Glutlawine

Glutlawine

Eine Glutlawine ist eine Variante des pyroklastischen Stromes, die mit 300–1000 km/h und Temperaturen von 350 bis 1000 °C die Vulkanhänge hinab rasen und sich kilometerweit ausbreiten kann. Sie entsteht durch eine phreatomagmatische Eruption, bei der riesige Mengen an Deckgestein und Magma/Lava ausgeschleudert werden, oft auf Kosten des gesamten Gipfels (St. Helens, Tambora).

Die Eruptionssäule erhitzt die umgebende Luft und steigt mit ihr als turbulentes Gasgemisch und Konvektionsstrom kilometerweit in die Atmosphäre. Diese Säule wird auch als plinianische Säule nach Plinius d. J. benannt, der als erster (beim Ausbruch des Vesuv im August 79) dieses Phänomen mit den über Herculaneum und Pompeji niedergehenden Glutlawinen beschrieb. Nach Abreißen der Konvektion infolge Abkühlung und damit Fehlen der notwendigen Energie zur weiteren Erhitzung der Umgebungsluft bricht die Säule in sich zusammen (Kollaps) und stürzt mit hoher Geschwindigkeit auf die Vulkanflanken. Die daraus entstehenden Glutlawinen aus überheißem Partikel-Gas-Aerosol rasen nun die Vulkanhänge kilometerweit (temperaturabhängig) in die Umgebung des Vulkans (auch über Anhöhen) hinab. Man nimmt an, dass sie quasi auf der kühlen Bodenluft wie auf einem Luftkissen äußerst reibungsarm gleiten. Zurück bleibt eine verbrannte Schneise und, je nach Partikelgehalt, eine meterhohe, lockere und fruchtbare Sedimentschicht. Jegliches Leben innerhalb des Lawinenweges hat selten eine Überlebenschance.

Ähnlich sind die durch seitliche Vulkanflankenausbrüche entstehenden Glutwolken (Montagne Pelée, Mount St. Helens), die ebenfalls als Lawine zu Tal rasen. Trotz der u. U. abweichenden Zusammensetzung aus zermahlenem Lavagestein, Aschen und Gasen werden beide Phänomene mit dem klassischen Lavadomkollaps oft als Varianten oder Szenarien des pyroklastischen Flusses bezeichnet.

Literatur

  • Jacques-Marie Bardintzeff: Vulkanologie. Enke-Verlag, Stuttgart, 1999; Elzevier, München, 2007; ISBN 3-8274-1221-8
  • Barbara & Robert Decker: Vulkane – Abbild der Erddynamik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1992, 1998; ISBN 3-8602-5020-5
  • Hans-Ulrich Schmincke: Vulkanismus. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, 2000; ISBN 3-534-14102-4

Weblinks

 Commons: Glutlawinen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pyroklastisch — Pyroklastischer Strom am Gunung Merapi in Indonesien Ein pyroklastischer Strom (von griech. πῦρ (pyr) = Feuer und κλαστός (klastós) = zerbrochen; frz. nuée ardente …   Deutsch Wikipedia

  • Pyroklastischer Fluss — Pyroklastischer Strom am Gunung Merapi in Indonesien Ein pyroklastischer Strom (von griech. πῦρ (pyr) = Feuer und κλαστός (klastós) = zerbrochen; frz. nuée ardente …   Deutsch Wikipedia

  • Pyroklastischer Strom — am Gunung Merapi in Indonesien …   Deutsch Wikipedia

  • El Misti — Misti El Misti Höhe 5.822 m Lage Peru …   Deutsch Wikipedia

  • Stromboli — August 2003 Höhe 926  …   Deutsch Wikipedia

  • Strombolianische Aktivität — Stromboli Stromboli August 2003 Höhe 926 m s.l.m …   Deutsch Wikipedia

  • Strombolianischer Vulkantyp — Stromboli Stromboli August 2003 Höhe 926 m s.l.m …   Deutsch Wikipedia

  • Trümmerlawine — Das Orotava Tal auf Teneriffa, Kanarische Inseln, die Abrisskante („Amphitheater“) der Orotava Trümmerlawine, die vor der Nordküste Teneriffas in 3000 m Tiefe liegt Der Begriff Trümmerlawine (engl.: debris avalanche), auch Schutt oder… …   Deutsch Wikipedia

  • Vesuv — Der Vesuv im Jahr 1998, von Pompeji aus gesehen Höhe …   Deutsch Wikipedia

  • Vulkan — Ausbruch des Vulkans Rinjani 1994 mit Eruptionsgewitter …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”