Glitazone

Glitazone

Insulin-Sensitizer (nach dem chemischen Grundgerüst, einem Thiazol-2,4-dion auch Thiazolidindione; nach der gemeinsamen Endung Glitazone) sind eine Gruppe von Wirkstoffen, die in Form von Tabletten zur Therapie von Diabetes Mellitus angewendet werden (orale Antidiabetika). Der Name der Gruppe weist bereits auf die Wirkungsweise, eine Empfindlichmachung des Gewebes auf Insulin, hin. Das körpereigene Insulin ist daraufhin wieder in der Lage, erhöhte Blutzuckerspiegel zu senken. Im Moment sind die beiden Wirkstoffe Rosiglitazon und Pioglitazon im Handel.

Inhaltsverzeichnis

Wirkmechanismus

Insulin-Sensitizer aktivieren den Zellkern-Rezeptor PPAR (peroxisome proliferator-activated receptors) vom Typ γ. Dieser wird daraufhin in den Kern verlagert, wo er als Transkripitionsfaktor aktiv wird. Dadurch bewirkt PPAR einer Regulation verschiedener Mechanismen im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel.Insgesamt wird die Transkription von 100 - 400 Genen beeinflusst, über deren einzelne Effekte bisher wenig bekannt ist. Die Aktivierung erhöht die Empfindlichkeit der Zellen von Leber, Muskulatur und Fettgewebe für Insulin (Senkung der Insulinresistenz). Fettsäuren und Glukose werden dadurch vermehrt in die Zellen aufgenommen und im Stoffwechsel umgesetzt. In der Leber verringert sich zusätzlich die Neubildung von Glukose. Auch die Wirkung von zugeführtem Insulin wird verstärkt. Die gleichzeitige Gabe von Insulin und Insulin-Sensitizern findet jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen statt[1], weil die Gefahr der Herzinsuffizienz zu hoch ist.

Anwendung

Indiziert sind Insulin-Sensitizer bei Patienten, deren Blutzuckerspiegel durch Gewichtsreduktion und Nahrungskontrolle sowie durch Behandlung mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen nicht adäquat gesenkt werden können. Bedingt durch den unterschiedlichen Angriffspunkt der Insulin-Sensitizer addiert sich die Wirkung bei Kombination mit anderen oralen Antidiabetika. Mittlerweile sind die Arzneistoffe dieser Gruppe aber auch zur Monotherapie zugelassen.

Im Gegensatz zu anderen Arzneistoffen, die zur Diabetestherapie zur Verfügung stehen, setzt die Wirkung der Insulinsensitizer nicht unmittelbar, sondern erst nach zwei Wochen oder später ein.

Pharmakokinetik

Die Insulin-Sensitizer zeichnen sich durch eine sehr hohe orale Bioverfügbarkeit aus. Aus dem Magen-Darmtrakt werden sie beinahe vollständig ins Blut aufgenommen und dort zu 99 % an Plasmaproteine gebunden. Der Abbau erfolgt über das Cytochrom P450-System der Leber, wodurch es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen kann, die dieses System beeinflussen (z. B. Rifampicin, Trimethoprim, Methotrexat). Die Ausscheidung erfolgt teilweise über die Niere, teilweise über den Stuhlgang.

Diskussionen

Sicherheitsaspekte

Da die beiden im Handel befindlichen Wirkstoffe Rosiglitazon (Avandia®) und Pioglitazon (Actos®) erst relative kurze Zeit zur Verfügung stehen, gibt es in Fachkreisen rege Diskussion über deren Nutzen und Vorteile gegenüber anderen antidiabetischen Wirkstoffen, zumal der erste Wirkstoff dieser Gruppe (Troglitazon) aufgrund leberschädigender Wirkungen in einigen Ländern vom Markt genommen bzw. in Deutschland nie zugelassen wurde. Auch die beiden zugelassenen Vertreter zeigen ein vielfältiges Nebenwirkungsprofil (siehe Einzelartikel).

Im Mai 2005 veröffentlichte das BfArM, dass in Studien ein erhöhtes Risiko für Frakturen bei Frauen gefunden wurde; die Produktinformationen wurden ergänzt und die Ärzteschaft per Rote-Hand-Brief informiert.[2]

In einer Meta-Analyse, die im Juni 2007 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, wird von einer um etwa 40 % erhöhten Herzinfarktrate bei Rosiglitazon-Einnahme berichtet.[3][4]

Kosten-Nutzen-Verhältnis

Die Insulin-Sentitizer besitzen eine nachgewiesene blutzuckersenkende Wirkung. Insgesamt scheinen sie jedoch den herkömmlichen Antidiabetika bei höheren Kosten nicht deutlich überlegen zu sein.[5]

Quellen

  1. Fachinformation zu Rosiglitazon (Avandia 4 mg)
  2. Glitazone (Rosiglitazon, Pioglitazon): Erhöhtes Risiko für Frakturen bei Frauen
  3. Nissen SE, Wolski K: Effect of Rosiglitazone on the Risk of Myocardial Infarction and Death from Cardiovascular Causes. N Engl J Med. 2007 May 21. PMID 17517853
  4. Spiegel online: Herzinfarkt-Risiko - Studie sorgt für Streit um Blockbuster-Medikament
  5. T. Koch, UP. Masche: Rosiglitazon. pharma-kritik Jahrgang 21, Nr. 09 (2000)

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