Giraffa camelopardalis

Giraffa camelopardalis
Giraffe
Thorncroft-Giraffenkuh mit Jungtier in der sambischen Savanne

Thorncroft-Giraffenkuh mit Jungtier in der sambischen Savanne

Systematik
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Giraffenartige (Giraffidae)
Gattung: Giraffa
Art: Giraffe
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Giraffa
Brisson, 1762
Wissenschaftlicher Name der Art
Giraffa camelopardalis
(Linnaeus, 1758)

Die Giraffe (Giraffa camelopardalis) ist ein Säugetier aus der Ordnung der Paarhufer. Sie ist das höchste landlebende Tier der Welt. Zur Unterscheidung vom verwandten Okapi (der »Waldgiraffe«) wird sie auch als Steppengiraffe bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Männchen (Bullen) werden bis zu 6 Meter hoch und wiegen bis zu 1900 Kilogramm, die Schulterhöhe beträgt zwischen 2 und 3,5 Meter. Die Weibchen (Kühe) sind in der Regel etwas kleiner und leichter. Der Hals der Giraffen ist außergewöhnlich lang, gleichwohl besteht die Halswirbelsäule, wie bei fast allen Säugetieren, aus nur sieben Halswirbeln, die jedoch stark verlängert sind. Der lange Hals bedeutet auch eine Herausforderung für das Kreislaufsystem der Giraffe: Schließlich muss das Gehirn zuverlässig mit genügend Blut versorgt werden. Daher ist das Herz der Giraffen besonders leistungsstark. Es kann 60 Liter Blut pro Minute durch den Körper pumpen, wiegt 12 Kilogramm und sorgt für einen Blutdruck, der dreimal höher ist als beim Menschen. Die blaugraue Zunge kann 50 Zentimeter lang werden und ist zum Greifen befähigt.

Massaigiraffen (G. c. tippelskirchi)

Das Muster des Haarkleids besteht aus dunklen Flecken, die sich von der helleren Grundfarbe abheben. Je nach Unterart variiert die Form und Farbe der Flecken. Die Unterseite ist hell und ungefleckt.

Der Geruch des Haarkleids ist für den Menschen unangenehm; Giraffenbullen riechen stärker als -kühe. Speziell die Stoffe Indol und 3-Methylindol erinnern an Fäkalien; darüber hinaus finden sich Oktan, Benzaldehyd, Heptanal, Oktanal, Nonanal, para-Kresol, Tetradecan- und Hexadecansäure im Fell. „Von den meisten dieser Verbindungen weiß man, dass sie das Wachstum von Bakterien oder Pilzen hemmen, wie sie auf der Haut von Säugetieren vorkommen. Der Gehalt von p-Kresol im Giraffenhaar ist ausreichend, um Zecken abzuschrecken.“[1]

Giraffenkopf in Nahansicht

Zwei zapfenartige Hörner sitzen bei beiden Geschlechtern dem Kopf auf. In seltenen Fällen wächst dahinter ein weiteres Hornpaar. Manche Giraffen haben zudem einen knochigen Höcker zwischen den Augen, der ähnlich wie die Hörner strukturiert ist.

Giraffen können sehr schnell laufen und erreichen Spitzengeschwindigkeiten von 55 km/h, sind also über kurze Distanzen schneller als ein Rennpferd. Die langen Beine können die Giraffe aber nur auf festem Untergrund tragen. Sumpfige Gegenden werden von den Tieren daher gemieden, und Flüsse stellen unüberwindbare Hindernisse dar.

Giraffen verständigen sich in einem für Menschen nicht hörbaren Schallbereich mit Frequenzen unter 20 Hertz, dem so genannten Infraschallbereich.

Verbreitung

Giraffen sind in afrikanischen Savannen verbreitet. Heute leben sie nur noch südlich der Sahara, vor allem in den Grassteppen Ost- und Südafrikas. Die Bestände nördlich der Sahara wurden frühzeitig durch den Menschen ausgerottet: während des frühen Altertums im Niltal und etwa im 7. Jahrhundert in den Küstenebenen Marokkos und Algeriens. Im 20. Jahrhundert verschwanden Giraffen aus vielen weiteren Bereichen ihres Verbreitungsgebiets (siehe Mensch und Giraffe).

Lebensweise

Giraffe frisst vom Boden (Brehms Tierleben)
Kämpfende Giraffen im Ithala-Wildreservat in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal
Angola-Giraffen bei der Paarung

Giraffen beweiden bevorzugt Baumkronen, mit Vorliebe Akazien. Dabei greifen die Tiere einen Zweig mit ihrer Zunge, ziehen ihn ins Maul und streifen durch Zurückziehen des Kopfes die Blätter ab. Zunge und Lippen sind so beschaffen, dass sie trotz der dornigen Äste keinen Schaden nehmen. Jeden Tag nimmt eine Giraffe etwa 30 kg Nahrung auf; hierfür benötigt sie sechzehn bis zwanzig Stunden. Der Flüssigkeitsbedarf wird größtenteils aus der Nahrung gedeckt, so dass Giraffen wochenlang ohne Trinken auskommen können. Wenn sie doch trinken, müssen sie die Vorderbeine weit spreizen, um den Kopf weit genug zu senken; ebenso verfahren sie, wenn sie Nahrung vom Boden aufnehmen, was sie allerdings nur unter sehr ungünstigen Umständen tun.

Giraffen leben einzelgängerisch oder in losen Verbänden. Dabei hängt das Sozialverhalten vom Geschlecht ab: Weibchen tun sich stets zu Herden von 4 bis 32 Tieren zusammen, die jedoch immer wieder in der Zusammensetzung wechseln. Junge Männchen formen vor der Geschlechtsreife eigene Verbände, ehe sie zu Einzelgängern werden. Treffen zwei Bullen aufeinander, kommt es meistens zu einem ritualisierten Kampf, bei dem die Tiere nebeneinander stehen und ihren Kopf gegen den Hals des Konkurrenten schlagen. Zur Paarungszeit können solche Kämpfe aggressiver ausfallen und eine Heftigkeit annehmen, bei der einer der Konkurrenten bewusstlos geschlagen wird.

Nachwuchs

Die Tragzeit dauert 14 bis 15 Monate. In der Regel wird nur ein einziges Kalb geboren. Die Geburt erfolgt im Stehen, so dass die Neugeborenen aus zwei Metern Höhe zu Boden fallen. Gleich nach der Geburt sind Giraffen etwa 1,8 Meter hoch und 50 Kilogramm schwer. Sie stehen innerhalb einer Stunde fest auf ihren Beinen und fangen nach wenigen Stunden an zu laufen. Allerdings werden die Kälber erst nach zwei bis drei Wochen mit der Herde vereint.

Ein Kalb bleibt etwa eineinhalb Jahre bei seiner Mutter. Mit vier Jahren wird es geschlechtsreif, mit sechs Jahren erreicht es die volle Größe. In der Wildnis können Giraffen 25 Jahre, in Gefangenschaft 35 Jahre alt werden.

Gegen Raubtiere verteidigen sich ausgewachsene Giraffen mit Schlägen ihrer Vorderhufe. Wegen ihrer Größe und Wehrhaftigkeit werden Giraffen daher nur selten angegriffen.

Jungtiere fallen dagegen häufig Löwen, Leoparden, Hyänen und Wildhunden zum Opfer. Trotz des Schutzes durch die Mutter erreichen nur 25 bis 50 Prozent der Jungtiere das Erwachsenenalter.

Mensch und Giraffe

Die nordafrikanischen Populationen wurden früh von Römern und Griechen bejagt. Gelegentlich wurden Giraffen von den Römern für Tierschauen im Kolosseum eingesetzt. Insgesamt war die Giraffe jedoch in Europa bis weit in die Neuzeit wenig bekannt. So führte 1827 die Ankunft der ersten Giraffe in Europa in neuerer Zeit (Zarafa) zu einer regelrechten Hysterie. Es gibt am nördlichen Sternenhimmel zwar ein Sternbild namens Giraffe, dies ist jedoch eine Neuschöpfung und hat keinen mythologischen Ursprung.

In Schwarzafrika wurden Giraffen hauptsächlich von Fallenstellern gejagt. Die langen Sehnen wurden für Bogensehnen und Musikinstrumente verwendet, die Felle galten bei vielen Völkern als Statussymbole. Das Fleisch ist zäh, aber genießbar. Die Jagdmethoden der Afrikaner konnten die Bestände aber nicht gefährden. Mit der Ankunft weißer Siedler wurde der Hauptgrund für die Giraffenjagd das reine Vergnügen. Großwildjäger rühmten sich mit der Zahl von ihnen erschossener Giraffen, und in vielen Gegenden wurden die Tiere rapide seltener. Heute sind Giraffen fast überall selten. Nur in den Staaten Ostafrikas gibt es reichhaltige Bestände. Allein im Serengeti-Nationalpark leben etwa 13.000 Giraffen. Die IUCN führt die Giraffe als „nicht gefährdet“. Allerdings sind manche Unterarten dem Aussterben nahe, wie die nachfolgende Sektion beschreibt.

Unterarten

Netzgiraffe (G. c. reticulata) in Kenia

Aufgrund der Fellzeichnung und des Verbreitungsgebietes unterscheidet man zwischen 11 (nach Lydekker, 1904), 9 (nach Dagg und Foster, 1982), 8 (nach Kingdon, 1997), 6 (nach East 1998) oder 5 (nach Grubb, 2005) Unterarten. Diese Uneinigkeit unter den Taxonomen ist einzigartig, soweit es größere afrikanische Landsäugetiere betrifft. Die Angola-Giraffe (G. c. angolensis) wird zum Beispiel von verschiedenen Biologen nicht als eigene Unterart aufgefasst, sondern zur Kapgiraffe (G. c. giraffa) gestellt. Genetische Studien deuten jedoch darauf hin, dass die Angola-Giraffe tatsächlich eine eigene Unterart darstellt. Überraschenderweise ergaben derartige Studien weiterhin, dass die Giraffen der Sahelzone, die östlich des Tschadsees leben nicht zur Westafrikanischen Unterart G. c. peralta, sondern zur Kordofan-Giraffe (G. c. antiquorum) zählen müssten. Als Konsequenz käme die Westafrikanische Giraffe heute nur noch im Niger in weniger als 200 Exemplaren vor[2].

Die neuesten genetischen Untersuchungen einer zehnköpfigen Forschergruppe um David M. Brown aus dem Jahr 2007 kommen zu dem überraschenden Ergebnis, dass es sich bei einigen Unterarten um eigene Arten handeln könnte.[3]

Mehrere dieser Unterarten sind bedroht. Die drei erstgenannten Unterarten sind besonders selten geworden. Die Angola-Giraffe ist in dem Land ausgerottet, das ihr ursprünglich den Namen gegeben hat, Angola. Die Westafrikanische Giraffe zählt nur noch etwa 100 Exemplare.

Die Uganda-Giraffe hat mittelbraune, große Flecken, die unregelmäßig geformt sind und von relativ breiten weißen Bändern getrennt werden. Die Flecken der Massaigiraffe sind kleiner und dunkler und annähernd sternförmig. Einmalig sind die Flecken der Netzgiraffe, die dunkle Vielecke sind, zwischen denen sehr schmale weiße Bänder verlaufen, so dass der Eindruck eines Netzes entsteht.

Verbreitungsgebiete der Unterarten

Auch innerhalb einer Unterart tritt gelegentlich ein Fleckenmuster auf, das für die Region vollkommen untypisch ist, so dass man die Herkunft nicht immer sicher anhand der Zeichnung bestimmen kann.

Neben diesen gab es eine oder mehrere Unterarten in Nordafrika, die schon in der Antike ausgerottet wurden. Da auf ägyptischen Darstellungen oft einfarbige Giraffen zu sehen sind, hat man manchmal spekuliert, ob die dortige Unterart ungefleckt gewesen ist. Es gibt jedoch auch Darstellungen gefleckter Giraffen.

Einzelnachweise

  1. W. F. Wood, P. J. Weldon: The scent of the reticulated giraffe (Giraffa camelopardalis reticulata). In: Biochemical Systematics and Ecology. Band 30, Nr. 10, November 2002, S. 913–917 (Zusammenfassung)
  2. Alexandre Hassanin, Anne Ropiquet, Anne-Laure Gourmand, Bertrand Chardonnet, Jacques Rigoulet : Mitochondrial DNA variability in Giraffa camelopardalis: consequences for taxonomy, phylogeography and conservation of giraffes in West and central Africa. C. R. Biologies 330 (2007) 265–274.
  3. David M. Brown u. a.: Extensive population genetic structure in the giraffe. In: BMC Biology. 5, 57, 2007

Weblinks


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