Goldmull

Goldmull
Goldmulle
Goldmull

Goldmull

Systematik
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Afrotheria
Ordnung: Tenrekartige (Afrosoricida)
Familie: Goldmulle
Wissenschaftlicher Name
Chrysochloridae
Gray, 1825

Die Goldmulle (Chrysochloridae) sind eine im mittleren und südlichen Afrika lebende Säugetierfamilie. Diese Tiere ähneln in ihrem Körperbau den Maulwürfen, mit denen sie jedoch nicht verwandt sind, und führen auch eine ähnliche unterirdische Lebensweise. Früher wurde die Familie, die neun Gattungen mit rund 20 Arten umfasst, in die Ordnung der Insektenfresser (Lipotyphla) eingeordnet, jüngere molekulargenetische Untersuchungen stellen sie zusammen mit den Tenreks in eine gänzlich eigene Säugetiergruppe, die Tenrekartigen (Afrosoricida).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Körperbau und Fell

Die einzelnen Arten weisen starke Ähnlichkeiten im Körperbau auf, unterscheiden sich aber zum Teil erheblich in Bezug auf ihre Größe und ihre Fellfärbung. Der Körperbau der Goldmulle ist an eine grabende, unterirdische Lebensweise angepasst, der kompakte Rumpf ist spindelförmig.

Die Vordergliedmaßen weisen vier Zehen auf - der fünfte Strahl ist rückgebildet - und sind zu Grabwerkzeugen umgebildet. Die Kralle am Mittelfinger ist stark vergrößert und kann länger als der Unterarm sein. Einigen Arten tragen zusätzlich eine oder zwei verlängerte, spitze Krallen am zweiten und vierten Finger. Die Handwurzelknochen und die Fingerglieder sind reduziert. Einmalig unter den Säugetieren ist die Bildung eines stabförmigen Sehnenknochens, der gewissermaßen einen dritten Unterarmknochen darstellt. Der Ellenbogenhöcker der Elle (Olecranon) und der obere Knochenvorsprung des Oberarmknochens (Epicondylus) sind stark verlängert und dienen als Ansatz für die kräftige Armmuskulatur. Die Arme sind in tiefen Eindellungen des Brustkorbs angebracht und liegen eher unterhalb des Rumpfes - im Gegensatz zu den Maulwürfen, bei denen sie eher seitlich angebracht sind. Ein Schlüsselbein ist vorhanden. Die Hinterbeine sind ebenfalls kurz, sie haben unbehaarte Sohlen und enden in fünf Zehen, die mit kleinen, scharfen Krallen ausgestattet sind. Schien- und Wadenbein sind am unteren Ende miteinander verwachsen.

Die Kopfrumpflänge variiert zwischen 8 Zentimetern (beim Wüsten-) und 24 Zentimetern (beim Riesengoldmull) und das Gewicht zwischen 15 und 500 Gramm. Ein Schwanz ist äußerlich nicht sichtbar, trotzdem sind einige Schwanzwirbel vorhanden.

Trotz ihres Namens ist das Fell der Goldmulle nicht nur goldgelb gefärbt, es gibt auch schwarze, graue oder bräunlich gefärbte Arten. Das Unterfell ist dicht und wollig, die Deckhaare können bei einigen Arten metallisch rötlich, gelblich, grünlich oder bräunlich irisierend sein.

Kopf und Zähne

Der kegelförmige Kopf endet in einer spitzen Nase, die mit einem lederartigen Polster versehen ist, der als Unterstützung beim Graben verwendet wird. Die Nasenlöcher liegen in einer Hautfalte an der Unterseite der Nasenspitze. Wie viele andere grabend lebende Säugetieren haben Goldmulle keine äußeren Ohrmuscheln, auch sind die Augen von Fell bedeckt.

Einige Arten, die in der Unterfamilie der Chrysochlorinae zusammengefasst werden, zeigen im Bau des Ohres Besonderheiten, die sich sonst bei keinen anderen Säugetieren finden. Die Paukenhöhle ist durch die besondere Bildung des Schuppenbeins (Squamosum), eines Schädelknochen, vergrößert und dieser Hohlraum wird durch den kugel- oder keulenförmig stark vergrößerten Hammer (Malleus), eines der Gehörknöchelchen eingenommen. Das Gehör dieser Tiere ist somit auf einen tieffrequenten Schallbereich mit seiner größeren Reichweite im Boden ausgelegt. Die zweite Unterfamilie, die Ambylsominae, zeigt hingegen einen unauffälligen, „säugetiertypischen“ Bau des Ohres.

Die meisten Goldmulle haben 40 Zähne mit einer Zahnformel I 3/3 C 1/1 P 3/3 M 3/3, lediglich die Vertreter der Gattung Amblyomus haben im Ober- und Unterkiefer jeweils nur zwei Molaren und somit 36 Zähne. Der vorderste Schneidezahn jeder Kieferhälfte ist vergrößert, die übrigen Schneidezähne sind eckzahnähnlich. Auch der vordere Prämolar ist eckzahnähnlich und die beiden hinteren Prämolaren sind molarähnlich ausgebildet. Die Molaren selbst haben auffallend hohe Kronen, wobei die der Zähne des Unterkiefers deutlich größer sind als die der Zähne des Oberkiefers.

Innere Anatomie

Der Verdauungstrakt ist einfach gebaut: Wie bei vielen anderen insektenfressenden Säugern fehlt ein Blinddarm, der Darm ist vergleichsweise kurz und röhrenförmig. Das Urogenitalsystem endet wie bei den Ursäugern in einer einzigen Körperöffnung, der Kloake. Bei den Männchen liegen die Hoden in der Bauchhöhle, die Weibchen haben eine zweihörnige Gebärmutter (Uterus bicornis). Die Kloake und die im Körperinneren liegenden Hoden stellen Gemeinsamkeiten mit den Tenreks dar und könnten Anzeichen für die Verwandtschaft beider Taxa darstellen.

Verbreitung und Lebensraum

Goldmulle sind ausschließlich in Afrika südlich der Sahara beheimatet, wobei der Schwerpunkt ihres Verbreitungsgebietes im südlichen Afrika liegt, insbesondere in der Republik Südafrika, wo mehr als die Hälfte der Arten endemisch ist. Außerhalb des südlichen Afrikas sind bislang nur drei Arten bekannt: Calcochloris leucorhinus von Kamerun bis Nordangola, Chrysochloris stuhlmanni von Kamerun bis Tansania und Calcochloris tytonis, das nur von einem einzigen Exemplar aus Somalia bekannt ist.

Sie bewohnen eine Reihe von Lebensräumen, jedoch sind die meisten Arten auf bestimmte Habitatstypen beschränkt. Einige Arten wie der Wüstengoldmull leben in ausgesprochen trockenen Regionen, die Mehrzahl findet sich jedoch in Wäldern, Savannen und Grasländern. Die meisten Arten sind auf kleine Gebiete beschränkt, nur wenige Vertreter sind aus einem größeren Verbreitungsgebiet bekannt.

Lebensweise

Über die Lebensweise der Goldmulle ist generell relativ wenig bekannt. Das liegt zum einen an der scheuen und unterirdischen Lebensweise und zum anderen an der Seltenheit vieler Arten. Viele der in diesem Kapitel beschriebenen Lebensweisen sind nur bei wenigen Arten wie dem Kapgoldmull und dem Hottentotten-Goldmull erforscht.

Grabetätigkeit

Goldmulle führen eine hauptsächlich unterirdische Lebensweise. Im Gegensatz zu den Maulwürfen, die ihre Grabetätigkeit durch Rotation des Oberarmes verrichten, sind sie Scharrgräber. Die vergrößerten Klauen können auch wie eine Spitzhacke eingesetzt werden. Die Hinterbeine scharren die Erde nach hinten. Weiches Erdreich kann auch mit dem Kopf bewegt werden, wozu ihnen das Nasenpolster dient. Der Hottentotten-Goldmull beispielsweise kann auf diese Weise täglich 4 bis 12 Meter weit graben. Die Gänge liegen auf zwei Ebenen: in Gängen knapp unterhalb der Erdoberfläche, die oft nicht dauerhaft angelegt sind, suchen sie nach Nahrung. Tieferliegende Gänge mit Kammern, die oft durch Tunnel verbunden sind, dienen als Ruheplätze und zur Aufzucht der Jungen. Der Wüstengoldmull, dessen Lebensraum Sanddünen sind, errichtet hingegen - soweit bekannt - keine dauerhaften Gänge, sondern bewegt sich fort, indem er durch den Sand „schwimmt“. Von einigen Arten ist bekannt, dass sie manchmal die Baue mit Sandgräbern teilen. Dies könnte ein symbiotisches Verhalten sein, da Goldmulle und Sandgräber keine Nahrungskonkurrenten sind und so der Grabaufwand des einzelnen Tieres verringert wird.

Aktivitätszeiten und Sozialverhalten

Wie viele andere unterirdisch lebende Tiere haben Goldmulle meist keinen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus. Sie können sowohl am Tag als auch in der Nacht auf Nahrungssuche gehen.

Kennzeichnend für die Goldmulle ist eine vergleichsweise niedrige Stoffwechselrate, verbunden mit der Fähigkeit, die Körpertemperatur stärker als andere Säugetiere je nach Witterung ändern zu können. Viele Arten fallen in einen Torpor (Starrezustand), entweder täglich oder bei kühleren Außentemperaturn und geringem Nahrungsangebiet. So tritt beim Hottentotten-Goldmull täglich ein Torpor ein, bei dem sich die Körpertemperatur bis auf 2 °C an die des Erdbodens angleicht.

Die meisten Goldmulle leben einzelgängerisch und sind territorial. Begegnen sich zwei Tiere, kommt es oft zu heftigen Kämpfen, die durch Ringen mit den kräftigen Vorderpfoten oder Bisse in den Bauch ausgetragen werden. Dabei stoßen sie hohe Quietschtöne aus. Der eigene Bau wird vehement gegen Artgenossen verteidigt, an den Rändern können sich die Reviere allerdings überlappen. Lediglich von den Riesengoldmullen ist ein sozialeres Verhalten bekannt, hier wurden mehrere Tiere in einem Bau gefunden, die gemeinsam in einen Torpor gefallen waren.

Nahrung

Die Nahrungssuche erfolgt größtenteils unterirdisch. Nur von wenigen Arten ist bekannt, dass sie manchmal, insbesondere nach starken Regenfällen, auch auf der Erdoberfläche nach Fressbarem suchen. Die Nahrung der Goldmulle besteht vorwiegend aus Wirbellosen wie Insekten und deren Larven sowie Regenwürmern, manche Arten nehmen auch kleine Wirbeltiere wie Skinke zu sich.

Aufgrund der niedrigen Stoffwechselrate und einer effizienten Nierenfunktion brauchen die meisten Arten keine Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Insbesondere bei Arten, die in trockenen Habitaten leben wie dem Wüstengoldmull, ist diese Fähigkeit entwickelt.

Fortpflanzung

Über die Fortpflanzung der Goldmulle ist wenig bekannt. Bei einigen Arten dürfte es eine feste Paarungszeit geben, bei anderen kann sie das ganze Jahr über erfolgen. Die Weibchen zumindest mancher Arten können mehrere Würfe im Jahr austragen, die meisten Geburten fallen jedoch in die Regenzeit. Während der Balz gebend die Männchen zwitschernde Laute von sich und stampfen mit den Füßen auf den Boden. Manchmal verfolgen die Männchen die Weibchen, um die Paarung zu erzwingen, vom Hottentotten-Goldmull ist bekannt, dass es dabei zu Todesfällen bei den Weibchen kommen kann.

Vor der Geburt kleidet das Weibchen eine unterirdische Kammer mit Gräsern aus, die den Neugeborenen als Nest dient. Nach einer rund vier- bis sechswöchigen Tragzeit kommen ein bis drei (meist zwei) Jungtiere zur Welt. Die Neugeborenen sind zunächst unbehaart und haben weiche Krallen, wachsen aber verhältnismäßig schnell. Mit rund zwei bis drei Monaten sind die Jungtiere selbstständig und werden von der Mutter aus ihrem Bau vertrieben.

Natürliche Feinde

Zu den natürlichen Feinden der Goldmulle zählen - soweit bekannt - Schlangen wie die Maulwurfsnatter (Pseudaspis cana) sowie Katzen und Hunde. Wenn sich Goldmulle an der Erdoberfläche aufhalten, können sie im Bedrohungsfall erstaunlich schnell in ihren Bau zurückkehren. Zumindest von der Gattung Cryptochloris ist bekannt, dass sie sich im Falle eines Angriffs tot stellen.

Bedrohung

Mehrere Arten werden von der IUCN als gefährdet oder bedroht gelistet. Hauptursachen der Bedrohung sind der Verlust des Lebensraumes durch Umwandlung in Felder oder Siedlungen und die Nachstellung durch Hunde und Katzen. Hinzu kommt, dass viele Arten nur ein kleines Gebiet bewohnen und so besonders anfällig für Störungen sind. Zehn der 21 Arten sind laut IUCN vom Aussterben bedroht (critically endangered), stark gefährdet (endangered) oder gefährdet (vulnerable) und für drei weitere Arten fehlen genaue Daten, diese dürften jedoch auch bedroht sein [1].

Systematik

Äußere Systematik

Traditionell wurden die Goldmulle aufgrund morphologischer Gemeinsamkeiten in die Ordnung der Insektenfresser (Insectivora) eingegliedert. Diese Ordnung hat eine taxonomisch stark umstrittene Geschichte, immer wieder wurden Taxa ein- oder ausgegliedert. Jüngere molekulargenetische Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Goldmulle nicht mit Maulwürfen oder Spitzmäusen verwandt sind, sondern gemeinsam mit den Tenreks, die früher ebenfalls zu den Insektenfressern gerechnet wurden, eine eigene Ordnung Tenrekartige (Afrosoricida) bilden. Die Tenrekartigen werden zur Gruppe der Afrotheria gezählt, einer vielgestaltigen Säugetiergruppe, die ihren Ursprung auf dem afrikanischen Kontinent hat. [2] Die Ähnlichkeiten mit Maulwürfen und anderen Insektenfressern beruhen somit rein auf Konvergenz.

Innere Systematik

Die Goldmulle werden in zwei Unterfamilien mit insgesamt 9 Gattungen und rund 20 Arten eingeteilt. Die beiden Unterfamilien unterscheiden sich dabei vorwiegend im Bau des Ohres: Während bei den Chrysochlorinae der Hammer vergrößert ist, ist er bei den Amblysominae unauffällig (Näheres siehe oben).

  • Unterfamilie Chrysochlorinae
    • Carpitalpa arendsi lebt im Grenzgebiet von Simbabwe und Mosambik.
    • Die Gattung Chlorotalpa umfasst zwei Arten, die im südlichen und östlichen Südafrika leben.
    • Die Kapgoldmulle (Chrysochloris) setzen sich aus drei Arten zusammen, von denen eine auch im mittleren Afrika vorkommt.
    • Die Riesengoldmulle (Chrysospalax) sind die größten Vertreter dieser Familie. Die zwei Arten leben im südlichen und östlichen Südafrika.
    • Die Gattung Cryptochloris umfasst zwei Arten, die jeweils nur ein kleines Gebiet im westlichen Südafrika bewohnen.
    • Der Wüstengoldmull (Eremitalpa granti) von der Westküste Südafrikas und Namibias ist die kleinste Art und am besten an den Lebensraum Wüste angepasst.
  • Unterfamilie Amblysominae
    • Die Kupfergoldmulle (Amblysomus) setzen sich aus fünf Arten zusammen, die im südlichen und östlichen Südafrika verbreitet sind.
    • Die Gattung Calcochloris umfasst drei Arten aus dem mittleren und östlichen Afrika.
    • Zur Gattung Neamblysomus werden zwei Arten gezählt, die beide in der südafrikanischen Region Transvaal endemisch sind.

Stammesgeschichte

Die fossile Überlieferungsgeschichte der Goldmulle ist spärlich. Der älteste Fund, Prochrysochloris, stammt aus dem Miozän aus Kenia. Danach gibt es erst wieder Belege aus dem Pleistozän Südafrikas (Gattung Proamblysomus). Alle ausgestorbenen Vertreter ähneln in ihrem Körperbau schon weitgehend den heutigen Arten und lassen keine Übergangsformen und somit Rückschlüsse auf die Verwandtschaftsverhältnisse zu anderen Säugetiergruppen erkennen.

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
  • Gerhard Storch: Lipotyphla, Insektenfresser. In: Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg – Berlin 2004, 712 Seiten, ISBN 3-8274-0307-3.
  • Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. 3. Ausgabe. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, ISBN 0-8018-8221-4.

Weblinks

Referenzen

  1. Gefährdungsgrad der einzelnen Arten auf der Roten Liste der IUCN, abgerufen am 31.1.2007
  2. Michael Stanhope et al.: Molecular evidence for multiple origins of Insectivora and for a new order of endemic African insectivore mammals. In: Proc. Natl. Acad. Sci. USA 95, 9967–9972

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