- Gipsysoul
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Gypsy Jazz (auch Zigeuner-Jazz oder "Jazz Manouche", seltener - im Bemühen um politische Korrektheit - Jazz der Sinti und Roma genannt) ist zunächst eine Variante des Swingjazz.
Seine Anfänge können auf die Aktivitäten der Brüder Pierre Joseph "Baro" Ferret und Jean "Matelo" Ferret im Frankreich zurückgeführt werden, die Ende der 1920er die Valse Musette mit Swingartikulation spielten und dabei in erster Linie mit dem Stilmittel der Akkordzerlegung (Arpeggio) improvisierten. Eine Verbreiterung fand dieser Ansatz im Spiel des in Belgien geborenen Gitarristen Django Reinhardt, insbesondere im Quintette du Hot Club de France mit dem Geiger Stéphane Grappelli, der populärsten europäischen Jazzformation der 1930er Jahre. Die Kompositionen Reinhardts und die von ihm verwendeten erweiterten Akkorde bauen auf den gleichen Skalen auf. Andere Sinti-Gitarristen arbeiteten in Paris in den damals ebenfalls sehr beliebten Musetteensembles. Bis heute ist die Swing Musette – neben Stücken von Django Reinhardt – ein wichtiger Bestandteil des Gypsy Jazz-Repertoires.
Gypsy Jazz ist der erste in Europa entstandene Jazzstil. Er hat längst weltweit Anerkennung (z.B. jährliches Festival „DjangoFest“ in den USA) gefunden, aber immer noch in Europa die meisten praktizierenden Musiker und die größte Zuhörerschaft. Django Reinhardt war der erste Vertreter dieser Jazzrichtung, der Weltruhm erlangte. Aktuell ist derzeit vermutlich Stochelo Rosenberg der weltweit bekannteste Interpret. Weitere herausragende Gitarristen des swingorientierten Gypsy Jazz sind Biréli Lagrène, Tchavolo Schmitt (bekannt aus Tony Gatlifs Film Swing), Dorado Schmitt sowie sein Sohn Samson Schmitt, Fapy Lafertin, Jimmy Rosenberg, Angelo Debarre, Babik Reinhardt, Patrick Saussois, Raphael Fays, Ritary Gaguenetti, Dario Pinelli, Robin Nolan, Mandino Reinhardt, Stephane Wrembel, Lulu Weiss, Yorgui Löffler und der 1990 geborene Diknu Schneeberger. Unter den Rhythmusgitarristen ragen Holzmanno Winterstein und Paul "Hono" Winterstein besonders hervor.
In der traditionellen Form des Gypsy Jazz sind die Klangfarben des Hot Club-Quintetts bis heute dominant: Violine, Solo- und zwei Rhythmusgitarren, Kontrabass. Auf das Schlagzeug kann wegen der typisch perkussiven Gitarrenbegleitung ("la pompe") mit ihrem Swing-Drive verzichtet werden. Teilweise werden aber auch Klarinette und Akkordeon eingesetzt.
Typisch für die traditionellere Form des Gypsy Jazz ist, dass sie stark familiär gebunden tradiert wird. In der Regel wird sie vom Vater an den Sohn, vom Onkel an den Neffen etc. weitergegeben, ohne dass sie schriftlich notiert ist. Es ist üblich, dass Anfänger stundenlang zuhören, die einzelnen Songs auswendig lernen und den älteren Spielern ihre Spieltechniken abschauen. Innerhalb der Sippe bestehen die Bands mehr oder weniger als Familienunternehmen, in denen Söhne mit ihrem Vater und ihren Cousins auf Tournee gehen und aufgrund der intensiven Musiziererfahrungen ihre Spielweise perfektionieren.
Inhaltsverzeichnis
Jazz deutscher Sinti
Der Begriff „Zigeunerjazz“ bzw. von den Musiker teilweise selbst gewählte Begriff „Musik Deutscher Zigeuner“, [1] später auch „Sinti-Jazz“ oder „Jazz deutscher Sinti“ , kam in den 60er Jahren für eine Variante des Gypsy Jazz auf, die von westdeutschen Sinti-Musikern im Umkreis des Violinisten Schnuckenack Reinhardt und von Häns'che Weiss gespielt wurde und die sich stilistisch am Vorbild des swingenden Django Reinhardt mit seiner „Hot Club“-Besetzung orientierte. [2] Die Musik deutscher „Zigeuner“ erreichte Ende der 70er Jahre und zu Anfang der 80er Jahre einen Höhepunkt an Popularität, der in der Folgezeit nicht mehr erreicht werden konnte. [3] Aus dieser traditionsgeleiteten Fraktion von Sinti-Musikern löste sich während der 1980er eine Gruppe jüngerer Musiker. Diese tendieren teilweise stärker in Richtung Modern Jazz.
In neuerer Zeit erlebte der Sinti-Jazz eine Renaissance im deutschsprachigen Raum. Hier sind das Zigeli Winter Quartett aus Stuttgart und Wawau Adler aus Karlsruhe zu nennen; in Wien sind Harri Stojka und Zipflo Weinrich sehr aktiv.
Innovative Spielweisen
Eine modale Spielweise im Gegensatz zum traditionell akkordorientierten (Arpeggio s.o.) Improvisationsstil ist bei Vertretern eines Gypsy Modern Jazz meist selbstverständlich; das aktuellere Idiom des Jazzrock, mit einer an Funk und Soul oder auch am Latin Jazz orientierten Spielweise liegt für sie näher als das des Swing der 1930er. Teilweise dient die Musik dazu, ein politisches Engagement gegen Behördenwillkür und soziale Diskriminierung zu artikulieren.
Auch in anderen Ländern haben jüngere Sinti das Swingidiom verlassen. Als erster ist hier der französische Gitarrist Boulou Ferré zu nennen, der bereits um 1970 aus der väterlichen Tradition (Matelo Ferret) über eine Ausbildung bei Olivier Messiaen in Richtung Free Jazz aufbrechen konnte. Nicht ganz so eigenständig wie bei Boulou und seinem Bruder Elios Ferré verlief der Ablösungsprozess bei anderen Gitarristen, wie beispielsweise Christian Escoudé oder Biréli Lagrène, die in Richtung Jazzrock und Fusion aufbrachen, aber teilweise auch in eleganten Arrangements die Tradition der Musette reflektierten. Aus Österreich sind hier Harri Stojka und Karl Ratzer zu nennen.
Weitere bekannte Einzelvertreter und Gruppen, die den Gypsy Jazz innovativ weiter entwickeln, sind das Oechsner-Weiss-Ensemble, Lulo und Markus Reinhardt, Hannes Beckmann, Ferenc Snétberger und die Gruppe Opa Tsupa.
Literatur
- Anita Awosusi (Hrsg.): Die Musik der Sinti und Roma, Band 2: Der Sinti-Jazz. Schriftenreihe des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg 1997.
- Michael Dregni: Django Reinhardt and the illustrated History of Gypsy Jazz, Oxford University Press, Oxford, New York 2006 (engl.)
Einzelbelege
- ↑ Gerhardt Litterst: Zigeunermusik zwischen Traditionspflege und Fortentwicklung, in: Jazz Podium, 39/12, Dezember 1996, Seite 26
- ↑ Gerhard Kwiatkowski: Schüler-Duden - Die Musik, Mannheim/Wien/Zürich, 1989, Seite 438
- ↑ Anita Awosusi: Die Musik der Sinti und Roma Band 2: Der Sinti-Jazz, Schriftenreihe des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg, Oktober 1997, Seite 113
Weblinks
Sinti Jazz Festivals:
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