Gleiskette (Panzer)

Gleiskette (Panzer)

Eine Gleiskette ist eine in sich geschlosse Kette, die das Laufwerk von Kettenfahrzeugen umschließt und der Fortbewegung dient. Sie dient vorrangig dazu die Bodenauflagefläche zu vergrößern, einerseits um die Traktion zu verbessern und andererseits um das Gewicht auf den Untergrund zu verteilen. Ein durchschnittliches Automobil übt etwa 207 kPa Druck auf den Boden aus, während der rund 70 Tonnen schwere M1 Abrams lediglich 103 kPa Druck ausübt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Lombard Steam Log Hauler

Experimentelle Archäologen sollen herausgefunden haben, dass zusammengebundene Baumstämme beim Bau der Pyramiden verwendet wurden um schwere Steinblöcke zu bewegen.[1]

Die eigentliche Erfindung ist auf eine Idee um 1770 des englischen Autors und Erfinders Richard Lovell Edgeworth zurückzuführen. Im Jahr 1826 ließ der Brite (Sir George Cayley) seine universal railway (engl. universelle Eisenbahn) patentieren.[1]

1837 erdachte der russische Erfinder Dmitry Zagryazhsky eine Kutsche mit mobilen Schienen, welche er im selben Jahr patentieren ließ. Auf Grund mangelnder finanzieller Mittel konnte er jedoch nie einen funktionierenden Prototyp bauen, sein Patent erlosch bereits 1839 wieder. Eine ähnliche Idee enthält das Patent für das endless railway wheel (engl. endloses Eisenbahnrad) des britischen Ingenieurs James Boydell aus dem Jahr 1846[1][2].

1901 erfand Alvin Lombard das erste kommerziell erfolgreiche Fahrzeug mit Gleiskette im heutigen Sinn, den Lombard Steam Log Hauler.[3] Am 23. Juli 1904 ließ Richard Hornsby & Sons Ltd ein ähnliches System patentieren und verbaute es 1905 in ein Lokomobil.[4] Die Kettenglieder konnten nur in eine Richtung abgewinkelt werden, daraus resultierte eine Art Schiene (engl. track), auf der das Fahrzeug dann fuhr. Das Patent wurde von der Holt Manufacturing Company gekauft, ab 1906 wurde das System von der British Army für Artillerietraktoren genutzt. Aufgrund der Tatsache, dass die Fortbewegung der Kettenglieder von den Soldaten als caterpillar-movement (engl. für Raupenbewegung) bezeichnet wurde, sicherte sich Holt die Marke Caterpillar und benannte sein Unternehmen schließlich 1925 nach einer Fusion in Caterpillar Tractor Company um.[4]

Aufbau

Moderne Gleisketten nutzen modulare Glieder, welche eine geschlossene Kette bilden. Man unterscheidet hier grundsätzlich zwischen Scharnierketten („single pin“) und Verbinderketten („double pin“)[5] sowie zwischen gespannten und nicht gespannten Ketten.

Verwendung

Verwendung im zivilen Bereich

Gleisketten finden im zivilen Bereich vorwiegend auf Planierraupen, Baggern und Skidoos Verwendung. Neben diesen Einsatzgebieten findet man sie auch bei Raupenschleppern für Startrampen, wie zum Beispiel der des Kennedy Space Center Launch Complex 39.[6]

Verwendung im militärischen Bereich

Gleiskette mit vergossenen Kettenpolstern (M48)
Zahnkranz mit Eingriff auf die Kettenendverbinder

Gleiskettenantriebe werden bei militärisch genutzten Fahrzeugen vielfältig genutzt. Die dort eingesetzte Gleiskette, die Kampfwagenkette, ist im Gegensatz zu der bei Baumaschinen eingesetzten Kette eine Fahr- und keine reine Transportkette und unterscheidet sie daher erheblich von dieser. Die Kampfwagenkette ist auf Geschwindigkeit, größere Laufruhe und bis zu einem gewissen Grad auf Ergonomie bezüglich der Fahrzeugbesatzung ausgelegt. Gleiskette ist auch die offizielle Bezeichnung der Bundeswehr laut den Technischen Dienstvorschriften.

Die Anzahl der Glieder pro Kette reichte bei Panzern des Zweiten Weltkriegs von etwa 80 bis 110 Gliedern[7]. Die Gleiskette der Leopard-1-Familie besteht aus 88 Kettengliedern, wovon jedes, mit den Endverbindern, eine Länge von 16 Zentimeter (cm) abdeckt. Somit ergibt sich eine Gesamtlänge von 14,08 Meter. Durch den Gebrauch längt sich die Kette und muss nachgespannt werden. Nach einer Gesamtlängung von 32 cm hat die Kette den Grenzwert erreicht und muss verschrottet werden.

Typen von Kampfwagenketten

Folgende Typen von Kampfwagenketten werden verwendet:

  • Verbinderketten (gespannte Ketten)
    • mit fester Gummipolsterung (zur Schonung der Straßen waren im westlichen Einflussbereich Kettenpolster unverzichtbar)
    • Kombikette mit entfernbaren bzw. auswechselbaren Kettenpolstern
  • Scharnierketten (gespannte oder ungespannte Ketten)
    • Kombikette mit entfernbaren bzw. auswechselbaren Kettenpolstern

Für beide Kettentypen können Gefechtsketten vorgehalten werden, die ohne Rücksicht auf den zu befahrenden Untergrund, allein wegen der besseren Griffigkeit, lediglich mit eisernen Stegen bewehrt sind.

Die gespannten Ketten werden als „lebende Ketten“, die ungespannten Ketten als „tote Ketten“ bezeichnet.

Verbinderkette

Kettenendverbinder mit Mittelführungszahn

Die Verbinderkette besteht aus:

  • Dem Kettenglied mit zwei gummigelagerten Kettenbolzen
  • Dem Mittelführungszahn
  • Den beiden Endverbindern.

(Bei der Kombikette zusätzlich aus ein oder zwei Gummipolstern.)

Die Verbinderkette kann mit Front- als auch mit Heckantrieb verwendet werden. Der Vorteil bei dieser Kette liegt in der hohen Maximalgeschwindigkeit, der größeren Laufruhe, der längeren Lebensdauer und der besseren Seitenführung auf dem Laufwerk (die Kette wird im Gelände nicht so schnell geworfen). Nachteile sind der aufwendige Herstellungsprozess, die kompliziertere Kettenmontage bedingt durch die höhere Zahl an Einzelteilen und die Kosten der Fertigung.

Mittelführungszahn bzw. Kettenführungszahn

Der Mittelführungszahn bzw. Kettenführungszahn befindet sich auf der Innenseite der Kette, sorgt für die Führung und verhindert dass diese abfällt.
Bei Fahrwerken mit doppelten Laufrollen (heute allgemein üblich) genügt eine Zahnreihe in der Mitte, bei Fahrwerken mit einfachen Laufrollen beispielsweise beim M3 muss eine doppelte Zahnreihe an den Außenseiten der Laufrollen für die benötigte Führung sorgen.
Die Führungszähne konnten fest mit dem Kettenglied verbunden sein (einteiliges Kettenglied) oder aber zwei Kettenglieder zusätzlich klammerartig verbinden (zweiteiliges Kettenglied).

Endverbinder

Die beiden Endverbinder werden links und rechts auf die Kettenbolzen aufgeschoben und fixiert. Zusätzlich dienen sie dem Eingriff des Antriebszahnkranzes.

Scharnierkette des Panther-Panzer

Scharnierkette

Die Scharnierkette besteht aus:

  • dem Kettenglied
  • dem Kettenbolzen
  • dem abnehmbaren bzw. auswechselbaren Kettenpolster.

Beim Zusammenfügen der Kettenglieder wird lediglich der Bolzen durch die Passlöcher der Kettenglieder geschoben und auf beiden Seiten fixiert. Eine Scharnierkette kann gespannt und ungespannt eingesetzt werden.
Der Vorteil dieser Kette liegt an ihrer einfachen Ausführung, der einfachen Kettenmontage und den relativ geringen Beschaffungskosten. Nachteilig sind der hohe Verschleiß, der geringe Fahrkomfort und das hohe Abwurfrisiko im Gelände. Die Scharnierkette wird als Gefechtskette oder als Kombikette eingesetzt, wobei hier im allgemeinen Schraubbolzen als Befestigung für die Gummipolster angewandt werden. Bei der Scharnierkette ist der Mittelführungszahn fest mit dem Kettenglied verbunden.

Verbinderkette mit fester Gummipolsterung

Bei den Streitkräften der Vereinigten Staaten verwendete man bereits bei der Einführung des M1 Combat Car im Jahre 1937 eine gummigepolsterte Gleiskette. Hierzu wurde die einteilige Auflagefläche des Kettengliedes mit einer Gummiplatte versehen (aufvulkanisiert oder aufgeschraubt). Diese Art der Kette war auch noch beim M4 Sherman im Einsatz. Die Kette mit fester Gummipolsterung und geteilten Kettengliedern wurde erstmals bei dem amerikanischen Kampfpanzer M26 Pershing angewandt. Hierbei wurde die Gummigrundplatte mit einem circa 4 cm hohen Gummisteg versehen. Es war dies die Kette mit dem höchsten Laufkomfort, die bei der Bundeswehr noch bis zum Leopard 1A1 eingesetzt wurde. Der Nachteil der festen Gummipolsterung lag darin, dass die sich die Kette im felsigen oder sehr steinigem Gelände schnell abnutzte und dann komplett getauscht werden musste – auch wenn die sonstigen Grenzwerte noch nicht erreicht waren.
Weiterhin wirkte sich nachteilig aus, dass die Griffigkeit im Gelände den Ansprüchen in einem Gefechtseinsatz nicht gewachsen war und deswegen für jedes Fahrzeug eine sogenannte Gefechtskette vorgehalten werden musste.

Kombikette mit Kettenpolstern. Nach Entfernen der Kettenpolster wird sie zur Gefechtskette

Kombikette bzw. Kette mit auswechselbaren Kettenpolstern

Die Kombikette wurde eingeführt, da sich die bis dahin gängige Praxis der zwei Kettenarten -feste Gummipolsterung und Gefechtskette- als nicht effektiv erwiesen hatte. Die bisherige Gefechtskette wurde nunmehr zur Aufnahme von auswechselbaren oder abnehmbaren Gummipolstern adaptiert.
Die Kettenpolster werden seitlich eingeschoben und mittels einer Federnase fixiert (beispielsweise Leopard Familie) oder aber mit Hilfe von Gewindebolzen und Muttern befestigt (wie beim Spz (kurz)).
Bei der deutschen Wehrmacht waren zumindest zu Beginn des Krieges die Halbkettenfahrzeuge (zum Beispiel Schützenpanzerwagen Sd.Kfz. 251) mit auswechselbaren Gummipostern ausgestattet.

Quellen

  • Panzer und andere Kampffahrzeuge 1916 bis heute. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft, Köln 1977.
  • Technische Dienstvorschrift der Bundeswehr 2350/051-12 Pionierpanzer Dachs
  • Paul-Werner Krapke: Leopard 2 sein Werden und seine Leistung, Seite 72/73 Gleiskette Leopard 2, Books on Demand GmbH, Norderstedt ISBN 3-8334-1425-1

Einzelnachweise

  1. a b c Continuous Tracks Have Changed the World (englisch)
  2. The Home of the Burrell (englisch)
  3. Lombard Steam Log Hauler (english)
  4. a b David Roberts: Tractor Pioneer Extraordinary (english)
  5. ASTRUM - Tank Tracks and Armour Whitepaper (englisch)
  6. 40 Jahre Raupenschlepper
  7. Anzahl der Kettenglieder pro Gleiskette an deutschen Panzern

Weblinks


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