA (Galileo Supervisory Authority): Galileo-Kontrollbehörde
- IPF (Integrity Processing Facility): Kontrolle der Galileo-Navigationsdatenintegrität
- OSPF: Orbit and Synchronisation Processing Facility: Element, das die Bahnparameter und die Uhrsynchronisationsparameter für die einzelnen Satellitennavigationssignale vorhersagt
- TTC (telemetry, tracking, and command): Satellitenbahnverfolgung und Satellitensteuerung
- ULS (Up-Link Stations): Bodenstationen, die die Galileo-Satelliten mit aktuellen Navigationsdaten versorgen
Weitere Abkürzungen:
- SCF: Satellite Control Facility:
- SPF: Service Products Facility
- MUCF: Mission Control& Uplink Scheduling Facility
- MSF: Mission Support Facility
- MGF: Message Generation Facility: Element, das aus den Ausgaben der IPF und OSPF die Navigationsnachrichten generiert, die über die ULS an die Satelliten gesendet werden.
- PTF: Precision Timing Facility: Element, das die Galileo-Systemzeitskala erzeugt.
- GACF: Ground Assets Control Facility
- KMF: Key Management Facility
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Kommission sucht nach neuen Wegen zur Nutzung des Satellitennavigationssystems Galileo 8. Dezember 2006
- ↑ Heise online: „EU-Parlament segnet militärische Nutzung von Galileo ab“ - pmz/c't - 10.07.2008
- ↑ AIN: In-development satnav services could eclipse GPS, 1. März 2009
- ↑ teltarif: Die GPS-Alternativen Galileo, GLONASS und Compass
- ↑ Reuters: Russia launches final satellites for its own GPS, 25. Dezember 2007
- ↑ InsideGNSS: Munich Summit Highlights Satellite Navigation Plans, 3. März 2009
- ↑ EU setzt sich im Streit um Galileo durch 24.11.2007
- ↑ ESA: Giove-A1 transmits first navigation message, 4. Mai 2007 (englisch)
- ↑ ESA: ESA's most advanced navigation satellite launched tonight, 27. April 2008 (englisch)
- ↑ ESA: GIOVE-B spacecraft in good health, 29. April 2008 (englisch)
- ↑ ESA: GIOVE-B transmitting its first signals, 7. Mai 2008 (englisch)
- ↑ Spiegel-Online:Milliarden-Desaster erschüttert Satellitenprojekt Galileo
- ↑ BBC: China joins EU's satellite network 19. September 2003
- ↑ europa.eu: GALILEO-Gemeinde weitet sich aus: EU und Indien unterzeichnen Übereinkommen 7. September 2005
- ↑ Times of India: „India puts its money on Galileo“, 31. Oktober 2003
- ↑ Times of India: „India may quit EU-led GPS project“, 16. Oktober 2006
- ↑ europa.eu: EU und Israel besiegeln Vereinbarung zu GALILEO 14. Juli 2004
- ↑ europa.eu: EU und Marokko besiegeln Vereinbarung zu GALILEO 12. Dezember 2006
- ↑ FAZ: Die Testphase für Galileo beginnt 28. Dezember 2005
- ↑ swissinfo.org: Testsatellit mit Galileo gestartet 28. Dezember 2005
- ↑ Heise online: Südkorea beteiligt sich am europäischen Satellitennavigationssystem Galileo 13. Januar 2006
- ↑ europa.eu: EU und Ukraine unterzeichnen Abkommen über GALILEO 14. Juli 2004
- ↑ Heise online: Russland bringt sich bei Galileo ins Spiel 18. Mai 2007
- ↑ ESA info on Giove-B
- ↑ ESA: GIOVE-A2 to secure the Galileo programme, 5. März 2007 (englisch)
- ↑ Deutschland bei Galileo-Finanzierung überstimmt
Literatur
- A Positioning System: Galileo – Strategic, Scientific, and Technical Stakes. Académie de Marine, Bureau des Longitudes, Académie Nationale de l’Air et de l’Espace, Paris 2005
- François Barlier: Galileo : Un Enjeu Stratégique, Scientifique et Technique. L’Harmattan, Paris 2008, ISBN 978-2-296-05139-3
- Scott W. Beidleman: GPS versus Galileo: Balancing for Position in Space. Astropolitics 3, 2 (July 2005): 117–161, ISSN 1477-7622
- Gustav Lindström, Giovanni Gasparini: The Galileo Satellite System and its Security Implications. European Union Institute for Security Studies – Occasional Paper v.44, ISSN 1608-5000 (PDF, 400 KB)
- René Oosterlinck: Tracking by Satellite: GALILEO. In The Security Economy, S. 77–90. OECD 2004, ISBN 92-64-10772-X (PDF, 1,4 MB)
- Jean-Marc Piéplu, Olivier Salvatori: GPS et Galileo : Systèmes de navigation par satellites. Eyrolles, Paris 2006, ISBN 2-212-11947-X
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